Meine Parallelkollegin hat jetzt (nach 5 Tagen) schon die 1, 2, das M und das I eingeführt.
Als ich noch in der 1/2 arbeitete, habe ich am Anfang für einen Buchstaben 7 bis 8 Deutschstunden aufgewendet (mit allen Übungen). Nach 4 bis 6 Wochen sind die grundlegenden Übungen bekannt, dadurch erhöht sich das Tempo, da die Kinder oft schon wissen, was sie tun sollen, sodass ich dann meist 6 Stunden pro Buchstabe (damals eine Woche, jetzt etwas weniger) hatte. Im letzten Drittel des Schuljahres waren es auch weniger, gerade wenn die Zeit drängte. Oft habe ich die letzten Buchstaben in die 2 mit rübergenommen, war ein wirklich schwaches Einzugsgebiet. Am Anfang der 2 ging es dann fix, alle Buchstaben abzuarbeiten.
In Mathe bin ich schneller vorgegangen und zwar deshalb, weil die Mengen vielen Kindern bekannt sind. Wenn sie dann eine Woche mit der Menge 1 rummachen, finden sie das blöd. Du übst sowieso (parallel?) das Erfassen und Zerlegen von Mengen, da würde ich mich nicht an einzelnen Mengen so lange aufhalten.
Ich habe den Ziffernschreibkurs relativ schnell absolvieren lassen (meist 2 Ziffern pro Woche) und parallel Übungen zu den Mengen durchführen lassen sowie Übungen, die man eher dem Vorschulbereich zuordnet.
Langsamer bin ich nur geworden, wenn es deutliche Probleme bei einigen Kindern gab.
Ich bin mir jetzt nicht mehr ganz sicher, ich meine, dass ich in der ersten Woche nur eine Ziffer eingeführt habe und ab der zweiten Woche 2 pro Woche.
Zitat von "kneipentour"
Ich finde das viel zu schnell weil ich denke, dass die Kinder auch ankommen müssen und sich kennen lernen.
Außerdem würde ich gerne basale Fähigkeiten intensiver trainieren.
Ankommen und Kennenlernen sind sehr wichtig. Die neue Umgebung, die Veränderungen zum bisherigen Leben sind immens und das ist sehr anstrengend, da muss das Gehirn sehr arbeiten (neue Nervenverbindungen bauen etc.) Das braucht alles Zeit.
Ich persönlich habe immer ein Vierteljahr parallel zum regulären Matheunterricht der 1. Klasse das laufen lassen, was früher Vorschularbeit war und würde bei jeder neuen ersten Klasse auch einen Teil der Zeit dafür verwenden - je nach Einzugsgebiet durchaus weniger.
Den Eltern habe ich bei der ersten Elternversammlung immer ein Haus mit Löchern im Keller und Erdgeschoss gezeichnet, das muss beeindruckend gewesen sein. Dadurch konnten die Eltern es nachvollziehen, dass man sich länger irgendwo aufhält.
Zitat
Nun bekomme ich gesagt, dass die Kinder und Eltern erwarten, dass
endlich etwas gelernt wird und ich mich nicht zu lange aufhalten soll
weil es ja noch sooo viel gibt, was in diesem Schuljahr geschafft werden
muss.
Wer sagt das? Die Parallelkollegin? Die Eltern?
Ja, die Kinder wollen lernen. Daher der erste Buchstabe direkt in den ersten Schultagen. Danach kannst du ihnen erklären, dass sie die Übungen für die Buchstaben ja auch neu lernen und du möchtest, dass sie die gut können.
Was du aber im Auge behalten solltest:
Die Lehrpläne sind vollgestopft, der neue RLP hat die Situation eher verschlechtert. Insbesondere in Mathe.
Du musst also auch ein gewisses Tempo wahren.
In Mathe sind die großen Knackpunkte des 1. Schuljahres (oder waren es zumindest an meiner ehem. Schule) die Operation "Subtraktion", das Festigen der Zahlzerlegungen bis 10, die Analogieaufgaben im ZR bis 20 und das Rechnen mit Zehnerübergang. Dafür brauchst du Zeit, insbesondere für die Zerlegungen und den Zehnerübergang. Wenn du anfangs sehr langsam vorgehst, fehlt dir am Ende die Zeit, um den Zehnerübergang zu festigen und das rächt sich im 2. Schuljahr, in dem der Lehrplan eher noch voller gepackt ist.
In Deutsch hast du diesen Packen von Buchstaben und Buchstabenverbindungen nebst Druckschrift und Lesenlernen als wichtigste Punkte.
Das dauert ebenfalls. Wie gesagt, bei mir hat es z.T. bis in die 2. gereicht, man könnte es aber mit der zusätzlichen Deutschstunde jetzt doch vielleicht in der 1 schaffen, auch in nicht ganz so gutem Einzugsgebiet, das wäre aus meiner Sicht besser.
Hier ist die Lage aber etwas anders als in Mathe, da Lesen und Schreiben mit dem Buchstabenlehrgang verflochten sind und du alles gut koppeln kannst, sodass du kein ganz schwieriges Thema am Ende noch "offen" hast.
Ich würde an deiner Stelle jetzt etwas mehr Zeit verwenden, um den Kindern die Zeit zum Ankommen zu geben. Ich würde basale Übungen mit einstreuen, soweit sinnvoll. Ich würde ab der nächsten Woche etwas schneller den Ziffernschreibkurs absolvieren lassen und bei den Buchstaben das Tempo erstmal so beibehalten.
Je nach Einzugsgebiet würde ich versuchen, die Eltern (z.B. per Elternbrief) zu informieren und proaktiv Verständnis für dein Tempo zu wecken. Die Eltern sehen ja nicht, was noch hinter so einem Buchstaben steckt. Arbeitshefte / -Blätter mitgeben, zeigen und erklären lassen. Elternversammlung nutzen. Bild vom Hausbau, gutes Fundament. Und nienimmernicht sagen, dass es deine erste 1. Klasse ist!
(Ich habe das Problem mit den Parallelkolleginnen gerade zwei Jahrgänge weiter. Ich bin in Mathe jetzt noch nicht so weit wie eine Kollegin vor 9 Tagen. Ich versuche mich immer selbst zu beruhigen.)