Um mal wieder auf das Ausgangsposting einzugehen:
1. Wie chemie77 schrieb: Hole dir die Klassenleiterin mit ins Boot. Welche Klassenregeln gibt es? Die gelten auch bei dir! Über Vorfälle wird die Klassenlehrerin informiert (über welche, müsst ihr absprechen). Gut wäre es, wenn sie mit dir an einem Strang ziehen und für häufiges Fehlverhalten Konsequenzen folgen lassen würde. Klassenleiter an Grundschulen haben meist einen Bonus. Früher war mir das nicht klar, da habe ich als Fachlehrerin (Musik) gerudert wie blöd, aber inzwischen merke ich es, wie meine Klasse sich benimmt, wenn sie bei jemand anderem Vertretung haben.
Gleiches würde ich auch in die positive Richtung empfehlen: Schüler, die sich besonders gut benehmen, darf auch die Klassenlehrerin mal mit loben. (Mache ich z.B. auch, wenn mir jemand erzählt: Oh, deine Klasse war so lieb!)
Fall 1b: Die Klassenlehrerin will da nicht mitmachen - dann gelten die folgenden Tipps in noch stärkerem Umfang:
2. Klare Regeln - wurde auch schon geschrieben - und zwar wenige. Die Regeln am Anfang jeder Stunde thematisieren als klare Erwartungshaltung von dir an die Schüler. Zum Einhalten / Nichteinhalten musst du dir ein System überlegen und austesten, was funktioniert: Ampelsystem? Auch ein Verstärkerplan mit eventuell nur einem Ziel geht für eine ganze Klasse. Achte drauf, dass es nur wenige Punkte sind, die im ersten Durchlauf gesammelt werden müssen und als Belohnung könntest du eine Spielezeit einräumen. (Vielleicht hast du andere Ideen, ist auch von der Klasse abhängig.)
3. Es gibt Klassen, da funktioniert das nicht gut. Dann könntest du zumindest die "Braven" bei der Stange halten, indem du sie viel viel lobst, dich sehr freust, wenn sie pünktlich sind, ausgepackt haben etc. Und indem du z.B. Belohnungsstempel oder -sticker verteilst - stündlich oder wöchentlich. Meine Erfahrung ist, dass man selbst in "unmöglichen Klassen" damit noch ein paar von denen, die sich nicht an Regeln halten, mit der Zeit dazu bekommt, sich zu bemühen.
4. die Tür zu Stundenbeginn. Wer später kommt, muss klopfen und sich vor der Klasse entschuldigen. Eintrag ins Klassenbuch und ins Hausaufgabenheft mit Unterschrift der Eltern in der nächsten Stunde. Die Kinder tragen das selber ein und du unterschreibst nur. Wenn es wirklich nicht möglich ist, nach der Pause pünktlich zu kommen, kannst du ja etwas Zeit "draufgeben" für den Raumwechsel. Aber überlege dir vorher, ob es wirklich nicht geht und du die Zeit geben willst. Wie machen das andere Kollegen bei euch?
Eventuell wäre z.B. eine Belohnung für's Pünktlichkommen angebracht.
5. "Rausschmeißen" - wie vorgeschlagen - würde ich nicht machen, da es ja viele Schüler sind und die sich draußen "den Lenz" machen und du die Aufsichtspflicht hast. Das geht nur, wenn einer mal querschießt für eine kurze Zeit.
Eventuell wirklich mal nacharbeiten lassen die Zeit, musst du 1 Woche vorher ankündigen, damit habe ich keine wirklich guten Erfahrungen gemacht, weil es dann schon "zu lange her ist".
6. Verloren gegangene Zeit sichtbar machen an der Tafel und von dieser Zeit schöne Sachen "abziehen". Beispiel: Die letzten 15 Minuten ein Mandala ausmalen lassen (Musik) und wenn gestört wird, wird pro Minute ein Strich an der Tafel gemacht und von den 15 Minuten abgezogen. (Empfehlung: Wenn du von 45 Minuten Unterricht nur 20 effektiv nutzt, gehen euch 25 Minuten verloren. Daher würde ich hier 15 Minuten ansetzen und nicht weniger, das ist zu weit von den 25 Minuten weg, es muss ja noch erreichbar sein, wenn man vom jetzigen Stand ausgeht.)
Eventuell für verloren gegangene Zeit (zusätzliche) Hausaufgaben geben, mit der Begründung, dass der Unterrichtsstoff ja fehlt. (Würde ich v.a. in Mathe und Deutsch machen. In Musik eher schlecht umsetzbar.)
7. Ich habe in Musik durchaus vom Singen zum Liedtext-Abschreiben gewechselt, wenn es nicht mehr ging. Dann war es zumindest 15 Minuten mal erträglich in den "Spezialklassen". Und da geht dann Selbstschutz vor Schülerbespaßung. Manchen Klassen hat es sogar Spaß gemacht, eine Strophe abzuschreiben und dazu etwas zu malen, die konnten damit viel mehr anfangen als mit dem ständigen Singen und Musizieren. (Klassenleiterin hat fast ausschließlich schriftliche Stillarbeit machen lassen.)
8. Wie schon empfohlen wurde. Deutliches Signal und zwar 1 Signal für nur 1 Auftrag! Z.B: 1mal Läuten für "Ruhe, bitte zuhören!" und 2mal für "Aufräumen" - oder z.B. verschiedene Töne nehmen. Nicht vermischen, sonst geht es durcheinander. Das muss geübt werden und gelobt, sobald es auch nur bei Einzelnen klappt.
9. Wenn es dich extrem anstrengt, vor der Klasse zu stehen - übergib das mal an die Schüler. Können die schon einen Vortrag erstellen? Lieblingsband, Musiker, Künstler... Und dann kommen die Unruhigsten zuerst dran. Alle anderen haben einen Beobachtungsbogen vor sich und müssen ankreuzen, was gut und was weniger gut funktioniert hat. Am Ende eine kurze Diskussion dazu und eine Benotung.
10. Wenn du Kinder ausmachen kannst, die bei den Mitschülern sehr beliebt und bei dir sehr unbeliebt sind: Sieh zu, dass du die zuerst in die Spur schickst. Da kannst du auch gerne mal einen Verstärkerplan für einen Einzelnen machen. Oder gezielt die Eltern einladen (vorher wäre sinnvoll zu wissen, ob die halbwegs aufgeschlossen sind). Ich hatte auch schon mal Vereinbarungen, dass es jede Stunde eine Bemerkung über das Verhalten gab - auf ein Blatt im Klassenbuch an die Klassenleiterin oder direkt an die Eltern ins Hausaufgabenheft.
11. Geduld: Wenn du eine neue Maßnahme einführst, halte sie 4 Wochen durch (außer wenn du gleich merkst, dass es ganz großer Käse ist), auch wenn sie erstmal nichts zu bringen scheint. Kinder brauchen etwas, bis sie sich dran gewöhnen und wenn du alle 2 Wochen die Regeln oder die Pläne änderst, haben sie nicht genug Orientierung. Da das Schuljahr schon recht fortgeschritten ist und sich das Verhalten schon eingeschliffen hat, brauchst du sehr viel Geduld.
12. Gemeinsame Übung am Anfang: Finde ich auch gut! Und das habe ich bei Musikklassen schon gemacht: Am Anfang ein Notendiktat. Noten an die Tafel geschrieben, Abschreiben, Notennamen drunter schreiben, einsammeln, Punkte vergeben, nach dem 3. Notendiktat eine zusammenfassende Zensur. Alternativ einen Liedtext auswendig lernen lassen, aufschreiben lassen, Zensur. Wenn Zensuren wichtig sind, wird das ziehen. Dort wo es völlig egal ist, was in Musik / Kunst auf dem Zeugnis steht, zieht das nicht. Dann könntest du aber die Kinder, die das am Anfang durch Zuspätkommen nicht geschafft haben, das am Ende der Stunde nacharbeiten lassen und den anderen z.B. ein nettes Ausmalblatt geben oder sie eine Kleinigkeit spielen lassen. (Ja, klingt nach Kindergarten - manchmal stelle ich mir einfach vor, dass ich die 3-jährigen-Gruppe vor mir habe, die einfach das Einhalten von Regeln noch lernen müssen. Wenn es Schüler gibt, die auf allen 4en durch den Raum krabbeln und anderen die Beine abschlecken, hilft mir das bei dieser Vorstellung ungemein.)
13. Das Wichtigste: Für ihr Verhalten tragen sie (und auch ihre Eltern) den größten Teil der Verantwortung, nicht du. Und: Es sind nicht deine Kinder, die Eltern müssen mit ihnen langfristig klarkommen. (Ich stelle mir manchmal vor, wie das ist, wenn der Junge 14 ist und 2 Köpfe größer als seine Mutter.)
Ha, jetzt habe ich einen Endlosbeitrag verfasst...