Hallo CDL,
die von dir genannte Durchfall- bzw. Ausscheidequote erscheint mir sehr hoch zu sein! Kann das Seminar dies in Zeiten des Lehrermangels überhaupt nach außen rechtfertigen?
Lehrermangel kann, muss aber eben nicht bedeuten, dass man jeden durch die Prüfungen "winkt" der/die die Arbeit nicht leisten kann. Schüler haben ein Recht auf qualifizierte Lehrer und einen entsprechenden Unterricht. Ich finde es außerordentlich begrüßenswert, dass das Land Baden-Württemberg hier weder mit Unmengen an Quereinsteigern arbeitet noch nachweislich nicht qualifizierte Anwärter durch die Prüfungen (oder vorab in den eigenständigen Unterricht) winkt. Die Schwelle nicht in den eigenständigen Unterricht entlassen zu werden ist ja schon sehr hoch, die 2x zu reißen ist also nicht leicht. Das die Fehlsteuerung bei den Studiengängen in BaWü (kein NC im völlig überrannten gymnasialen Lehramt, dafür bis vor kurzem noch NCs in den Mangelbereichen GS und Sonderschulllehramt bei entsprechend deutlich weniger Studienplätzen als im gymnasialen Lehramt) fatal ist- geschenkt. Den Preis zahlen - leider - die vielen aktiven Kollegen noch einige Jahre lang. Mit unzureichend qualifizierten Kollegen die ihre Aufgaben nicht wahrnehmen können wäre diesen aber wohl auch nicht geholfen.
Die Ausfallquoten sind im Übrigen aus gutem Grund nicht offiziell bekannt. Wer aber beim Prozentrechnen in der Schule aufgepasst hat und weiß, wie viele Anwärter zu Beginn da waren, wieviele inzwischen "verschwunden" sind (da hält das Seminar sich sehr bedeckt), kann selbst nachrechnen.
Zitat von Buntflieger
Mich freut es für dich, dass es dir offenbar bisher gut erging. Ich hätte an deiner Stelle sehr wahrscheinlich auch das Setting der Ausbildung verteidigt, anstatt dermaßen kritisch aufgelegt zu sein.
Nö. ist sicherlich nicht "alles" rund gelaufen bei mir bislang. Aber ich bin erwachsen, kenne meine Rechte, stehe für mich ein (im Einzelfall auch schon mit Gewerkschaft und Anwalt an meiner Seite), kann mit den Menschen die an meiner Ausbildung beteiligt sind konstruktive Lösungen finden bei Bedarf und erwarte umgekehrt nicht, dass zugunsten meiner persönlichen Befindlichkeit alles auf mich zugeschnitten wird, sondern eben auch mal allgemein für Referendare (oder Lehrer) gilt (und an mir vorbei geht. Shit happens- gehört zu jedem Beruf dazu und ist kein Spezifikum des Schuldienstes.)
Ich könnte meine Geschichte des Refs wenn ich wollte so erzählen: "Ich bin schwer krank, meine Rechte werden regelmäßig nicht berücksichtigt und ich muss konstant zusätzlich die Kraft aufbringen für mich zu kämpfen. Ich werde diskriminiert." Oder ich sehe eben wo meine individuellen Erfahrungen keineswegs repräsentativ für das gesamte System sind, weil ich konstant Menschen an meiner Seite habe die Teil dieses Systems sind, mich beraten, unterstützen, mit mir Seite an Seite kämpfen (oder auch mal von mir unbemerkt dicke Felsbrocken vor mir aus dem Weg rollen, von deren Existenz ich höchstens im Nachhinein erfahre). Am Ende ist das sicherlich auch eine Frage der grundsätzlichen Lebenshaltung: Mein Glas ist an den meisten Tagen dreiviertel voll, weil ich dankbar bin noch am Leben zu sein und die Kämpfe führen zu können die das Leben noch für mich bereit hält. Für mich ein großes und nicht selbstverständliches Geschenk und manchmal auch eine Verpflichtung, der es gerecht zu werden gilt.