Ihr könnt einfach nicht fordern, was nicht von allen erfüllt werden kann, schon gar nicht in der Primarstufe. Wenn ihr der Meinung seid, dies das und jenes muss zwingend zu Hause geübt werden und dann auf dieser Unbekannten, die ausserhalb der Schule erarbeitet wurde, weiter euren Unterricht aufbaut, müsst ihr euch über Fälle wie diese Grundschule in Ludwigshafen nicht wundern.
Ich nehme den Part mal heraus.
So, wie du es schreibst, lastest du allein den GS-Lehrkräften an, dass die Kinder innerhalb eines Jahres die Inhalte nicht erlernt haben.
Das greift meiner Meinung nach zu kurz. Bei bestimmten Kindern ist es gar nicht möglich, ihnen binnen eines Jahres die angesetzten Inhalte zu vermitteln. Wunder vollbringen auch Grundschullehrkräfte nicht im Minutentakt.
Bei dieser Schule und diesen Kindern gehe ich davon aus, dass sie zu Schulbeginn eine Menge aufholen müssen, das normalerweise vorausgesetzt wird.
Ich persönlich halte nichts davon, dass man die Hürden für die Beschulung erhöht, sondern denke, dass das schulische Angebot erheblich erweitert werden muss, damit man die Kinder auffangen kann.
Das Ministerium zählt in diesem Fall die zusätzlich gewährten Stunden auf, aber die sind für die gesamte Schule gesehen genannt und niemand weiß, wie viele dieser Stunden tatsächlich zur Förderung eingesetzt werden konnten oder in der Vertretung verpufft sind.
So oder so muss man aber viel Zeit für Grundsätzliches aufwenden, so wie du es für deine neuen SuS auch erklärst. Das geht nicht von heute auf morgen, bei Kindern zu Beginn der Schulzeit dauert es wirklich lang, zumal bei etlichen die sprachliche Hürde hinzu kommt und man bei 98% Migrationshintergrund kein förderliches Sprachbad in der deutschen Sprache erwarten kann.
Bei pfiffigen Kindern ohne Deutschkenntnisse dauert es 3-6 Monate, bis sie einigermaßen Deutsch können, um zumindest im Alltag einiges zu verstehen. Bei den Kindern, die im Lernen/ Hören/ Sehen eingeschränkt sind, dauert es länger.
Da sich aber Inhalte häufig auch über Sprache vermitteln, kann man quasi die 6 Monate, die man zum Erlernen der Sprache und der Regeln eines Schullalltags benötigt, nicht auf die sonst üblichen Lerninhalte verwenden. Die Kinder könnten gar nicht Schritt halten. Also vermischt man die ersten Lerninhalte mit vielen zusätzlichen Übungen und Aufgaben, in denen man Deutsch und Regeln vermittelt.
Auch bei den Eingangsklassen, die genau auf dieses Problem eingehen und für den Inhalt der ersten beiden Schuljahre auch 1-3 Jahre Zeit einräumen, benötigen bestimmte Kinder die 3 Jahre Zeit, um die Grundlagen im ausreichenden Maß zu erlernen.
Ganztag oder HA-Hilfe ist noch immer nicht flächendeckend an allen Schulen eingerichtet. Da könnte man zuerst ansetzen, um denen, die Hilfe benötigen, diese auch zu gewähren.
Gleiches gilt für zusätzliche Assistenzen in den Schulen, die mit den Kindern lesen, Kopfrechnen üben oder auch mal Ordnung in den Ranzen bringen oder anderes in Begleitung üben.
Die Verbesserung der vorschulischen Förderung wäre ein Segen für diese Kinder, in Niedersachsen hat man genau das (verpflichtende Sprachförderung vor der Einschulung für alle Kinder, die es nötig hatten, Testung durch die Schule) gestrichen, weil man darüber den Lehrkräftemangeln in den Schulen lindern und die Statistik schönen konnte.