Weil du es offenbar nur an Zahlen verstehen kannst, versuche ich noch einmal, das, was ich eigentlich sagen will, daran zu erläutern. Dabei merke ich vorab an, dass wir uns auf einer Meta-Ebene befinden. Die Zahlen sind das Beispiel, an dem etwas erläutert wird. Es sind nicht die Zahlen selbst, die in der Kritik stehen, sondern Schlussfolgerungen und Äußerungen, die getätigt werden.
Du bewertest Studien nach dem, was du darin findest und was du für Vermutungen anstellst, aber auch danach, was dir an weiteren Erkenntnissen vorliegt.
Für dich ist das gesetzt, obwohl du selbst weißt, dass du Vermutungen mit einbeziehst:
Man versucht alle Personen mit positivem PCR-Test im Kanton Zürich zu kontaktieren und zu einer Befragung einzuladen
Also alle, die - aus welchem Grund auch immer - getestet wurden und positiv waren.
Symptome zum Zeitpunkt der Diagnose wurden von 90 % der Teilnehmer angegeben,
Asymptomatisch Infizierte sind praktisch nicht eingeschlossen.
Doch, wie du selbst schreibst, sagen 10% aus, sie hätten zum Zeitpunkt der Diagnose keine Symptome oder sie haben keine Angaben dazu gemacht. Das ist nicht eindeutig.
Gleichzeitig betonst du aber:
Hier wurde monatelang überhaupt nur symptomatisch getestet,
Dann wurden die 10% in der Studie also symptomatisch gestestet, obwohl sie selbst gar keine Symptome hatten? Oder sie wurden symptomatisch getestet und konnten sich 6 Monate danach nicht mehr daran erinnern?
Für mich ist das nicht eindeutig, für dich ist das gesetzt und glasklar.
Natürlich weißt du auch, wer da wie und auf welcher Grundlage getestet wurde.
Ich kann das hier nicht klar sagen, nicht einmal für meine Region, schon gar nicht für ganz Deutschland oder irgendeinen Ort, an dem eine Studie erstellt wurde, weil die Landkreise sehr unterschiedlich vorgegangen sind, im Frühjahr, weil sich die Strategien erst ergeben mussten, im Frühsommer, weil Gesundheitsämter bei plötzlichen, größeren Ausbüchen schnell überfordert waren und die Nachverfolgung und Testung nicht mehr konsequent vollzogen werden konnte, im Herbst, weil die Testrate reduziert werden sollte und die Strategie geändert wurde.
Ich kann auch nicht wissen, ob es zu dem Zeitpunkt im Kanton Zürich einen besonderen Ausbruch, Hotspots oder anderes gab und wie exzellent das Gesundheitssystem in diesem Kanton aufgestellt ist.
Das sind im übrigen keine Verschwörungstheorien, sondern Fragen, die sich hinsichtlich der Bewertung von Zahlen stellen. Dir vielleicht nicht, mir schon.
Weiter:
Man versucht alle Personen mit positivem PCR-Test im Kanton Zürich zu kontaktieren und zu einer Befragung einzuladen
Wer wird sich wohl am ehesten bereiterklären? Natürlich die, die was zu erzählen haben.
Du weißt selbst, dass es eine Vermutung ist:
Wenn man diese "Unterstellung" meinerseits nicht glauben möchte
Aber für dich ist das in der Studie klar gesetzt ... danach zitierst du einen Satz aus der Studie.
Andere Möglichkeiten kannst du also absolut ausschließen.
Ich kann das nicht:
- Menschen nehmen nicht teil, weil es ihnen noch immer so schlecht geht, dass sie nicht teilnehmen können/ es sie zusätzlich belastet (Fatigue, Angstzustände).
- Menschen nehmen nicht teil, weil sie nach Krankenhausaufenthalt keine Lust mehr auf Tests haben.
- Menschen nehmen nicht teil, weil sie ihren Alltag regeln müssen, trotz anhaltender Symptome.
...
Wieder also eine Vermutung, auf deren Grundlage du zu einer Bewertung kommst.
Darf man auch zu einer anderen Bewertung kommen?
Für mich ist das nicht eindeutig, für dich ist das gesetzt und glasklar.
Bei mir ergeben sich Fragen, die du ausschließt oder für dich beantwortet hast.
Unklar oder nicht ersichtlich ist für mich auch, wie viele Personen überhaupt in dem besagten Zeitraum positiv getestet wurden und wie viele von ihnen - prozentual - überhaupt der Studie gefolgt sind.
Daraus muss man dann wieder Schlussfolgerungen ziehen:
Wer folgt der Aufforderung?
Sind es eher die mit starken Syptomen oder nicht?
Entspricht die Teilnahme der Altersstruktur des Kantons?
Entspricht die Teilnahme der Altersstruktur der im Frühjahr positiv getesteten?
Für mich ist das nicht eindeutig, für dich ... vielleicht nachvollziehbar, irrelevant, erklärbar, über was auch immer zu belegen.
Nächste Vermutung:
Mal ganz genau hingeschaut findet man aber 1. eine Fallsterblichkeit von 0.26 % beim "Wildtyp" vs. einer Fallsterblichkeit von 0.41 % bei B117, was beides unter den bisher geschätzten 0.5 % liegt, das finde ich schon mal interessant. Könnte also bedeuten, dass man die Letalität insgesamt bisher immer noch überschätzt hat.
Ja, könnte.
Könnte aber auch ganz anders sein, weil z.B. die Teilnehmenden besonders jung waren und deshalb die Infektion besser weggesteckt haben, weil die Teilnehmenden weniger Vorerkrankungen hatten als die allgemeine Bevölkerung, ...
Ist also auch eine Mutmaßung, man weiß es nicht.
Man kann die Zahlen bewerten mit dem, was einem zur Verfügung steht,
und wird es mit neuen Daten neu bewerten müssen.
Ich weiss nicht, was Du von mir willst.
Ich versuche dir seit diversen Beiträgen zu vermitteln, dass die Welt nicht eindeutig in den Fakten ist, wie du sie sehen möchtest und für dich interpretierst,
dass die Auswertung von Studien immer neue Fragen aufwirft und man nur nach und nach der Wahrheit ein Stück näher kommt.
Auf dem Weg dahin sind Zweifel berechtigt und Vermutungen in alle Richtungen hilfreich.
Man kann anderer Menschen Meinung interessant finden oder ablehnen oder nutzen, um die eigene Einschätzung zu hinterfragen.
Wenn dir etwas klar erscheint, sieht jemand anderes aus einem anderen Blickwinkel womöglich ein Haar in der Suppe.
Er hat dir nicht in die Suppe gespuckt, wird dies auch nicht tun, möchte auch nicht so behandelt werden, er sagt nur: Kann es sein, dass da ein Haar in deiner Suppe schwimmt?
Vielleicht kannst du es ausräumen, dann sagst du: "Vielen Dank, dass du mich aufmerksam gemacht hast."
Vielleicht merkst du aber dadurch auch, dass dein Teller einen Sprung hat und du das vorher gar nicht bemerkt hast. Dann kannst du bei deiner Einschätzung bleiben, die Suppe ist klar. Trotzdem war die Frage des anderen berechtigt.