Ich bin gerade frustriert/ deprimiert. Sicherlich kann die Welt jetzt nicht monatelang "dichtmachen", aber was da in einigen Ländern abgeht, ist echt krass. Menschenleben werden aufs Spiel gesetzt, der "Kollateralschaden" bewusst in Kauf genommen. Klar haben wir hier in Deutschland mit unseren Gesetzen und unseren Grundwerten keine Zustände, die mit anderen Ländern vergleichbar sind. Ich bin nach wie vor froh, hier zu leben und nicht in einem anderen Land, in dem ich wahrscheinlich mein aktuelles Alter gar nicht erreicht hätte.
Aber manchmal wünsche ich mir etwas mehr "Eier in der Hose" in Bezug auf das Schulsystem. Mit meinen Fächern (Psychologie, Sozialpädagogik) und meiner Tätigkeit (pädagogische Fachkräfte ausbilden) denke ich ganz anders als so eine Frau Gebauer mit einer ganz anderen Vorbildung, die dann noch dem System der Politik unterworfen ist.
Aber ich frage mich ernsthaft, was die Bundesregierung im Sommer getan hat? Kinder, Jugendliche, Lehrer, Erzieher- das läuft schon, die kriegen das schon hin ... und Kinder kriegen ja kein Corona und in Schulen steckt man sich ja sowieso nicht an.
Der jahrzehntelang vernachlässigte Bildungssektor kriegt das schon hin? Da lache ich drüber, und fühle mich ganz böse vera....
Wie soll es im Januar weitergehen? Wie will man den Spagat hinbekommen? Es wird doch wahrscheinlich wieder auf homeschooling und Notbetreuung wie im ersten Lockdown hinauslaufen. Wo sind alternative Konzepte? Im Frühjahr gab es die Überlegung, Studierende an Schulen abzuordnen. Aber es ist nichts derartiges passiert.
Wo bleibt das soziale Lernen in diesen Zeiten? Es wird am Stoff festgehalten, obwohl es sicher Jahrgänge oder Schülergruppen gibt, denen etwas fehlt. Eltern sind überlastet, Kinder überfordert.
Meiner Ansicht nach müsste es klar sein, dass mindestens ein Schuljahr "im Eimer" ist - sicher nicht für alle, aber ich denke an die Kinder, denen das soziale Lernen fehlt, diejenigen, die aus bildungsfernen Schichten kommen, diejenigen, die zuhause (noch mehr) Gewalt erfahren.
Weiß jemand, wie das in anderen Ländern ist? Gibt es Länder, in denen anerkannt wird, dass dieses Schuljahr verloren ist?
Ich weiß, es ist unrealistisch, aber ich stelle mir in den kommenden Monaten eine Art "Betreuung" vor, kleine Gruppen, die dann auch nachmittags Kontakt haben dürfen (Idee der "social bubble", nach Drosten), die eine Mischung aus Schulstoff und Spiel praktizieren, so ein bisschen wie die OGTS. Dazu hätte man Personal und Räume organisieren müssen. Ich weiß, das klingt alles unausgegoren und passt nicht zu unserer Bildungspolitik, aber ich denke, dass es den Kindern und Familien damit besser gehen würde. Und leider ist für ein Wiederholen des Schuljahres nicht genug Personal da, aber mich ärgert, dass es einfach so hingenommen wird, dass den meisten SuS einiges fehlt. Selbst meine Kids, mit denen ich wirklich viel gemacht habe, hängen ein bisschen zurück. Und das bei wichtigen Themen (kleines 1x1, engl. Zeiten, Dezimalzahlen). Ich hätte nichts dagegen, wenn sich deren Schulzeit um 1 Jahr verlängern würde. Schließlich haben wir eine weltweide Pandemie mit einem Virus, das viele Menschenleben kostet und dessen Folgeschäden bisher nicht absehbar sind. Wenn ich jetzt lese, dass auch Kinder von Folgeschäden betroffen sind, wird es mir ganz anders und ich überlege, meine beiden im Falle eines erneuten homeschooloings mit Notbetreuung im Januar zuhause zu lassen, auch wenn ich "nebenher" arbeiten muss und das eigentlich kein Zustand ist.