So, da bin ich wieder. Es hat ein bisschen gedauert, aber ich habe erst jetzt Zeit, ausführlicher zu antworten.
Danke noch mal für die vielen konstruktiven Antworten. 

Ich bin doch jetzt - nach euren Antworten und längerem Überlegen - ein gutes Stück weiter. Ich will auf jeden Fall irgendwie anders arbeiten, aber die Klassenarbeiten werde ich erst einmal nicht binnendifferenziert schreiben, was aber gerade auch kein akutes Problem ist, da ich die letzte Klassenarbeit dieses Schuljahres gestern geschrieben habe. Es geht mir eher um die Bewertung der mündlichen Leistung bei Schülern, die sich zwar Mühe geben und arbeiten, dies allerdings an einfacheren Aufgaben tun.
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die Frage der binnendifferenzierten Leistungsbewertung trifft genau das Grund-Dilemma der Lehrer: sie sollen
* ganz individuell jeden Schüler/ jede Schülerin fördern ohne zu überfordern, aber leider gleichzeitig auch
* Leistung messen, bewerten und "selektieren".
Das sind eigentlich zwei Dinge, die sich widersprechen. Leider müssen wir doch nicht nur das das erste sondern auch das zweite tun.
Ja, ich finde das auch sehr schwierig, v.a. weil es bei den Neunern jetzt langsam richtig ernst wird und nicht "nur" mehr um eine Versetzung, sondern auch um bald um Ausbildungsplätze bzw. die Quali fürs Gymnasium geht.
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wir hätten im Seminar mal gesagt, dass in Bezug auf EINE Klassenarbeit eine relativ hohe Entscheidungsgewalt beim Lehrer liegt - Ich meine, man dürfte eine andere Leistungsform als Klassenarbeit werten.
Ja, das stimmt tatsächlich und wird an meiner Schule (allerdings in anderen Klassenstufen) auch manchmal praktiziert. Das wäre tatsächlich eine Option für das kommende Schuljahr.
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diese armen Kinder, deren Eltern sich offensichtlich nicht kümmern und die da aus Gründen, die sie doch selber gar nicht zu vertreten haben, ins Hintertreffen geraten sind, sollen immerhin nächstes Jahr ihren Realschulabschluss machen. Gibt es bei euch noch keine zentralen Abschlussprüfungen?
Man muss sich vorstellen, dass die dann auf dem Arbeitsmarkt praktisch keine Chance mehr haben, bzw. jetzt sowieso auf die Hauptschule müssen.
Nein, zentrale Abschlussprüfungen gibt es in NRW noch nicht, sie sollen aber in den nächsten Jahren kommen.
Ja, das mit der Ausbildungsplatzsuche stelle ich mir auch schwer vor.
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Und als Nothilfe setzt man dann eine Referendarin ein?
Nein, da hat kaddl Recht: Ich bin - trotz des irreführenden Nicknames - inzwischen keine Referendarin mehr.
Etwas off-topic: Ich habe mich ganz zu Beginn meines Referendariats mit diesem Namen in einem damals noch sehr kleinen Forum angemeldet und das Ende des Referendariats war damals eben noch sehr weit weg. Nach dem Referendariat habe ich mir überlegt, mich umzubennen, aber fand das dann auch doof.
Ich bin also keine Referendarin mehr, aber noch blutige Berufsanfängerin, da ich erst seit wenigen Wochen als "richtige" Lehrerin arbeite. In einer 9 habe ich während des Referendariats auch nie Englisch unterrichtet, in einer Klasse 10 auch nur kurze Zeit.
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Hier ist eine Klasse zwei Jahre zurück. Wie das in den anderen Fächern aussieht, weiß ich nicht, hätte aber den Verdacht, dass es dort auch Rückstände gibt.
Ich würde nicht sagen, dass die ganze Klasse zwei Jahre zurück ist. Es gibt ein oder zwei Schüler, die von Anfang an in der Klasse sind und deren Englisch recht gut ist. Dies sind aber auch fleißige Schüler. Wenn in der Klasse immer nur sehr schlechter Unterricht stattgefunden hätte, wären die guten Leistungen dieser Schüler ja auch nicht möglich. Soweit ich weiß, hatten sie nie Nachhilfeunterricht oder ähnliche Hilfe von außen.
Ich denke, es liegt wirklich an vielen Gründen. Bei einigen Schülern liegt es vermutlich nicht unwesentlich am sozialen Umfeld, ich glaube, es gibt da den Fachbegriff "bildungsferne Elternhäuser", der hier irgendwie ganz gut passt. Es gibt leider kaum Unterstützung zu Hause und Bildung wird zu Hause nicht als so wichtig angesehen. Wir haben an unserer Schule wirklich viele Förderangebote und sonstige Angebote, aber wir können unsere Schüler ja nicht dorthin zwingen. Ich denke, da kommt die Schule dann langsam an ihre Grenzen.
Einige Schüler in der Klasse kommen vom Gymnasium und sind den anderen fachlich ein gutes Stück voraus. Diese Schüler haben sich jetzt ziemlich wütend beklagt, sie hätten in der letzten Zeit nicht genug gelernt, da ich in den letzten Wochen sehr viele Wiederholungsübungen gemacht habe (zugegebenermaßen sind wir sehr langsam vorgegangen und es kamen immer noch nicht alle mit). Ich habe die Klasse befragt und ein Schüler fühlt sich immer noch überfordert, da sein Englisch sehr schlecht ist. Ca. 8 oder 9 Schüler (mit 2 Ausnahmen kommen alle vom Gymnasium) fühlten sich unterfordert. Dazu muss man sagen, dass einige der Schüler sich laut Aussagen des vorherigen Englischlehrers etwas überschätzen.
Alle anderen Schüler waren über mein langsameres Tempo sehr erfreut und meinten, sie würden endlich mal etwas in Englisch verstehen.

Wie kann man denn eurer Meinung nach binnendifferenziert arbeiten? Ich dachte ja an ein Stationenlernen. Die Schüler wollten lieber in Gruppen arbeiten und sich gegenseitig helfen. Die (sehr engagierte) Klassenlehrerin erzählte mir aber, dass sie in der Klasse sehr schlechte Erfahrungen mit Gruppenarbeit gemacht hätte, da die Schüler kaum gearbeitet hätten.
Wie arbeitet ihr denn binnendifferenziert?