Du hattest so viele Erwartungen an den Beruf und an "Schule", was unweigerlich dazu führen muss, dass du enttäuscht wirst.
Zudem sind längst nicht alle "geborene Lehrer" - man lernt vieles mit der Zeit, über Jahre. Einige sind schon direkt zu Beginn sehr sicher in dem, was sie tun, während andere mehr Zeit brauchen. Sich daran zu gewöhnen, dass man von Schülern nunmal als "Teil des Systems" angesehen wird, gehört natürlich auch dazu. Ich denke, dass hier z. B. das Leiten von Jugendgruppen sehr hilfreiche Erfahrungen bieten kann.
Es erscheint mir ein deutsches Phänomen, dass der Beruf eine "Berufung" sein soll oder man besonderes "Talent" haben muss. In Deutschland ist MINT "Talent", während in anderen Ländern der Fleiß im Vordergrund steht (und zugegebenermaßen häufig auch viel Druck) mit den entsprechenden Ergebnissen. Wenn wir uns selbst die Frage stellen "Was kann ich besser machen?" anstatt von vornherein zu sagen "Das kann ich doch eh nicht"... das würde unserer Gesellschaft ganz gut tun, glaube ich. Das soll natürlich nicht heißen, dass man partout etwas anstreben soll, worin man sich selbst nicht sieht. Jedoch erscheint es mir genauso fragwürdig, über eine Tätigkeit zu urteilen, die man gar nicht kennt. Praktika, Praxissemester, Betreuung im Ganztag... all das ist nicht das "Lehrerdasein". Es ist ein Einblick in das System, vermittelt einem aber eben noch nicht, wie es ist, plötzlich als Lehrer zu arbeiten.
Jede Schule ist anders. Jedes Lehrerkollegium ist anders. Es gibt Schulen, an denen ein Kollege äußerst unzufrieden wäre, während jemand anderes sich dort vllt. sogar wohlfühlen würde. Du kannst durch einen Einblick in eine Schule nicht wirklich über die Tätigkeit urteilen, weil der Beruf je nach Schulform, Kollegen, Schülerschaft etc. ein ganz anderer sein kann.
Zum Thema: Schüler müssen funktionieren.
Das müssen wir doch alle. Das klingt immer so negativ, aber wenn man nicht funktioniert... dann sitzt man halt den ganzen Tag rum und ist mit allem heillos überfordert. Ich finde den Gedanken, dass Kinder und Jugendliche sich in ein System einfügen müssen nicht so negativ, wie es häufig klingt und dargestellt wird. Man muss seine eigene Bedürfnisse ein Stück weit zurückstellen und auch auf andere Rücksicht nehmen. Genau das wollen wir doch für unsere Gesellschaft.
Zudem bieten deutsche Schulen viele Freiheiten und sind insg. sehr nachsichtig. Das ist in anderen Ländern und Gesellschaften ganz anders. Ein Schüler muss schon großen Mist bauen, um ernsthaft Ärger zu bekommen. Ein wenig mehr Einschränkungen würde vielen Schulen eher guttun.