Beiträge von Antimon

    Ich bin mittlerweile so abhängig vom Touchscreen, dass ich nervös werde, wenn der Bildschirm nicht auf die Finger reagiert. Das Convertible ist für mich eine der grossartigsten Erfindungen der letzten Zeit. Und seien wir ehrlich ... erst mit solchen Geräten macht Digitalisierung im Unterricht auch wirklich Sinn. Wahrscheinlich haben auch deshalb so viele das "Gefühl", das sei so ein wahnsinnig neues Thema, erst die verbesserte Technologie hat einen sinnvollen Einsatz an der Schule überhaupt erst möglich gemacht.

    Ich weiss nicht, wie du drauf kommst ich hielte dein Problem für lächerlich. Ich habe mich zur Sache bereits geäussert, musst du überlesen haben. Ich schrieb sinngemäss, dass ich es für geschickter halte, mit Blick auf die Sachinhalte zu planen und sich erst im nächsten Schritt Gedanken um die Methoden zu machen. Dass ich grundsätzlich keine einzelnen Lektionen sondern immer ganze Reihen plane. Sinngemäss hast du das ein Stück weiter oben genauso wiederholt, also sind wir in Gedanken offensichtlich nicht so weit auseinander.

    Was genau erwartest du denn? Dass sich jetzt hier einer hinsetzt und dir eine Unterrichtsreihe zum Thema X ausarbeitet? Wir müssen wohl alle, egal an welcher Schulform und egal welche Klassenstufen, ständig irgendwelches Material an genau unsere Gegebenheiten anpassen. Ich habe abgesehen von Experimentieranleitungen wahrhaftig noch nie irgendetwas 1 : 1 übernommen was ich im Netz oder bei anderen KuK gesehen habe. Das scheint ja bei Primarschullehrpersonen Gang und Gäbe zu sein, ist für mich völlig unvorstellbar. Meistens arbeite ich mit Fachbüchern für die Uni und reduziere bzw. vereinfache entsprechend. Da es in der Schweiz für die Sek II keine einheitlichen Lehrpläne gibt, gibt es auch keine passenden Schulbücher. Für Physik gibt es eines, das in der Theorie ganz OK ist, da sind aber leider die Lösungen zu den Übungsaufgaben viel zu oft falsch oder die Aufgaben sind mit den gegebenen Informationen gar nicht sinnvoll lösbar. Was ein Pech. Ich schaue gerne in die deutschen Schulbücher rein, aber die sind an manchen Stellen im Niveau zu flach und an andern zu ausführlich. Also passe ich eben wieder an.

    Methoden sind dir doch mehr als genug genannt worden. Du schreibst selbst, du hast es mit 1.80 m grossen 8jährigen zu tun. In meiner Vorstellung spricht das für klare und einfache Anweisungen ohne grosse Kreativität, die am Ende nur zu Überforderung führt. Lies einen Text, formuliere Fragen dazu, die du mit deinem Sitznachbarn besprichst, fülle einen Lückentext aus, wähle ein passendes Symbolbild aus. Ungefähr so stelle ich mir das vor. Was sind denn die Lernziele, also was sollen die Jugendlichen am Ende der Reihe mitnehmen? Das ist doch am Ende die einzig wichtige Frage für die Unterrichtsvorbereitung. Geht es um Sachinhalte oder geht es dir um Kompetenzen, die du mit den gewählten Methoden vermitteln willst? Geht es z. B. drum in einem Text relevante Informationen zu finden? Dann könnte man statt Markieren oder Unterstreichen z. B. auch Schwärzen, also nur übrig lassen, was man für wichtig hält. Den so präparierten Text dann dem Nachbarn geben um rauszufinden, ob der noch versteht, worum es im Kern geht. Keine Ahnung, ob das schon zu viel ist für Förderschüler, aber vielleicht geht es mit entsprechend einfachen Texten. Geht es um die soziale Interaktion? Na dann müssen die Jugendlichen eben miteinander arbeiten, sich gegenseitig einzelne Textpassagen erklären z. B. Wenn es vor allem um Kompetenzen geht, ist der konkrete Inhalt letztlich doch scheissegal, also zumindest im Sinne der sachlichen Richtigkeit.

    Die Schule beschließt etwas?

    Nein, die Fachschaft Deutsch hat das einvernehmlich beschlossen. Das Prüfungsreglement Baselland lässt uns entsetzlich viele Freiheiten offen, man muss nur rechtzeitig Bescheid geben, was man vorhat. Es geht um die Abschlussprüfungen, da beschliesst du als individuelle Lehrperson in Deutschland meines Wissens gar nicht mal so viel. Wir haben hier keine zentralen Prüfungen. Was davor so im Unterricht passiert, das beschliesst selbstverständlich jede Lehrperson individuell.

    Dieses "die Jüngeren gegen die Älteren" tut so, als sei Digitalisierung eine Erfindung von gerade gestern. Sorry, aber das ist kompletter Bullshit, der mir nur noch zum Hals raushängt. Einer unserer Pioniere im Projekt BYOD ist letztes Schuljahr nach 43 Dienstjahren pensioniert worden, der ist jetzt 68. Bevor Informatik als offizielles Fach eingeführt wurde, haben nur er und ein weiterer Kollege, der dieses Jahr 63 wird, das im Wahlpflichtbereich unterrichtet. Ich war selbst Mitglied der vorbereitenden Arbeitsgruppe für unser BYOD-Projekt und ich war da mit Jahrgang 1980 zu Beginn die Jüngste. Unterdessen ist eine Kollegin an "vorderster Front" dabei, die geschätzt 10 Jahre jünger ist als ich, die ist von "den Jungen" die einzige. "Die Jungen" haben ganz oft überhaupt keine Kapazitäten für solche Sachen, die kämpfen einfach noch gegen's Absaufen mit der ganz normalen Unterrichtsvorbereitung. Es ist nicht wahnsinnig innovativ, einen QR-Code irgendwo einzubinden oder eine ppt zur Unterstützung des Lehrervortrags vorzubereiten. PowerPoint als Programm gibt es seit irgendwann Ende der 1980er. Digitalisierung des Unterrichts heisst, dass es eine funktionierende Infrastruktur, einen zuverlässigen Support und ein gemeinsames Konzept gibt. Das wird in der Regel eben wenig bis gar nicht verstanden, dass es mit dem Erklärvideo, das man mal bei YouTube hochgeladen hat, nicht getan ist. Und Nörgeltanten, die aus Prinzip gegen alles sind, gibt es in allen Jahrgängen. GoogleMaps wurde 2007 gelauncht, sorry das sind dann jetzt mal eben 16 Jahre, die sich weiter oben genannte Personen offenbar schon verweigern. Das fällt eigentlich schon unter Arbeitsverweigerung und müsste dienstrechtlich geahndet werden.

    Ich denke doch, dass das das Thema hier ist. Auf ein Jammern über den allgemeinen Kulturverfall habe ich jedenfalls keine Lust, wenn muss man schon ernsthaft über Vor- und Nachteile diskutieren, finde ich. Würde mich auch wirklich interessieren, was du dazu meinst. Ich unterrichte selbst ja nicht Deutsch aber unsere Deutschlehrpersonen sind sich da ausnahmsweise mal sehr einig.

    Es sei denn, ich lese zu viel aus dieser Aussage heraus.

    Tust du. Meine Replik bezog sich auf das "müssen". Nein, muss man nicht, es geht auch anders. Genauso wenig muss man natürlich den Maturaufsatz auf dem Laptop schreiben. Tatsächlich bringt das aber einige Vorteile mit sich, so dass wir an meiner Schule beschlossen haben, dass das ab sofort immer so sein wird. Wir sind aber das einzige Gymnasium im Kanton, das den freien Einsatz von digitalen Hilfsmitteln bei einer Abschlussprüfung zulässt. Genauso sind wir in der Mathe aber auch die einzigen, die einen Teil der Prüfung ausschliesslich mit einem Bleistift und einem Geodreieck schreiben lassen.

    Kannst du bitte eine beispielhafte Aufgabenstellung geben?

    Zum Maturaufsatz? Ich unterrichte kein Deutsch. Aber das kann z. B. eine Erörterung zu irgendeinem aktuellen Thema sein. Dann wird erwartet, dass die Quellen aus dem Netz korrekt zitiert werden. Wie das mit ChatGPT dann funktioniert, erinner mich im Mai noch mal dran, es wird sicher eine Lösung geben. Und die Lösung wird nicht heissen "Internet aus", dafür kenne ich meine Deutschkollegen zu gut ;)

    Zitat

    Man muss _unbedingt_ weiter üben, mit der Hand zu schreiben

    Das sicher. Es ging um den Maturaufsatz. Das hat letztes Jahr zum ersten Mal so stattgefunden und wurde von allen Beteiligten als sehr gut gelobt. Unsere Jugendlichen schreiben vor allem im Deutschunterricht praktisch nur noch auf der Tastatur. In den Naturwissenschaften schreiben wir ganz viel von Hand. Halt aufs Display des Convertibles ;)

    dass die älteren Kollegen eben noch nicht so digital aufgewachsen sind und sich logischerweise mit den Neuerungen schwerer tun

    Hast du noch mehr Klischees parat? Woher kommt immer dieser Quatsch, man müsste mit irgendwas "aufgewachsen" sein um es zu können? Überleg dir einfach, was du sonst so im Erwachsenenalter alles gelernt hast. Ich verstehe auch ehrlich gesagt nicht, was du diskutieren willst. Du wirftst ein paar unüberprüfbare Behauptungen in den Raum, von wegen KuK würden nur (noch) dies, das und jenes so oder so machen. Woher weisst du das so genau? Hast du bei all denen schon im Unterricht gesessen? Also ich habe junge Kollegen, die mit dem Laptop in den Unterricht gehen und beim Zimmerwechsel die Tafel wischen. Irgendwas scheint während der 45 min passiert zu sein, das nichts mit dem Laptop zu tun hat. Ich wische nur ausgesprochen selten die Tafel. Über meine Ergebnissicherung weisst du mit dieser Information genau... Nichts.

    Och ja, ich habe eine ganz passable Fangemeinde. Mindestens einer meiner Physik-Kollegen hat aber ein ähnlich ausgeprägtes Showmastertalent, davon habe ich mich selbst schon in so manch hospitierter Stunde überzeugt und habe mich nie gelangweilt. Schade halt, wenn man nur sich selbst lustig findet, gell? :P

    Hängt vom Zielpublikum und meiner Tagesform ab, aber ich schaffe das durchaus auch. Wobei das natürlich kein 60minütiger (bzw. 45minütiger) Monolog ist. Im Zentrum einer solchen Stunde steht üblicherweise ein grösseres Experiment, über das es entsprechend viel zu erzählen gibt. Häufig gehören dazu dann noch irgendwelche historischen Hintergründe und Anekdoten, die ich immer recht spontan parat habe. Ein paar dreckige Sprüche tragen in der Oberstufe eigentlich auch immer zur allgemeinen Erheiterung bei. Eine meiner Glanzstunden der letzten Zeit war die Sache mit dem pneumatischen Feuerzeug und der toxischen Männlichkeit ... Seither ist einer meiner Schüler im ganzen Schulhaus berühmt. Aber das ist Situationskomik, die ergibt sich einfach so und ich habe ein recht grosses Talent dafür, solche Situationen herbeizuführen ;)

    Oh Gott. Ja, sorry, ich hätte es wohl als Ironie kennzeichnen müssen. Relativität und Photoelektrischer Effekt, ja das behandelt man schon in einer aussergewöhnlichen Tiefe und vor allem prägt das den gymnasialen Physikunterricht wesentlich. Das rechtfertigt in jedem Fall über Jahre hinweg die Unterrichtsmethodik.

    Und jetzt mal im Ernst, obwohl es völlig OT ist: Vielleicht bin ich als Chemikerin nicht "normal" aber ich habe den grössten Teil des Studiums damit zugebracht, selbständig Syntheseansätze zu planen und diese durchzuführen bzw mich selbständig durch Lesen im Buch oder Lösen von Übungsaufgaben auf die nächste Prüfung vorzubereiten. Diese Art von Arbeit versuche ich grundsätzlich auch bei meinen Schülerinnen und Schüler zu implementieren und mindestens im Schwerpunktfach Chemie gelingt das selbstverständlich auch. Im Grundlagenfach Physik scheitert es daran, dass die Jugendlichen mit primitiven Dreisatzrechnungen überfordert sind*. Das hat mit Einsteins Relativität herzlich wenig zu tun, deren Grundzüge kann ein halbwegs intelligenter Gymnasiast durchaus nachvollziehen. Es geht in selbständigen Arbeitsphasen an der Schule nicht darum, sich so eine Theorie selbst auszudenken sondern lediglich darum, den Weg der Erkenntnis selber nachzuvollziehen. Musste ich das jetzt wirklich schreiben?

    *Sorry, ich will wirklich nicht schon wieder damit anfangen, aber leider ist das der Hauptgrund für meine Methodenwahl im Physikunterricht.

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