Ich habe dich schon verstanden. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass das System für ALLE SuS scheisse ist, eure ertragen es nur besonders schlecht. Insofern taugt es einfach nicht als Argument, der Zustand müsste ganz unabhängig vom Thema Inklusion geändert werden.
Beiträge von Antimon
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Intensiver Fachunterricjt mit Lehrerwechsel alle 45 min würden meine und die Schüler meines Mannes nicht verkraften.
Das ist übrigens wirklich kein Argument gegen Inklusion. Das Schulsystem, wie es jetzt ist, egal ob am Gymnasium oder an anderen Schulformen, ist komplett marode und müsste einmal von Grund auf überarbeitet werden. Unsere Erst- und Zweitklässler turnen im 45-min-Takt zwischen 12 verschiedenen Fächern und im schlimmsten Fall ebenso vielen verschiedenen Fachlehrpersonen hin und her. Immerhin schafft es unser Stundenplaner, dass die Klassen mal für zwei Fächer im gleichen Raum bleiben können, dann rennen sie aber in 5 min wieder die Treppen rauf oder runter oder wechseln gar das Gebäude. Ich selbst wechsle innerhalb von 5 min Raum und Fach, es ist mir schlichtweg unmöglich die Folgestunde pünktlich zu beginnen.
Ich unterhalte mich hin und wieder mit den Jugendlichen darüber, wie sie sich in diesem Hamsterrad so fühlen. Ich plapper die 45 min lang mit Konvektion und Wärmestrahlung voll, das finden sie in dem Moment sogar ganz spannend, 5 min später will aber Frau H. die letzte Woche neu gelernten Französischvokabeln von ihnen hören und ärgert sich, dass die Hälfte von ihnen im Geiste immer noch bei der Wärmestrahlung ist, weil sie das jetzt eigentlich gerne zu Ende denken würden. Oder wahlweise rumgedreht hört mir keiner zu weil Frau H. eben eine Prüfung angesagt hat und man diese verdammten Vokabeln ja irgendwie noch schnell lernen muss. Meine Zweitklässler haben 3 x die Woche von 07:55 Uhr bis 16:40 Uhr Unterricht, je nach Anfahrtsweg sind die erst um 18:00 Uhr zu Hause. Die haben noch sowas wie Hobbies, also kannst dir überlegen, wie viel Zeit da überhaupt zum Lernen oder für Hausaufgaben bleibt. Für - ich wiederhole mich - 12 verschiedene Fächer.
Jetzt steht eine Reform der gymnasialen Maturität an und irgendwelchen pensionierten Lateinlehrern, die da von der EDK zur Ausarbeitung eines Reformvorschlags einberufen wurden, fällt nichts besseres ein, als noch mehr Grundlagenfächer in die Stundentafel schreiben zu wollen. Philosophie und Religion ist ja auch noch ganz wichtig. Die haben einfach komplett den Arsch offen.
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Zum letzten Zitat von dir: Was für 'disabilities' meinen sie denn hier? Habe ich das übersehen (... ernst gemeint!)? Wäre doch entscheidend! Danke.
Guess what, das differenzieren sie gar nicht. Es ist auch gar nicht an dir, an mir oder an Plattenspieler hier irgendwas zu "beweisen". Das sollen bitte diejenigen, die finden "Inklusion um jeden Preis", sprich die Damen und Herren Politikerinnen und Politiker. Ich habe ja einen passenden Artikel aus unserer letzten Gewerkschaft-Zeitung dazu verlinkt, DAS ist die Realität. Die die anordnen, befinden einfach irgendwas, ohne irgendeine Evidenz aufzeigen zu können und auch ohne die Absicht, das beschlossene Setting jemals zu evaluieren. Eine erdrückende Mehrheit der Lehrpersonen, die bei uns in der Region so arbeiten müssen, meldet ganz klar zurück, dass das alles vorne wie hinten komplett beschissen läuft, es ändert sich aber genau ... nichts. Man darf sich dann noch irgendeinen Kack anhören von wegen "alles Einzelfälle, aber generell ist doch alles feinifein". Nein. Die aufsummierten Einzelfälle zeigen das Gegenteil. Warum wohl initiiert die Freiwillige Schulsynode Basel eine Abstimmung über die Wiedereinführung der Kleinklassen. Die haben das Geschwätz von oben mehr als satt. Wenn alles gut geht, bin ich bis Ende 2023 auch stimmberechtigt.
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Meinst du, deine Fächer sollten nicht in der Grundschule unterrichtet werden?
Ich weiss nicht was Schmidt so meint, aber ich meine für meine Fächer absolut, dass die an der Grundschule nichts zu suchen haben. Physik noch eher als Chemie, zumindest auf phänomenologischer Ebene. Dass die PET-Flasche in diesen und nicht in jenen Container gehört hat nichts - ich erwähnte es bereits - mit Fachunterricht in Chemie zu tun. Das ist eben Niveau Grundschule und darauf habe ich keine Lust. Ich kann sehr wohl aber ich will schlichtweg nicht. Simple as that. Es ist im übrigen absolut hinderlich für den späteren Lernerfolg wenn man Kindern, die noch nicht über ein ausreichendes Abstraktionsvermögen verfügen, irgendeinen Käse über den Atombau erzählt. Chemie gehört nicht nur nicht in die Grundschule, sie gehört auch nicht in die Unter- und Mittelstufe. Dahin gehören bestenfalls chemische Phänomene aber ganz sicher kein Fachunterricht. Ich bin tagtäglich mit den Folgen dieses Missverständnisses konfrontiert.
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Ich verstehe es ehrlich gesagt auch nicht, aber ich meine, das hätte ich auch artikuliert. Tatsächlich bin ich aber auch für ein Niveau "drunter" ausgebildet, vielleicht macht das gefühlt nen Unterschied. Ich persönlich wollte einfach nicht. Ich habe Berufsschule im für meine Fächer tiefst möglichen Niveau unterrichtet und mich grauenhaft gelangweilt.
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Joa, da hast du recht. Bei uns ist es genau anders rum, es zählt am Ende allein die Anzahl an SuS, die wir an der ETH unterbekommen. Wie viel Tee die bis dahin getrunken haben, interessiert niemanden. Schade eigentlich.
Merkt ihr eigentlich, dass wir es vom gegenseitigen Augenauskratzen tatsächlich noch zu einer halbwegs sinnvollen Diskussion geschafft haben?

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Wegen der Gymis an meiner Schule: Die Regierung schreit nicht danach bzw kommt nicht auf den Gedanken. Lernbehinderte kann wohl eine schnell fortgebildetr Gymlehrkraft integrieren, Förderschullehrkraft wohl aber nur und nimmer Gymis. Das zeigt wohl die Wertschätzung für meine Arbeit.
Ich glaube nicht, dass das was mit Wertschätzung zu tun hat, eher mit Tatsachen. Du müsstest in der Lage sein einem Gymnasiasten das chemische Gleichgewicht oder die Bedeutung der Differentialrechnung zu erklären. Kannst du das? Ich glaube nicht, dass deine Ausbildung das hergibt. Ich behaupte um Himmels Willen nicht, dass dein Intellekt das nicht hergibt, aber du bist dafür nicht ausgebildet. Ich kann Chemie tatsächlich auch ausgesprochen niveaulos erklären. Nach unten geht theoretisch immer, nach oben erfordert eine zusätzliche Ausbildung im Fachbereich. Selbstverständlich kannst du die nachholen aber das müsstest du eben auch.
Abgesehen davon wird Inklusion in diese Richtung allein schon deswegen niemals passieren, weil es von uns in den meisten Fächern sowieso zu viele gibt. In Mathe, Physik und Französisch haben wir es bei uns im Schulhaus wahrhaftig schon erlebt, dass ausgebildete Sek I Lehrpersonen ranmussten und sie sind kläglich gescheitert. Die Fachausbildung ist wirklich unzureichend.
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Ich trinke Tee mit meinen Jugendlichen und fülle sie mit Brownies ab, wenn ich sie nach ner Prüfung erschlagen auf dem Fussboden vor meinem Schulzimmer finde. Das ändert nichts daran, dass am Ende der 4 Jahre die allgemeine Hochschulreife bzw. die Fachmaturität wartet, für die es gewisse intellektuelle Ansprüche zu erfüllen gilt. Wir sind am Gymnasium nicht die empathiebefreiten Arschlöcher, für die wir hier offenbar gehalten werden. Gerade meine Schule legt besonders viel Wert auf kulturelle Anlässe und Beziehungsarbeit. Unsere Schülerinnen und Schüler sind aber nachweislich nicht besser als an allen anderen Schulen im Kanton. Immerhin sind sie auch nicht schlechter trotz des ebenso nachweislich schlechtestem Einzugsgebiet im Bezug auf den Sozialstatus der Eltern.
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Danke dir. Vorschlag 1, 3 und 4 kann ich mit der Schülerin noch einmal besprechen, alles andere würde als Bevorteilung gegenüber dem Rest der Klasse gesehen. Vermutlich auch schon Vorschlag 3, aber da kann ich mich bei der Schulleitung mal erkundigen. Mich ärgert das schon lange, ich denke ich muss da echt mal ein Fass aufmachen.
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Bei uns gibt es keinen "zentral" organisierten Prüfungsplan. Ich setze meine Prüfungstermine selbst. Wenn also jemand 15 min mehr Zeit haben soll, muss ich selbst eine Aufsicht in einem separaten Raum organisieren. Ich habe in der aktuell fraglichen Klasse nämlich exakt 45 min Zeit und danach exakt 5 min um den Raum und das Unterrichtsfach zu wechseln. Die betroffene Schülerin kennt das Spiel bereits aus der alten Schule (sie wiederholt bei uns das Schuljahr und durfte auf Antrag das Schulhaus wechseln) und hat darunter nach eigenen Angaben mehr gelitten als davon profitiert.
Schreiben auf Laptop und Ausdruck in Grossbuchstaben hatte ich auch schon, das ist einfach. Das spezielle Problem bei den ADSLern ist, dass die nach 15 min Prüfungszeit das Hirn abstellen und dann oft gar nichts mehr aufs Blatt schreiben. Mehr Zeit bringt's da also genau gar nicht. Kennt da jemand von euch alternative Massnahmen?
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Und was fällt euch da so ein?
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Was mich übrigens richtig ankekst ist der "Einfallsreichtum" unseres schulpsychologischen Dienstes, wenn es um Nachteilsausgleiche geht. Wie sieht das denn bei euch so aus? Würde mich wirklich interessieren. Der SPD Baselland kennt nur einen Standard für jegliche Diagnose: Mehr Zeit bei Prüfungen. Ob und wie das überhaupt umgesetzt werden kann, interessiert keine Sau. Ich hatte als Klassenlehrperson mal ein Abklärungsgespräch für eine Schülerin, da bin ich echt sauer geworden als die anfingen mir zu erklären, wie meine Arbeit wohl aussieht. Die haben keinen Blassen und es interessiert sie auch nicht. Ob den Jugendlichen schlussendlich also geholfen ist, ist auch egal. Ich habe jetzt guerillamässig mit einer ADS-Schülerin für meinen Fachunterricht eine eigene Vereinbarung getroffen. Mal schauen, wie weit wir damit kommen und ob ihr das mehr bringt, was wir überlegt haben.
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Ich schick dir welche vorbei. Mir fallen schon ein paar ein, die irgendeine Art von Förderbedarf hätten. Der Typ mit der Prüfung bei der ich ihm hätte Punkte geben sollen für was, was er 2 Wochen vorher mal im Unterricht erzählt hat. Den schenk ich dir.

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Ich tippe bei meiner Kollegin auf irgendwas im emotional-sozialen Bereich, keineswegs eine Lernbehinderung, die ist irgendwas kurz vor der Hochbegabung. Ich habe sie nie gefragt, es ist mir ziemlich egal. Ich habe in meinen Klassen auch immer mal wieder SuS ehemals aus Kleinklassen, auch das erfährt man so beiläufig und es ist mir egal. Deswegen verstehe ich auch den ganzen Aufriss hier nicht. Es geht einzig um SuS mit kognitiven Einschränkungen deren Beschulung am Gymnasium vollkommen sinnbefreit ist.
Zu deiner Frage: Natürlich ist das kantonal unterschiedlich. In Basel-Stadt gibt es das Konzept Kleinklasse gar nicht mehr, im Baselland werden SuS in der Mittelstufe nur noch im Leistungszug A in einer Kleinklasse beschult:
https://www.baselland.ch/politik-und-be…nr%C3%BCckstand.
Sprich Kleinklasse bedeutet automatisch, dass nach dem intellektuell schwächstem Niveau unterrichtet wird. Die Schlauen dürfen nicht neben der Spur unterwegs sein und wenn doch, werden sie neben 20 "normalen" Pubertieren einfach mitgeschleift. Vielleicht mit heilpädagogischer Unterstüzung, vielleicht steht aber auch nur eine ausgebildete Coiffeuse zur Verfügung, die auch mal was mit Kindern machen wollte.
Ich kann nur weitergegeben, was ich von den KuK aus der Gewerkschaft höre: Die wollen alle das alte Kleinklassensystem zurück. Es profitiert niemand davon, jeden Förderbedarf auf Biegen und Brechen in Regelklassen zu beschulen.
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Ne schöne Anekdote: Eine Kollegin ist in der Kleinklasse (also Kind mit Förderbedarf) eingeschult worden und hat an der ETH studiert. Gibt's wirklich.
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Viel Spass beim Lesen, Roger schreibt immer sehr unterhaltsam:
https://lvb.ch/lvbinform/2022…sen-initiative/
(Das Heft bietet noch einige Artikel zum Lehrpersonenmangel in der Region, die greifen das Thema der gescheiterten Inklusion auch noch mal sehr hübsch auf. Es ist wirklich unfassbar, was die KuK der Volksschulen jeweils an den KV-Sitzungen der Gewerkschaft erzählen. Ich sitze da mit meinen Luxusproblemen immer etwas kläglich daneben.)
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Sorry, dass ich da jetzt echt mal lachen muss. In den vergleichenden Bildungsstudien, du meinst vermutlich PISA, schneiden zuverlässig Länder wie China und Singapur am besten ab. Diese Länder sind ja international bekannt für ihre inklusiven Systeme und auch für ihr freundliches und integratives Menschenbild, gell? Ich frage mich bei PISA ja schon lange, warum ausgerechnet die Schweiz im Bereich Mathe immer so weit vorne liegt. Spricht nicht für den Standard, der da abgefragt wird.

hier wird nach wie vor die Haltung vertreten, Behinderte einfach an andere Schulformen abzuschieben und damit zu exkludieren
Es ist übrigens interessant, dass die Befürworter*innen der Inklusion es regelmässig nicht schaffen die Begrifflichkeit zu differenzieren. Die Gymnasien exkludieren lediglich alldiejenigen von denen auszugehen ist, dass sie die allgemeine Hochschulreife nicht erreichen.
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Wie? Abschaffung der Profile? Bei uns hat jeder Schüler ab Klasse 5 einen anderen Stundenplan, andere Kollegen
Das organisatorische Problem sind hier nicht die Profile. Ihr habt alles von der 5. bis zur 13. Klasse im Schulhaus. Wenn man nach Stufen trennt, hat man grössere Kohorten mit dem gleichen Profil un die Organisation wird sehr viel einfacher. Wirklich mühsam für unseren Stundenplaner wird es nur wenn es am Gymnasium nur eine Klasse mit Immersion gibt, dann sitzen da nämlich 5 verschiedene Profile drin. Das hatten wir bisher aber nur 2 x, dieses Jahr haben wir sogar eine Immersionsklasse sortenrein mit Profil B. Ich unterrichte übrigens in einer meiner Klassen im nächsten Semester 8 Wochenlektionen und bin nicht mal Klassenlehrperson. Gymnasium geht also auch ganz anders

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h hatte neben den fachlichen Fehlern meiner Realschulkollegen das als das größte Problem bemerkt (eine nannte es geführt). Konkretes Beispiel, ich übernahm eine 9. Klasse Chemie. Ich erklärte chemisches Rechnen (Stöchiometrie) an einem Beispiel, gab Tipps zur allgemeinen Vorgehensweise und wollte, dass die Schüler an einem weiteren Beispiel (nur ähnlich) es selbst versuchten. Sie weigerten sich, die Aufgabe sei anders (stimmt), die Kollegin hätte es an der Tafel vorgerechnet, ich solle auch diese erklären, sie würden abschreiben und zuhause es lernen. Es kam regelrecht zum Aufstand. Aber so funktionieren "Textaufgaben" nicht.
Auch meine FMS-Schülerinnen rechnen selbst. Sie üben häufiger den gleichen Aufgabentypus und besrimmte Transferausgaben machen wir gar nicht. Aber ich hample ihnen sicher nicht jede Aufgabe an der Tafel vor. Die Klassen sind viel heterogener als am Gymnasium. Es hat immer gute Schülerinnen, die anderen helfen können und ich kann mir die Zeit nehmen, bei den Schwächsten zu sitzen. Im Labor ist FMS Berufsfeld Gesundheit zuverlässig sehr viel selbständigiger und geschickter als Gymnasium Grundlagenfach. Das ist schon so wenn die aus der Mittelstufe zu uns kommen, der Leistungszug E hat nämlich hauptsächlich praktisch gearbeitet und hatte so gut wie gar keinen Theorieunterricht. Die kommen wenigstens nicht mit Falschinformationen, dafür können sie alle einen Bunsenbrenner bedienen.
Was du schilderst ist nicht fachlich niveauloser Unterricht, das ist insgesamt schlechter Unterricht und offensichtlich nicht adäquat ans Zielpublikum angepasst. Die Arbeitsaufträge müssen so kleinschrittig und einfach formuliert sein, dass sie für die SuS ohne meine Hilfe lösbar sind.
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Gibt auch an den weiterführenden Schulen andere Konzepte. In Basel gibt es ein staatliches Gymnasium mit Blockunterricht. Muss halt organisiert werden. Es ginge vieles, wenn man wollte. Was für mich aber nicht diskutabel ist, ist die allgemeine Hochschulreife. Und ja, da stehen intellektuelle Kompetenzen absolut im Vordergrund.
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