Hallo Heidi!
Danke, dass du solch eine Diskussion ins Forum einbringst. Genau das fehlt mir in meiner Praxis, auf dem Laufenden zu bleiben und zu diskutieren. Leider nur durch Zufall werde ich auf neue Richtungen aufmerksam- das Aufarbeiten im stillen Kämmerlein engt leider dann den Blick ein. Ich habe unter - den sonst sehr engagierten Kollegen auch noch nicht viele gefunden, die sich tiefer auseinandersetzen wollen.
Deine Erfahrungen kann ich nur bestätigen, auch wenn ich in meinem ersten Schuljahr im Moment nicht Mathe gebe, aber dennoch beobachte.
Eigentlich finde ich das Zahlenbuch nur als Hilfe, um zu schauen, was ich alles machen kann, empfunden. Die Seiten abzuarbeiten, wie in vielen anderen Mathebüchern, klappt eben nicht. Ich habe meist die Seite erst bearbeiten lassen, wenn ich das Thema mit eigenem Material gefüllt hatte.
Demzufolge fand ich gut, dass ich mir immer Gedanken machen musste, wie gehst du das Problem/die Anwendung an? Das bedingte einerseits sehr viel Arbeit, weil ich viel rundherum gemacht habe, andererseits bestand keine Verlockung, heute schlage ich mal die Seite auf, das funktionierte eben nicht. Gut ist, dass eben nicht das automatisierende Rechnen geübt wird, sondern, dass stets Nachdenken für den Lehrer wie auch die Schüler gefordert ist (anders als bei den "bunten Hunden"). Ich glaube auch, dass das Programm viel viel mehr Zeit erfordert, als ich mir für den Matheunterricht genommen habe - mehr als nach der Stundentafel. Zu den Denkaufgaben bzw. Blitzrechenübungen bin ich nicht immer gekommen - und gerade letztere sind soooo wichtig.
Die Erfahrung, dass die Kinder nicht gerne mit Plättchen rechnen habe ich auch gemacht. Wir haben mittlerweile zwar die Rechenschiffchen von Spektra, aber gerade Kinder mit Aufmerksamkeitsdefiziten verwenden die Plättchen gerne für Anderes. Andererseits finde ich das Spiralprinzip, auf die alle Übungsmaterialien aufgebaut sind, ziemlich gut.
Schwachpunkt finde ich, dass andererseits die Anschauungsmittel ziemlich eingeengt sind, das Tausenderbuch war für die Kinder nicht wirklich eine Hilfe.
Vielleicht ist der Zahlenstrahl da sinniger, auch die Einspluseinstafel als Raute fand ich nicht so hilfreich, die Tafel (aus dem Mathematikus entnommen) fand ich hilfreicher.
Ich habe ähnliche Erfahrungen mit schwachen/nicht sprachlichen Kindern gemacht wie du sie beschreibst. Für mich liegt es darin, dass im Matheunterricht der sprachliche Aspekt sehr wichtig ist (in einer Fortbildung wurde bestätigt: Erst wenn man ein mathematisches Phänomen/Problem sprachlich beschreiben kann und Lösungen/-wege versprachlicht, hat man es durchdrungen). Aber wie sollen das sprachlose Kinder machen? Für sie ist das Rechnen nach dem "bunten Hunden" zwar nicht toll, aber immerhin ein Weg, wenigstens ein bisschen im mathematischen Bereich zu arbeiten und zu hoffen, dass sich etwas setzt. Das zweite Problem liegt für mich wirklich in der Mengenbildung. Kennst du Kutzer? Es gibt einen Test, der von ihm entwickelt wurde, in dem die Grundanforderung das Beherrschen des Prinzips der Mengeninvarianz und Mengenkonstanz ist. Habe ich Kinder, die dieses noch nicht verinnerlicht haben, konfrontiere sie dann sofort mit Mengen im Bereich bis 20 sind sie überfordert. Auch sagte Wittmann, dass viele Kinder schon bis 20 zählen können - zählen als Zahlreihe aufsagen, o.k., aber Mengenvorstellungen????
Im Prinzip beruht die Auseinandersetzung mit einer Aufgabenstellung darin, dass ein Problem/Aufgabe gestellt wird, die Schüler forschen/entdecken und durch die Reflexion ihre Ergebnisse zusammentragen. Schwachpunkt ist dabei, dass viele Schülerinnen gar nicht in der Lage waren, das Problem sprachlich aufzunehmen/sich auszutauschen. Mathematisch schwächere SchülerInnen stiegen bei den Reflexionsgesprächen aus. Ich versuchte das zu Umschiffen, indem ich im Förderunterricht Reflektionen mit Kleingruppen machte, aber immer war das zeitlich auch nicht möglich. Das spricht unbedingt für kleinere LErngruppen, denn da ist das Abtauchen nicht möglich.
Ich habe im Moment eine Schülerin, die sich noch nicht mal die Zahlnamen bis 3 merken kann (ich postete es). Wie soll ich mit ihr arbeiten? Auch muss die Vorstellung der Kraft der 5 erst erlernt/traininert werden - wahrscheinlich habe ich beim letzten Durchgang viel zu schnell mit Rechenen angefangen. Auch finde ich nicht so gelungen, dass die Umkehrung der Addition recht spät kommt und fast isoliert darsteht (sowie die Division auch). Von daher hatten meine Schüler Schwierigkeiten mit solchen Übungen.
Ich halte zwar nichts davon, Rechenwege vorzugeben, doch habe ich es so gehalten, erst eine offene Phase anzubieten, in der die Schüler eine Strategie zum Zehnerübergang entwickeln konnten. Hatte sich bis zu einem Zeitpunkt nichts getan, habe ich entsprechende Schüler dann doch mit dem Zehnerübergang gequält, weil sie von selbst keine Strategie entwickelten.
Ich finde das Zahlenbuch nach wie vor gut, habe es für mich aber abgehakt "unter Reinform einer Methode". So wie ich Reichen nicht 1:1 umsetze, sondern durch vielerlei andere Methoden im Sprachunterricht ergänze, so ergänze ich das Zahlenbuch auch. Aus der Geschichte aller Didaktiken und vielen Methodenstreits kann man m.E. ableiten, dass es nie die Methode gab, sondern dass sich im Nachhinein immer Mischformen entwickelten.
Ob ich nun ein Mathebuch nehme und es um das Zahlenbuch erweitere oder umgekehrt - finde ich Geschmacksache. Hängt auch vom Budjet ab, denn ich musste ziemlich viele Kopien machen - in Bayern gibt es die Zahlenbuchausgabe, in die nicht hineingeschrieben wird. Das Übungsheft ist dafür umfangreicher und farbig.
Kannst du noch etwas Genaueres über die Lernumgebungen schreiben - gibt es eine Quelle? Interessant!!!!
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