Beiträge von Bolzbold

    Es ist oft eine Frage, wie viel Zeit ich für wie viel Ergebnis bzw. Belohnung investieren muss. Formale Aspekte bei Facharbeiten etc. sind für zu viele SchülerInnen lediglich lästiges Beiwerk. Dass ich als Lehrkraft sehr penibel auf solche Dinge achte, bei allen Klausuren selbstverständlich handwerklich korrekte Zeilennummern verwende, Abschnitte, Absätze und Einrückungen sowie Aufzählungen beherrsche und anwende, wird womöglich eher als Pedanterie denn als echte Kompetenz erachtet.

    Bei Snapchat etc. ist die eigene Motivation sich reinzufuchsen höher, weil der Selbstdarstellungs- und der Belohnungseffekt greifen. Mit Word- und Excel-Kenntnissen kann man sich nicht darstellen oder die Peergroup beeindrucken. Den Mehrwert für das spätere berufliche Arbeiten erkennt man in dieser Lebensphase noch nicht. Der Umstand, dass gefühlt 95% der von SchülerInnen erstellten Texte im Rahmen der sozialen Netzwerke erstellt werden, wo kein Wert auf äußere Form oder Layout gelegt wird, tut sein Übriges.

    Die Zahlen werden - welch' Überraschung - vermutlich just am Wochenende vor Schulbeginn wieder durch die Decke gehen. Weihnachten und WintersportlerInnen sei Dank. Und falls die Schule am 10. Januar wieder losgeht, wird es in den Schulen eine deutlich höhere Infektionsrate geben, wenn sich die lieben Kleinen brav in der Familie angesteckt haben...

    Was Ladenthin schreibt, ist ja schon länger bekannt - und er wettert ja auch schon seit Jahren gegen die Kompetenzorientierung, die er "als Ausdruck pädagogischer Orientierungslosigkeit" bezeichnet.

    Unsere ach so kompetenten AbiturientInnen sind in Teilen nicht studierfähig und sie sind in Teilen auch nicht selbst "lebensfähig", wie öffentlichkeitswirksame Artikel in Richtung "Texte in drei Sprachen analysieren" aber keinen "Mietvertrag unterschreiben können" zeigen. Heute muss alles gaaanz viel Praxis enthalten, total Spaß machen und so motivierend sein, dass man als geneigtes Publikum gnädigerweise mitmacht. Das habe ich auch im Unterricht in der Oberstufe in den letzten Jahren vermehrt festgestellt. "Bespaße mich, dann arbeite ich vielleicht auch mal mit".
    Die Art und Weise, die Kinder und Jugendliche heute aufwachsen, fördert ein solches Verhalten und eine entsprechende Erwartungshaltung.

    Das Problem ist, dass SchülerInnen möglichst viel für möglichst wenig Geld haben wollen. Das war zumindest der Hauptgrund, den die SchülerInnen nannten, wenn der Baguettewagen bei uns in der Feuerwehrzufahrt stand und das Zeugs verkauft hat. Großes Aufbackbaguette mit Belag für 2 Euro. Da kann die Mensa nicht mithalten - die Qualität des Essens interessierte die Schüler nicht. Viel und günstig.

    Fairtrade, Nachhaltigkeit und Gesundheit interessieren ein paar wenige - sobald es an den eigenen Geldbeutel geht, ist da bei den meisten SchülerInnen Schluss mit lustig.

    Das lässt sich m.E. nicht kompensieren, weil die Klausur als Ganzes zu betrachten ist. Ferner würde die Bewertung ja auch nicht mit dem Erwartungshorizont übereinstimmen - selbst wenn man "z.B." den Items vorangestellt hat.

    Wenn ich hier mit "Folgefehlern" arbeite, suggeriere ich dem Schüler durch die vermutlich immer noch mindestens durchschnittliche Note, dass ja alles OK war. War es ja offenbar nicht, weil die Karikatur falsch gedeutet wurde. Wenn ein Schüler einen Text missversteht, würdest Du dann in der Bewertung ähnlich vorgehen, wie von Dir angedacht?

    Wenn die Schule von den SchülerInnen erwartet, in der Mensa zu Essen, Essen mitzubringen und demzufolge nichts extern zu bestellen, dann ist das Pizzabestellen durch die Lehrkraft ein eher ungünstiges Signal.
    Wenn wir so argumentieren, dass man den SchülerInnen nicht zumuten kann bzw. sie nicht zwingen kann, in der Mensa zu essen, dann wird die Unwirtschaftlichkeit der Mensa den Betreiber früher oder später zum Aufgeben zwingen. Schulen sind jedoch verpflichtet, eine Mensa zu unterhalten, wenn entsprechend viel Nachmittagsunterricht erteilt wird.

    Der Spruch "[d]ie Kantinen an den Schulen sind ja meistens jetzt nicht so der Renner und was bleiben dann noch groß für Alternativen, wenn man sich nicht mit ner Stulle oder kalten Sachen wie Obst, Joghurt, etc. Begnügen möchte?" wirkt ein wenig wie das typisch jugendliche "ich meine die Welt zu kennen, obwohl ich sie eben nicht kenne." Geh in die Schulkantine, iss dort ein paar Mal, bilde Dir ein Urteil. Und gleiche dies mit Deinen Kochkünsten und denen der Gastronomiebetriebe, die mit Lieferando arbeiten, ab. An meiner alten Schule konnte man da bis auf wenige Ausnahmen gut essen. Es war die Wohlstandsverwarlosung vieler SchülerInnen, die dazu geführt hat, dass das Essen oft weitgehend unangetastet zurückging.

    Ich bin froh, dass ich in der Behörde ein ordentliches Dienstgerät inklusive Peripherie gestellt bekommen habe und damit meine Aufgaben erledigen kann. Nachdem die private Ersatzschule meines Ältesten nun digitale Endgeräte ohne Systemzwang einführen möchte und dabei Geräte empfohlen hat, die teils gar nicht mehr angeboten werden, schaue ich mir das Ganze nun in Ruhe bis zum Frühsommer an und entscheide dann, was ich ggf. an Endgerät für den Großen anschaffe.

    Vermutlich werden auch an dieser Schule einige Kinder mit High-End-Geräten ausgestattet sein - ich bin schon gespannt, was das für ein Theater geben wird, wenn ein solches Gerät abhanden kommt oder beschädigt wird.

    Anna Lisa

    Letzteres musst Du auch nicht unterschreiben. Es geht ja um eine "all in one" Lösung. Wie Du Deinen Unterricht planst und durchführst und welches Gerät Du verwendest, interessiert diesbezüglich niemanden. Da kannst Du ein privates oder ein dienstliches nehmen.
    Private Geräte zur Verarbeitung personenbezogener Daten darfst Du auch vor der Änderung der DV VO I bereits nur mit Genehmigung verwenden. Mit Änderung der DV darfst Du das private Gerät nicht mehr verwenden, wenn Du ein Dienstgerät zur Verfügung gestellt bekommst - und die ggf. bisherige Genehmigung für die privaten Geräte erlischt. Damit gibt es vorbehaltlich einer praktikablen Software- und Hardware-Ausstattung der Dienstgeräte keine "all in one" Lösung.

    Ob man die Kriegserlebnisse im Nachhinein für sich positiv umdrehen kann, hängt von der eigenen Leidensgeschichte sowie von dem Leben nach dem Krieg ab. Wenn man sich nach dem Krieg etwas aufgebaut hat, seine Liebe nicht verloren oder eine neue gefunden hat, die Kinder hat in Frieden und relativem Wohlstand großgezogen hat, erlebt hat, wie sie sich womöglich nach oben gearbeitet haben, wie man erlebt hat, dass Tod und Krankheit durch Impfungen und Antibiotika nicht mehr so allgegenwärtig waren wie noch in den 30er oder 40er Jahren, dass man relativ gut versorgt den Lebensabend mit den (Ur)Enkeln erleben kann, dann können all diese Erlebnisse durchaus die Leiden kompensiert haben und die Kriegsgeneration zu glücklichen Menschen gemacht haben. Ich hätte mich gefreut, wenn meine Großmutter ihr Schicksal nicht primär als Leid erachtet hätte und sich an dem Erfolg ihrer Kinder und ihrer sieben Enkel nachhaltiger erfreut hätte. Ich habe Bilder von ihr, wo sie meinen Ältesten und meinen Mittleren auf dem Schoß hat. Auf diesen Bildern sieht man ein sonst selten erlebtes Strahlen.

    Bei Millionen gefallener Soldaten war aber auch klar, dass viele Kinder ihre Väter nie kennenlernen durften, viele Mütter ihre Söhne und viele Ehefrauen ihre Männer nie wiedersahen. Kamen dann noch Hunger, Seuchen, Gewalterfahrung dazu, muss man schon analog zur Großmutter von gingergirl sehr "tough" gewesen sein, um durch die ganzen Erfahrungen nicht als psychisches, gebrochenes Wrack zu enden.

    Was ich abseits der traumatischen Gewalt- und Kriegserfahrung besonders tragisch finde, ist, dass drei ganze Generationen (Eltern der Kriegsgeneration, die Kriegsgeneration, deren Kinder) mitunter um ihr Lebensglück betrogen wurden - ungeachtet dessen, ob sie im Krieg umkamen oder nicht.

    Meine Großmutter hatte ihren ersten Mann und ihren Bruder im Krieg verloren - ihr erster Mann war und blieb ihre einzige Liebe. Ihren zweiten Mann, meinen Großvater, hatte sie nach eigenem Bekunden nur geheiratet, weil sie noch Kinder wollte. Nach seinem Tod Mitte der 70er war sie alleine geblieben und teils unfähig oder unwillig, sich noch einmal zu binden. Die emotionalen Päckchen, die sie mit sich herumtrug, wirken bis heute fort, auch in der Familie meiner Frau gab es ein zentrales Trauma, das bis heute nachwirkt. Wir sind uns beide dessen bewusst und arbeiten tagtäglich daran, diese Traumata und Päckchen nicht an unsere drei Kinder weiterzugeben. Ich glaube, wir sind damit ganz erfolgreich, aber es erfordert eine Menge Kraft und eine ständige Auseinandersetzung mit sich und der eigenen Familienbiographie.

    Natürlich beeinflusst das auch meine Arbeit als Geschichtslehrer. Ich lasse viele Aspekte meiner Familiengeschichte in den Unterricht einfließen - ich schreibe den Stammbaum meiner Großmutter auf (sie war Vierteljüdin), um an einem konkreten Beispiel zu zeigen, wie die Nazis vorgegangen sind. Ich weiß, dass Verfehlungen womöglich erst eine oder zwei Generationen später "geheilt" oder "vergeben" werden. Ich weiß, dass politische Bildung heute ungeheuer wichtig ist und vermittele das entsprechend in meinem Unterricht.

    Und ich verachte Menschen, die eine Legitimation dafür finden, darüber nachzudenken oder aktiv daran zu arbeiten, anderen Menschen noch einmal so etwas anzutun.

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