Ich weiß, dass es nicht erlaubt ist. Ein Schüler, der Physik versteht, aber mich massiv beleidigt wird trotzdem bei mir eine schlechte mündliche Note bekommen.
Für mich gehört angemessenes Sozialverhalten zur Mitarbeit im Unterricht. Wer den Unterricht massiv boykottiert, stört und / oder den Lehrer krass beleidigt und dafür dann auch noch eine gute Note kassiert wird in seinem Verhalten bestätigt. Dass das offiziell nicht in die Begründung einfließen darf finde ich schlimm, es öffnet Schülern Tür und Tor für Beleidigungen, aber das ist eben das Kuschelpädagogiksystem, das den Lehrer wehrlos macht.
Sei mir nicht böse, aber das ist blanker Unsinn und zudem völlig einseitig betrachtet.
Das Unrecht des Schülers muss mit den uns dafür zur Verfügung stehenden Mitteln geahndet werden - aber nicht dadurch, dass ich selbst unrecht handle. Das magst Du für Dein Ego mit dem Euphemismus "seelisches Wohlbefinden" schönreden, doch das zeigt eigentlich, dass Du in der Position des Mächtigeren noch tiefer sackst als der Schüler, von dem Du Dich ans Bein gepinkelt fühlst. Das Ausnutzen einer Machtposition zur Befriedigung seiner Rachegelüste oder zur Pflege des angekratzten Egos ist fernab der moralischen Verwerflichkeit m.E. sogar noch primitiver, weil perfider, als eine profane Beleidigung durch einen Schüler. Es bedarf einer deutlich höheren negativen Energie, um so zu handeln.
Und nebenbei: Es sind gerade Kollegen, die diese Ebenen (Leistung und Sympathie) nicht trennen können (oder wie Du nicht trennen wollen), die es uns anderen Kollegen insofern schwer machen, weil für einen Schüler ein einziges Erlebnis einer durch persönliche Abneigung erhaltenen schlechten Note reicht, um diese Befürchtung auf alle anderen Lehrer zu übertragen und damit alle künftigen Lehrer, die den Schüler unterrichten, unter Generalverdacht zu stellen. Ich habe das als Lehrer oft genug erlebt. Es bedarf einer Vielzahl an eindeutigen Gegenbeweisen, um einem Schüler dieses "Trauma" wieder zu nehmen.
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Was mir aber wohl niemand verbieten kann ist, dass ich einen Schüler konsequent vor die Tür setze, sobald er mich beleidigt. Niemand kann mich zwingen jemanden zu unterrichten, der mir gerade "Fotze" an den Kopf geworfen hat. Wer vor der Tür sitzt, weil er massiv Mist gebaut hat, kann wohl auch kaum zum Unterricht sinnvoll beitragen = schlechte Mitarbeitsnote.
DAS ist etwas anderes. Hier ergreifst Du eine Erziehungsmaßnahme. Das würde ich ähnlich machen.
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Ihr wollt ganz ehrlich behaupten jemandem, der Euch "Fotze" nennt, seid ihr ernsthaft noch wohl gesonnen? Ich meine in welcher Welt lebt ihr denn dann? Jemand der so dreist zu mir ist (obwohl ich ihn im Unterricht fair behandelt habe!), ist mir sowas von egal und dem werde ich sicher nicht noch die Möglichkeit bieten zu sagen "Haha, hab den Silicium beleidigt und krieg trotzdem ne 2, so ein Loser".
Wenn Du das Ganze auf einen Machtkampf zwischen Dir und dem Schüler reduzierst, wobei Du Dich dann auf die Ebene des Schülers begibst, magst Du Recht haben. Ich finde das Argumentieren mit Extrembeispielen und -reaktionen eher als einen Ausdruck argumentativen Notstands. Und Deinen emotionalen Ausbruch hier finde ich überzogen.
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Jemand der mir so massiv ans Bein pinkelt muss damit rechnen, dass ich zurückpinkele und das aus einer höheren Position, wo man eben nicht nur das Bein trifft. Mag sein, das ihr alle viel professioneller seid. Dürft Euch alle überlegen fühlen
. Mir ist mein persönliches seelisches Wohlbefinden wichtiger als 110% korrekt zu handeln. Niemals könnte ich ertragen so gedemütigt zu werden und den Schüler auch noch den, von ihm ausgehend (!!!), unter der Gürtellinie geführten Kampf gewinnen zu lassen, indem er grinsend da steht, seine 2 kassiert und nichts weiter passiert, weil die Schulleitung wieder behauptet man könne eh nichts nachweisen. Mir kann man eben auch nicht nachweisen, dass der Schüler mündlich vllt doch nicht so schwach ist, wie ich ihn einschätze.
Sorry, aber das "wie Du mir, so ich Dir" ist primitiv und eines Pädagogen unwürdig. Und wenn man hier anders handelt als Du, hat das auch nichts mit Kuschelpädagogik zu tun. Mit liegt dieses Schwarz-Weiß-Denken doch ziemlich fern.
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Aber immerhin werde ich niemals weinend aus dem Unterricht laufen oder ein psychisches Wrack sein, das in die Frühpension geht, weil die Schüler ihm so zusetzen.
Frei nach dem Motto: Ich mag aus Eurer Sicht schlecht sein, aber ich bin aus meiner Sicht wenigstens nicht so schlecht wie die 1% der Lehrer, die weinend aus dem Raum laufen. Willst Du das allen Ernstes als Argument verkaufen?
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Wer tatsächlich denkt, dass man trotz solcher Verhaltensweisen gute Noten verdient, der wird im Beruf sicher auf Veständnis stoßen, wenn er seinem Chef sagt "Nun seien Sie doch mal bisschen professioneller, ich hab sie zwar Wichser genannt, aber meine Arbeitsleistung ist sehr gut! Ich will nicht nur, dass sie die Kündigung rückgängig machen, ich möchte noch eine Gehaltserhöhung für meine Leistung, die ist doch unabhängig von meinem Verhalten"
Das kann man nun einmal nicht vergleichen. Schüler und Lehrer sind auf unterschiedlichen Reifestufen, ferner ist das Machtgefälle aufgrund des Schüler-Lehrer-Verhältnisses doch ein anderes als im Arbeitsleben. Die rechtliche Lage ist in beiden fällen recht eindeutig - nämlich in dem Punkt, dass sie nicht dieselbe ist.
Sorry, Silicium, aber aus diesem Beitrag von Dir spricht noch ein spürbares Maß an mangelnder Reife, was man Dir aufgrund Deines Alters sicherlich nicht vorwerfen kann. Als Lehrer brauchst Du zum Überleben nicht primär die Fäuste, wie Du es im übertragenen Sinn in Deinem Posting andeutest, sondern Gelassenheit und Souveränität. Und auch mit diesen beiden Werten kann man einem Schüler, der einen beleidigt, beikommen.
Kleine Episode am Rande:
Mir ist in Musik seinerzeit ein Schüler ziemlich mit seiner Art auf die Nerven gegangen. (Beleidigt hat er aber nie.) Dennoch war seine Leistung "sehr gut", was ich ihm mit eben dieser Note auch bescheinigt habe. Das hat mir erkennbar seinen Respekt eingebracht - auch noch zwei Jahre nachdem ich ihn nicht mehr unterrichtet habe.
Gruß
Bolzbold