Ich finde ein generelles Handyverbot sehr problematisch. Und vo allem die unreflektierte Anti-handy-Haltung, die ich bei manchen (!) Kollegen beobachte.
Es ist immer unbequem sich Entwicklungen anzupassen, und ich bin immer eher dafür zu gucken, wie man MIT dieser Entwicklung am besten lebt und nicht per se alles aus der Schule herauszuhalten, was eben neu ist. Das ist ein Reflex, den ich öfter mal in Schulen feststelle: in Teilen nachvollziehbar, weil sich damit auseinandersetzen eben auch richtig viel Arbeit ist. Und nicht alles was neu ist, ist auch gut. Bevor man das aber entscheiden kann, welche Elemente gut und welche unnütz sind, muss man sich damit auskennen. Und da ist das Problem.
Es gibt genug Kollegen, die sagen, dass sie nicht verpflichtet werden können, sich mit "neuen" *räusper* Medien auseinanderzusetzen. Das sehe ich anders. Wir arbeiten mit einem Klientel, zu dessen Alltag und auch zu dessen Grundlage vieler beruflicher Tätigkeiten diese "neuen" Medien gehören. Unser Bildungsauftrag beinhaltet, die Schüler fit zu machen, mit der Welt, in der sie leben, umzugehen. Und nicht mit der, in der wir als Schüler gelebt haben. Es kann nicht darum gehen PCs, soziale Netze, Handys etc. enfach auszublenden, und/oder mal 5 Minuten was darüber zu sagen - preferrably "alles böser, nutzloser Tand" - anstatt wirklich differenziert zu gucken, was es leisten und was es nicht leisten kann, und wo die Gefahren sind und wie man sie abstellen kann. Gute Verschlüsselung statt Nichtnutzung, surfen mit startpage / Proxyservern. Was ist ein sinnvolles Passwort. Was muss/darf in die sozialen Netze, was nicht. Ansprechpartner/Verfahren bei Missbrauch. Sinnvolle, zielgerichtete und kritische Recherche. Anti-Tracking/Phishing/etc. Effiziente Formen der Nutzung von Verbreitungsmöglichkeiten, Material und Wissenspools. Gemeinsames und arbeitsressourcenschonendes Arbeiten in Netzwerkstrukturen.
Wer sich entschließt, Lehrer zu werden, arbeitet mit Menschen, die in der Zukunft leben, mit Mitteln und Medien, die dann relevant sind. Da Dinge/Verfahren, die "draußen" ungemein wirksam sind, einfach nicht zu beherrschen und damit an den zukünftig eingeforderten/notwendigen Kompetenzen der Schüler vorbeizuunterrichten kann mE keine Option sein.
Mal davon ab, dass eigene (und die anderer!) Arbeitszeit auch unnötig verlängert wird, wenn man die derzeit möglichen Strukturen einfach nicht nutzt, weil man nicht bereit ist, sich damt auseinanderzusetzen.
Es gibt (wenige, aber es gibt sie) Kollegen bei uns, die kriegen nie was mit, weil sie sich heute noch weigern, emails abzurufen. Und Konferenzprotokolle etc werden eben vermailt. Oder bei lonet eingestellt.
Es gibt (wenige) Kollegen, die bewerten Präsentationsprüfungen mit Power Point, und können Power Point nicht bedienen. Die lassen sich dann von Dingen beeindrucken, wo der erfahrene User den Kopp schüttelt. Das geht nicht, finde ich. Vor allem, da die Medien / der Medieneinsatz ein Teil der offiziellen Kriterien für die Abiturprüfungen sind.
Es gibt Kollegen, die wollen alle Materialien vor Konferenzen ausschließlich in Paperkopie. Das erzeugt unglaubliche Arbeit für die Mitstreiter, die anstatt das Verteilerknöppchen zu drücken, ausdrucken und zum Kopierer gehen und dann in die Fächer verteilen müssen. Ich weigere mich mittlerweise, das zu tun. Und ich verschicke auch nix per Brieftaube oder Postkutsche! Soviel Zeit hab ich nicht!
Ebenso ist es mit dem Handy/Smartphone. Es ist da. Es wird bald Standard sein. Wir können es nicht einfach asschließen. Wir müssen es beherrschen um zu beherrschen, es unterrichten zu können - sonst beherscht es uns/die Schüler. Und beherrschen heißt nicht nur anwenden. Das ist das, was die sogenannten digital natives eh alle können. Was sie nicht können - ohne unsere Unterstützung - ist zu verstehn, wie man zB datenarm leben kann, wie man verschlüsselt, schützt, vorbaut, kritsch nutzt. Usw.
Natürlich muss das langsam einsetzen. In Grundschulen gilt da anderes als in der Oberstufe. Mir geht es nicht darum, für die Nutzung um der Nutzung willen zu plädieren. Mir geht es darum, dass ich finde, dass man es nicht rigide ausschließen sollte, ohne zu prüfen, ob es einen Nutzen haben KANN. Und dass man, vor allem, Ahnung hat und sich damit beschäftigt. Durchaus auch um zu bestimmten Dingen mal "nein" zu sagen. Aber das "nein" muss sich aus Wissen speisen, nicht aus Ressentiments.