Zitat
Da hier Stimmung gegen Klassenfahrten gemacht wird und die Sinnhaftigkeit in Frage gestellt wird, meine Gegenfrage:
Woran erinnert ihr euch aus eurer Schulzeit? Welche Bilder werden bei Abschlussfeiern und Klassentreffen gezeigt?
Du fragst, woran ich mich erinnere, wenn ich an meine Schulzeit denke? Grundschulzeit wenig, Mittelstufe ging mir auf den Keks (und ich den Lehrern/Eltern), Oberstufe: da war ich gern und gut - meine liebste Erinnerung ist der SV-Raum, in dem ich mir mit anderen die Köppe heiß diskutiert (und auch viel rumgelungert) habe und ein paar großartige Lehrer. Eine Konzertreihe, die wir selbst organisiert hatten, für krebskranke Kinder. Die hunderte Abende auf unserem "Hügel" (eine Kneipe mit kleinem, hügeligen Garten).
Klassenfahrten? Eher nicht. In der 8., so erinnere ich mich dumpf, wurden einige beim Klauen erwischt und andere seilten sich nachts aus dem Fenster ab, es ging dann wochenlang darum, wer die zerstörte Bettwäsche und das Streichen der durch Fußspuren verunstalteten Hauswand übernimmt. Klassengemenschaft hatten wir keine - weder vorher noch hinterher.
In der Oberstufe waren wir am Arsch der Welt in Schottland, ich erinnere mich an wenig Kultur (obwohl wir ein straffes Programm hatten), an einige ziemlich heftige Abende in der JuHe (Alk, Zoff und Strafen durch die Lehrer) und daran, dass ich mich mit meiner besten Freundin gestritten habe. Und dass es schweinekalt war.
Das hat mein schulisches Leben echt nicht verändert.
Es mag ja sein, dass andere andere Erlebnisse haten und noch ein Leben lang davon zehren. Ich kenne halt niemanden. Und es ermangelt mir nicht an Lehrerbekannten 
Ehrlich alias, ich versuche hier nicht "Stimmung zu machen", ich schilderte meine Beobachtungen und mein Empfinden, und das der Kollegen, mit denen ich im Gespräch bin. Ich bin bestimmt nicht empirisch abschließend im Beseitz der ultimativen Wahrheit und beanspruche das auch nicht. Ich gebe zur zum Besten, was ich - nach einigen Jahren im Gesamtpersonalrat und somit im Gespräch mit einigen KollegInnen - als Muster wahrnehme. Und zunehmend als Problem für viele Kollegen.
Und da ich nunmal derzeit personalrätlich intensiv tätig bin, ÖPR und GPR, komme ich eben häufig in Kontakt mit den stark Belasteten und denen, denen solche Aktionen zu viel werden, weil sie eben auch noch an anderen Ecken belastet sind, und da erschließt sich mir eben auch, was das bedeutet, wenn du nicht fit / nicht mehr jung und flexibel, nicht gesund, nicht im glücklichen Besitz einer reibungslos funktionierenden Familie oder nicht im Besitz einer perfekten Betreuungssituation bist. Und manche dieser Kollegen arbeiten in Kollegien, in denen Klassenfahrten als heilig betrachtet werden und die Belastung von allen verlangt wird, ganz gleich ob das bedeutet, dass zT absurde Situationen bezüglich Kinderbetreuung, Elternpflege, Gesundheit etc in Kauf genommen werden müssen. Ich finde, dass diese Belastungen im Vergleich zum Nutzen schon ein Problem darstellen, über das es sich zu sprechen lohnt.
Dazu kommen die finanziellen Belastungen für die Eltern, die zB kurz über der Zuschussgrenze verdienen. Oder nicht so gern ihr Einkommen offen legen möchten.
Und die Belastungen für die Kinder, die eben nicht klassenfahrtskompatibel sind. Die gibt es. Nicht wenig.
Und ich persönlich - die das ja viele Jahre selbst immer im Glauben an das höhere pädagogische Gut schön mit Enthusiasmus durchgeführt hat, mache halt jetzt bei Kollegen immer häufiger Beobachtungen, die mich zweifeln lassen.
Und einige persönliche Erfahrungen, die mich Kollegen, die dem sehr skeptisch gegenüber stehen, besser verstehen lassen. Meine Eltern sind alt und nicht (!) gesund. Ich bin nicht gerne eine Woche lang so weg, dass nicht den nächsten Flieger/Zug heim nehmen kann. Seit ich chronischen Rücken habe, weiß ich, was eine Woche JuHe - Bett und ohne Physio bedeuten kann. Ich zahle jede Studienfahrt mit drei - sechs Wochen Schmerzen und verstärkter Physio & Schmerzmitteln. Alles nicht lebensbedrohlich, alles noch in einem Rahmen, der mich bisher keine Fahrt absagen lassen hat, aber alles ewas, was mich zunehmend die Frage stellen lässt: ist es das wert?
Dieses Jahr werde ich mal meine Abiturienten nachfragen, am allerletzten Tag, wie wichtig ihnen die Fahrt ist/war. So im Vergleich zum Rest. Bin gespannt.