Beiträge von Meike.

    Ich glaube, das ist gar nicht so bauchgefühlt und unerklärlich oder nur ein Vorurteil: es hat zu Zeiten der DDR keine (echte) Personalvertretung gegeben und keine Mitbestimmung, keine weitgehenden Rechte der Gesamtkonferenz und auch sonst nix, was eine demokratische Schulkultur hätte begründen und eintrainieren können. Das sind Dinge, die lange zum Wachsen brauchen und mit lange meine ich wirklich Jahrzehnte.
    Hier gab es eine Zeit, so berichten "alte" Personalräte, in denen die GeKo ein politischer Debattierclub war, echte Kämpfe ausgefochten wurden und in vielen Schulen Personalrats- und Gewerkschaftsarbeit einen unglaublichen Raum eingenommen haben.

    (leicht OT): Gut, ich als Freund der fomalen /juristischen Ebene mit Trillerpfeifenallergie bräuchte das jetzt auch nicht ;) und gestehe, dass ich auch in meiner Gewerkschaft manchmal die Augen rolle, wenn es "grundsätzlich" wird - aber das Gegenteil ist auch kontraproduktiv: die Ängstlichkeit, das Desinteresse, oder am schlimmsten - die Paarung aus beidem: aber ich bemerke mit Bedauern einen zunehmenden Fatalismus (und/oder Erschöpfung) bei den jungen Kollegen, und auch bei anderen - für die zum Beispiel eine gute Personalversammlung nur eine kurze ist (das Gleiche gilt für GeKos) - aber dann kriegst du eben auch nix mitbestimmt, wenn du einfach nur schnell nach Hause willst.
    Irgendwie kämpfe ich auch noch mit einer Strategie für das Mittelmaß: so viel Mitbestimmung wie nötig mit so viel Zeit und Information wie nötig ohne Vergrätzung des Kollegiums durch Dauerbeschallung zum Thema "man könnte/müsste/sollte noch". Ist wirklich schwierig. Die Fragen, bei denen man Mitbestimmungsrechte hat, bedürfen nunmal oft umfassenden Fachwissens, das muss man halt an den Lehrer bringen, sonst gibt's dumme Schnellschüsse oder ewig schwelende Konflikte.

    Wieder (OnT): auf einer überregionalen Arbeitsschutz-Schulung letztens traf ich Personalräte aus dem "Osten", mit denen ich mich in der Mittagspause darüber unterhielt, was denn an Schulen so alles qua Votum der GeKo oder Dienstvereinbarung (nicht) entschieden wurde. Ich habe Bauklötze gestaunt darüber, wie man dazu stand - nicht nur deren basses Estaunen über die Regelungen, die hierzulande an einigen Schulen vom Kollegium oder PR getroffen wurden, auch die Verwunderungen darüber, warum man sich das "traue". Ja: weil ich's DARF ?? Wir kamen da irgendwie nicht zusammen. Das mag eine Momentaufnahme oder ein punktueller Eindruck gewesen sein, aber ich glaub's irgendwie nicht. Bekomme das immer mal wieder bestätigt von "Auswanderern". Vor allem von Personalratsauswanderern.

    Das wird dann offensichtlich bundeslandabhängig anders gesehen. Mich würde auch mal die Begründung bei euch interessieren.
    Hier heißt es von den Juristen: es gibt eine PflichtWOCHENstundenzahl, auf der die Lehrerarbeitszeit qua Pflichtstundenverordnung basiert, weswegen die Arbeitszeit quasi wöchentlich angeboten wird, und deswegen kann sie auch nur wöchentlich bilanziert werden. So die Theorie. Die Praxis ist, wie immer, lustig bunt gemischt, aber gut, davon mal ab.

    Was ist denn die Argumentationslinie in NRW?

    Das ist doch vollkommen normal.

    Nein. Das ist nicht vollkommen normal. Die Engländer haben schon viele Wahlen hinter sich, bei denen viele Menschen innerhalb von Familien anders gewähl haben, und es nicht annähernd (!) zu den Verwerfungen geführt hat, die jetzt landesweit der Fall sind. Verfolgt man halt mal die englische Presse oder spricht mit den Leuten, kann man das unschwer sehen. Das liegt daran, dass diese Hasskampagne erheblich anders war als die Wahlkampagnen, die man bisher gewohnt war - sie wurde auf dem Rücken der Immigranten geführt aber auch immer mit dem Unterton "Landesverräter!" in Bezug auf die Nicht-leave voters. Die Schäden sind ergeblich.

    Es hat auch bisher nach Wahlen nie einen solchen Anstieg an rassistisch motivierter Gewalt gegeben - ich hab's oben schon xmal verlinkt, aber gerne nochmal auf Deutsch:
    http://www.zeit.de/politik/auslan…che-uebergriffe

    Zitat

    Während die Politiker in Großbritannien den EU-Austritt eher hinauszögern wollen, kann es manchen Brexit-Befürwortern gar nicht schnell genug gehen: Sie wollen vor allem Konsequenzen beim Thema Einwanderung sehen – und werden offenbar selbst aktiv. Aus allen Teilen des Landes berichten Briten von verbalen und physischen Übergriffen auf Mitbürger mit Migrationshintergrund. Von einer "Welle des Hasses" schreibt die Zeitung The Independent.

    "Verlasst die EU/Kein Polnisches Ungeziefer mehr", stand auf Englisch und auf Polnisch auf sorgfältig laminierten Zetteln, die im südost-englischen Cambridgeshire nach dem Referendum vor einer Grundschule und in Briefkästen von Familien mit polnischen Namen gefunden wurden. Auch im weltoffenen London wurde die polnische Community zur Zielscheibe: Ein Kulturzentrum im Westen der Stadt wurde am Wochenende laut Polizeiangaben mit fremdenfeindlichen Graffitis beschmiert.

    Die Einwanderung aus Osteuropa war im Wahlkampf vor dem EU-Referendum am vergangenen Donnerstag eines der Kernthemen der Leave-Kampagne gewesen. Auch nach dem Sieg der Austrittsbefürworter hat sich der Ton von Boulevardmedien wie der konservativen Sun nicht geändert: "Straßen voller polnischer Läden, Kinder, die kein Englisch sprechen ... aber der Union Jack weht jetzt wieder!", kommentierte die Zeitung das Ergebnis.


    http://www.derwesten.de/politik/nach-b…id11962273.html

    Claudius, Unsinn. Die von denen ich oben redete, haben gewählt, deswegen sind sie so enttäuscht und die Familien zerstritten. Lies halt den Beitrag nochmal.

    Mal davon ab, dass der Punkt meines Beitrags ein anderer, nämlich die unbestreitbar traurigen Konsequenzen war - der Anstieg offenen Fremdenhasses und die Spaltung der Gesellschaft. See above.

    Es hat gewonnen wer am lautesten schreien konnte. Geld fuer die NHS und Schulen statt an die EU.

    Und genau das ist das Problem: mitterweile rudern diejenigen, die irgendwas von NHS versprochen haben, heftig zurück - wie bei vielen Versprechen! http://money.cnn.com/2016/06/27/new…roken-promises/
    http://www.telegraph.co.uk/news/2016/06/2…-was-a-mistake/

    Zitat

    Nigel Farage: £350 million pledge to fund the NHS was 'a mistake'

    Ebenso beim Thema immigration: die leave-gewählt-Habenden warten nämlich drauf, dass direkt morgen die Grenzen zu sind. Passiert aber nicht. Es wird auch weiter Immigration geben und es gibt schon die erste Empörung darüber, das man nicht die bereits Immigrierten wieder weg schickt, die laufen alle immer noch auf der Straße rum.


    Und - noch schlimmer: Immigranten oder Briten, die so aussehen, sind (noch) heftige(re)n Anfeindungen ausgesetzt. Denn, wenn man mal ehrlich ist - es ging nie um die Brüsseler Bürokratie. Es ging um Immigration. Das war der Hauptgrund der allermeisten "leave" zu wählen. Und jetzt ist leave gewählt und die Straßen immer noch voller Schwarzer, Turbanträger, Muslime und Polen: da entlädt sich der Hass. http://www.npr.org/sections/paral…nd-racist-abuse

    Zitat

    Dog excrement thrown at a German woman's door. "Go back to Africa" screamed at a military veteran. A Polish cultural center vandalized. Born-and-bred Britons told to "go home." Why? Because "we voted you out."

    Police in the U.K. have registered a noticeable rise in hate speech and complaints of racial abuse since last week's historic vote to pull Britain out of the European Union. The National Police Chiefs Council reported Monday that there had been a 57 percent jump in hate crime reports to its online reporting site since Friday, compared with the same time frame a month ago.

    Auch: http://www.independent.co.uk/news/uk/home-n…t-a7106116.html
    Und: http://www.independent.co.uk/news/uk/home-n…n-a7104191.html
    Und: http://time.com/4383404/brexit-hate-crime-uk-racism/
    Und so weiter. Die Kampagne war eine, die in den Köpfen der meisten weniger auf die Handels- und Wirtschaftsvereinbarungen abzielte, sondern Hass und Immigrationsängste schürte und freisetzte.
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    Und auch sehr schlimm: die Briten sind durch die ganze Kampagne tief gespalten. Das Heilen dieser Wunden, die teilweise durch Familien gehen, wird lange dauern und vielleicht nicht mehr funktionieren, wenn sich die Gesellschaft weiter durch die Haspropagandisten spalten lässt.
    Bei geschätzten Freunden von mir war Politik am dinnertable immer ein no-go. Während der Kampagne waren die politischen Meinungen so intensiv, dass sie angefangen haben, zu diskutieren, dann zu streiten, dann nicht mehr gemeinsam zu essen. Jetzt, nachdem die Hälfte der Familie "leave" und die andere Hälfte "in" gewählt hat, treffen sie sich kaum noch: "I can't have dinner with racists and stupid egomaniacs". Sie berichten von vielen, vielen Familien, in denen das ähnlich ist. Diese Erfahrung ist natürlich kein Einzelfall aus meinem Leben sondern hoch symbolisch und typisch http://www.nytimes.com/2016/06/22/wor…ilies.html?_r=0 , aber für mich besonders bedeutsam, weil ich es live verfolgen musste und jetzt eigentlich gar nicht mehr weiß, wie ich dem einen oder anderen Teil der Familie begegne, wenn sie über die andere lästert und schimpft - wobei es da nicht um einen kurzen Familiengrummel geht, sondern um wirklich tief sitzende Enttäuschung und Erkenntnis fundamental gegensätzlicher Werte. Im Moment sehen sie nicht, wie es wieder zu kitten ist.

    Die jüngere Generation rechnet so: 70% haben gewählt, davon 51% "leave". Also entschieden c.a. 35% der Gesamtbevölkerung über etwas, das, wie sie selbst finden, nicht dem Volk hätte überlassen werden sollen, weil die Konsequenzen zu groß, vielschichtig, umfassend und tiefgreifend sind um sie zu verstehen - sie reichen von der Wirtschaft über die Innenpolitik zur Außenpolitik und betreffen fast alle Bereiche des Lebens. Sie sind natürlich gezwungenermaßen trotzdem wählen gegangen um einen Gegenpunkt zu setzen, hätten sich aber gewünscht, das Referendum fände nicht statt.

    Es fand statt, weil Cameron zeigen wollte, dass er mit Europa richtig liegt und das Land befrieden wollte. Er rechnete mit einem klaren "in" und hat die Spaltung im eigenen Land massiv unterschätzt. Dann kam die Kampagne, die so viel mehr zerschlagen hat, als die unterschwellige Diskussion vorher. Es wurde gehetzt, übertrieben, Angst geschürt, die latent eh schon da war, gespalten, gespalten, gespalten. Ein komplettes Desaster für die britische Gesellschaft. Und dann das von ihm unerwartete Eregbnis mit alle seinen unschönen Konsequenzen: Hate crimes, social divide, ein schwerer Schaden am sonst sehr britischen Gemeinschaftsgefühl und irreparable Schäden am Ruf des Landes, tiefe Angst derer, die als Immigranten oder Kinder von Immigranten dort leben, weitere Radikalisierungstendenzen. Die langfristigen Konsequenzen - wirtschaftlichund politisch - stehen noch aus.

    Ich bedauere, stellvertretend für alle in GB, meine tief gespaltene Freundesfamilie und schüttele den Kopf über diesen politischen Irrsinn. :/

    zum mitmeißeln

    :lach:

    Hilft aber auch nicht immer was.

    Eigentlicher Grund für mein posting: Das Video, das Frosch meint, hatte ich in meinem ersten Beitrag zum Thema schon verlinkt, und wenn man den englischen Medien glauben schenken darf, ist sie bei weitem kein Einzelfall.

    meike:
    Es scheint aber ja "System zu haben", das man sich da als Land kaputtspart an der Bildung und Entscheidungen trifft, die solche Fehlentscheidungen begünstigen odeR? Wie siehst du das?

    Doch, das ist so, aber es ist kein offizielles System - im Sinne einer Struktur. Es ist flächendeckende politische Hilflosig- oder Unwilligkeit. Nichts, was du in deiner Klasse verändern kannst. Oder was die einzelne Note rechtfertigt oder nicht rechtfertigt.

    Meike, "Das System" im Sinne von: SL die in Berlin zumindest teils nur geringfügig qualifiziert werden und im Schnellverfahren aufgrund des systemischen " wir nehmen fürs Ref erstmal alles was nicht bei drei auf den Bäumen ist" ins Verfahren reingeschmissen werden.

    Das ist kein System = Struktur / Verfahrensabläufe, sondern eine politische Fehlentscheidung.

    Das da natürlich Einzelpersonen stehen ist mir bewusst. Aber, das schätze ich an dir, du hast mir gerade gezeigt, das ich auch immer noch zu Pauschalisierungen in diesem Bereich neige. Danke dafür

    Gerne doch :)

    ür mich ist es eine Befreiung aus dem System, das ich zwar gerne mit gestützt und verbessert hätte, aber das ich aufgrund der leider immer noch (ihr schreibt es ja teils selbst) Willkür so nicht akzeptieren kann. Einerseits soll Schule zu demokratischen und selbstständig denkenden Menschen führen und andererseits ist das System in dem wir Lehrer uns freiwillig begeben ein anderes und antiquiertes.

    DAS SYSTEM, DAS SYSTEM. Du fühlst dich befreit, hättest es aber gerne gestützt? Willst unbedingt rein, kannst es aber nicht akzeptieren?
    Ich glaube, du müsstest dir mal über ein paar Sachen klar werden:

    Die Willkür bei Bewertungen hängt nicht an "dem System", sondern erstmal immer an den einzelnen, darin arbeitenden Menschen. Du wirst, wenn du gut bist, nicht das System verbessern, das halte ich für Selbstüberschätzung vom Feinsten, sondern bestenfalls deinen Schülern ein guter Lehrer sein. Prima für die. Und wenn du es nicht auf die Reihe kriegst, wirst du sie entnerven bis zum geht nicht mehr, eventuell Willkür üben (dem Vorwurf wirst du überhaupt höchst wahrscheinlich ausgesetzt sein, egal, wie du es machst - freu dich schonmal drauf! ;) ) und das System wird sich auch dadurch nicht ändern.
    Systeme sind erstmal Ordnungs- und Verfahrensstrukturen und nicht an sich und per se böse oder willkürlich.

    Es gibt übrigens in jedem Moment, wo du etwas von jemandem brauchst, ein Machtgefälle. Dass der einzelne Arzt oder das einzelne Elternteil zum Beispiel zu deinen oder des Kindes Gunsten oder Ungunsten nutzen kann. Deswegen gibt es aber kein übergeordnetes, böses Willkürsystem "Eltern" oder "Ärzte" - es sei denn man trägt den Aluhut und sieht in jedem Abhängigkeitsverhältnis das "Böse System". Die Alternativen wären dann - was ? Kinder und Eltern auf Augenhöhe, jede Regel eine Abstimmung? Du liest deine Behandlung im Internet nach und behandelst dich selbst - der Arzt darf assistieren?

    Ja, du bekommst Noten. Von Menschen. Nicht vom System. Davon hängt deine Einstellung ab. Du vergibst Noten. Als Mensch. Davon hängt über kurz oder lang die Versetzung/Schuform/Studienfach deiner Schüler ab. Du änderst damit nichts am System und das System nicht oder kaum daran, wie und ob du das mit größter oder mit Null Sorgfalt machst. Die Verantwortung kann man nicht immer einfach an das System abgeben. Außer dafür, dass du es überhaupt musst: dann kannst du ehrenamtlich oder gewerkschaftlich aktiv werden und gucken, ob du das abgeschafft kriegst.

    Natürlich gibt es auch systemisch bedingte, flächendeckende Probleme. Die Dauerüberlastung und Unterausstattung der meisten Kollegen an der meisten Schulen zum Beispiel. Und die damit einhergehenden Folgen - von Krankheitsständen bis fehlender Zeit für den einzelnen Schüler. Daran kann man als einzelner kaum arbeiten - dafür muss man sich organisieren oder ins KuMist gehen (?** naja)... als einzelner Lehrer wirst du nichts am System ändern. Du wirst deine individuellen Wege finden müssen, damit umzugehen. Oder du wähst den kollektiven Weg - dann werden Änderungen aber ein richtig dickes, dickes Brett. Nur dadurch, dass du darin arbeitest und - oft willkürlich erscheinende :) - Noten gibst, änderst du jedenfalls nix.

    Unspezifische Systemschelte ohne Zielrichtung und / oder Alternativsystem halte ich für einen netten Zeitvertreib, aber darüber hinaus für sinnfrei.

    Und wenn der Diensteid einen an irgendwas binden würde, gäbe es die ganzen ähm... "Spezialkollegen" nicht. Wie Nele einst so schön sagte: einen Lehrer, der sich nicht schämt, kann man zu gar nichts zwingen. :) Dem ist so.
    Im Gegensatz zu denen, die man feuern, kann, haben wir die größten Freiheiten überhaupt. Manche nutzen sie so - die anderen so.

    Ich erlebe auch nicht alle Refs als angepasst. Im Gegenteil. Und den Korrelationskoeffizient angepasst = gute Noten halte ich auch für eine Legende. Auch hier hängt es wieder vom Seminarlehrer ab, und auch in den Seminaren gibt es solche mit guten und slche mit unguten Traditionen. Wie in Schulen/Klassen.
    Ich zum Beispiel hatte das Glück an einem Seminar zu sein, wo ich auch als "Krawallschachtel" ;) sehr gut durchkam. Erlebte aber auch viele, die von vorneherein keinen Widerspruch abgaben, weil sie MEINTEN, das erzeugte Nachteile. Wenn man von vorneherein diese Haltung hat, kommt man natürlich nie an den Punkt, wo man mal testen kann, ob das Legendenbildung ist oder nicht. Diese Haltung bedauere ich auch bei den lebenszeitverbeamteten Lehrern öfter mal.

    Vieleicht nochmal zur Klärung:
    Bei Referendaren ist es wie mit Schülern:

    Ein Teil regt sich über ungerechte, miese Noten auf und hat sie wirklich zu Unrecht, weil ihre Fachleiter oder einer/zwei davon Mist sind. Gibt's.
    Ein Teil regt sich über ungerechte, miese Noten auf und hat sie zu Recht, die empfundene Ungerechtigkeit liegt hier im Mangel an Selbstwahrnehmung. Gibt's genauso oft.
    Beide Gruppen erzählen dieselben Geschichten in mehr oder weniger den selben Worten. Wenn sie es in Diskussionsforen tun, klingen alle Postings mehr oder weniger gleich schlüssig.

    Bei Schülern kann man als Tutor/Klassenlehrer womöglich noch einschätzen, was berechtigte Klage ist, und was nicht - weil man die Schüler und die Kollegen kennt.
    Hier im Forum kennt an nur die eine Seite der Geschichte und die Erfahrung zeigt, dass die mal mehr und mal weniger angemessen dargestellt ist.
    Die Menschen, die hier posten, versuchen sich also, ein Urteil zu bilden. Das ist ihr gutes Recht, wenn man das nicht will, sollte man nicht in einem Diskussionsforum posten.

    Ob die gefühlte Ungerechtigkeit den Tatsachen entspricht oder nicht, können wir hier ohnehin nicht beurteilen. Was wir tun können, ist Denkanstöße zu geben, das ist der Sinn des Forums. Man kann die mitnehmen und überdenken, oder als Unterstellung weit von sich weisen (allerdings frage ich mich dann wofür man eigentlich herkam? Eine Runde Mitleid gibt's eher bei der Familie / den Freunden).

    Über das System zu klagen und jedem, der darin arbeitet, zu unterstellen, dass er nur angepassten Mist macht und nach oben buckelt (wo ist denn dieses "oben" realistisch bei lebenszeitverbeamteten A15ern? Real können die machen, was sie Lust haben - genau wie wir, übrigens), ist immer die einfachste Methode. Ich erlebe Fachleiter, die sich ein Bein für ihre LiVs ausreißen, auch für die, bei denen wir Kollegen alle heimlich beten, dass sie nie Kollege/in werden mögen - und ich erlebe Fachleiter, die die klassischen Unterrichtsflüchtlinge sind. Aber letztere nicht in der Überzahl.
    Wie auch immer: was ich etwas seltener (nicht: nie!) erlebe, sind Referendare, die, selbst wenn die Schüler Schlange stehen beim Beschweren und es ständig Konflikte und Reibereien gibt, finden, es läge an ihnen. Es liegt, und da sind die Ähnlichkeiten zu den Schüler auch gegeben, immer am SYSTEM, an den Fachleitern, an ...allem.
    Emotional absolut nachvollziehbar (!), aber inhaltlich bringt's nicht weiter.
    Das geht vielen Kollegen ähnlich. Vor allem denen, die, wie ich, häufig Referendare betreuen, weil die gerne zu einem kommen.

    Daher ist es vielleicht nachvollziehbar, dass hier, wo die Perspektive eine ist, die nicht mehr nur aus der Sicht des vermeintlichen Ausgeliefertseins an DAS SYSTEM, mit ein paar Jahren Abstand und etwas Selbst- und Fremdreflektion, eine differenziertere Interpretation dessen, was im Ref. läuft, zulässt - und daher auch die Interpretationen dessen, was hier geschrieben sind, von diesen Erfahrungen geprägt sind.

    Wieso, bei der Jugend war doch das Problem, dass sie NICHt wählen gegangen sind. Ich hoffe, hinterher haben nur die gemeckert, die dann auch wählen waren.

    Falsch. Volksbefragungen ermitteln eine Meinung, die aber nicht wie ein Referendum bindend sind, und ansonsten kannst du durch Wahlen abstimmen. Es gibt kein Grundrecht darauf, bei jeder Sachfrage direkt abstimmen zu können, wir leben in einer parlamentarischen Demokratie.

    Das Grundgesetz liefert einen Rahmen, der durch genauere Gesetze ausformuliert wird, bei der genaueren Gesetzgebung ist das Volk direkt nicht beteiligt, zumindest auf Bundesebene, und einfache Formen der direkten Demokratie sind bei uns eben nicht vorgesehen. Wie ein Volksbegehren auf Länderebene geht, kannst du dir ja mal angucken, das ist komplex.

    Im übrigen bergen Referenden auch immer die Gefahr des Missbrauchs, nämlich der Abschaffung eben der demokratischen Elemente, die die Demokratie schützen sollen, sie können im schlimmsten Falle genutzt werden um die Gewaltenteilung einzuschränken oder zu umgehen.

    Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass die lautesten Förderer der direkten Demokratie oft aus den verfassungsfeindlichen Randbereichen kommen, vor allem die Neurechten, Reichsbürger und die Neonazis, völkischen Bewegungen und so weiter.

    Und tatsächlich sind auch beim Brexit die Rechtspopulisten, Nationalisten und Isolationisten ganz erheblich einflussreich gewesen.

    Die Grundrechte sind ihnen ja nicht genommen: sie dürfen wählen. Grundrechte wie direkte Abstimmung sieht unsere Form der repräsentativen Demokratie nicht vor, also werden sie ihnen auch nicht "genommen". Und das schützt diese Demokratie auch davor, dass diejenigen, die antidemokratische Tendenzen haben, darüber entscheiden. Das hatten wir ja auch schonmal, dass die Demokratie demokratisch abegschafft wurde.

    http://www.bilder-upload.eu/show.php?file=…-1466791760.jpg

    [Blockierte Grafik: http://www.bilder-upload.eu/thumb/efa378-1466791760.jpg]


    Ich fand direkte Demokratie bis vor so etwas 5 Jahren eine gute Idee. Da dachte ich aber auch noch, dass auch der einfachst gestrickte Mensch (und damit meine ich jetzt nicht den fehlenden akademischen Bildungsgrad!) so weit differenzieren kann, dass man ihm politische Entscheidungen anvertrauen kann. Minus ein paar Irre. Ich hatte ein gewisses Vertrauen in die Schwarmintelligenz. Fand viele Vorstellungen von direkterer Demokratie ansprechend.

    Davon rücke ich jetzt langsam ab.

    Ich sehe, dass doch von mehr Menschen, als ich dachte, nur über Bauchgefühle wie Hass, Wut, Angst, Enttäuschung gewählt wird, als über rationale Betrachtung der Fakten, Prognosen und logischen Ableitungen daraus. Das (rein bauchgefühlte Wählen) nicht zu tun, hatte ich den Menschen, wenn's drauf ankommt, immer zugetraut. Genau wie ich einen doch mittlerweile recht nenneswerten Grundkonsens über gemeinsame Werte annahm, im Großen und Ganzen.

    Menschen, die mir erzählten, wie durchseucht die Gesellschaft - durchaus auch in akademischen Kreisen -von dumpfem Hass, undifferenzierter Angst, reflexartigen Handlungen aus nationaler und persönlicher Arroganz, Selbstüberhöhung, Rassismus, Sexismus, Beißtrieb und Ego - sei, habe ich immer für Übertreiber gehalten und dafür plädiert, dem "Volk" mehr zuzutrauen. Dann habe ich die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft beobachtet, die wachsenden Verschwörungstheorien, die sich immerw eiter abgrenzenden Filter-Bubble-Kreise, die neue Rechte, die Reichsdeutschen, die Chemtrailgläubigen, die Fanatiker, Extremisten, Aluhutträger - die sich immer neue Anhänger ranziehen, an die Aufklärung nicht mehr rankommt, die auf angsterfüllten Privatplaneten leben. Ich stehe dem Konzept des Referendums als bindendem "Vertrag" zunehmend kritisch gegenüber. Und auch anderen Formen der direkten Demokratie.

    Jetzt muss ich mir sowas angucken: "Huch - ich wusste doch gar nicht, was ich tat?" :/
    http://www.standard.co.uk/news/politics/…n-a3280361.html

    Ich entsorg sowas grundsätzlich im Müll. Ich mach denen doch nicht die Christel von der Post?!

    Und das würde ich dir auch raten, so lange dein SL dir den Bildungsauftrags-Unterstüzungswert des Materials nicht erläutert hat.

    Zitat

    Sachsen-Anhalt
    Werbung und Sponsoring sind in Sachsen-Anhalt erlaubt, sofern sie den Bildungsauftrag unterstützen. Der Verkauf von Waren und Dienstleistung ist jedoch untersagt. Auch Spenden sind in Sachsen-Anhalt zulässig, sollten aber ebenfalls den schulischen Zwecken dienen.
    Quelle: Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA)

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