Genau da sehe ich das Problem von psychischen Gefährdungsbeurteilungen, wie sie bisher zumeist durchgeführt werden (gilt nicht nur für Schulen): Es werden Gesundheitsrisiken analysiert, ohne konkrete Lösungen bereitzustellen. Die Schulen/Unternehmen erhalten ihre Resultate mit den Hinweisen, wo Handlungsbedarf besteht, werden dann aber häufig alleine gelassen nach dem Motto "dagegen sollten Sie mal was machen".
Wie gesagt, ich sehe das anders: ich erhoffe mir, bei größerer Verbreitung solcher Instrumente und ihrer Ergebnisse, ein politisches Momentum. Die Rückführung auf die Verantwortung des Einzelnen, und die damit einhergehende weitere Vereinzelung, die in unserem System ohnehin eine der Hauptursachen für die Zustände ist, unter denen wir arbeiten, halte ich für kontraproduktiv - aber ich bin ja auch Personalrätin und Fortbildnerin in diesem Bereich und nicht Psychologin - also ist unser Ansatz da wahrscheinlich grundlegend anders. Von daher weiß ich gar nicht, ob ich jetzt versuchen sollte, Sie zu bekehren
- aber vielleicht starten Sie ja mal das Forschungsprojekt "Lehrergesundheit 2.0 - woran es wirklich liegt"
(dann erkläre ich mich schonmal gleich zur intensiven Mitarbeit bereit!
)
Aber mal davon ab: tatsächlich nützen solche Instrumente durchaus etwas für die konkrete Personalrats- oder Gremien- und Gewerkschaftsarbeit vor Ort: als Beispiele könnten hier Schulen genannt werden, die damit nachweisen konnten, dass der hohe Krankenstand im direkten Zusammenhang mit der Art der Führung stand. Was bis dato immer abgestritten wurde. Oder mit Strukturen, die innerschulisch bearbeitet werden konnten, in Dienstvereinbarungen oder ähnlichem. Da geht schon was. Hilft halt nur punktuell. Besser als gar nichts.
Manchmal aber auch nicht: Bei baulichen Stressoren ist die Stadt / der Kreis zuständig - da wird's dann haarig: der Sanierungsstau hier in der Gegend geht an die Milliarde ran.
Aber das ist ein weites Feld.
Fakt ist: zur konkreten Arbeit sind diese erprobten Instrumente sehr nützlich, um in die Politik zu wirken, müssen sie oder ähnliche öfter angewandt und die Ergebbnisse immer wieder veröffentlicht und in der Greiemarbeit verwendet werden. Das ist ein verflucht dickes Brett.
Bisher habe ich diesbezüglich Erfahrungen nur in der freien Wirtschaft gesammelt, wo die Unternehmen natürlich weniger von strukturellen Rahmenbedingungen betroffen sind bzw. auf diese größeren Einfluss haben.
Das mag sein, aber auch da herrscht die Tendenz zur Vereinzelung der Mitarbeiter, es gibt eine noch höhere Konkurrenzhaltung und wer's nicht packt, muss halt gucken, dass er härter wird. Für die Betriebsräte weht auch ein zunehend kalter Wind - in bin da in gutem Kontakt - und ich finde, dass auch dort wieder mehr grundsätzliche Strukturen hinterfragt werden müssen.
Oftmals hakt es m.E. vor allem an der Analyse-Kompetenz, um aus den jeweiligen Ergebnissen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wird denn z.B. auch im Längsschnitt untersucht, wie sich die Stressoren, die aufgrund des Arbeitsumfeldes entstehen, auf die AU-Tagen auswirken? Spätestens dann sollte doch die Handlungsbereitschaft seitens der KM da sein?
Kommt drauf an, wer auswertet und wonach spezifisch geguckt wird. Aber ja, wir hatten auch schon Rückmeldungen von Schulen, bei denen der Krankenstand extrem hoch war, siehe oben, und die mal mal rausfinden wollten, woran das lag.
Und diesen Schulen war es sehr wichtig, dass man danach auf die Suche nach Lösungsmöglichkeiten geht, die nicht bedeuten, dass die Kollegen einzeln auf die Suche nach ner guten Therapie oder Rückenschule oder Achtsamkeitskurs gehen müssen. Da waren die nämlich alle schon. ![]()