Beiträge von Grisuline

    Da ich mit dieser Situation so nicht weiter
    machen kann, überlege ich, mich längerfristig krankschreiben zu lassen
    und das ganze professionell behandeln zu lassen.


    Aus der Ferne und von außen lässt sich natürlich nicht beurteilen, wie es Dir tatsächlich geht.
    Allerdings scheinst Du - trotz Deiner Angst - durchaus passabel im Alltag zu bestehen.


    Wäre es dann nicht ein Weg, sich professionelle Hilfe zu suchen und gleichzeitig weiterzumachen?


    Ich halte es für sehr gut möglich, dass Du mit einem guten (geschulten) Gesprächspartner schnell eine erste Entlastung erfahren könntest. Ich würde Dir raten, jemanden zu suchen, der im schulischen Kontext arbeitet. Einen geschulten Supervisor o.ä. Das würde ich in jedem Fall ausprobieren, bevor Du unterbrichst oder gar abbrichst.


    Was Du schreibst, klingt einerseits nach überhöhten Ansprüchen an Dich selbst - Das lässt sich ganz sicher "professionell behandeln" wichtiger ist aber vermutlich, dass Du selbst das Heft des Handelns in die Hand nimmst.


    Ich erinnere mich übrigens auch an Phasen teilweise lähmender und eher diffuser Angst im Referendariat. Im Rückblick würde ich sagen, dass diese Angst zu Teilen ein Reflex ist auf ein immer wieder sehr widersprüchliches und unüberschaubares System, das Schule eben auch ist. Zum anderen fühlt man sich als angehender Lehrer für viel zu viel verantwortlich, bezieht viel zu viel auf sich. Es ist ein ganz normaler Lernprozess, die vermeintlichen und tatsächlichen Einflussmöglichkeiten zu erkennen und realistischer einzuschätzen. Auf diesem Feld gibt es auch immer wieder neues zu entdecken. Das hört nicht auf, was, wie ich finde, zu den schönen Seiten des Berufs gehört. Wichtig ist allerdings schon, dass man sich mit der Zeit etwas mehr Gelassenheit zulegt - mit eigenen und fremden Unzulänglichkeiten.
    Übrigens: An manchen Tagen habe ich auch heute noch Angst - Ich sehe sie als eine Art Lampenfieber, sie kann manchmal lästig sein, aber sie hindert mich nicht, in die Schule zu gehen. Und bin ich erst einmal drin, ist das flaue Gefühl auch schnell weg. Auch, weil ich gelernt habe, dass auch was schiefgehen darf. (s.o.)


    Also vielleicht ist der erste Schritt viel weniger radikal, als Du Dir im Moment ausmalst?
    Vielleicht reicht es fürs Erste, sich Hilfe zu holen und erst einmal weitermachen. Abbrechen oder unterbrechen kannst Du später immer noch. Viel Erfolg!

    Was ist denn das "eigentliche" Problem?
    Du scheinst ihr (vermutetes) Problem lösen zu wollen, statt dein eigenes zu lösen. Nämlich, dass sie deinen Unterricht stört und sich selbst zum Thema macht. Es geht nicht um Schulterzucken oder Gleichgültigkeit der Schülerin gegenüber, sondern um die (in meinen Augen entlastende) Einsicht nicht alle Schüler immer und zu jeder Zeit erreichen zu können. Sich das zuzugestehen, entspannt schon so manches.


    Stichwort: sich ernst genommen fühlen. Es bedeutet, jemanden ernst und für voll zu nehmen, wenn man ihm zumutet, die Konsequenzen für das eigene Verhalten zu tragen.
    "Sie meint es ja nicht so" oder "sie kann die Konsequenzen eben noch nicht abschätzen" ist das Gegenteil davon. Mute ihr die Konsequenzen zu. Auch deinen Ärger, wenn sie deinen Unterricht und die anderen stört.
    Hast du sie denn schon einmal direkt gefragt, was sie sich (von dir) wünschen würde, was sie (von dir) braucht, um sich besser auf den Unterricht einzulassen? Auch das wäre eine Form des Ernst-nehmens.

    Puh, da machst du dir ja ganz schön viele Gedanken und räumst der jungen Dame damit mächtig viel Raum ein. Im Unterricht wie in deinen Überlegungen.
    Es ist doch ein recht alltäglich in 7. und 8. Klassen, dass der Entwicklungsstand und Reifegrad der SchülerInnen sehr unterschiedlich ist. Da müssen sie halt durch. Und ich als Lehrerin dann eben auch. Wozu willst du ihr eine Sonderrolle einräumen? Die nimmt sie sich doch ohnehin bereits selbst.
    Ich für meinen Teil glaube, dass man in diesen Konstellationen gar nicht so viel tun kann (und muss), außer - wie es so schön heißt - bei sich selbst zu bleiben, was schwer genug ist - statt den abgeklärten Pädagogen zu geben.


    Schenk ihr einfach weniger Beachtung. Dann arbeitet sie halt nicht mit. Na und? Sie muss weder dich noch deinen Unterricht toll finden. Oder doch?

    Ich habe keine Antwort auf deine Frage. Nur eine Anmerkung.
    Ich kann gut nachvollziehen, dass die Fehlzeiten für euch nervig sind, gleichzeitig finde ich deine Einschätzung auch recht ungnädig.
    Mag sein, dass die Referendarin nicht belastbar ist. Da du aber nicht weißt, warum sie fehlt, könnte es ja auch sein, dass sie ernsthaft krank ist. Und davon würde ich erst einmal ausgehen. Dann würde ihr etwas Mitgefühl oder auch nur Geduld, auch wenn es schwerfällt, vielleicht eher auf die Beine helfen.


    Ich denke an viele Beiträge hier im Forum, in denen sich Leute quälen, weil sie mit Krankheit kämpfen und genau solche Reaktionen wie von dir fürchten, was sie noch mehr lähmt und sie ihre Genesung aufs Spiel setzen lässt.


    Vielleicht bestätigt sich deine "Diagnose" von der mangelnden Belastbarkeit (die ja auch ihre Gründe haben wird) , aber auch dann ist ihr (und euch) mit einer ehrlichen Rückmeldung mehr geholfen als mit neuem Druck.

    Mir erschließt sich der Sinn des Ganzen wirklich nicht. Die länderübergreifende Aufgabe ist 2013 eine von fünf gestellten Aufgaben. Niemand muss sie also bearbeiten. Dafür sollen wir nun in 12/1 noch eine zusätzliche Klausur zur Übung schreiben. Also wie Herr Rau schon feststellt - mal eben mal ein paar Stunden Korrekturen zusätzlich, macht ja nichts.
    Die Klausur findet am 27.September 13 statt, da habe ich, wenn ich Glück habe, mal drei, vier Stunden gehabt im neuen Schuljahr. Und ein wenig Einstimmung auf Thema und Aufgabe wäre ja schon angebracht. In anderen Bundesländern ist das Schuljahr da schon im vollem Gange. (Nur am Rande, wenn man über Vergleichbarkeit spricht). Wie die "Wahl" meiner Schüler aussehen wird, ist absehbar. Sie werden die Klausur nicht sonderlich ernst nehmen und warten (hoffen) auf die zweite Chance irgendwann zwei Monate später. Korrigieren muss ich sie trotzdem - Und dreimal darf man raten, wer die Nachholklausuren konzipieren wird...

    So ausführlich mag ich im Moment über das Buch nicht nachdenken, da ich endlich kurz vor dem Urlaub stehe, den ich auch dringend nötig habe.
    Die Geschichten regen mich einfach kein bisschen an, schon gar nicht Antonin als Harry Potter-Verschnitt im Kampf gegen den bösen Thunfisch.
    Im dritten Lehrjahr finde ich einfach besonders auffällig, dass die Schüler kaum mit den erwarteten Kenntnissen mithalten können. Dauernd muss ich dann mit neuer Grammatik um die Ecke kommen. Mal ehrlich, die Schüler kommen ohne "lequel" im dritten Lernjahr aus. Es sind so viele kleine Kaptitelchen, die neben dem dicken Brocken temps du passé, futur und dann auch noch conditionnel um die Ecke kommen.
    Mir geht es besser, wenn ich mehr vom Buch löse. Aber Alternativen muss man sich auch erst erarbeiten. Und das geht leider nicht so schnell, wie ich es mir wünsche.
    Vielleicht liegt es auch weniger am Lehrbuch. Ein wirklich tolles habe ich für Französisch noch nicht gesehen.
    Im Fremdsprachenunterricht ist der Einsatz von neuen Medien nun wirklich eine tolle Sache. Es gibt so viel authentisches Material, das teilweise schon wunderbar aufbereitet ist. Aber das muss man halt auch erst einmal sichten und mit Sprachreflexion/ Grammatik verbinden.
    Mir persönlich macht das sehr viel mehr Freude und es kommt auch mehr dabei rum. Nur, oft geht es halt (schaffe ich es) nicht anders und so ist das Lehrbuch schon mein Gerüst. Überzeugend finde ich es nicht, weil sehr statisch und schwankend zwischen Anbiederung an die Zielgruppe oder Pädagogisierung, über die ich schwer hinwegsehen kann. Ich arbeite dran, mich immer weniger aufs Buch zu stützen. In diesem Sinne: EXTHONANTUR GROIXI.

    Wobei die Sesam-Aufgaben mindestens verfremdet werden müssen. Wir dürfen sie gar nicht verwenden. Maximal für eine Nachholschulaufgabe. Die Hörverstehensübungen nehme ich gelegentlich abgewandelt her. Aber die Schüler haben diese Materialien natürlich auch alle.


    Ansonsten finde ich die Klettmaterialien wie ProfiProf nicht der Anschaffung wert. Das ist fürchterlich altbacken und auch edv-technisch ziemlich steinzeitlich.
    In Deiner Lage würde ich mich auch stark am Lehrbuch und Lehrerbuch orientieren. Allerdings muss ich leider sagen, dass Découvertes 3 (F2) teilweise fürchterlich ist. Zu Beginn werden die Zeiten der Vergangenheit abgefrühstückt und als wäre das nicht genug noch nebenbei Relativsätze und noch so allerlei anderes. Wenn es am Anfang vielleicht mal schwierig wird, in der 8.Klasse, dann könnte das auch am Buch liegen...
    Manche Lektionstexte sind unerträglich albern (ich sage nur "L'île aux lutins", L5), weshalb ich sie nicht mehr einsetze (oder nur extrem kurz behandle), sondern auf anderes Material zurückgreife.Ich schildere den Schülern die Blödheit des Textes so ausführlich als unzumutbar, dass ihn früher oder später die meisten mal von selbst lesen.
    Ich werde auch eine 8. Klasse haben. Allerdings beginnen wir ja erst Mitte September. Aber falls Du konkrete Fragen hast.
    In Découvertes gibt es hinten im Buch auch immer die Rubrik "En classe". Dort stehen typische Aufforderungen und Übungsanweisungen.

    Ehrlich gesagt verstehe ich dein Problem nicht recht. Jedenfalls liegt es, so wie ich deine Beiträge lese, eher nicht am Titel, sondern möglicherweise daran, was Du persönlich daraus an Selbstverständnis ableitest.
    Jedenfalls ist eine Promotion eine anerkennenswerte Leistung, die zu verschweigen es weder Grund noch Anlass gibt.
    Gleichzeitig sehe ich keinen besonderen Zusammenhang zu deiner Befähigung als Lehrer, die sich in der Praxis zeigen wird bzw. die es eben zu erlernen gilt.


    Außerdem gibt es ja eine Menge zwischen dauernder Konfrontation, die aus verschiedensten Gründen für alle Beteiligten nervig sein kann, und "Klappe halten und Runterschlucken"."
    Was verbindest du denn selbst mit dem Titel?
    Außerhalb einer universitären Laufbahn?

    Bei mir lagen die Entfernungen auch einerseits an der Fächerkombination, andererseits auch an meinen Wünschen (Seminarschule war auch in einem "Wunschbezirk", den ich strategisch gewählt hatte, um die Entfernung noch einigermaßen in Grenzen zu halten. Die Einsatzschule war damals wie gewünscht in Oberbayern, trotzdem waren es von München aus fast 200km.
    Ich habe mir die Entfernungen zwar nicht gewünscht, aber keine Energie darauf verwendet, die Entscheidung groß zu beeinflussen. Ich habe das Formular ausgefüllt und das wars.
    Und dann habe ich mich demütig in mein Schicksal gefügt. ;)

    So ist das. Dafür dass die einen in der Nähe ihrer Lieben bleiben, müssen die anderen halt weitere Entfernungen in Kauf nehmen ... Viele im Seminar mussten übrigens gar nicht besonders pendeln. Ich gehörte zu denen, die am weitesten pendeln mussten.


    Allerdings finde ich das für eine absehbare Zeit wirklich zumutbar und nicht krass. Ich war weiter von zuhause weg. Aber ich war in der Einsatzschule dort, wo andere Urlaub machen, in einem Luftkurort, an dem ich trotz Stress mein leichtes Asthma wie nebenbei kurierte. Ich war z.B. sehr schnell eingebunden in ein überaus nettes Kollegium, das das Wochenende mit Kind und Kegel in den örtlichen Lokalitäten einleitete. Das war toll. Im Sommer erinnere ich mich an traumhafte Freitagnachmittage vor gigantischem Alpenpanorama, die mich freiwillig einen späteren Zug nehmen ließen. Einfach weil es entspannend und schön war. Und auch wenn ich an dem Ort nicht unbedingt hätte "für immer" bleiben wollen, so habe ich doch auch ein Tränchen verdrückt, als ich ging. Auch in dem Städtchen meiner Seminarschule war es auszuhalten, besser jedenfalls als das Seminar.
    Es gab natürlich auch einige schwierige Momente, die vor allem den Entfernungen geschuldet waren, aber gleichzeitig glaube ich, dass mir die Ortswechsel eine Offenheit abverlangt haben, die ich im gewohnten Umfeld (dass ich damals so gar nicht hatte, weil auch Studienort und Heimatort weiter voneinander entfernt waren) vielleicht gar nicht aufgebracht hätte, weil ich vielleicht eher im vertrauten Kreis meine Wunden geleckt hätte.
    Also wirklich alles halb so schlimm.

    Ja, ich war vorsätzlich etwas grob. Entschuldige.
    Ich will dir eigentlich nur sagen, dass Katastrophisieren dich nicht weiter bringt. Vielleicht kommt es halb so schlimm, aber es wird vieles geben, was eben nicht nach Wunsch läuft. Besser man stellt sich ein bisschen darauf ein, als schon vorher in die Knie zu gehen.
    An Zumutungen kann man auch wachsen.
    Und ganz ernst gemeint: Ich verstehe, dass du vor dich vor vielem fürchtest oder dir unbehaglich zumute ist. Das ist sehr normal. Und ging mir nicht anders. Auch ich habe mich erst einmal in die Kissen geweint, als ich von meiner Zuteilung erfuhr. Und auch immer wieder mal gehadert, wenn ich beispielsweise Sonntagabend mit flauem Gefühl in den Zug stieg.
    Ob man das nun richtig findet oder nicht, der alte Spruch von den Lehrjahren, die keine Herrenjahre sind, entspricht der Wirklichkeit.
    Aber so viele vor dir, die auch Angst hatten, haben das Kind geschaukelt und du wirst das sicher auch hinbekommen. Du tust Dir selbst einen Gefallen, wenn du dich nicht vorher schon an Katastrophenszenarien abarbeitest und Energie verschwendest.
    Vieles wird neu und damit auch mitunter schwierig sein. Aber es wird auch die glücklichen und stolzen Momente geben, wenn du den Umständen getrotzt hast und dich bewährst. Solche Phasen sind anstrengend, aber im Rückblick betrachtet, sind es Phasen, in denen man viel über sich erfährt, Schönes wie weniger Schönes. Ich weiß nicht, ob es nicht sinnvollere und andere Wege gäbe, Belastbarkeit zu lernen, als die Praxis des Referendariats, aber eine gewisse Stressresistenz ist eine wichtige Voraussetzung, um im Schulalltag bestehen zu können. Lass es ein bisschen auf Dich zukommen und es wird sich vieles viel einfacher finden, als du dir das jetzt ausmalst. Außerdem wirst du nicht alleine sein. Auch andere in deinem Seminar werden in ähnlicher Lage sein und sich mit den gleichen Ängsten plagen. Und der Spruch stimmt ja auch: geteiltes Leid ist halbes Leid. In diesem Sinne, bon courage!


    PS. Wenn Dir ein bisschen nach Galgenhumor zumute ist, dann lies doch Markus Orths: Lehrerzimmer. Das übertrifft deine schlimmsten Erwartungen.
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    Du hast ja recht, es wird voraussichtlich die beschissenste, unglücklichste Zeit Deines Lebens werden. Zwei vergeudete Jahre, in denen es Kritik und Misserfolge hagelt, in der Du dich in Bruchbuden nach Freunden und Mamas Sonntagsbraten sehnen wirst, in denen du wenig schläfst, und wenn doch, unruhig, in denen du unsicher und voller Selbstzweifel und Heimweh und knapp bei Kasse sein wirst. Das Seminar wird beschissen ungerecht und unfähig, an der Einsatzschulen warten nur die Horrorklassen auf dich, um die die etablierten Kollegen einen schön großen Bogen machen. Die uralten Kollegen werden stumpf mit den Schultern zucken, wenn du sie um Hilfe bittest oder gar was Neues vorschlägst, deine Mitreferendare werden mit dir konkurrieren, die Eltern werden dich anschießen und niemand wird sich vor sich stellen. Dass dein Talent verkannt wird und dein Einsatz nicht gesehen, versteht sich ohnehin von selbst. Nach zwei Jahren wirst du ausgebrannt und pleite sein. Und arbeitslos obendrein.


    Ehrlich, ich möchte nicht in Deiner Haut stecken.

    Ich verstehe ja, dass Du gerne planen und Dich einstellen möchtest auf Deinen Einsatzort. Bei mir ist es eine Weile her. Bei mir waren Seminarschule und Einsatzschule und mein gewünschter zukünftiger Lebensmittelpunkt, jeweils zwischen 200 und 300 km entfernt. Ich hatte also jeweils Zimmer zur Untermiete bzw. Miniapartments. Dazu mein Hauptwohnsitz (und Freund) in München.
    Das (auch sehr) kurzfristige Anmieten war eigentlich an keiner der Stationen ein Problem, weil dort ja in der Regel immer eine gewisse Fluktuation von Referendaren herrschte. So konnte man die Wohnungen / Zimmer von früheren Referendaren meist übernehmen. Meist kam ich schon über die Schule an Adressen und auch schnell ein akzeptables Zimmer. Die Erlebnisse mit ausgesprochen fürsorglichen Vermieter(innen) gehören heute zum erfreulicheren Anekdotenschatz aus Ref-Zeiten. Ins Geld ging die doppelte Haushaltsführung natürlich schon. Und tatsächlich nahm das Referendariat sehr breiten Raum in meinem Leben ein. Viel Platz für anderes ließ es mir (oder ich mir?) nicht. Aber der Zeitraum ist ja absehbar und so bleibt es auch machbar. Deswegen würde ich - mich den anderen anschließend - nicht verrückt machen mit Horrorgeschichten, sondern es nehmen, wie es kommt und das Beste daraus machen. Bei mir wurde damals übrigens keiner meiner Wünsche berücksichtigt, aber ich war in einem großen Seminar und so ergaben sich eigentlich immer Fahrgemeinschaften etc. Das waren jedenfalls wirklich alles lösbare Probleme.

    Wer als Lehrer Beschwerde fühlt, sollte sich vielleicht einmal nur drei Wochen für ein Praktikum in ein ganz normales mittelständisches Unternehmen begeben.
    - Gehabt euch wohl, mich kriegt niemand mehr aus der Schule raus.

    Ich finde diese Aufrechnerei etwas albern und sie bringt auch nicht weiter. Ich kenne auch beides. Freie Wirtschaft in einer wenig zimperlichen Branche in ganz guter Position, zudem habe ich in meiner Zeit der Selbständigkeit als Trainerin viel Einblick in unterschiedliche Branchen und Firmen bekommen.


    Die Belastungen und Berufsrisiken sind - banale Erkenntnis -ebenso wie die Vorzüge und Freuden einfach sehr, sehr unterschiedlich.


    Zwei fundamentale Unterschiede gibt es allerdings: In Schulfragen sind alle Experten, weil jeder schon einmal eine Schule von innen gesehen hat. Das kann nerven, weil so viel Unreflektiertes und Subjektives einfließt und Debatten verflachen lässt und so selten Produktives entsteht.
    Der andere Unterschied: Die wolkigen Vorstellungen vom Lehrer aus Berufung, von pädagogischem Eros etc., die einer Professionalisierung des Lehrerberufs eher im Weg stehen und Erwartungen wecken, dass man als Berufener gar nicht anders kann, als im Dienst zu sein, folglich auch keine Pausen o.ä. benötigt, weil ein Kinderlachen Dank und Erfüllung genug sind. Das ist ja auch eine ungemein praktische Grundlage für Schulpolitik.


    Da schließt sich für mich der Kreis zum Gewerkschaftsthread. Ich finde es bedauerlich, dass gerade unter Lehrern oft so unerbittlich diskutiert wird. Und jedes Erwähnen einer Belastung gleichbedeutend mit Jammern ist und gleich diejenigen auf den Plan ruft, die immer alles und jeden im Griff haben. Es gibt doch eine Menge Zwischentöne. Im Jammern zu verharren, ist sicher zu wenig, aber gelegentlich braucht es auch ein Ventil und außerdem die Möglichkeit, sich über Belastungen klar zu werden, um dann auch über Lösungen nachzudenken. An den Punkt kommt man aber nie, wenn immer erst die Wahrnehmung des anderen in Zweifel gezogen und korrigiert werden muss, statt sie einfach einmal zur Kenntnis zu nehmen.

    Im Kollegium ist das Duzen bei uns normal. Deshalb wird neuen Kollegen, das Du sofort vorgeschlagen oder einfach praktiziert. Unabhängig vom Alter.
    Bei Praktikanten bleibe ich in der Regel beim Sie und sieze natürlich auch meinerseits. Fürs Du ist der Kontakt normalerweise zu kurz und zu unverbindlich.
    Nur die Schulleitung siezt und wird gesiezt.
    Sehr befremdlich fand ich, als ein Kollege, von einzelnen, vermeintlich weniger qualifizierten Kolleginnen (der Zusammenhang war erschütternd offensichtlich) das Sie einforderte.
    Ich habe ihn dann darauf hingewiesen, dass ich diesen offensichtlichen Ausdruck der Distanzierung reichlich daneben finde. Er hat es dann auch gelassen.
    Fazit: Das Du ist bei uns zumindest in erster Linie kein Ausdruck von Sympathie oder Vetrautheit, sondern einfach der Betriebszugehörigkeit und damit eben Teil der Betriebskultur.

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