Beiträge von fossi74

    Ich fürchte aber, dass mehr Praktika nur für Vereinzelte einen frühen Exit bedeuten würden, da ich mal zu behaupten wage, dass
    a) viele Lehrer/Betreuer sich scheuen, Praktikanten so ehrlich und direkt genug, dass die Botschaft wirklich ankommt, ins Gesicht zu sagen, dass sie nicht geeignet sind, eben weil ihnen klar ist, dass Persönlichkeit niemandes "Schuld" ist, sich da Lebensträume zerschlagen und vllt. auch noch die (bei einigen bestimmt auch berechtigte) Hoffnung besteht, dass der junge Praktikant sich noch weiterentwickeln könnte.
    und
    b) eine gewisse Neigung, Kritik gerade an der eigenen Persönlichkeit nicht anzunehmen und als haltlos (+ respektlos) anzusehen, häufig Teil des eigentlichen Problems ist, sodass so mancher kritisierte Praktikant eher dem konkreten "hinterletzten Lehrer", der "Mobbingschule" oder "dem System" die Schuld geben als wirklich die Kritik ernstnehmen und Alternativen durchdenken wird.

    Jetzt hab ich das alles zitiert, um nur noch eines zu sagen: Ja. In anderen Worten: Isso.

    Was kann man da machen? Effektiv wohl nicht viel. Das in B-W seit einigen Jahren übliche Praxissemester finde ich - ohne persönlich betroffen gewesen zu sein - nicht schlecht. Meine eigenen beiden Praktika waren insofern erfolgreich, als ich da nette Leute kennengelernt habe, zu denen ich heute noch Kontakt pflege. Für die Ausbildung waren sie eher wertlos.

    Dass es sowas wie eine (professionelle/passende/authentische) Lehrerpersönlichkeit gibt und dass es nicht um die Haltung der Hände geht, versteht der arme Reffi nicht. Und wenn man ihm sagt es sei der Gesamteindruck, um den es geht, will er wieder wissen woraus sich dieser Gesamteindruck denn zusammensetze, woran der Ausbilder das festmache - dann: siehe 2. Ein Dilemma.

    Grundlegendstes Problem bei der ganzen Sache: Sag mal jemandem, der sechs, sieben, acht Jahre auf einen Beruf hin studiert hat, dass er für diesen Beruf nicht geeignet ist, und zwar wegen einer Grunddisposition, für die er so gut wie nichts kann, die er auch vor allem nur unter größten Mühen - wenn überhaupt - wird ändern können und die zudem noch kaum konkret fassbar ist.

    edit: Und die ihm während des ganzen langen Studiums überhaupt keine Probleme gemacht hat.

    Kann ich für meinen Musikunterricht am Gym ab '84 nicht bestätigen. Herrn Müllers Lieblingsbuch war das Liederbuch (weiß nicht mehr, welches. Hatte einen grün-orangen Kunststoffeinband und bot alles von "Hoch auf dem gelben Wagen" bis "Hey Joe"), und in fast jeder Stunde saß er am Flügel und donnerte, rechtes Pedal voll durchgetreten, die schmissigsten Lieder herunter. Besonders beliebt: "Fing mir eine Mücke heut" und "Sascha geizte stets mit Worten".

    In der 5 waren wir auch komplett für den Unterstufenchor verpflichtet. Vorsingen (benotet) mussten wir allerdings nicht, könnte mich jedenfalls nicht erinnern.

    Kochen. Putzen. Waschmaschine bedienen. Keine Angst vor Handwerkstätigkeiten haben. In Grundlagen die Funktionsweise einer Verwaltung und des Versicherungswesens. Geld zusammenhalten.

    Das reicht als Anfang. Ich hätte in dem Alter bis auf eins alles davon gebraucht.

    Ja, ging mir auch so in dem Alter. Total fit in Versicherungen und Verwaltung, aber keine Ahnung von Kochen und Putzen! :D

    Geld zusammenhalten kann ich heute noch nicht.

    Nicht einen halben Schritt nach Ende der Rolltreppe stehen bleiben und auf'm Handy daddeln.
    Nicht an der jeweils engsten Stelle eine Ganges, Durchganges o.ä. stehen bleiben und auf'm Handy daddeln.
    Am besten übberhaupt nicht im Weg stehen und auf'm Handy daddeln.

    Den Teil mit "und auf'm Handy daddeln" kannst Du getrost weglassen. Das kriegen die meisten Leute auch ohne Handy wunderbar hin.

    Ich würde aber nur ungern zu ihm sagen, dass er das Jugendamt oder das Schulamt einschalten soll, wenn er selbst dazu keine Veranlassung sieht.

    Ähm... doch. Grundschulleiter leiden erfahrungsgemäß nicht ganz so schlimm unter Vergrüßonkelung wie an höheren Schularten, aber ich denke, mit einem deutlichen Hinweis auf das Jugendamt vergibst Du Dir nichts.

    edit: Das klingt übrigens nach einem handfesten psychiatrischen Problem bei dem Jungen. Eventuell sogar was hirnorganisches, möglicherweise vom Vater geerbt.

    Nach einem sehr erhellenden Besuch beim Vermögensberater (der in unserem Fall, wie sich herausgestellt hat, eher als Unvermögensberater fungiert, um nämlich unser Unvermögen hinsichtlich Geldanlage zu kompensieren) möchte ich noch anmerken: Grundlegende Kenntnisse beim Thema "Vermögensaufbau" sind nicht verkehrt. Und nein, das erschöpft sich keineswegs in der simplen Tatsache, dass man weniger ausgeben als einnehmen sollte.

    bei einem anderen in einer anderen Lerngruppe hat mir ein Fachleiter ziemlich direkt gesagt, dass meine Beziehungsarbeit bei einem Schüler offensichtlich nicht so gut laufe. Das lag in dem Fall nicht unbedingt an mir, weil ich den Schüler nur zweimal in der Woche im Unterricht hatte, was für so einen schwierigen Förderschüler halt zu wenig ist. Er hatte mit seinem Urteil aber absolut Recht. Ich hatte den Rat angenommen, ein paar Wochen lang zusätzlich in der Klasse eine Hospitationsstunde gemacht und mich etwas intensiver mit dem Schüler beschäftigt. Es war danach sichtlich besser, was mir mein Fachleiter auch bestätigte.

    Wow. Wie gut, dass es nur mit diesem einen Schüler nicht rund lief.

    Lehrerpersönlichkeit - so diffus dieser Begriff auch ist - in der Regel ein zentraler Punkt ist, wenn nicht sogar der wichtigste. Ich hätte ohne das eigentlich überhaupt gar keine Arbeitsgrundlage.

    Dann solltest Du ja locker in der Lage sein, uns diesen Begriff - so diffus er auch ist - ein bisschen zu erläutern. Verzeih meine Unbedarftheit, ich habe das Ref halt am Gym gemacht. Was mich übrigens seit dem Ref auch brennend interessieren tät, ist, was "Gelenkstellen" in einer Stunde(nplanung) eigentlich sind, wie sie konkret aussehen und was sie bewirken. Davon hat unser Deutsch-Seminarlehrer immer viel gesprochen, ohne jemals zu erklären, was er eigentlich meint. Ewiger Höhepunkt unserer Hospitationsstunden bei ihm war übrigens der Einstieg in eine Stunde zum "Parfüm" von Patrick Süskind. Da hat er ein Bild von einem kleinen Hund auf den OHP gelegt und die Schüler raten lassen, was wohl das Thema der Stunde sei. Wollt Ihr mitraten? Tipp: Der kleine Hund war ein Terrier...

    Ich zitiere jetzt mal nichts mehr, sondern ziehe mich auf den Hinweis zurück, dass in Gesetzestexten - so wie in Gedichten - die Worte sorgfältig gewählt werden und Auslegung nur dann zulässig ist, wenn es nicht anders geht. Und Klassenfahrten sind (Dein erstes Zitat) weder "Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst" noch (muhaha) "hoheitliche Aufgaben".

    Wie gesagt - man müsste es mal ausklagen. Dass die Verbände da noch nicht aktiv geworden sind, liegt wohl eher daran, dass noch kein Kollege gezwungen wurde, auf Klassenfahrt zu fahren und sich dagegen juristisch zur Wehr gesetzt hat.

    vbe-nrw.de/downloads/PDF%20Dok…416_Mehrarbeit_120416.pdf

    Auch hier geht es um Mehrarbeit, vulgo "Überstunden", um die es hier gar nicht geht.

    edit: Was für ein bescheuerter Satz! Ich meine natürlich "Überstunden, um die es bei unserer Diskussion gar nicht geht".

    Nebenbei lässt das Arbeitszeitgesetz in §7 ausdrücklich abweichende Regelungen zu

    Meinst Du das hier (Hervorhebungen von mir)?

    (2) Sofern der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch einen
    entsprechenden Zeitausgleich gewährleistet wird, kann in einem
    Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder
    Dienstvereinbarung ferner zugelassen werden,
    1.abweichend von § 5 Abs. 1 die Ruhezeiten bei Rufbereitschaft den Besonderheiten dieses Dienstes anzupassen, insbesondere Kürzungen der Ruhezeit infolge von Inanspruchnahmen während dieses Dienstes zu anderen Zeiten auszugleichen,
    2.die Regelungen der §§ 3, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 in der Landwirtschaft der Bestellungs- und Erntezeit sowie den Witterungseinflüssen anzupassen,
    3.die Regelungen der §§ 3, 4, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 bei der Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen der Eigenart dieser Tätigkeit und dem Wohl dieser Personen entsprechend anzupassen,
    4.die Regelungen der §§ 3, 4, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 bei Verwaltungen und Betrieben des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie bei anderen Arbeitgebern, die der Tarifbindung eines für den öffentlichen Dienst geltenden oder eines im wesentlichen inhaltsgleichen Tarifvertrags unterliegen, der Eigenart der Tätigkeit bei diesen Stellen anzupassen.


    Wohlgemerkt: Das fett markierte in den Sätzen 3 und 4 steht unter dem Vorbehalt des fett markierten im Obersatz von Abs. 2! Dieser Zeitausgleich hat grundsätzlich sehr kurzfristig zu erfolgen (hier wird dann eher in Tagen als in Wochen gerechnet, keinesfalls aber in Monaten). Ob mehrtägige Klassenfahrten eine "Eigenart der Tätigkeit" des Lehrers sind, sei außerdem dahingestellt.

    und §14 käme vermutlich für uns zur Anwendung

    Ich markiere nochmal ein bisschen...

    (1) Von den §§ 3 bis 5, 6 Abs. 2, §§ 7, 9 bis 11 darf abgewichen werden bei vorübergehenden Arbeiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind
    (2) Von den §§ 3 bis 5, 6 Abs. 2, §§ 7, 11 Abs. 1 bis 3 und § 12 darf ferner abgewichen werden,
    1.wenn eine verhältnismäßig geringe Zahl von Arbeitnehmern vorübergehend mit Arbeiten beschäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeiten gefährden oder einen unverhältnismäßigen Schaden zur Folge haben würden,
    2.bei Forschung und Lehre, bei unaufschiebbaren Vor- und Abschlußarbeiten sowie bei unaufschiebbaren Arbeiten zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen oder zur Behandlung und Pflege von Tieren an einzelnen Tagen,
    wenn dem Arbeitgeber andere Vorkehrungen nicht zugemutet werden können.


    Soso. "Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen", "andere Vorkehrungen können dem AG nicht zugemutet werden". Wäre mal interessant zu hören, ob dilettantische Personalplanung zu diesen Widrigkeiten gehört. Ich wage zu behaupten: Nein.

    Das scheint selbst die GEW anders darzustellen, oder irre ich mich?

    gew-bildungsmacher.de/fileadmi…ullexikon/Arbeitszeit.pdf

    Da geht es um die Wochenarbeitszeit und die Pflichtstundenzahl. Mag aber sein, dass auch ich mich irre und der rund-um-die-Uhr-Einsatz bei Klassenfahrten eigentlich auch bei Beamten nicht korrekt ist. Vielleicht müssten ein paar ganz mutige Kollegen es mal durchfechten. Wie gesagt: Das Arbeitszeitgesetz ist da ganz stumpf. Maximal zehn Stunden am Tag, dann ist Schluss. Pause zwischen zwei Einsätzen minimal elf Stunden, Ausnahmen nur in bestimmten Bereichen. Interessant auch § 4, der die Ruhepausen regelt.

    Heißt also: Wenn es in der Jugendherberger um acht Frühstück gibt, dann ist für die betreuenden Kollegen je nach Pausen spätestens um 19.00 Uhr Schluss, und sie müssten von anderen Kollegen (die den Tag über frei hatten) abgelöst werden. Die Nacht könnte man mit etwas Phantasie als Bereitschaft werten (allerdings nicht Rufbereitschaft, denn die wird zu Hause absolviert), aber selbst dann wird es schwierig.

    Da würde ein Blick in das Dienstrecht helfen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das dort geregelt ist.

    Schönes Beispiel für einen Syllogismus.

    Obersatz: "Dienstrecht" (das per definitonem nicht auf Angestellte anwendbar ist, weil sie keinen Dienst leisten) ist Landesrecht, das ArbZG ist Bundesrecht.
    Untersatz: Bundesrecht bricht Landesrecht.
    Schlussfolgerung: Also kann das ArbZG nicht von irgendeinem dahergelaufenen "Dienstrecht" ausgehebelt werden.

    Also vieles, was man im Ref erlebt, nämlich zum Beispiel Abhängigkeit von der Entscheidung anderer und zu einem gewissen Grad auch Willkür, erlebt man im Schulalltag auch.

    Nun ja, die Entscheidung für das Beamtendasein geht nun mal einher mit der Preisgabe so gut wie aller Arbeitnehmerrechte und -schutzverordnungen. Das ist der Preis, den man für die vergleichsweise exorbitante Versorgung zu bezahlen hat. Viele angehende LehrerInnen glauben halt, sie dürften Beamte werden, weil der Staat sie so lieb hat oder wegen dieser ominösen "hoheitlichen Aufgaben" (die aber angestellte Lehrer - nanu? - genau im gleichen Maß erfüllen dürfen).

    OT: Es würde mich mal interessieren (weil wir die Diskussion gestern im Kollegium hatten), wie in Bundesländern ohne verbeamtete Lehrer mehrtägige Klassenfahrten durchgeführt werden. Das geht nämlich nur unter gröblichster Missachtung des ArbZG, das hinsichtlich der täglichen Höchstarbeitsdauer (10 Stunden) so gut wie keine Ausnahmen kennt. Meine Vermutung: Es finden sich immer genügend KollegInnen, die die Bestimmungen nicht kennen, im Sinne der Schüler ignorieren oder sich vom SL (fester Blick, entschiedener Tonfall) einreden lassen, sie müssten trotzdem.

    In der Schweiz ist das deutsche Staatsexamen jedenfalls nicht viel wert, hier gibt es Schulleiter, die deutsche Lehrer auch mit schweizer Anerkennung nicht einstellen.

    Das dürfte aber eher mit schweizerischen Befindlichkeiten zusammenhängen als mit der Ausbildung deutscher Lehrer. Die dürfte im internationalen Vergleich zumindest fachlich schon mithalten können.

    "Jeder andere" aka Handwerker z. B. hat in der Regel auch kein Problem mit der Anerkennung seines Abschlusses.

    Keineswegs. Die meisten Gewerke haben irrsinnig viele nationale Vorschriften, in die man sich als Handwerker gründlichst einarbeiten sollte (Beispiel Elektriker: TN-C-Netze vs. TN-S-Netze, Nullung etc... ok, wenn man in die USA geht, kann man das alles vergessen, die sind E-Netz-mäßig auf dem Stand von 1950). Also einfach Facharbeiterbrief vorzeigen und loslegen ist nicht.

    OnT: Ich würde das Referendariat auf jeden Fall machen. Spanien ist vielleicht in ein paar Jahren gar nicht mehr so attraktiv, und dann wird es viel wert sein, in D einfach als Lehrer anfangen zu können. Nein, ich habe das Ref nicht als "wertvolle didaktisch-pädagogische Ausbildung" erfahren. In der Hinsicht war es verschwendete Lebenszeit. Aber es ist nunmal eine formale Voraussetzung - nicht mal nur für die Verbeamtung, sondern dafür, in D als vollwertiger und vollwertig bezahlter Lehrer arbeiten zu können.

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