Beiträge von magister999

    Hallo Kapri84,

    mit niedersächsischen Regelungen kenne ich mich nicht aus, aber ich kann Dir einiges aus meiner baden-württembergischen Erfahrung sagen.

    Du bist seit einem halben Jahr an Deiner Schule. Als Berufsanfängerin hast Du naturgemäß viele Unsicherheiten und dadurch bedingte unnötige Ängste. Bevor Du jetzt existentielle Ängste wegen der Lebenszeitverbeamtung entwickelst, solltest Du (Verzeih mir bitte den belehrenden Tonfall eines alten Schulleiters, den weniger als 90 Unterrichtstage von seinem gesetzlichen Ruhestand trennen) die Fragen rational angehen:

    - Sprich mit dem örtlichen Personalrat. Frag ihn, ob der Schulleiter mit dem ÖPR eine Vereinbarung getroffen hat, wie er bei Probezeitbeurteilungen verfährt. - In meinem Bundesland steht es dem Schulleiter frei, ob er angekündigte oder unangekündigte Unterrichtsbesuche macht.

    - Frage andere junge Kolleginnen und Kollegen, die ebenfalls noch in der Probezeit sind oder die sie vor nicht allzu langer Zeit beendet haben, nach ihren Erfahrungen.

    - Frage den Schulleiter direkt nach den Dingen, auf die es ihm ankommt.

    - Lass Dir das amtliche Formular für die dienstliche Beurteilung geben, damit Du Dich mit den dort angegebenen Beurteilungsmerkmalen vertraut machen kannst.

    Aus meiner eigenen Praxis: Ich habe mit meinem Personalrat vereinbart, dass ich bei dienstlichen Beurteilungen bei allen Kolleginnen und Kollegen in gleicher Weise verfahre (nichts ist nämlich schlimmer als ungleiche Behandlung):

    Die Besuchstermine vereinbare ich mit den Kollegen. Wünsche des Lehrers werden wenn möglich berücksichtigt. In den Wochen vor dem Unterrichtsbesuch führe ich ein ausführliches Mitarbeitergespräch - ohne Protokoll oder Zielvereinbarung - mit dem Kollegen. Erstens erfahre ich von dem Lehrer, wie er seine Arbeit selbst sieht, und zweitens schafft ein derartiges Gespräch Vertrauen. Außerdem erläutere ich dabei, worauf es mir beim Unterrichtsbesuch ankommt. Ich weiß schließlich, dass der normale Lehrer mit 25-Stunden-Deputat nicht jede Stunde so vorbereiten kann, wie er dies bei seinen Prüfungslehrproben gemacht hat. Und der Lehrer erfährt von mir, dass ich nicht zu denen gehöre, die die gerade vom Zeitgeist angesagte Unterrichtsmethode absolut setzen. - Nach dem Besuch wird ein ausführliches Beratungs- und Beurteilungsgespräch angesetzt.

    Anders ist es bei Beschwerdefällen. Da kommt es durchaus auch vor, dass ich unangemeldete Besuche mache. Hier steht aber zunächst der Beratungsaspekt im Vordergrund.

    Noch ein Wort zu Deinen Ängsten: Warum meinst Du, Dein Schulleiter könnte voreingenommen sein gegen Dich? Der erste Unterrichtsbesuch entscheidet noch nichts; weitere Besuche werden folgen (bei uns in B-W spätestens drei Monate vor Ende der Probezeit).

    Die Sache mit dem "Tafelsilber stehlen" kann ich so allerdings nicht bestätigen. Es kam auch bei mir schon vor, dass sich jemand auch bei verlängerter Probezeit nicht bewährt hat und den Dienst quittieren musste. In einem solchen Fall muss aber wirklich viel zusammenkommen. Aber kein Schulleiter macht sich eine solche Entscheidung einfach: Auf der einen Seite steht ein Mensch mit zerstörten Hoffnungen, auf der anderen Seite die Verantwortung für die Unterrichtsqualität für die nächsten 30 Schülerjahrgänge.

    Zu Teslas Mangelfach-Statement: Das Kriterium "Mangelfach" spielte bei der Einstellung eine Rolle, bei der Anstellung auf Lebenszeit ist dies völlig irrelevant.

    Zitat

    Original von Angestellte

    ....

    Es würde mich nur noch interessieren, wie der Streik bei euch in BW so gelaufen ist. Bei uns in S-H war die Beteiligung ziemlich mau.
    ...

    Nach Angaben der GEW haben sich heute etwa 500 Beschäftigte an den Streikmaßnahmen beteiligt.

    In Baden-Württemberg gibt es circa 10000 Lehrerinnen und Lehrer im Arbeitnehmerverhältnis.

    Es gibt in Besoldungsdingen keinen Grund, verzweifelt zu sein. Wenn man gar nicht mehr weiterweiß, kann man schließlich die jeweils gültige Fassung des Besoldungsgesetzes nachlesen. Wir sind ja keine Bananenrepublik.

    Oder einfacher, man fragt im Forum.

    In Deinem Fall heißt dies: Dein Besoldungsdienstalter 01.06.2000 ist der frühestmögliche Termin, nämlich der Erste des Monats, in dem Du 21 Jahre alt wurdest.

    Was bei dieser Festsetzung alles angerechnet wurde, liest Du in dem Dir zugegangenen Festsetzungsbescheid. Jede anrechenbare Zeit ist dort exakt nach der Zahl von Tagen, Monaten und Jahren aufgelistet.

    Da für Dich aber das frühestmögliche Datum festgesetzt wurde, ist die Frage, was alles angerechnet wurde, absolut uninteressant: NOCH FRÜHER GEHT ES NICHT.

    Du bekommst jetzt Gehalt nach A 13, Stufe 5.

    Wie es weitergeht?
    Alles folgt ganz einfach aus der BDA-Festsetzung. Stufe 1-5 heißt Zweijahresrhythmus, Stufe 5-9 heißt Dreijahresrhythmus, danach Vierjahresrhythmus. Konkret:

    Juni 2011 Stufe 6
    Juni 2014 Stufe 7
    Juni 2017 Stufe 8
    Juni 2020 Stufe 9
    Juni 2024 Stufe 10, usw.

    Alles klar?

    Zum bisher vorgebrachten Hick-Hack noch meine unmaßgebliche Meinung:

    Dass die Tarifparteien vor einigen Jahren ihre Zustimmung zur Abschaffung des guten alten BAT und zur Einführung des TV-L gegeben haben, finde ich immer noch absolut unverständlich (diplomatisch ausgedrückt). Der TV-L ist nichts anderes als die Einführung des Billiglohnsektors in den öffentlichen Dienst. Diese Behauptung lässt sich an allen Einzelheiten des Tarifwerks belegen.

    Zurück zu mikaels Ausgangsfragen; eventuell durchschimmernde Ironie ist zwangsläufig unvermeidbar:

    Wie läuft es in Baden-Württemberg? - An meiner Schule kam heute Morgen auf dem Verwaltungsrechner des Schulleiters eine Rundmail - an alle Schulleitungen - des Bezirksgeschäftsführers derjenigen Lehrergewerkschaft an, die die Tarifbeschäftigten zum Streik für morgen aufrufen will. Dieser Funktionär stellt den Schulleitern tatsächlich anheim, den Streikaufruf von der Homepage der Gewerkschaft herunterzuladen und im Kollegium bekanntzugeben. - Das ist die perfekte Strategie für einen erfolgreichen Massenstreik! Unabhängig davon schenke ich Mails, die mit derart vielen sprachlichen Fehlern gespickt sind, wie diese es war, nur ein recht geringes Maß an Beachtung.

    Beamte als Steikbrecher? Igitt, igitt, das ist doch nur eine Frage der Sprachregelung. Den Spagat zwischen Streikrecht der Tarifbeschäftigten und dem staatlichen Bildungs- (und Betreuungs)auftrag zu lösen, gehört für die Schulleitungen zu den kleineren Aufgaben.

    Wissen die Schulleitungen von dem einschlägigen Gerichtsurteil? - Die Musterländle-Eigenwerbung spricht es klar aus: Wir können alles - außer Hochdeutsch. Und die Schulleiter wissen alles - und im Zweifelsfall alles besser. Dafür bekommen sie schließlich ihre gigantischen Gehälter.

    Ehrlich: eine Dienstanweisung an Schulleiter ist heute nicht ergangen, obwohl der leitende Jurist meines RPs die Rundmail auch erhalten hat.

    Die Tarifbeschäftigten an meiner Schule beteiligen sich nicht am Streik; sie sind als Gymnasiallehrer auch keine Mitglieder bzw. Sympathisanten dieser Gewerkschaft, die mit der permanenten Propagierung der Gemeinschaftsschulidee letztlich auf die Abschaffung des Gymnasiums zielt.

    Wer sägt sich schon freiwillig den Ast ab, auf dem er sich mit Überzeugung niedergelassen hat?

    Für Baden-Württemberg:

    Ein Zeugnis ist ein Verwaltungsakt. (Deshalb ist es mit Dienstsiegel und der Schulleiterunterschrift versehen.) Bei allen Verwaltungsakten beträgt die gesetzliche Widerspruchsfrist ein Jahr, wenn sie nicht durch eine Rechtsbehelfsbelehrung verkürzt wird - wie z. B. Bei Bußgeld- oder Steuerbescheiden.

    Da man die Zeugnisse (wohl aus pädagogischen Gründen) eben nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung ausstatten will, haben Erziehungsberechtigte bzw. volljährige Schüler eine einjährige Einspruchsfrist. Sollte es zum Streit vor dem Verwaltungsgericht kommen, ist die Schule gut beraten, wenn sie sich auf entsprechende Unterlagen stützen kann. Dabei gilt: Das Gericht prüft lediglich, ob die Notengebung rechtsfehlerhaft ist oder nicht. Der pädagogische Ermessensspielraum des Lehrers wird nicht infrage gestellt.

    Da Notenlisten die Grundlage für Zeugnisnoten sind, empfiehlt es sich, diese genau 12 Monate aufzuheben.

    Kein Problem; ich hoffe, ich kann Dir die Fragen beantworten.

    Nach meinem Verständnis brauchst Du die Freigabeerklärung. Du stehst ja in einem Dienstverhältnis als Beamter und kannst deshalb nicht ohne Zustimmung des Dienstherrn in ein anderes Land gehen. Ob darauf verzichtet werden kann, wenn eine Schule in Baden-Württemberg Dich anfordert, weiß ich nicht. Dies kann Dir der Personalreferent in Karlsruhe sicherlich beantworten.

    Dienstherr ist die personalverwaltende Dienststelle. Bei uns im Land sind dies die vier Regierungspräsidien, in Südhessen ist meines Wissens Darmstadt zuständig. Das Schulamt spielt für Gymnasien keine Rolle; der Schulleiter muss zu Versetzungsanträgen zwar Stellung nehmen, aber er trifft nicht die letzte Entscheidung.

    Bei speziellen Fragen können wir gerne auch per PN kommunizieren.

    Verlässliche Auskünfte bekommst Du am ehesten bei einem persönlichen Gespräch mit dem Personalreferenten im RP Karlsruhe. Erfahrungen aus der Vergangenheit sind wenig hilfreich, weil man im KM die Bedingungen jeweils nach Marktlage ändert. Einmal heißt es: Versetzungen haben Vorrang vor Neueinstellungen. Und beim nächsten Mal ist es wieder genau umgekehrt.

    Was aber immer wieder im Leitfaden steht, den die Schulleitungen zu jedem Online-Verfahren erhalten: Bewerber aus anderen Bundesländern benötigen zwingend die Freistellungserklärung ihres bisherigen Dienstherrn.

    Zu dem, was Deine Kollegin meinte, kann ich auch etwas beisteuern. Eine Lehrerin meiner Schule wollte aus persönlichen Gründen in die Nähe ihres Partners versetzt werden. Sie bewarb sich auf eine schulscharfe Ausschreibungsstelle (in einem anderen Regierungsbezirk unseres Landes). Sie bekam nicht nur die Stelle, sondern erhielt auch noch volle Umzugskostenvergütung - weil, nachdem sie von der Schule angefordert wurde, der Umzug plötzlich keine privaten, sondern dienstliche Gründe hatte!

    Zu Deiner Frage wegen Privatschulen kann ich nichts Konkretes sagen.

    Antworten auf Deine Fragen findest Du hier:

    http://www.lehrer-online-bw.de

    Hat das Ganze nicht Zeit bis nach der Probezeit? Die Regierungspräsidien sind sehr zurückhaltend, wenn man in der Probezeit versetzt werden möchte. Bis Deine künftigen Kinder in die Schule kommen, vergehen wohl noch ein paar Jahre.

    Einen Lehrauftrag am Studienseminar Heidelberg wirst Du meines Erachtens erst bekommen können, wenn Du Beamter in Baden-Württemberg bist.

    Zitat

    Original von dacla

    ... Also ich finde das englische Schulsystem grottenschlecht... Ich denke jeder Fremdsprachenlehrer der mal in England MFL(modern foreign languages) Unterricht gesehen hat kann mir nur zustimmen. Man ist geschockt über das Niveau der dortigen Schüler. Oder wenn man auch vergleicht wie gut unsere deutschen Schüler Franz sprechen verglichen mit den Franzosen die Deutsch sprechen sieht man auch, dass deutsche Gymnasiasten einfach besser sind.

    100% Zustimmung; entspricht voll meiner eigenen Erfahrung.

    Nebenbei bemerkt: Wenn PISA auch Fremdsprachenkenntnisse untersuchen würde, wären wir im Ranking ganz weit oben dabei.

    Zitat

    Original von Yarra

    ..., dass einem Klassenwechsel nicht statt gegeben wird. ...

    Ich weiß, dass es oberlehrerhaft wirkt, wenn man Kollegen auf Fehler hinweist. Dennoch: Wenn Du "stattgeben" getrennt schreibst, weist Dir der Briefempfänger eventuell eine Wissenslücke nach. Das wäre doch ziemlich peinlich.

    Für Beamte und Arbeitnehmer (neuer Begriff, nachdem die Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern aufgehoben wurde) gelten völlig unterschiedliche (gesetzlich geregelte) Systeme.

    Als Arbeitnehmer bekommt man im Krankheitsfall 6 Wochen lang sein normales Gehalt vom Arbeitgeber weiterbezahlt, wie es im "Entgeltfortzahlungsgesetz" geregelt ist. Danach gibt es das (niedrigere) Krankengeld von der Krankenkasse. Details kann man im Gesetz nachlesen bzw. bei der jeweiligen Krankenkasse erfragen.

    Beamte sind aufgrund der "hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" * - diese Formel wird immer dann bemüht, wenn es darum geht, vermeintliche oder tatsächliche Privilegien zu verteidigen - in einer deutlich besseren Lage.

    Wenn ein Beamter arbeitsunfähig wegen Krankheit ist, bekommt er sein normales Gehalt weiterbezahlt, zunächst ohne Rücksicht auf die Dauer der Erkrankung. Wenn der behandelnde Arzt attestiert, dass zur Wiedereingliederung in der Rekonvaleszenzphase eine Minderung der Arbeitszeit notwendig ist, wird dies von der personalverwaltenden Dienststelle (das ist nicht die Schulleitung, sondern das Regierungspräsidium oder die jeweilige Bezirksregierung) problemlos genehmigt. Diese Personalstelle hat aber das Recht, langfristig erkrankte Beamte vom Amtsarzt begutachten zu lassen. Wenn dieser eine dauerhafte Dienstunfähigkeit feststellt, dann muss der Beamte in den Ruhestand versetzt werden.

    Um ein Beispiel zu geben: Ein an Krebs erkrankter Kollege fällt 6 bis 8 Monate an der Schule aus, danach kommt er mit einem Attest wieder, das für die folgenden 6 Monate eine halbierte Arbeitszeit beantragt, und weil die Genesesung keine schnellen Fortschritte macht, wird das Attest um weitere 6 Monate verlängert: Dies alles bringt den Kollegen nicht in finanzielle Schwierigkeiten, weil sein Gehalt die ganze Zeit über ungekürzt weiterläuft.

    * Erläuterung zu den "hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums": Der Beamte ist durch den Amtseid (Treue, Hingabe, Streikverbot , usw.) an seinen Arbeitgeber gebunden; dieser übernimmt im Gegenzug eine lebenslange Fürsorgepflicht, zu der auch die "amtsangemessene Alimentation" (vulgo: Gehalt) gehört, unabhängig davon, ob der Beamte jetzt gesund oder krank ist.

    edit: Tippfehler

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