Frage an die Grundschullehrer: Wie bereitet ihr auf Klassenarbeiten vor?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo liebe Grundschullehrer,


    da ich dieses Jahr inwischen schon zum zweiten Mal eine 5 in Englisch habe und zum zweiten Mal bei den Schülern die gleichen Schwierigkeiten sehe, sich zu Hause selbständig auf Klassenarbeiten vorzubereiten, interessiert mich mal, wie das eigentlich an der Grundschule gemacht wird bzw. was die Schüler an Lernstrategien an die weiterführenden Schulen mitbringen.


    Ich beobachte schon zum zweiten Mal, dass die Schüler in Arbeiten nur das wiedergeben können, was in der Schule wirklich extremst und am besten noch in der genau gleichen Form wie in der Arbeit geübt wurde. Am besten würde ich jede Vokabel mit den Schülern 150 mal wiederholen, aber dazu ist ja leider nicht genug Zeit und die Schüler müssen eben auch zuhause selbständig Vokabeln und Grammatik wiederholen. Wir üben bei uns wahnsinnig viel mit den Schülern, trotzdem müssen sich die Schüler zuhause selbständig zum Beispiele die Formen von "to be" oder die Possessivpronomen "my", "his" usw. lernen.


    Wir haben das alles ausführlich auf vielfältige Weise geübt, ins Regelheft geschrieben, sind die Grammatik im Buch durchgegangen, aber die Schüler müssen die Formen zuhause vor der Arbeit natürlich noch einmal lernen und daran scheitert es oft. Wie wird denn sowas an den Grundschulen gemacht? Haben die Schüler vielleicht andere Strategien, an die ich anknüpfen kann? Ich weiß ja, dass ihr in Englisch ganz anders vorgeht, aber wie ist es denn in anderen Fächern, in denen Dinge einfach zuhause gelernt und geübt werden müssen?


    Wie werden denn bei euch Arbeiten vorbereitet (zum Beispiel Arbeiten mit viel Lernstoff in deutscher Grammatik)? Wird bei euch vielleicht nur ein Grammatikthema abgefragt? Übt ihr es mit jedem einzelnen Schüler? Wieviel müssen die Schüler denn zuhause wiederholen?


    Ich weiß ja, dass all dies von Lehrer zu Lehrer und von Schule zu Schule verschieden ist, aber vielleicht habt ihr ja einen Anhaltspunkt, woher die Probleme beim Übergang an die weiterführende Schule kommen. Irgendwie scheinen unsere Schüler Probleme zu haben, zu Hause selbständig noch einmal die - in der Schule ausführlichst besprochene und geübte - Grammatik zu wiederholen.


    ?(


    Für Tipps und Ideen von euch Grundschullehrern wäre ich sehr dankbar. :)

  • Hallöchen,


    ich "verarbeite" gerade mein letztes Schulpraktikum und beschäftige mich daher mit dem Übergang von der GS zur weiterführenden Schule.


    Ich hab die weiterführenden Lehrer gefragt, was sie am meisten an den Kindern vermissen.
    1) Selbstständigkeit beim Lösen von Aufgaben
    2) Selbstständigkeit bei Hausaufgaben und Lernaufgaben für zu Hause
    3) Selbstständigkeit beim Erkennen, wo noch Lernbedarf besteht


    In meinem Studium heißt es für die Grundschule immer, dass Lernzeit nur im Notfall nach Hause verlagert werden soll. Ich habs auch nur selten erlebt, dass etwas konkret zum Lernen mit nach Hause gegeben wurde, mit Ausnahme von Gedichten lernen oder eben kleine Übungen zum Lesen, Schreiben und Rechnen.


    Ich glaube ja, dass die Kinder extreme Schwierigkeiten haben von eher spielerischen Englisch der Grundschule zum straffen Fachunterricht der weiterführenden Schule überzugehen. Beim Unterrichtsbesuch fand ich den Englischunterricht an der weiterführenden Schule auch extrem langweilig und nicht sehr kind- bzw. lebensnah.


    In der Grundschule soll ja in Englisch laut Lehrplan sogar ausdrücklich nicht geschrieben oder Grammatik vermittelt werden. Die weiterführende Schule setzt solche Dinge aber leider oft voraus. Wenn man nichts schreibt, führt man auch kein Vokabelheft und "paukt" demnach auch keine Vokabeln. Also kann man im Fremdsprachenunterricht eher keine Lernstrategien erwarten, weil das Unterrichtskonzept ein ganz anderes ist. Die Schuld wird wieder auf die GS Lehrer abgewälzt!


    Die weiterführenden Lehrkräfte schimpfen also Tag für Tag, anstatt mal in Lehrplan die Lernvoraussetzungen für ihre Arbeit zu begutachten oder einfach eine Kooperation mit der Grundschule anzustreben. Für Grundschulen sind Kooperationen mit Kindergärten ja schließlich auch Alltag, warum soll dann nicht auch mit den weiterführenden Einrichtungen kooperiert werden? Dann könnten Probleme viel leichter geklärt werden und wir GS Lehrer hätten auch mal ein Feedback für unsere Arbeit.


    Elli

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ellipirelli,


    erst mal vielen Dank für deine Antwort. Mit meiner Antwort hat es ein bisschen gedauert, da hier stapelweise Klassenarbeiten lagen/liegen.


    Ich finde deine Antwort sehr interessant, vor allem die Ergebnisse deiner Umfrage. Ich hätte nämlich spontan darauf getippt, dass uns SekI-Lehrer vor allem das Arbeitstempo der Fünftklässler stört. Aber letztendlich treffen genau die von dir genannten Punkte auch bei meinen Schülern zu. Als wir im letzten Jahr unsere Fünf bekamen, hatten wir extrem mit diesen Problemen zu kämpfen und dachten tatsächlich, dass dies ein spezielles Problem unserer Klasse wäre. Ich hatte vorher noch nie eine 5 und meine Kollegin hatte schon länger keine 5 mehr - vor einigen Jahren hatte sie diese Probleme in der damaligen 5 allerdings nicht so stark. Da würde mich wirklich mal interessieren, ob und inwiefern sich die Grundschule in den letzten Jahren in diese Richtung verändert hat oder ob ihre damaligen Klassen Ausnahmen waren.


    Zitat


    In meinem Studium heißt es für die Grundschule immer, dass Lernzeit nur im Notfall nach Hause verlagert werden soll. Ich habs auch nur selten erlebt, dass etwas konkret zum Lernen mit nach Hause gegeben wurde, mit Ausnahme von Gedichten lernen oder eben kleine Übungen zum Lesen, Schreiben und Rechnen.


    Auch das finde ich äußerst interessant - das war mir absolut nicht bewusst. Weiß jemand der anderen Grundschullehrer, ob das auch in anderen Bundesländern so ist.
    Interessant deshalb, weil es zumindest auf eine Grundschulklasse, von der wir viele Schüler übernommen haben, absolut zutrifft. Das deckt sich mit dem, was Eltern und Schüler erzählen. Ich finde es aber äußerst problematisch, da in der SekI Hausaufgaben aufgegeben werden MÜSSEN (in Englisch käme ich sonst nie und nimmer mit dem Lernstoff hin, was schon mit Hausaufgaben fast der Quadratur des Kreises gleicht). Bei uns werden in der Regel ca. 1-1,5 Stunden Hausaufgaben pro Tag aufgegeben und die Kinder, die diese oft nicht machen, haben erhebliche Probleme, mitzukommen. Wir haben - insbesondere aus dieser einen Klasse - sehr viele Schüler, die es lange nicht hinbekommen haben und teilweise immer noch nicht schaffen, alle Hausaufgaben aufzuschreiben und zu machen (und wir haben uns schon sehr viel einfallen lassen: von der Hausaufgabentafeln, an der alle HA stehen bis zu Hausaufgabenheften, in denen jeder Lehrer unterschreibt und und und...). Es ist für uns wirklich ein extremer Aufwand gewesen.
    Diejenigen Kinder, die schon aus der Grundschule regelmäßige Hausaufgaben kannten, hatten bei uns viel weniger Probleme. Hm, wo kann also der Sinn hinter diesem Prinzip sein, dass in der Grundschule kaum was aufgegeben werden SOLL? Das ginge aber nur, wenn das an weiterführenden Schulen auch praktiziert werden könnte und dazu müsste - zumindeste in einigen Fächern wie Englisch - der Lernstoff erheblich gekürzt werden.
    ?(


    Zitat

    In der Grundschule soll ja in Englisch laut Lehrplan sogar ausdrücklich nicht geschrieben oder Grammatik vermittelt werden. Die weiterführende Schule setzt solche Dinge aber leider oft voraus.


    Da kann ich, von unserer Schule ausgehend, nicht zustimmen. Wir hatten eine Fortbildung, in der uns der Grundschulenglischunterricht nahegebracht wurde, außerdem habe ich im Ref im Seminar viel dazu gelernt, da damals der Grundschulenglischunterricht in NRW ganz neu und ein sehr aktuelles Thema war. Uns ist durchaus bewusst, dass der Englischunterricht in der Grundschule völlig anders verläuft als in der SekI. Bei uns wird weder vorausgesetzt, dass die Kinder Englisch schreiben können, noch dass sie Grammatik können. Es wird lediglich davon ausgegangen, dass die Schüler schon recht viele Wörter aus ihrem Umfeld (Schule, Familie usw.) können, schon einiges verstehen und auch schon ein bisschen sprechen können. Aber prinzipiell fangen wir fast bei null an, wie in den Vorjahren auch; nicht zuletzt deshalb, weil es noch keine neuen Lehrwerke gibt, die berücksichtigen, dass die Kinder schon Grundschulenglisch hatten. Es gibt von den Verlagen nur Hefte mit Arbeitsblätter und Hinweisen für den Übergang zur SekI. Neue Lehrwerke sind erst ab nächstem Jahr auf dem Markt.


    Zitat

    Wenn man nichts schreibt, führt man auch kein Vokabelheft und "paukt" demnach auch keine Vokabeln. Also kann man im Fremdsprachenunterricht eher keine Lernstrategien erwarten, weil das Unterrichtskonzept ein ganz anderes ist. Die Schuld wird wieder auf die GS Lehrer abgewälzt!


    Wer wälzt die Schuld auf die Grundschullehrer ab? Ich kenne keinen Lehrer, der das tut. Ich habe mit meinen Schülern ausführlich besprochen und geübt, wie man Vokabeln lernt. Das klappt inzwischen auch schon recht gut. Ich rede eher vom Grammatiklernen, also z.B. das Lernen der Formen von "to be". Ich dachte bisher allerdings, die Schüler hätten beispielsweise im Deutschunterricht an der Grundschule (ich habe ja explizit nicht vom Englischunterricht gesprochen, da ich ja weiß, dass Englisch an der Grundschule - mit gutem Recht - anders unterrichtet wird) oder im Sachunterricht gelernt, wie man solche Sachen lernt und sich auf Arbeiten vorbereitet, da ich dachte, dass dort auch Fakten gelernt werden müssten.


    Zitat

    Die weiterführenden Lehrkräfte schimpfen also Tag für Tag, anstatt mal in Lehrplan die Lernvoraussetzungen für ihre Arbeit zu begutachten oder einfach eine Kooperation mit der Grundschule anzustreben. Für Grundschulen sind Kooperationen mit Kindergärten ja schließlich auch Alltag, warum soll dann nicht auch mit den weiterführenden Einrichtungen kooperiert werden? Dann könnten Probleme viel leichter geklärt werden und wir GS Lehrer hätten auch mal ein Feedback für unsere Arbeit.


    Ist das so? Wo schimpfen die weiterführenden Lehrkräfte ständig, statt Kooperationen anzustreben? Das klingt für mich sehr stark nach der Vorurteilskiste. Ich habe bisher zwar sehr viele Eltern erlebt, die sich bei uns über den Englischunterricht an der Grundschule beschwert haben, aber noch keine SekI-Lehrer. Woher die Unterstellung, hier würde nicht zusammen gearbeitet werden? 8o Wir arbeiten sehr wohl mit den Grundschulen zusammen - vor wenigen Tagen noch waren die ehemaligen Grundschullehrer unserer Schüler bei uns und haben sich Unterricht angeguckt und wir hatten lange Gespräche mit allen Fachlehrern.


    Und gerade hier im Forum tummeln sich doch Lehrer unterschiedlichster Schulformen, gerade um ZUSAMMENzuarbeiten und nicht GEGENEINANDER.

  • Nur ganz kurz als Antwort (grad gar keine Zeit eigentlich)


    Also an den Grundschulen in meinem Umfeld ist es schon so, dass die Kinder ab der 3. Klasse ans selbstständige Lernen und Üben herangeführt werden.


    Beispiele:
    Wir arbeiten mit einer Wörterkartei, in der die Lernwörter stehen, und die Kinder kennen verschiedene Übungsmöglichkeiten, damit zuhause zu üben (es wird mit der Wörterkartei fast ausschliesslich zuhause geübt)


    Die SS bekommen vor Heimat-und-Sachunterrichts-Proben schon gesagt, was sie lernen müssen und lernen es dann zuhause. (Z.B. vorbereitet in der Schule durch "erstelle ein hsu-quiz" oder "denke dir selbst eine hsu-probe aus".


    auch in englisch müssen die schüler zuhause vokabeln lernen.


    das mathe- und das deutschregelheft ist generell zum lernen in der büchertasche, nicht in der Schule.


    die schüler haben einen lesepass, in dem sie von erwachsenen unterschreiben lassen, wenn sie 10 minuten zuhause gelesen haben.


    etc.
    gruss, nicole

Werbung