Ausländerfeindlichkeit und Agressivität bei Schulkindern

  • Hallo ihr,


    muss euch jetzt einmal um Rat fragen.
    Neulich, als ich unterwegs war, lief hinter mir ein Vater mit seinen zwei Kindern (ungefähr dritte Klasse). Da er sehr laut redete, konnte ich einiges von dem Gespräch mitbekommen und war wirklich schockiert: Er meinte zu seinen Kindern :" Wenn du nach Amerika willst, da kriegst du nix, keine Unterstützung oder Arbeit. Aber in diesem Land hier laufen ein Haufen Juden und Niggers herum. Das kann doch nicht sein! Wir haben doch selbst nicht genug zu fressen in diesem Land." Das sagte er wirklich so knall hart. Und die Kinder meinten nur: "Hm."
    Ich frage mich wie kann man Kindern nur eine so menschenverachtende Hasshaltung übermitteln? Ich mache bald mein 1. Examen im Lehramt für Grundschulen und war wirklich geschockt. Was macht man, wenn man später einmal mit solchen Eltern von Schülern zu tun hat? Ich meine das A und O in der Wertevermittlung sind doch Toleranz und interkulturelles Lernen in der Schule oder nicht? Was aber, wenn Kinder zu Hause ganz anders erzogen werden? Wenn die Eltern sich dann aufregen, agressiv werden..etc.?


    Habt ihr ähnliches schon einmal erlebt? Und wie geht ihr mit Kindern oder Jugendlichen in eurer Klasse um, wenn sie respektlos und agressiv erscheinen, weil sie es vielleicht gar nicht anders kennen und so erzogen werden? Das fällt mir immer häufiger auf..was sich heutzutage auch kleinere Kinder bei Erwachsenen schon erlauben..ist ja manchmal richtig schlimm(obwohl das schon wieder ein neues Thema für sich ist)


    Dagegen waren wir ja früher alle richtig brav und lieb! :rolleyes:


    Bin gespannt auf eure Antworten und danke schon mal,


    Lilly

  • Hallo Lilly,


    nehmse die Menschen wiese sind, wir ham keine anderen... das ist genau das, was das Lehrerleben so schön bunt hält. Du hast ständig mit Schülern, Eltern (und Kollegen) zu tun, die völlig andere Wertesysteme haben, scheinbar in einer anderen Welt leben und auf Dinge kommen, die dir im Traum nicht einfallen würden. Das hat ganz unterschiedliche Auswirkungen - ich warte immer noch auf den Tag, an dem sich jemand über meinen lockeren Unterrichtsstil und die ganzen Ferkeleien, mit denen ich die Schüler plage (aber was soll ich denn bei Liebeslyrik sonst machen?), beschwert. Ich habe mich schon mit einem Vater angebrüllt, der m. E. seine Tochter viel zu patriarchalisch erzog, mit Kollegen, die Schüler vor versammelter Mannschaft herunterputzten, gestritten, mit Schülern mit ultrarechten oder -linken Ansichten gezankt und und und. Gehört zum Job. Wenn man vorsichtig damit umgeht, hat man das unglaubliche Privileg, eine Gegenwelt zu festgefahrenen Ansichten aufzubauen und vielleicht - vielleicht! - ein paar Schüler davon zu überzeugen. Was man (galub ich) dabei beachten sollte:


    - Wir betreiben Aufklärung, keine Gehirnwäsche. Ein moralinsaurer Unterricht, egal welcher politischen Couleur, kann bei den meisten Schülern nur das Gegenteil erreichen.


    - Meinung und Bewertung haben nichts miteinander zu tun. Anders herum: Meinungsbildung im guten Sinne kann nur funktionieren, wenn man seine Meinung erst mal äußern darf und für eine "falsche" Meinung nicht mit Noten abgestraft wird. Ich krieg immer's Kotzen, wenn ich mitkriege, wie Schüler sich drüber unterhalten, welchem Lehrer man was für eine gute Note erzählen muss... so sollte es nicht sein.


    - Zu deiner Frage konkret: Das Gegenteil demonstrieren, immer wieder Vernunftargumente und andere Aspekte einbringen und hoffen, dass sich das auf Dauer durchsetzt. Kinder ahmen zwar die Eltern nach, können aber auch reagieren, wenn sie etwas anderes als besser erkennen.


    Was deine Schockiertheit über "manche Eltern" angeht... die meisten Lehrer sind in "bildungsnahen" Haushalten aufgewachsen, da kamen "solche Dinge" eher selten vor. Was nicht heißt, dass es sie nicht schon immer gegeben hat, wir haben sie nur nicht mitgekriegt. Ob das alles wirklich schlimmer geworden ist, kann ich beim besten Willen nicht beurteilen. Aber mit eiserner Freundlichkeit und Professionalität kommt man ziemlich weit.


    Nur den Mut nicht verlieren
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Was soll ich da noch groß zu sagen. Es ist ein schwieriges Thema und ich bin eh nicht der Mensch der vielen Worte. Jedenfalls bin ich deiner Meinung Wolkenstein! Ich unterstütze besonders das die Schüler nicht nach ihrer Meinung beurteilt werden. Ich finde ein richtig guter Lehrer kann Meinungsverschiedenheiten in verschiedenen Punkten bei der Notengebung unberücksichtigt lassen. Hauptsache ist doch das der Schüler sich engagiert beteiligt! Wenn es allerdings zu schlimm wird muss man schon eingreifen. Da wärn wir schon wieder beim nächsten Thema: Wann muss man auf jedenfall eingreifen und wann fällt die Äußerung noch unter "Meinungsfreiheit"?

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