Was tun nach abgeschlossenem Germanistikstudium?

  • Zitat

    unter uns schrieb am 10.02.2006 16:00:
    Der Vorwurf, dass das Studium "nicht besonders anspruchsvoll" sei etc. ist übrigens der klassische Anti-Lehrer-Vorwurf: Was Lehrer können müssen, kann jeder, zumindest jeder Akademiker. Klar kann man hier im Forum dann 30 toll klingende Sachen aufzählen, die man DOCH können muss - aber glauben wird es außerhalb der Schule niemand ;) .


    Naja, was soll ich sagen? Ich bin ja selber durch die Sache durch (Einfach mal nach "Abels Ökonomie Shakespeare" googeln, es ist der erste Link.) und habe dabei fleißig Theorie- und Ideologiekritik getrieben, die historisch motivierte Shakespeare-Theorie seit Schlegel rezipiert, sie mit geschichtstheoretischen Überlegungen korreliert etc. pp. bis zum Umfallen. Mit zwei Freundinnen zusammen habe wir es mit einem "Zizekian reading" 2001 ins Shakespeare-Jahrbuch geschafft. Ich kann, glaube ich, also beurteilen wovon ich rede: In der Rückschau muss ich leider dabei bleiben - Literaturwissenschaft ist intellektuell nur mäßig anspruchsvoll und spannend. Die Herausforderungen des Lehrerberufs sind deutlich größer und vielseitiger!


    Nele

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • Zitat

    Jenny Green schrieb am 10.02.2006 15:43:


    Ich hoffe, das "Viel Glück" ist nicht ironisch gemeint! :D


    Nein, bestimmt nicht. Ich weiß, wie weh Arbeitslosigkeit tut...


    Nele

  • Zitat

    Jenny Green schrieb am 10.02.2006 16:16:
    Das klingt ja fast nach 1-Euro-Jobs Meiner Meinung nach Ausbeuterei!


    Hehe :) Meine Diss habe ich mit einem Stipendium der hessischen Graduiertenförderung bestritten. Das waren 700 Euronen netto, verbunden mit dem Verbot, etwas hinzuzuverdienen - schade eigentlich, ich hätte gerne weiter Möbel getragen. Als ich ins Referendariat gekommen bin, habe ich mich gefreut, dass ich soviel Geld verdiene...


    Nele

  • Hi Nele/Rolf,


    Zitat

    Ich kann, glaube ich, also beurteilen wovon ich rede


    ... ich wollte Dir Dein Urteilsvermögen nicht absprechen. Ich denke auch, dass das Litwiss-Studium viele Probleme hat - wäre fast einen eigenen Thread wert.


    Ich meine nur, dass man sich das Leben als Literaturwissenschaftler manchmal etwas zu schwer macht - obwohl es für Literaturwissenschaftler eh schon schwer ist ;) . Und das gilt m. E. gerade in Bezug zu anderen Studienfächern. Wenn man als "kritischer Geist" sein Litwiss-Studium hinter sich hat, tendiert man doch dazu, andere Fächer zu idealisieren - zumindest gings mir so (und wenn ICH nochmal studieren würde, würde ich auch NICHT noch mal Litwiss studieren...).


    Aber in anderen Fächer (Biologie, Psychologie) gibt es dieselbe Noteninflation wie in Litwiss, auch in anderen Fächern gibt es gute Noten v. a. fürs Auswendiglernen, und was das Reflexionsniveau angeht, ist es Geschmackssache, ob es etwa in Philosophie (als selbsternannter Königsdisziplin des Denkens) höher ist.


    Grüße
    Unter uns

  • Zitat

    unter uns schrieb am 11.02.2006 09:48:
    Ich denke auch, dass das Litwiss-Studium viele Probleme hat - wäre fast einen eigenen Thread wert.
    Ich meine nur, dass man sich das Leben als Literaturwissenschaftler manchmal etwas zu schwer macht - obwohl es für Literaturwissenschaftler eh schon schwer ist ;) . Und das gilt m. E. gerade in Bezug zu anderen Studienfächern. Wenn man als "kritischer Geist" sein Litwiss-Studium hinter sich hat, tendiert man doch dazu, andere Fächer zu idealisieren - zumindest gings mir so (und wenn ICH nochmal studieren würde, würde ich auch NICHT noch mal Litwiss studieren...).
    Unter uns


    Geht's dir auch so? Wie ich ja schon oben geschrieben habe, auch wenn es mir heute nichts nützt, verfluche ich manchmal fast, diese Fächer studiert zu haben. Viele meiner Freunde/innen sind Naturwisssenschaftler/innen und bewerben sich derzeit. Ich habe den Eindruck, deren Fähigkeiten sind auf dem Arbeitsmarkt viel gefragter. Ich bin nun durchs Ref durch, habe das Studium absolviert, aber hadere mit der Frage, welche Fähigkeiten ich den Arbeitgebern anbieten soll, warum sie mich einstellen sollen. (Lehramt hat aus anderen Gründen nicht geklappt) Deshalb bin ich gerade ratlos: was kann ich? Was habe ich gelernt? Und dies finde ich ein großes Problem der Literaturwissenschaften. man hat nur zu seiner persönlichen Erbauung studiert und hat jetzt nichts konkretes in der Hand, ja, muss sich fast dafür rechtfertigen, solche Fächer studiert zu haben. nichts destotrotz gebe ich die Hoffnung nicht auf.... aber es ist mühsam.


    LG Anna

  • Hi Anna Havanna,


    ja, mir gehts auch so - und ich kenne viele Leute, denen es auch so geht ;) . Ein Freund von mir meinte neulich, als Literaturwissenschaftler bräuchte man eben einen ordentlichen Schuss Idealismus. Er hat ein Jurastudium unmittelbar vor dem Examen abgebrochen, kennt beide Welten und ist mit seiner Germanistik happy.


    Mir persönlich fällt es aber inzwischen schwer, den Idealismus noch zu erhalten, den ich mal hatte ;) . Ich meine zwar, es gibt durchaus Aufgaben, für die man ähnlich gut qualifiziert ist wie die Vertreter anderer Fächer - aber das Problem ist eben, dass Personalchefs (vielleicht weil sies wirklich besser wissen) das wohl nicht glauben...


    Zitat

    Lehramt hat aus anderen Gründen nicht geklappt


    Heißt das, das ist keine Option mehr für Dich? Dann kann ich nur die Daumen drücken, dass sich anderweitig doch noch etwas findet. Wird es bestimmt - aber wahrscheinlich dauert es ein wenig. Halt durch!


    Erstmal ein schönes Wochenende
    Unter uns

  • Zitat

    unter uns schrieb am 11.02.2006 17:50:


    Heißt das, das ist keine Option mehr für Dich? Dann kann ich nur die Daumen drücken, dass sich anderweitig doch noch etwas findet. Wird es bestimmt - aber wahrscheinlich dauert es ein wenig.


    Ja, so ist es. Ich habe es erst im Referendariat gemerkt, dass das Lehramt nicht der Beruf ist, den ich auf Dauer ausüben kann, leider. Mir ging es ähnlich wie dem beschriebenen Germanisten oben im Thread - ein Horrorerlebnis jagte das andere. Nur, was mich von ihm unterscheidet, ich bin kein Idealist, d.h. kann mir verschiedene Jobrichtungen für mich vorstellen. Und hier liegt die Crux: Verschiedenheit bedeutet eben auch Unsicherheit, Unübersichtlichkeit. ich jobbe gerade und muss mich jetzt daran machen, mich für einen "richtigen" Job zu bewerben - so sehr mir gerade auch davor graut.
    Wenn ich was gefunden habe, werde ich es gerne hier berichten ..... :) und hier off-topic weiter mitschreiben.


    LG Anna

Werbung