Klasse gegen mich - Frontenbildung - Machtkampf

  • Hallo liebe erfahrene Lehrerkollegen,


    ich brauche mal Eure Erfahrung. Ich habe eine Abschlussklasse (auf einer weiterführenden Schule - es haben also alle schon einen Abschluss, "wollen" aber die mittlere Reife machen). In dieser Klasse hatte ich von Anfang an mit einigen Problemen zu kämpfen (1. Arbeitseinstellung - fast durchgängig und 2. Verhalten - vereinzelt) - alle haben ziemlich unter der Hauptschule gelitten. 3 besonders problematische Schüler sind zum Schuljahreswechsel gegangen.


    Irgendwie ist in letzter Zeit die Stimmung völlig gekippt. Die Themen werden schwieriger und die penetrant-konsequenten Nichtstuer haben inzwischen leider (trotz extrem vieler Hilfsangebote, die sie nicht annahmen) den Anschluss verloren. Leider übertönen sie jetzt die Guten und Fleissigen und sind (natürlich) auch völlig uneinsichtig und nicht sehr selbstkritisch, laut eigenen Aussagen kennen sie es eben so, dass der Stoff sehr oft wiederholt wird, so lange, bis auch diejenigen, die keine Aufgaben machen und nicht mitdenken es schaffen. Das geht natürlich auf einer weiterführenden Schule nicht, es funktioniert nicht, wenn sie nicht wollen und sich nicht anstrengen.


    Diese Leute machen jetzt aber total Stimmung gegen mich und übertönen die Guten. Es ist kaum möglich, guten Unterricht zu machen, weil so viele schlecht vorbereitet sind und dann aber auch keine Ruhe halten. Mir tun diejenigen leid, die sich in dieser Klasse wirklich anstrengen, aber es ist fast unmöglich, die gelangweilten Nichtstuer und Nichtsversteher zur Ruhe zu bringen. 2, 3 Leute haben nun zudem auch arge Respektprobleme. Mit 2 von ihnen bin ich nun sehr aneinandergeraten (bzw. eher sie mit mir), so dass es nun auch größere Ordnungsmaßnahmen als Konsequenzen geben wird. Das Problem ist, dass eben diese Leute zur Zeit in der Klasse den Ton angeben (die Guten bzw. Braven sind eher still) und Stimmung machen. Nun befürchte ich, dass es nach Ergreifen eben dieser Maßnahmen noch schlimmer wird, weil ich bei dieser Stimmung nun als die völlig gemeine Lehrerin dastehe, weil ich die "Armen" nur wegen ein paar "dummen Bemerkungen" bestrafe.


    Hat jemand so etwas schon erlebt (so eine schlechte Stimmung in der KLasse), hat jemand Tipps für mich, wie ich es schaffe, dass die Guten wieder mehr den Ton angeben, oder hat jemand einfach ein paar nette Worte? ;)


    Danke!

  • Also, ich komm zwar aus einem ganz anderen Bereich, aber ...


    ich kann mir vorstellen, dass das echt heftig ist und vor allem auch sehr trifft und verletzt. Also erstmal einfach viel Kraft von mir an dich!


    ich denke, die SL sollte informiert sein bzw. werden. Ich würde da wirklich hingehen und um einen Gesprächstermin bitten in dem du dann die ganze Situation schilderst und halt auch die Eskalation. Da sollte die SL hinter dir stehen. Dann solltest ihr wirklich einen gemeinsamen Plan entwerfen, der realistisch umzusetzen ist und dann auch konsequent durchgezogen wird. Du solltest mit der SL eine Art Vereinbarung treffen können, dass z.Zt. nur ernsthaft Willige deinen Unterricht besuchen dürfen. Der Rest wird anders beschäftigt - keine Ahnung - ich denke da gibts doch Ideen oder eben Aufgaben, die zu Hause erledigt werden müssen. Die wollen doch einen anderen Abschluss. Die Chance haben sie, aber zu euren Bedingungen, sonst hat sich der Fall. Leg es in ihre Hände ... Es ist ihr LEben und sie sind alt genug, um dafür Verantwortung zu übernehmen. Ich denke, ich würde da echt radikal sein, eben um die Willigen zu schützen.
    Aber da braucht man eine SL, die mitzieht. Hast du die?

  • Hallo cuitana,


    danke für die Stärke, die brauche ich wirklich. Die SL steht hinter mir und sieht das ähnlich wie du oder ich. Mal sehen, was da an Maßnahmen herauskommt. Die anderweitig zu beschäftigen ist schwierig, heimschicken vielleicht, aber es ist irgendwie auf einem Niveau angekommen, an dem ich mir so schwer tue, weil ich a) nicht mehr nachvollziehen kann, warum zB diese drei sich so verhalten b) der Respekt einfach sehr stark fehlt, aber die Stimmung so gekippt ist, dass ich es kaum schaffe, die Guten und ordentlichen auf meine Seite zu bekommen (Blut ist dicker als Wasser) und c)ich erkennen muss, dass manche einfach nicht wollen, nicht gewöhnt sind zu kämpfen usw., sich dies aber nicht eingestehen und in einer sehr egozentrischen und unverfrorenen Art andere dafür verantwortlich machen und nicht versuchen, sie gegen ihren Willen zu "retten" und ich d) mir eingestehen muss, dass ich viel früher viel härter hätte durchgreifen müssen (Anfängerfehler?).


    Ich wünschte ich könnte mich noch genauer an meine Schulzeit erinnern - war ich so?


    Selbstverständlich nicht, ich habe bestimmt nieeeeeeeeeeee die Hausaufgaben nicht gemacht oder gemeckert ;)


    Aber im Ernst, bei uns damals (die alte Leier) war es schon anders, ich habe mich vielleicht manchmal auch gefragt, ob der Lehrer das wirklich ernst meint, innerlich die Augen gerollt oder die als übertrieben / hysterisch usw. klassifiziert, aber nur innerlich und nur kurz, wenn ich mich geärgert habe. Gesagt oder offen gezeigt hätte ich so etwas nie :( Aber ich war auch sehr schüchtern.

  • Schwierig, so aus der Entfernung.


    Hast Du Dich schonmal mit der ganzen Klasse bzw. hauptsächlich den "Störern" zusammen gesetzt und über das Problem geredet - Deine Sicht so geschildert, wie jetzt hier im Forum?


    Hast Du die "Störer" schon gefragt, wie sie sich realistisch vorstellen, dass das weiter gehen soll? Sie wollen ja doch etwas, sonst wären sie nicht auf diese Schule gegangen?

  • Stimmt, nighthawk, davon war ich jetzt ausgegangen. Das eben die Gesprächsebene schon gelaufen ist. Unterricht Unterricht sein lassen und dann ihnen den Ball zuwerfen: Was wollt ihr - was ist dafür zu tun?


    Ja, mag Anfängerfehler sein, mag sein, dass du hättest oder könntest. Aber die Lage ist jetzt so, und da muss was passieren.
    Du musst außerdem auch nicht verstehen wollen, warum sich jemand so verhält. Man kann zwar Ursachenforschung betreiben und sicher findet man dann auch Fehler bei sich. Wenn du dich kaputt machen willst und dich von Selbstzweifeln zerfressen willst, dann wäre der Weg richtig. Aber das willst du nicht, sonst hättest du ja hier nicht geschrieben. Also kämpfe du, aber jetzt mal nicht für die "verlorenen Seelen" sondern für dich, dein Selbstvetrauen, deinen Beruf etc.
    Sag ihnen, was du ihnen bieten kannst, zu welchen Bedingungen und frag ab, was sie wollen, wo ihr Problem liegt. Dann findet ihr vielleicht einen gemeinsamen Weg und wer nicht will, der hat schon.


    Ich hab einige Zeit mit Lern- und Verhaltensproblematischen Schülern gearbeitet an einer Förderschule und die geht bis zur 10. Da hatten wir solchen Situationen auch, aber wenn alle FL mit der SL an einem Strang ziehen und kurzer Prozess gemacht, also ein Ultimatum gestellt wird, dann ging das plötzlich ziemlich schnell.

  • Cubanita1 schreibt: "Wenn alle FL mit der SL an einem Strang ziehen und kurzer Prozess gemacht, also ein Ultimatum gestellt wird, dann ging das plötzlich ziemlich schnell."


    Da könnte der Schlüssel liegen. Häufig ist es doch so, dass nicht nur ein einzelner Lehrer Probleme in einer Klasse hat, sondern die gleichen Schüler auch bei den anderen auffällig sind. Hier kann evtl. ein Gespräch unter Kollegen helfen. Man spricht eine Vorgehensweise ab, spricht dann nochmals mit den betreffenden Schülern und setzt sie davon in Kenntnis. Es geht hier auch um Fairness denen gegenüber, die hart für ihren Abschluss arbeiten und die durch ein derartiges Verhalten ins Hintertreffen geraten.


    Eine ähnliche Situation bei uns (Abendrealschule) wurde durch solch ein Vorgehen zwar nicht gelöst, aber doch so weit entschärft, dass ein angemessenes Arbeiten möglich war.

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