Migrantenförderung

  • Hi ihr!


    Ich wollte euch fragen wie ihr Kinder aus Familien mit Migrationsgeschichte fördert?
    Ich arbeite zur Zeit an einer Schule mit über 90% Migrantenanteil.


    Ich weiß
    -dass viele Kinder best. Wörter nicht kennen (fängt schon beim Lies mal Heft an z.b. Mops)
    -dass ich die Kinder zum Nachfragen anregen muss, wenn sie etwas nicht wissen (!)
    -dass ich die Kinder korrigieren sollte, indem ich den Satz richtig weiderhole (korrektives Lehrerecho)


    Im Daz Unterricht rege ich die Kinder zum Sprechen an, erarbeite Wortfelder etc. (1.-2.Klasse), ich nutze auch die generative Textproduktion (ab 3. Klasse) (Wörter oder Satzteile im Text verändern), Zungenbrecher, Reime



    Was könnt ihr mir noch für Tipps geben??

  • Ich bin in einer ähnlichen Schule.


    Im Grunde ist jeder Unterricht in solch einer Schule auch Sprachunterricht. Als erstes achte ich immer auf eine sehr einfache aber deutliche (Aus)Sprache, damit die Kinder mich überhaupt verstehen können. Aber auch darauf, den Kindern ein Sprachvorbild zu sein.
    Auch das Vormachen oder ein bzw. mehrere Beispiel gemeinsam erarbeiten ist für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache effektiv (habe auch einige rumänische und bulgarische Kinder dazwischen, die so gut wie gar kein Deutsch sprechen).
    Dann gebe ich den Schülern Satzmuster vor, mit denen ihnen das Sprechen in ganzen Sätzen erleichtert werden kann (z.B. bei einer Bildbeschreibung "Ich sehe ..." "Da ist ...").
    Ähnlich wie im Englischunterricht kennen die Kinder das Handzeichen für das Vor- und Nachsprechen von Wörtern / Sätzen, denn neue Wörter lasse ich immer mehrere Male nachsprechen. Durch das Wiederholen setzt sich das neue Wort (hoffenlich) besser.
    Beim Vorlesen des Tagesplans sollen die Schüler einen ganzen Satz bilden. Dafür habe ich ein bestimmtes Handzeichen. So bekommen sie ein Gefühl für einen vollständigen Satz.
    Beim Material achte ich darauf, dass ein einfacher Wortschatz / einfaches Satzmuster verwendet wird (ist aber gar nicht so einfach zu finden. Viel Material ist schlicht unbrauchsam für meine Schüler.).
    Einige Lieder und Bilderbücher eigenen sich hervorragend für die Sprachförderung.
    Irgendwann, wenn meine Schüler mal in einer höheren Klasse sind, müssen sie lernen, dass sie nicht jede einzelne Wortbedeutung kennen müssen, sondern sich die Bedeutung aus dem Zusammenhang erschließen können bzw. auch Wörter nachschlagen können.
    Bei Kindern die Lust auf Sprache und aufs Lesen wecken, gelegentlich die Muttersprache der Kinder mit einbeziehen.

  • Vielen Dank fuer deine Antwort und die darin enthaltenden Anregungen.
    Stimmt das Sprachvorbild zu sein ist wichtig


    Sollen die Kinder bei dir oft in ganzen Sätzen sprechen/antworten?Ich habe mal gelesen ,dass das ja entgegen der Muendlichkeit ist. Ich finde das bei solchen Schülern aber wichtig.


    Gut,dass du das mit dem Nachsprechen geschrieben hast. Ich habe ja Englisch als Fach und habe das dann auch mal in einem Deutsch Ub gemacht. Meine Fachleiterin war völlig entsetzt und bat mich das bitte nie wieder zu tun!Denke aber auch ,dass das wichtig ist.


    Welches Lehrwerk habt ihr in Deutsch?Das mit dem Handzeichen find ich uebrigens toll. :)

  • - Zum Nachfragen anregen: ganz wichtig.

    - Sprachvorbild des Lehrers: ganz wichtig.


    - Einbezug der Erstsprachen: hilfreich, aber meiner meiner Erfahrung nach oft schwer zu leisten.

    - Korrektives Feedback: Auch gut, aber bitte nicht zu exzessiv und kommunikativ passend, damit der pragmatische Aspekt und die Sprechmotivation nicht verloren gehen. (Gilt auch für das Nachsprechen.) Es gibt übrigens außer dem korrektiven Feedback auch noch weitere Modellierungstechniken: http://karinreber2.paedalogis.…erungstechnikenFolien.pdf (zweite Seite). Bei Modellierungen möglichst immer aktuelle Förderschwerpunkte des Kindes herausgreifen, was zum nächsten und wichtigsten Punkt führt:


    - Eine gezielte Förderung setzt eine gezielte Diagnose der mündlichen und schriftlichen Fähigkeiten voraus und setzt in der Zone der nächsten Entwicklung an!

  • @ maja: Naja, was Fachleiter sagen und was man dann im Alltagsunterricht macht, sind ja oft zweierlei Dinge. Aber ganz ehrlich kann ich es nicht verstehen, was daran so schlimm sein soll. Unsere Kinder lernen ja Deutsch als zweite Sprache. Das unterscheidet sich nicht wirklich vom Englischlernen. Durch das Vor- und Nachsprechen prägt sich das Wort eben besser ein und sprachgehemmte Kinder können durch das Nachsprechen im Chor nur davon profitieren. Ich kann echt nicht nachvollziehen, was dagegen spricht.


    Ich arbeite im 1. Schuljahr mit dem Tintoordner und dem Lesestern. Außerdem hat sich noch dieses Material bewährt:


    http://shop.lernwoerterkiste.d…eft-1-2-im-Paket-5er-Pack


    Die Schüler sollen in ganzen Sätzen sprechen, wenn wir den Tagesplan vorlesen ("Wir singen unser Lied.", "Wir arbeiten im Einstern." etc.), wenn wir ein Bild beschreiben, wenn wir im Erzählkreis von unserem Wochenende erzählen, wenn sie einen Wunsch an ein anderes Kind formulieren.
    Es muss ja nicht immer in jeder Situation in ganzen Sätzen gesprochen werden. Das hört sich wirklich komisch an: "Darf ich mal deinen Stift haben?" "Ja, du darfst meinen Stift haben." Deswegen achte ich auf jeden Fall darauf, wenn der Schwerpunkt eben auf dem Sprechen liegt und ansonsten gehts auch mal so.


    @ Plattenspieler: Ich bin dazu gezwungen, z.T. die Erstsprachen mit einzubeziehen. Eine Schülerin konnte zu Beginn gar kein Deutsch. Sie kommt aus Bulgarien und spricht türkisch. Damit ich überhaupt mit ihr kommunizieren konnte, musste ein Kind übersetzen. Mittlerweile plappert sie munter vor sich hin und hat wirklich schon viel gelernt in diesem einen Jahr. Außerdem wirken ein paar Anweisungen auf Türkisch manchmal Wunder!

  • Ich möchte in die Ideensammlung noch zwei Dinge aus dem Förderschwerpunkt Sprache einwerfen!


    Zum Einen finde ich das Buch " Bausteine sprachheilpädagogischen Unterrichts" von Karin Reber und Wilma Schönauer-Schneider super hilfreich. Es ist theoretisch gut fundiert, aber nicht zu kompliziert und vor allem praxisnah. Auch wenn man keine Kinder mit FöSch Sprache hat, findet man darin viele hilfreiche Anregungen - z. B. zum Modullieren kindlicher Äußerungen - die auch Kindern aus spracharmen Umfeld oder mit Deutsch als Zweitsprache zu Gute kommen!


    Zum Anderen habe ich angefangen, mich mit dem Konzept der "Kontextoptimierung" zu beschäftigen. Ich habe hier das Buch von Margit Berg vor mir liegen, nicht das Grundlagenwerk von Motsch - das ist eher was für's Studium als für die Berufspraxis.
    Kontextoptimierung klingt jetzt erst mal sperrig und das Berg-Buch ist auch nicht so leicht verständlich zu lesen wie das o.g. Buch von Reber, aber von der Konzeption her interessant auch für den Unterricht mit Regelschulkindern.

  • Ich möchte in die Ideensammlung noch zwei Dinge aus dem Förderschwerpunkt Sprache einwerfen!


    Zum Einen finde ich das Buch " Bausteine sprachheilpädagogischen Unterrichts" von Karin Reber und Wilma Schönauer-Schneider super hilfreich. Es ist theoretisch gut fundiert, aber nicht zu kompliziert und vor allem praxisnah. Auch wenn man keine Kinder mit FöSch Sprache hat, findet man darin viele hilfreiche Anregungen - z. B. zum Modullieren kindlicher Äußerungen - die auch Kindern aus spracharmen Umfeld oder mit Deutsch als Zweitsprache zu Gute kommen!


    Zum Anderen habe ich angefangen, mich mit dem Konzept der "Kontextoptimierung" zu beschäftigen. Ich habe hier das Buch von Margit Berg vor mir liegen, nicht das Grundlagenwerk von Motsch - das ist eher was für's Studium als für die Berufspraxis.
    Kontextoptimierung klingt jetzt erst mal sperrig und das Berg-Buch ist auch nicht so leicht verständlich zu lesen wie das o.g. Buch von Reber, aber von der Konzeption her interessant auch für den Unterricht mit Regelschulkindern.


    Kann die Tipps beide nur unterstützen (auch wenn Motsch bevorzugen würde, gerade auch für Grundschullehrer, weil er deutlich mehr theoretische Grundlagen zum Grammatikerwerb und grammatischen Störungen aufführt als Berg).
    Warnen möchte ich aber gerade bei der Kontextoptimierung aber davor, dass der Aspekt der Grammatik zu sehr in den Vordergrund gerückt wird. Klar, Therapie der Grammatik ist wichtig, aber gerade bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache sind es ja meist in erster Linie Schwierigkeiten im semantisch-lexikalischen Bereich.


  • Gut,dass du das mit dem Nachsprechen geschrieben hast. Ich habe ja Englisch als Fach und habe das dann auch mal in einem Deutsch Ub gemacht. Meine Fachleiterin war völlig entsetzt und bat mich das bitte nie wieder zu tun!Denke aber auch ,dass das wichtig ist.


    Die Fachleiterin meinte aber wahrscheinlich das reflexhafte Lehrerecho, die bloße Wiederholung der Schüleraussage. In einem 'normalen' Deutsch- oder Fachunterricht hat die natürlich keine Funktion und sollte vermieden werden. Im Fremdsprachenunterricht kann die Wiederholung der Schüleraussage sinnvoll sein, wenn man die fehlerhafte Aussage des Schülers 'richtig' wiederholt.


    Gruß

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