Disziplinschwierigkeiten

  • Hallo!
    Ich bin seit fast 2 Monaten im Referendariat an einer Grundschule. Grundsätzlich komme ich mit den Kollegen und Schülern gut klar und fühle mich dort sehr wohl.
    ABER es gibt eine (4.) Klasse (27 Schüler - davon 19 Jungs, die es in sich haben), mit der ich große Schwierigkeiten habe. Die Schüler sind sehr unruhig, störend, laut und unterhalten sich permanent im Unterricht. Zwar ist dies eine sehr leistungsstarke und gut mitarbeitende Klasse, jedoch ist es kaum möglich, einen Satz zu Ende zu sprechen (auch Mitschülern wird kaum zugehört). Ich habe in dieser Klasse oft das Gefühl, gegen eine Wand zu sprechen. Jegliche Ermahnungen, Gespräche, Konsequenzen usw. nützen nichts. Klare Regeln werden von den Schülern schnell "vergessen" oder gar nicht berücksichtigt. Ich habe den Eindruck, dass meine Autorität mit jedem Mal mehr schwindet.
    Auch habe ich schon versucht, den Unterricht abwechslungsreicher zu gestalten und die Schüler mehr zur Mitarbeit zu bringen – wenn sie in Aktion sein können, klappt das auch ganz gut. Aber selbst 5 Minuten können sie mir (z.B. beim Erklären einer Aufgabe) nicht zuhören.
    Die Stunde wird mittlerweile immer mehr von diesen Ermahnungen und der Unruhe bestimmt. Das dämpft meine und auch die Motivation der Schüler.
    Nun bin ich in totaler Selbstzweifel, da ich mich dort nicht durchsetzen kann.
    Es beruhigt mich zwar, dass der Unterricht in den anderen Klassen viel besser läuft – und auch, dass es den Kollegen in der besagten Klasse ähnlich geht, aber ich mag mir nicht länger auf der Nase herumtanzen lassen!
    Hat jemand von Euch einen guten Tipp? Kennt ihr solche "Chaotenklassen"? Wie geht ihr damit um???
    Es ist klar, dass kurz vor den Ferien die Konzentration nachlässt, aber der Unterricht ist wirklich Horror. Für das Schulfest soll ich mit dieser Klasse ein Musikstück erarbeiten, was kaum möglich ist…


    Liebe Grüße
    von Sophia (schon jetzt ferienreif…)
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  • Hi Ho,
    du deutest zwar Konsequenzen an, aber sagst zu dem Punkt nichts genaues. Welche Maßnahmen hast du denn bisher so ergriffen oder welche Konsequenzen hat störendes Verhalten bei dir bisher für den / die StörerIn?
    Gruß,
    JJ<br>

  • Der Unterricht liegt direkt vor einer großen Pause (45 Min.lang!). Darum wird es so gehandhabt, dass die Stunde "verlängert" wird (und damit die Pause verkürzt), je länger die Schüler durch ihr Stören den Unterricht hinauszögern.
    Das wirkt aber auch nur begrenzt - die Schüler sind es schon fast gewöhnt, dass ihre Stunden länger dauern.
    Außerdem setze ich einige Spezialisten gelegentlich um oder nehme sie direkt dran, wenn ich merke, dass sie nicht zuhören.
    Die Schüler vor die Türen zu setzen oder Zusatzaufgaben zu erteilen ist an der Schule eher unüblich, obwohl ich letzteres nun doch in Erwägung ziehe…
    Außerdem nehme ich mir gelegentlich bestimmte Schüler in einem Gespräch nach dem Unterricht vor, was bei einigen allerdings keine "Nachwirkungen" hat.
    Das Problem ist, dass die Klasse fast ausschließlich Freiarbeit gewohnt ist und große Mühe hat, für eine kurze Zeitspanne zuzuhören.
    Von den Schülern werde ich in jedem Fall respektiert und "gemocht", oft werde ich gefragt, wann ich wieder bei ihnen in der Klasse bin. Aber die Durchsetzungsfähigkeit grenzt immer mehr gegen Null… (bin ich vielleicht "zu nett"? Fühle mich selbst immer mehr als "Meckertante"…)
    Wäre dankbar für Ratschläge, die klare Regeln/Konsequenzen und trotzdem eine nette Atmosphäre ermöglichen…
    Sophia
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  • Hallo Sophia!

    Zitat

    Fühle mich selbst immer mehr als "Meckertante"


    Das kommt mir irgendwie sehr bekannt vor!!! Habe auch letztens mal meinen Frust hier rausgelassen (Schwerpunkt zum Thema fehlende Hausaufgaben)
    Ich habe auch ein Viertes mit einigen krassen Experten (Sind jetzt auch vom Klassenlehrer von dieversen Veranstaltungen ausgeschlossen worden, weil es einfach nicht mehr tragbar ist). Ich habe mich in den letzten Wochen auch völlig unfähig gefühlt und hatte das Gefühl, Syssiphus (Sorry für die Rechtschreibung - keine Ahnung) - Arbeit zu leisten. Die Herrschaften waren nicht nur in den Stunden absolut unruhig, sondern hatten es auch nicht mehr nötig, Hausaufgaben zu machen. Weder konsequentes Nacharbeiten noch Telefonate mit den Eltern haben irgendetwas gebracht. Auch zusätzlich Aufgaben etc. waren überhaupt nicht effektiv. Weil meine Laune dabei auch immer mehr baden ging und ich mich - wie du - nur noch als Meckertante gefühlt habe, bin ich die Sache jetzt einfach anders herum angegangen: ich habe mich mit den Kindern in den Kreis gesetzt, noch einmal genau gesagt, was mir alles stinkt und wie ich mich fühle (genau mit diesem Wort: "Meckertante") und ihnen folgenden Vorschlag gemacht: für jede Stunde, in der sie ruhig arbeiten (frontale Phasen eingeschlossen; Mahnung bei lauter werden durch Striche an der Tafel, bei drei Strichen ist es vorbei) und in der höchstens drei Kinder (so "hoch" bin ich gegangen, weil ich nicht will, dass die ganze Klasse unter zwei Schülern leidet, bei denen ich davon ausgehen kann, dass sie auch jetzt noch oft keine Hausaufgaben haben) die Hausaufgaben unvollständig haben, bekommt die Klasse einen Klebepunkt (mit Stempel), der auf einem Guthaben-Konto in der Klasse für alle sichtbar angebracht wird. Bei fünf Klebepunkten erhält die Klasse einmal hausaufgabenfrei. Ich mache das zwar erst seit drei Stunden, aber im Moment läuft es super. 180-Grad-Wendung bei den Hausaufgaben (bisher wurde das Limit nicht überschritten und Fehlendes auch immer sofort nachgemacht) und auch mit der ruhigen Arbeitsatmosphäre klappt es auf einmal. Wie gesagt, ich weiß nicht, wie lange es anhält, aber bisher funktioniert diese kollektive Belohnungstaktik hundert mal besser als alle Sanktionen und Drohungen und ich kann endlich auch wieder mit einem Lächeln und Vorfreude in die Klasse gehen. Die Atmosphäre ist wieder richtig nett :)
    Vielleicht kannst du ja etwas Ähnliches umsetzten.
    LG
    RR<br>

    Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.

  • Irgendwann gab es schon mal ein Posting zu Disziplinschwierigkeiten.


    Zuerst vergiss deine Selbstzweifel, jeder hat irgendwann Disziplinprobleme, es sei denn, er verbreitet eine unangenehme Atmosphäre oder Angst und Schrecken.
    Ich glaube, alles andere muss man sich erarbeiten.


    Der Knackpunkt liegt bestimmt u.a. daran, dass die Klasse wie du schreibst viel Freiarbeit gewohnt ist. Ich hatte im Ref ebenfalls eine Klasse, die konnte arbeiten und arbeiten, aber sobald ich ins Plenum wollte, um eine Reflexionsphase einzubauen, schrecklich.
    Nachdem ich in meiner Revisionsstunde mehrere Kinder hatte, die störten, monierte mein Schulrat, dass ich zuviel appellieren würde. Ich sollte mehr verstärken.
    Entweder: Positiv (wie mein vorher-Poster), für jede gute Mitarbeit kann man Punkte sammeln oder "Zauberzeit" , in der dann etwas Schönes gemacht wird - Freiarbeit, Spielplatz o.ä. oder man kann negativ verstärken, indem man für jedes Stören einen Strich (einzelne Kinder oder die Klasse) macht, bei drei Striche, erfolgt Konsequenz. Einige Zeit soll man es jede Stunde durchziehen, bevor man es langsam ausschleicht.
    Ich weiß nicht, ob es dir hilft.
    Ist nicht mehr lange, dann sind Ferien!
    flip
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  • Hi Ho,
    ich will hier keinesfalls den harten Lehrer heraushängen lassen und autoritäre Vorgehensweisen lobpreisen, aber ich finde, dass Konsequenzen bei Störungen, wo 1 Schüler 30 andere vom Lernen abhält schon mal schmerzhaft sein dürfen - will sagen: ich habe in meiner 6 das Prinzip "rote Karte", was bedeutet, wer stört, bekommt nach kurzer Ermahnung eine rote Karte gezeigt (ich habe auch entsprechende dabei, klar). Wer dann noch so blöd ist zu stören, darf mir am nächsten Tag 1 Seite (+x) abgeben, schriftlich zum Thema xyz; Note folgt. Das wissen meine Kids, und das Symbol erstaunt mich: nach allem was ich vorweggeschickt habe hat noch jede(r) sich einbekommen, um keine Starfarbeit zu kassieren. Ich weiß nicht ob es bei dir wirkt, aber bei mir klappt es fast schon zu gut.
    Liebe Grüße,
    JJ<br>

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