Individuelle Übungen zur Rechtschreibung (zu Hause)

  • Hallo!


    Ein Junge aus unserer Klasse (4.) hat massive Probleme im Rechtschreiben. Laut eigenen Angaben (der Eltern) hat er keine Legasthenie.
    Besonders in Proben, wenn der Druck auch noch größer wird, schreibt er katastrophal, wenn ich das mal so ausdrücken darf. Teilweise noch Skelettschrift 8o (allerdings die nur in Proben). Vieles ist nur nach Rücksprache mit 2 weiteren Lesern entzifferbar.


    Neben der schlechten Rechtschreibung schreibt er extrem unordentlich (die einzelnen Buchstaben); außerdem spricht er undeutlich, was wohl auch mit eine Ursache sein dürfte.


    Demnächst steht ein Elterngespräch an, in dem individuelle Möglichkeiten zu Hause besprochen werden sollen. Wie kann er selber das Rechtschreiben üben? Habt ihr noch Ideen, wie der Junge seine Rechtschreibung verbessern kann? Es soll also wirklich um Übungsmöglichkeiten gehen, die er zu Hause durchführen kann.
    Mir ist da vorhin die Pilotsprache eingefallen. Verbessert das auch gleichzeitig die undeutliche Aussprache; oder ist diese dafür eher ein Hindernis?


    Vielen Dank schonmal!


    Liebe Grüße,
    biene maja

  • Der Junge hat u. a. feinmotorische Probleme. Die kosten ihn so viel Kraft, dass nicht genügend Aufmerksamkeit für alles übrige bleibt.


    Die Eltern sollten ihn zunächst einfache, flüssig zu schreibende Wörter aus dem Grundwortschatz mit Buntstift in großer Schrift üben lassen (DIN A4 Querformat, 6 Zeilen pro Blatt) - ev. eine Schreibkugel am Stift befestigen*, damit die Hand rund und unverkrampft ist. Zweimal am Tag 3 Zeilen.


    In der Schule Lückentext, er muss nur weniger Wörter eintragen.


    Vermutlich ist der ASTNR (asymmetrisch-tonische Nackenreflex) nicht abgebaut. Wenn du sagst, woher Ihr kommt, kann ich ev. eine Therapieadresse finden.


    *siehe hier :
    http://www.grundschultreff.de/…dd1cae9eb8110f3f9d8a4369f


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

    Einmal editiert, zuletzt von Bablin ()

  • Hab vor kurzen ein Seminar zum Thema 'integrative Lgeasthenikerbetreuung' gemacht, in dem uns eine Psychologin über genau diesen Relex und seine Folgen aufgeklärt hat.
    Und da bekam ich auch einen Tipp: Die Verkrampfung in der Schreibhand löst sich, wenn das Kind in der anderen Hand einen Stein (kl. harten Ball oder Ähnliches) hält. Denn lebt das Kind die Verkranpfung mit der anderen Hand aus, und die Schreibhand wird entlastet.

  • Ergänzend:


    Wenn du mit Skelettschrift meinst, dass er viele Laute nicht verschriftlicht, sondern nur ein paar prägnante (pp für puppe), dann bringen Schreibübungen wenig.


    Das Problem mit der Aussprache wäre für mich das entscheidene. Es ist sehr schwierige, die richtigen Laute eines Wortes zu hören, wenn man undeutlich spricht. Bei der Schreibwerkstatt steht deswegen beispielsweise die Forderung sprich deutlich und Hochdeutsch an erster Stelle.


    Pilotsprache wäre bestimmt eine gute Idee.
    Wie stark sind die Sprachprobleme - wurde schon einmal ein Besuch beim Logopäden oder Sprachtherapeuten erwogen?


    Als Material zur Förderung könnte ich Übungen, wie in der Lautkartei von Stumpenhorst empfehlen.
    Ersetzung, Ergänzungsübungen in einzelnen Wörtern. (Hund mit einem W statt einem H am Anfang usw.)


    Spricht er beim Schreiben mit? Hilft auch.

    VG

  • Hallo!


    Danke schonmal für eure Antworten.


    @ Bablin: Ich habe dir eine PN geschickt.
    Das mit der verkrampften Hand ist eine Möglichkeit, an die zumindest ich noch nicht gedacht habe. Hier könnte man wirklich versuchen, dran zu arbeiten.


    @ Niklas: Ja, genau das meine ich mit Skelettschrift. Das kommt aber nur in Proben vor, zumindest habe ich es sonst noch nirgendwo gesehen (ich habe nur HSU und Musik in der Klasse).
    Ich glaube auch, dass die Aussprache bei ihm eine große Rolle spielt. Ob er schon mal beim Logopäden oder Sprachtherapeuten war, weiß ich nicht. Da könnte ich am Donnerstag meine Betreuungslehrerin (die Klassenlehrerin) fragen.


    Ich freue mich natürlich weiterhin über viele Antworten :)


    Liebe Grüße,
    biene maja

  • Hallo,


    ich bin ja richtig begeistert, hier zum 1. Mal etwas von meinen "geliebten" Reflexen zu lesen.


    Neben vielen anderen Auswirkungen bewirkt der ATNR: Beim Schreiben dreht sich der Kopf nach rechts, der rechte Arm will sich nun strecken, die Hand will sich öffnen. Damit der Stift nicht aus der Hand fällt, wird er von dem Schreibenden krampfhaft oder unüblich gehalten. Außerdem hat der ATNR Auswirkungen auf die visuelle Wahrnehmung. Dadurch und durch die erforderliche besondere Anstrengung beim Schreibprozess kann es auch zu Rechtschreibproblemen kommen.


    Meistens zeigen die Betroffenen Restreaktionen mehrerer Reflexe, die auch Auswirkungen auf die Hörverarbeitung, Mund- und Zungenmuskelmotorik haben und somit auch Sprachauffälligkeiten mit sich bringen. Ein "normaler" Logopäde, der dieses nicht in seine Arbeit mit einbezieht, wird deshalb nicht allzu viel bewirken können.


    Ich würde eine von Frau Hansen-Lauff vom INPP s. www.INPP.de empfohlene erfahrene Ergotherapeutin, Krankengymnastin oder Kinesiologin mit INPP-Zusatzausbildung empfehlen. Leider ist eine Reflexintegrationstherapie in der Regel privat zu bezahlen (Ausnahmen bestätigen die Regel). Im Schulamtsbezirk Wetzlar gibt es diese Förderung durch die Abteilung ANKe kostenlos. Die Leiterin von ANKe Dorothea Beigel (u.a. diplomierte Legasthenietrainerin empfiehlt in ihrem Buch "Flügel und Wurzeln" als kleine Hilfen für die ATNR-Betroffenen u.a.:


    - Frontaler Sitz zur Tafel
    - Kinder der visuellen und auditiven Informationsquelle gegenüber setzen
    - genügend Platz zur rechten Seite (bei Rechtshändern) geben
    - Kinder statt Schreibschrift Druckschrift schreiben lassen
    - Beim Abschreiben liegen die Blätter übereinander
    - Entspannungs- und Bewegungszeiten im Unterricht
    - Lehrstoff über verschiedene Sinneskanäle anbieten
    - Arbeiten verkürzen oder abändern, z.B: unterstreichen lassen, ankreuzen lassen, mündlich vortragen lassen
    - Inhalt und Schrift nicht in einer Note beurteilen
    - genügend Zeit geben
    - Sozialverhalten, Verstehen und Anwenden nicht in einer Note bewerten
    - Wasser trinken im Unterricht


    und vieles mehr.


    Unter http://www.chucholowski.homepa…praxis/reflextherapie.htm gibt es 4 interessante Berichte über die Auswirkungen von frühkindlichen Reflexen (insgesamt 90 Seiten).


    Viele Grüße
    Erika

    "Die Lehrer bezeichnen Lesen, Schreiben und Rechnen als Grundlagenfächer. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei diesen Lehrstoffen bereits um sehr komplexe Prozesse, die sich nur bei einer einwandfreien geistigen Verarbeitung der durch die Sinnesorgane aufgenommenen Wahrnehmung erlernen lassen." A. Jean Ayres

  • Hallo, Erika,


    ich halte es gerne so, dass ich lediglich auf die entstandenen Fragen antworte. Die Ursprungsfrage war diese:

    Zitat

    ... hat er keine Legasthenie.
    Besonders in Proben, wenn der Druck auch noch größer wird, schreibt er katastrophal, wenn ich das mal so ausdrücken darf. Teilweise noch Skelettschrift


    Im dem genannten Link kann sich dann weiter informieren, wer mag, (Frage nach Therapieadressen kam per PN).


    Ich fürchte, alles weitere ist von Übel; mit einer noch so gut gemeinten Informationsfülle erreichst du eher das Gegenteil. Im Umgang mit Kindern würdest du es sicher selbst als groben didaktischen Fehler erkennen. Aber auch Erwachsene lernen so, dass sie neue Informationen an bekannte andocken, und dass ohne eine Fragehaltung eher nix geht.


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

    Einmal editiert, zuletzt von Bablin ()

  • Hallo Bablin,


    es hätte mich sehr gefreut, ausnahmsweise in diesem Forum keine nett gemeinte Kritik oder Belehrung zu hören/lesen.


    Was du als Zitat in deinem letzten posting genannt hast, ist keine Frage. Du brauchst die Ursprungsfrage für mich aber nicht wiederholen, denn ich weiß sehr gut, worum es hier geht.


    Ich halte es für äußerst wichtig, ein bisschen (und mehr war es auch nicht) über den Zusammenhang zwischen schlechter Handschrift, Rechtschreibproblemen und Sprachproblemen zu informieren, auch wenn nicht explizit danach gefragt wird. Ohne die Zusammenhänge zu kennen, kann dem Kind NICHT geholfen werden.


    Biene Maja hat nach Übungsmöglichkeiten gefragt, die das Kind zu Hause machen kann. Ohne Unterstützung durch Lehrer ist Hilfe für das Kind nicht möglich. Es ist wichtig, dass Lehrer das erkennen. Da ich nicht weiß, ob Biene Maja sich den angegebenen Link anschaut, habe ich mir erlaubt, einige wenige Sätze zu schreiben, um vielleicht die Neugier zu wecken.


    Ein anderer Grund für meine zusätzlichen Erläuterungen war der vorangegangene Hinweis auf Logopäden. Es reicht eben NICHT, die Sprachauffälligkeit zu behandeln.


    Ich weiß nicht, welche Therapeuten du per PM empfohlen hast. Ich denke aber, dass es nicht schaden kann, von anderer Seite vielleicht andere oder zusätzliche Therapeutentipps zu bekommen. Ich traue Biene Maja zu, dass sie selbst entscheiden kann, was sie von den Informationen aufnehmen und verwerten möchte.


    Biene Maja hat nur nach Übungsmöglichkeiten für zu Hause gefragt. Trotzdem hast du für die Schule Lückentext empfohlen (ist auch völlig in Ordnung), ohne dass sie danach gefragt hat. Nicht in Ordnung finde ich aber, mich darüber zu belehren und von grob didaktischen Fehlern zu reden und davon, wie übel es ist, Informationen ohne Fragehaltung zu geben.


    Wer nur Antworten auf Fragen gibt, wird nie dazu beitragen, dass den vielen betroffenen Kindern geholfen wird.


    Ich gebe dir Recht, dass zu viele Informationen auch verwirren können, gehe jedoch davon aus, dass sich hier im Forum intelligente Menschen bewegen, die fähig sein sollten, eine gewisse Informationsfülle zu verarbeiten. Jeder kann selbst entscheiden, was er lesen möchte, welche Informationen er aufnehmen und verwerten will.


    Viele Grüße
    Erika

    "Die Lehrer bezeichnen Lesen, Schreiben und Rechnen als Grundlagenfächer. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei diesen Lehrstoffen bereits um sehr komplexe Prozesse, die sich nur bei einer einwandfreien geistigen Verarbeitung der durch die Sinnesorgane aufgenommenen Wahrnehmung erlernen lassen." A. Jean Ayres

Werbung