Beiträge von Jule13

    Ja, das Eis dann aber bitte laktose- und glutenfrei. Und vegan.


    Alle Kinder, die als Krabbler verstanden haben, dass man sehen sollte, wohin man sich bewegt, krabbelten also, ohne es zu ahnen, ihrer Dyskalkulie entgegen. Die armen Dinger. Manchmal rettet ein blauer Fleck dann doch die (Schul)Karriere.
    :zahnluecke: :spritze: :cash:

    Mir hat an den Gymnasien auch der wertschätzende Ton gefehlt, wenn man über Schüler sprach.
    Dieses Phänomen finde ich tatsächlich gerade oben wieder.


    Natürlich ist die Frage berechtigt, ob ein Kind mit geistiger Behinderung an einem Gymnasium eine angemessene Förderung erfahren kann und ob es von den übrigen Schülern integriert werden wird.
    Aber die Ausdrucksweise, wie das oben formuliert ist, wirkt einfach verachtend.
    Klischee erfüllt ...

    Wo habe ich denn geschrieben, dass Gymnasiallehrer herzlos oder unfähig sind?


    Der Fokus ist am Gymnasium ein anderer. Der Stellenwert von Beziehung und Erziehung ist systembedingt geringer. Das zeigt doch schon die Tatsache, dass der Klassenlehrer nach der Erprobungsstufe wechselt, die Kinder, die nicht funktionieren, abgeschult werden. Beziehungen werden dadurch lockerer, weil jeder Beteilligte weiß, dass sie jederzeit enden können.
    An Grund- und Gesamtschulen (und vielleicht auch an Haupt- und Realschulen, das kann ich nicht beurteilen) sieht das Konzept vor, dass der/die Klassenlehrer von Anfang bis Ende Klassenlehrer bleiben und dass die Kinder im Normalfall nicht abgeschult werden. Dadurch wird die Beziehung enger und der Aufwand, diese zu pflegen, größer. (Allein schon aus Eigenschutz ...)
    Das ist keine Kritik, sondern einfach ein Vergleich unterschiedlicher Konzepte.
    An meiner Schulform brauchen viele Schüler einfach eine sehr enge Beziehung, klare Regeln und oft auch eine gewisse Seelenpflege, um lernen zu können. Wenn ich mich nicht auf meine Schüler als Ganze einlasse, bleiben viele auf der Strecke. Dadurch bekommt man einen anderen Blick auf das Geschehen.
    Und gerade I-Kinder (LE, ES, GB) brauchen Beziehung und Kontinuität.


    Inklusion und Gymnasium: Das schließt sich aus. Da steht im Vordergrund, dass man möglichst alle Schüler auf ein möglichst hohes fachliches Niveau bringt. An den Gymnasien, an denen ich gearbeitet habe, war Differenzierung ein Fremdwort. Entweder die Schüler kamen mit, oder sie haben die Klasse wiederholt oder die Schule gewechselt. Da ist schlicht nicht vorstellbar, dass Schüler mit in der Klasse sitzen, die zieldifferent lernen. Wie soll man das dem Schüler erklären, der am Ende der Erprobungsstufe gehen muss? Und die zieldifferenten Schüler werden enorm stigmatisiert, weil sie viel stärker auffallen. Das kann nicht funktionieren.


    Dann das Studium des Gymnasiallehramts: Das besteht aus zwei/drei Fächern und ein wenig Pädagogik, und die oft ohne Bezug zur Praxis. Der Gymnasiallehramtsstudent studiert Fächer, weil er an ihnen stark interessiert ist und sich mit ihnen beschäftigen möchte. Der Primarstufenstudent studiert Primarpädagogik, weil er mit kleinen Kindern arbeiten möchte, und nicht weil er Faust interpretieren will.


    Bei den Auswahlgesprächen am Gymnasium wurde ich sehr intensiv zum ausgeschriebenen Fach befragt. In denen an der Gesamtschule, die ich danach absolvierte, habe ich hinterher verwundert festgestellt, dass mir keine einzige Frage zum Fach gestellt wurde. Alles drehte sich um Erziehung und allgemeine didaktische Themen.


    Und um den Bogen wieder zurück zum Thema zu schlagen:
    Wenn wir nun also die Studiengänge und die Arbeit der Gymnasiallehrer und der Primarlehrer gegeneinander abwägen, vergleichen wir Äpfel mit Birnen. Eine Rechtfertigung für eine ungleiche Bezahlung können wir daraus jedenfalls nicht ableiten.

    Ich erlebe die Arbeit von Sonderpädagogen im GL auch sehr unterschiedlich. Wer es drauf anlegt, kann sich super zurücklehnen. Das führt in den Teams dann aber auch zu Unmut und Streit.
    Die meisten sonderpädagogischen Kollegen erlebe ich als sehr kompetent, sie kümmern sich sehr intensiv um die Klasse und die Förderkinder, schreiben nebenher Gutachten für fremde Schüler (auch wenn es gerade superstressig ist) und sind jederzeit hilfsbereit. Ohne diese Kollegen bräche unser System zusammen. Sie leisten großartige Arbeit.
    Und oft sind es ganz besondere Persönlichkeiten. :rose:

    Ach, dieser IQ-Wert allein ist doch gar nicht aussagekräftig. Der wird aus verschiedenen getesteten Bereichen zusammengesetzt, die durchaus sehr, sehr unterschiedlich ausfallen können.
    Wenn also ein Kind einen IQ von 85 hat (Grenzwert), aber z.B. u.a. im Teilbereich Logik 110 und im Teilbereich Verarbeitungsgeschwindigkeit 60, heißt das nicht, dass das Kind nicht denken kann, sondern dass es sich auf einem Arbeitsblatt mit vielen Informationen nicht zurechtfindet. Die Gründe können sehr vielfältig sein. Der banalste wäre, dass das Kind eine Brille braucht. Wie valide wäre dann also das Testergebnis? :autsch:

    Ein Kind, das befriedigende bis ausreichende Leistungen im Rechtschreiben hat, kann doch keine LRS haben? Oder es stimmt was an der Leistungsbewertung nicht.

    Richtig. Und bei unseren hauseigenen Testungen bekommen diese Kinder auch die Diagnose nicht. Dann aber werden die Eltern aktiv und lassen das Kind bei einem Kinder- und Jugendpsychiater testen, der stadtbekannt dafür ist, dass jedes Kind, das ihm vorgestellt wird, die Diagnose auch bekommt. Wenn die Eltern dann das Kind zum Logopäden schicken und mir das bescheinigen können, muss ich den NTA gewähren.
    Ich habe Eltern, die mir sogar ins Gesicht sagen, dass sie wissen, dass LRS nicht die richtige Diagnose ist, und dass sie einfach möchten, dass das Kind mehr Zeit bei Klassenarbeiten eingeräumt bekommt, weil es dann zu besseren Ergebnissen komme. Wenn ich mich dann querstelle, habe ich sechs Jahre zermürbender Kämpfe vor mir, für die mir die Energie und Zeit fehlt (siehe Herkunfts-Thread).

    Wenn ich hier über die Mehrbelastung meiner Spezies Gy/Ge Sek II/I an Gesamtschulen jammere, geht es mir auch gar nicht ums Geld. Um meine Arbeit gut zu machen und gleichzeitig meine Gesundheit zu behalten, müsste ich aber Entlastungsstunden haben. Wenn wir SekII-Kollegen in der Abi-Phase und auch bei Korrekturen deutlich mehr Aufwand haben als die SekI-Kollegen, dann heißt es immer, dass wir nicht meckern dürften, denn wir bekämen ja schließlich auch mehr Geld.
    Aber der SekI-Kollege müsste an der Realschule 28 Std. unterrichten, und bekommt an der Gesamtschule ein Deputat von 25,5 Std., genau wie wir, mit der Begründung, dass der Differenzierungsaufwand an der Gesamtschule höher ist. Wir haben aber dieselben 25,5 Std. wie der Kollege am Gymnasium. Das ist einfach nicht nachzuvollziehen.
    Also: Ich will nicht mehr Geld, und mir ist es auch egal, ob alle anderen Lehrkräfte nun A13 bekommen oder nicht. Das macht mich ja nicht ärmer. Aber ich möchte meine Arbeit so machen können, dass ich mit der Qualität zufrieden bin und bis zur Rente durchhalte. Bei uns haben sehr viele Kollegen Stunden reduziert, damit sie nicht zusammenklappen.


    Im übrigen finde ich die finanzielle Ungerechtigkeit, die Lehrer erleiden, die nicht verbeamtet werden, noch größer. Die leisten dieselbe Arbeit wie die Kollegen und müssen aus nicht sachbezogenen Gründen auf sehr viel Geld verzichten.

    F 81.3.

    Ach, dass es dafür jetzt eine eigene ICD-10 gibt, wusste ich gar nicht. Bisher habe ich in solchen Fällen immer zwei Atteste bekommen.
    Aber die Diagnose Lernbehinderung ersetzt das in meinen Augen nicht. Denn ich habe durchaus Schüler, deren Rechtschreibung ziemlich ok ist, die aber keine Aufgabenstellungen verstehen und auch große Probleme mit der Logik haben. - Auch und gerade in Sachfächern. Die wissen schlicht nicht, was sie tun sollen. (Auch dann nicht, wenn man die Aufgabenstellung einfacher formuliert oder mündlich erklärt.) Sie können auch selbst keine mündlichen oder schriftlichen Erklärungen abgeben.


    Ich empfinde es übrigens gar nicht so, dass das so vom Schulamt, der Bezirksregierung oder so gewollt ist. Es sind die Eltern, die den Nachteilsausgleich einfordern.
    Allerdings testen wir am Beginn der 5. Klasse alle Kinder auf LRS und bieten für die ersten Jahre eine Förderung in der Schule an. Meine Erfahrung damit ist, dass es viele Kinder gibt, die während dieser Förderjahre so gute Fortschritte machen, dass man die Diagnose aufheben und den Nachteilsausgleich aussetzen kann. Dann war es in meinen Augen aber auch keine echte LRS, sondern sie haben es - aus welchen Gründen auch immer - in der Grundschulzeit nicht angemessen gelernt.
    Einige Kinder aber machen kaum Fortschritte. Die schreiben auch in der 10. Klasse noch ein und dasselbe Wort in einem Satz auf zwei verschiedene falsche Arten, bringen aber in allen anderen Bereichen gute Leistungen. DAS ist echte LRS.


    Dyskalkulie bringt in NRW dem Schüler übrigens keinen Nachteilsausgleich. Die Diagnose nützt dem Kind nur psychologisch und gibt dem Mathelehrer zu verstehen, dass das Kind nicht etwa unwillig ist, sondern wirklich nicht kann. Was der dann allerdings damit anfangen soll, ist niemandem klar.

    Die Diagnose von Teilleistungsschwächen ist bei insgesamt schwachen Schülern meiner Meinung nach Augenwischerei.
    Wenn ein Kind in KEINEM Fach dem Regelunterricht folgen kann, dann ist schon der Begriff "Teil"leistungsschwäche falsch.
    Ich habe Schüler, deren Eltern mir sowohl eine Diagnose über LRS als auch über Dyskalkulie vorlegen. Das widerspricht sich doch.


    Eine Teilleistungsschwäche liegt dann vor, wenn das Kind überall durchschnittliche oder sogar überdurchschnittliche Leistungen bingt, nur nicht in einem Teilbereich, meist der Rechtschreibung. Und auch so liegt die Teilleistungsschwäche in meinen Augen nur dann vor, wenn das Kind auch mit intensiver Förderung kaum Fortschritte macht.


    Wenn ein Kind in allen Fächern auch mit Unterstützung nicht zurecht kommt, und die Problematik nicht nur in mangelnder Motivation oder unzuträglichen Lebensumständen zu finden ist, dann liegt eine Form der Lernbehinderung vor. Woher die rührt, müssen Fachleute herausfinden, damit ich weiß, wie ich das Kind angemessen fördern kann.


    @Valerianus
    Es handelt sich um Fälle, mit denen Du am Gymnasium nicht zu tun bekommst. Bei euch landet kein Schüler, der den Anforderungen des Hauptschullehrplans nicht gewachsen ist. So "heruntergekommen" ist der gymnasiale Anspruch sicherlich auch in NRW nicht.

    Zitat

    differenzieren, ohne vorgefertigtes material?

    Exakt das ist mein Alltag. Kein Schulbuch, auch nicht das, das den Namen "Differenzierte Ausgabe" trägt, bietet differenziertes Material an. Macht man halt selber.


    Plus Zeugnisse schreiben,
    plus Referendare betreuen,
    plus Konferenzen,
    plus Teamsitzungen,
    plus Leistungskurse,
    plus Abiturprüfungen,
    plus ZAPs,
    plus Arbeitspläne schreiben,
    plus Klassenleitung,
    plus Austausch mit dem multiprofessionellen Team (zwei meiner Schüler sind beim Schulpsychologen in Behandlung, sechs haben ein Verhaltenstraining beim Sozialarbeiter u.a.),
    plus Kontakt mit Ämtern/Gutachten schrieben/Formulare ausfüllen (Teilhabepaket beantragen, Schulbegleiter beantragen, AOSF-Verfahren eröffnen, Jugendamtstermine ...),
    plus Elterngespräche,
    plus viel, viel Erziehungsarbeit ...


    Deshalb nehmen Bewerber für SekII-Stellen, wenn sie die Wahl haben, nicht die Gesamtschulstelle, es sei denn, sie sind Überzeugungstäter.

    Ich meinte nicht die Frage nach dem richtigen Schulsystem. Ich meinte, dass kein Unterschied gemacht wird zwischen Gymnasiallehramt und Gesamtschullehramt Sek II. Wir haben dieselben Stunden zu leisten (in NRW 25,5) wie die Gymnasialkollegen, aber deutlich mehr Arbeit. Ich fände eine Entlastung durchaus angemessen, wenn ich den Arbeitsaufwand an der Gesamtschule mit dem am Gymnasium vergleiche. Und ich kann das vergleichen, weil ich an beiden Schulformen schon gearbeitet habe.


    Übrigens ist meine Gesamtschule eine "echte" Gesamtschule, mit sogar noch vorteilhafterer Schülerstruktur: 40% Gy/40% RS/20 HS+Förderschüler aller FS.
    Ich jammere also noch vergleichsweise auf hohem Niveau.

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