Beiträge von Jule13

    Ich schreibe hier frecherweise mal in meiner Eigenschaft als Mutter und hoffe, dass ich das darf.


    Ich habe zwei Kinder in zwei unterschiedlichen Grundschulen. (Die Gründe zu erklären, dauerte zu lange.)
    Kind 1 ist in der 2. Klasse. Dort gibt es seit ca. einem Jahr Wochenpläne, welche die KL jeden Donnerstag kontrolliert und dann eine Rückmeldung gibt. Diese KL kontrolliert die Wochenplanergebnisse jeden Donnerstag für mein Dafürhalten sehr genau, gibt die Pläne Freitags den Eltern zur Unterschrift und Kenntnisnahme mit, und lässt ungenügend bearbeitete Aufgaben noch einmal lösen oder auch schon einmal nacharbeiten.


    Kind 2 ist in der 1. Klasse. Auch dort gibt es Wochenpläne. Bloß: Ob mein Kind davon viel oder wenig bearbeitet hat, ob gut oder schlecht, bekommt es nicht zurückgemeldet. Wenn ich den Plan freitags nicht aus der Klasse mitnehme, bekomme ich den gar nicht zu Gesicht. Mein Söhnchen hat öfters einmal sehr, sehr schlampig gearbeitet, anfangs auch generell sehr wenig. Nichts davon wird ihm oder mir zurückgemeldet. Er hat Arbeitsblätter (ohne Sichtvermerke) in der bearbeiteten Mappe, die ich - mit Kollegenblick darauf - auf keinen Fall einfach würde durchgehen lassen (Schlampig gearbeitet, Aufgabenstellung ignoriert, nicht fertig).
    Dabei weiß ich, dass mein Kind zu Hause unter Aufsicht sehr schnell und gründlich arbeiten kann.


    Nun meine Frage an die geschätzten Kolleg*innen:
    Wieviel Genauigkeit und Rückmeldung kann ich von einer Klassenlehrerin bei der Durchsicht von Wochenplänen erwarten? Wie oft kontrolliert Ihr Lösungen in den versch. Arbeitsheften, die die Kinder benutzen? Nur am Ende, wenn die Hefte voll sind, oder auch zwischendurch?

    Wir haben ein Mischprinzip. Die Kinder werden sofort einer Regelklasse zugeordnet, mit der sie viele Stunden gemeinsam haben, sind aber in ca. 12 Std. zu Deutschklassen zusammengefasst, in denen sie auf ihrem Niveau Deutsch lernen.
    In zwei Fällen gibt es in diesen Stunden Einzelunterricht, weil die Kinder nicht lesen und schreiben können.

    Als "lamentieren" empfinde ich die ablehnenden Beiträge hier nicht.
    Der eine fährt gerne, der andere findet es fürchterlich. Ist doch normal. Wir sind doch alle völlig unterschiedliche Typen mit unterschiedlichen privaten Verpflichtungen und arbeiten an sehr unterschiedlichen Schulen.


    Und wenn jemand trotz widriger privater Umstände zum Fahren verdonnert wird und sich darüber zurecht beklagt, hat das für mich überhaupt nichts mit "lamentieren" zu tun.

    Ich gestehe: Ich fahre sehr gerne. Ich habe schon während meines Studiums Ferienfreizeiten geleitet. Ich mag auch Ausflüge aller Art. Ich habe auch kein Problem mit der Planung und den Schwierigkeiten bei der Geldsammlung.
    (Bisher hat sich immer alles lösen lassen, vor allem, weil wir einen sehr entgegenkommenden Förderverein und eine Spendenkasse für Krisenfälle haben.)


    Aber:
    Es gibt Klassen, mit denen ich nicht fahre.
    Wenn ich sicher weiß, dass ich mich in der Öffentlichkeit für meine Schützlinge schämen muss, oder schlimmer noch, ich aufgrund ihres Verhaltens ihre Sicherheit nicht garantieren kann, dann lasse ich die Finger davon.
    Und bisher hat mich glücklicherweise noch keiner genötigt, es gegen meinen Willen doch zu tun.

    Ich würde so gerne auf OHP-Folien verzichten. Aber was nützt mir ein Smartboard, wenn ich jeden Kurs in zwei verschiedenen Räumen habe, von denen nur eines ein Smartboard hat, an dem zudem nicht einmal ein Rechner angeschlossen ist.
    Ich kann doch nicht vor jeder Unterrichtsstunde meinen (privaten!) Lapptop mit dem Board kalibrieren, und sehe auch nicht ein, für die Stunde im Raum ohne Smartboard dann nich eine OHP-Folie zu bedrucken. (Die ich auch noch von meinem privaten Geld bezahlen muss.)


    Mich regt es jedes Mal auf, dass uns mangelnder Wille unterstellt wird (in fast jeder Beziehung), während tatsächlich die Umstände nicht gegeben sind.

    Auch auf die Gefahr hin, dass ich hier zum running gag werde:
    Gestern lag mal wieder eine Ausgabe der NDS im Briefkasten. Und ich habe schon wieder einen Grund, mich aufzuregen.


    S. 8 Überschrift: Sprachenlernen braucht individuelle Rezepte Neu zugewanderte Kinder in Kita und Schule


    Wasser auf unsere Mühlen, da wir das Problem haben, dass in unseren "Internationalen Klassen" (die nur stundenweise laufen, weil wir nach dem Immersionsprinzip arbeiten) ein einheitlicher Unterricht kaum möglich ist, weil die Lernstände der Teilnehmer so arg unterschiedlich sind (vom Mittelstandskind aus Syrien, das fließend Englisch spricht und die latein. Schrift beherrscht, bis hin zur Kurdin vom Land, die, wie ihre Eltern auch, nicht alphabetisiert ist).
    Und ich denke:
    Oh, Klasse, man sieht das Problem und zeigt auf, dass man für die nötigen "individuellen Rezepte" mehr Personal und Geld für versch. Material braucht.
    DENKSTE


    Die Autorinnen des Artikels sind Hochschullehrerinnen. Da hätte mir schon dämmern können, wieviel Praxisnähe ich erwarten kann.
    Tatsächlich enthält der Artikel zu 2/3 Binsenweisheiten, die schon längst bekannt sind, und die wir ja auch längst beherzigen (Immersion führt zu schnellerem Spracherwerb, Zugang zu muttersprachlichen Kontakten, muttersprachl. Unterricht usw.).
    Dann aber kommt der Hammer:
    Im letzten Absatz steht da: "Nicht nur Prof. Dr. Dr. Ingrid Gogolin ... fordert deshalb: Institutionen sollten ihren monolingualen Habitus ablegen. Würde sich das Bildungssystem mehrsprachigen Erwerbswegen deutlich mehr öffnen und Migrant*innensprachen mehr Beachtung in Lernprozessen geschenkt werden, würden ... mehrsprachiger Unterricht, mehrsprachige Pädagog*innen deutlich mehr gefördert, könnten Kinder ihren Sprachkompetenzen gemäß angemessener betreut, begleitet und unterrichtet werden." (Hervorhebungen von mir)


    Um jetzt nicht falsch verstanden zu werden: In der Sache ist das völlig richtig! (Und im Übrigen gar nicht neu.)
    ABER: Der Ton macht die Musik. So, wie das formuliert ist (siehe meine Hervorhebungen), stößt mich das vor den Kopf. Das klingt, als wollten wir nicht. Wenn wir nur wollen würden, dann ginge das.
    WIR WOLLEN! Indes, es geht nicht.


    Wir suchen schon lange händeringend Lehrkräfte mit muttersprachlichen Kompetenzen in Arabisch, Türkisch, Kurdisch. Indes: Wir finden keine. Der Markt ist leer. Und wir liegen auf der allzu beliebten Rheinschiene.


    Ich würde in meinem Deutschunterricht sehr gerne die Muttersprachen der Kinder meiner Klasse hinzuziehen, gerade wenn ich Grammatikeinheiten habe. Indes: Es sind sieben verschiedene. Und: Ich beherrsche keine davon. Ich kann kein: Russisch, Arabisch, Berberisch, Tschechisch, Albanisch, Kurdisch, Tamilisch, und nur ganz wenig Türkisch. Wie viele Kollegen bräuchte ich, um all diesen Herkunftssprachen "Beachtung zu schenken"?


    Und ich kenne so manche Schule in migrantisch geprägten Stadtteilen einer rheinischen Großstadt, die eine sprachlich recht homogene Schülerschaft hat, an der der Herkunftssprache schon seit Jahrzehnten große "Beachtung geschenkt" wird.


    Was also soll dieser anklagende Ton, der sich an Lehrkräfte wendet, in einer Gewerkschaftszeitung?
    Ja, glauben denn die Chefredakteure, wir wüssten nicht, was wir brauchen?
    Es liegt nicht am mangelnden Willen unsererseits. Es liegt an den Umständen, dass sehr schnell sehr viele Migrantenkinder hinzugekommen sind, auf deren Sprachen wir nicht vorbereitet waren, es liegt daran, dass der Integrationserfolg der letzten 50 Jahre so dermaßen bescheiden war, dass Mangel an Akademikern mit Migrationshintergrund herrscht, und nicht zuletzt an der Landesregierung, die nicht bereit ist, dem Bildungsbereich das nötige Geld zur Verfügung zu stellen.
    DAS sollte in einer Gewerkschaftszeitung stehen.


    Die Integration von Flüchtlingskindern erfordert einen hohen Organisationsaufwand, für den wir keinerlei Unterstützung bekommen. Wir müssen Dolmetscher selbst organisieren, wir kaufen Material aus eigener Tasche, wir bekommen keine Entlastungsstunden für die aufwändige Koordination mit DaZ-Kollegen, Familienhelfern und Schulpsychologen. Die Flüchtlingskinder werden in den Klassenteiler nicht eingerechnet.
    DAS sollte in einer Gewerkschaftszeitung stehen.

    Lösungszettel, auf sorgfältige Kontrolle achten.
    Dann entweder Mappen einsammeln und bewerten oder einen Test drüber schreiben lassen. (Jeweils vorher ankündigen! Für die Mappen Bewertungskriterien tranzparent machen.)

    Leider wird dieser Teil der Arbeit, also derjenige der Menschen, die nicht mit der Presse kommunizieren, aber den Hauptteil der gewerkschaftlichen Arbeit ausmachen, kaum wahrgenommen.

    Das liegt nicht zu unwesentlichen Teilen an den eigenen Organen der GEW. Da steht für meinen Geschmack zu viel zur Bildungspolitik und zu wenig zur Interessenvertretung drin. Statt dessen wird mir darin ständig ein vorbildliches Beispiel einer Schule gezeigt, das mir selbst das Gefühl gibt, defizitär zu arbeiten. Auch wird in den Artikeln nie erwähnt, wie hoch der Preis für die Exzellenz der Schule ist.

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