Beiträge von Silence

    Ich bin (wohl im Gegensatz zu Silence) der Ansicht, dass jemand der sich ritzt und selbst verletzt nicht gesund ist, sondern unter einer psychischen Störung leidet und fachärztlicher Hilfe bedarf.

    Und damit wärst du im Großen und Ganzen meiner Meinung. Selbstverständlich ist Ritzen, sofern es mehr als das einmalige Testen oder das In-Mode-Kommen in einer Klasse ist (Von den 10, die dies dann anfangen, fahren aber nur die beiden fort, die ohnehin schon Probleme hatten), ein Indikator für eine tieferliegende Störung. Aber ich spreche mich für die Seite aus, die sagt, dass das Verletzen selbst keine Krankheit, sondern eine Symptomatik ist, sich im Anschluss dessen jedoch zur eigenen Sucht entwickeln kann.

    Und jetzt bitte mal Hand aufs Herz: bist du Lehrer oder einfach jemand, dem etwas an dem Thema liegt?

    Ich unterrichte einen Seminarkurs zu Sozialkompetenz, der sich auf Wunsch der Schülerschaft nach der Abschaffung von Psychologie als Wahlpflichtfach (Noch vor meiner Zeit) inhaltlich an diesem Unterrichtsfach orientiert. Insofern muss ich nun sagen, dass ich Psychologie direkt nicht studiert habe, mein Wissen sich eher auf Fort- und Weiterbildungen, Seminaren und Fachliteratur beruht - Sowie der Thematik in meiner eigenen Schulzeit.


    alias
    Das Ritzen kann zu einer Sucht werden, ist jedoch im Grunde zuerst Ausdruck bzw. Symptomatik eines anderen Grundproblems. Und die meisten Schüler und Bekannten, die ich mit dieser Symptomatik kenne, waren nicht davon abhängig, sie hatten es als Mittel zur "Selbsthilfe", wie sie es nannten, gefunden. Mein Widerspruch zuvor war zugegebenermaßen engstirnig, da eine Selbsthilfe auch eine Alkoholsucht sein kann. Dennoch widerspreche ich deutlich, wenn man hier ein vorschnelles Urteil oder alles über einen Kamm scheren will - u.a. im letzten besuchten Seminar gab es eine anschauliche Grafik von Befragten, bei der sich herausstellte, dass sich viele Jugendliche ein Mal selbst verletzt hatten, damit jedoch aufhörten, bzw. dies nur Einzelfälle darstellten. So wie auch Alkohol in diesem Alter gerne einmal probiert wird und man vielleicht eine Grenze überschreitet, aber dadurch nicht automatisch abhängig wird.

    Klassifiziert ist es, jedoch liegt in der Regel eine andere Störung zu Grunde, die das SVV mit sich bringt. Insofern ist SVV meiner Formulierung nach keine "schwerwiegende Erkrankung" selbst, sondern basiert auf Grundlage dieser. So wird es im ICD-10 gemeinsam in einem Kapitel mit Unfällen, Kriegshandlungen und Komplikationen bei Behandlungen gelistet, welche Symptomatiken bzw. Auswirkungen und keine Krankheiten sind.
    Aber das weicht nun doch etwas von der Ursprungsproblematik ab.

    Selbstverletzendes Verhalten kann eine schwerwiegende Erkrankung sein

    Oh keineswegs, das Verletzen ist lediglich ein Symptom. Als eigene Krankheit ist es in diesem Sinne nicht anerkannt, zumindest meines letzten Wissenstandes nach.

    Ich kann Moebius nur beipflichten. Der Grat zwischen "Ritzen" und Suizid ist schmal.

    Auch das würde ich so nicht stehen lassen. Die meisten "Ritzer" hegen nicht das Verlangen nach dem Tod, sondern nach einer Erleichterung der Gefühlssituation, wollen sich ihr Leben also leichter machen - und es damit fortführen. Selbstverständlich gibt es jedoch auch andere Fälle, da hilft auf jeden Fall das Gespräch mit dem Mädchen und die Weiterleitung an eine Beratungslehrerin, die auf jeden Fall erfolgen sollte, um weitere Schritte einzuleiten. Einmischen musste ich mich hier jedoch, weil die erste Intention einiger, die Eltern zu kontaktieren, enorm nach hinten losgehen kann. Ich selbst habe dies bei einer Schülerin an unserer Schule erlebt, deren elterlicher Druck sie in diese Situation führte und die Information ihn weiter verschlimmerte - Es wirkte, als hätte sie aufgehört, bis sie an einem Tag auf mich zukam und mir erzählte, dass sie sich an versteckten Stellen schnitt, sich also nichts verändert hatte, außer einem enorm großen Misstrauen in ihrer Familie, für die sie schlichtweg "funktionieren" musste


    Ich hoffe deiner Schülerin geht es inzwischen besser!


    Liebe Grüße und viel Kraft,
    Silence

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