Beiträge von NewTeach

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    Ich weiß. Aber wie ich schon schrieb: In diesem Fall geht es mir nicht um DIE (eine) Frau. Sondern vielleicht um eine zweite Frau mit etwas liberalerem Umfeld, zu der man dann nicht mehr sagen kann: Du musst so rumlaufen, X macht das auch. Das ist bei uns so üblich.


    Ja, ich hab Sie schon verstanden. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das dann nicht polarisierend wirkt. Dann tragen eben einige keine Burka mehr, aber andere werden noch weiter in die Isolation gedrängt und verhäuslicht. Das kann man schon machen, aber dann nehmen wir halt in kauf, dass es zu mindest einigen Frauen dadurch schlechter geht. Ich bin mir da sehr unsicher...

    Trotzdem ist die Idee, vollverschleierte Leute da abzuholen, "wo sie stehen", nicht so unproblematisch, wie hier wortreich behauptet wird. Denn es geht im Fall der Burka ja nicht um Einzelfälle, sondern eben um Milieus, in denen Leute sich durchaus gegenseitig überwachen und am Auf- und Ausstieg hindern. Und hier können Verbote unter Umständen sehr wohl sinnvoll sein, weil sie Personen Freiheit geben, die diese Personen selbst nicht begründen müssen (!).


    Letztlich geht es aber natürlich um Bildung, Lebenschancen, Aufstiegschancen. Klar. Hier ist Deutschland auf gar keinem so schlechten Weg, was viel mehr betont werden müsste. Was aber nicht heißt, dass alle Probleme gelöst wären oder nur wahrgenommen würden.


    Ja, Sie haben vollkommen recht, dass die Kontrollen sehr problematisch sind und sowas nicht geduldet werden sollte. Aber die Lösung ist meiner Meinung nach NICHT das Verbot der Verschleierung. Meinen Sie, die Frau steht jetzt unter weniger Druck, weil sie nicht mehr in die Schule darf? Mit großer Wahrscheinlichkeit wird diese Frau nun daheim bleiben und entweder wird der Vater kommen oder gar niemand, aber mit großer Sicherheit kommt die Frau nicht unverschleiert. Die Freiheit von der Sie sprechen wird der Frau eher nicht zu teil.


    Eine einfache und vollkommen unproblematische Lösung gibt es nicht. Ich plädiere dafür, diese Frauen nicht durch unnötige Verbote auszuschließen und stattdessen durch strukturelle, gesellschaftspolitische Schritte, vor allem den jüngeren Generationen den sozialen Aufstieg zu ermöglichen.


    In Kanada stehen dafür z.B. für den Bildungsbereich in jeder Schule ganze Heere von Psychologen, Sozialarbeitern, Betreuern und auch Sprach-Coaches gerade für diejenigen, die Probleme mit der Landessprache haben zur Verfügung. Die Integrationsarbeit bleibt somit auch gar nicht an den, meist nicht dafür ausgebildeten, Fachlehrern hängen. Hier müsste investiert werden. Aber das kostet natürlich Geld, ist aufwändig zu organisieren und lässt sich auch nicht so leicht vermarkten wie: BURKA-VERBOT - JETZT!

    Nein, es geht um alle Verbote. Die Wirkung solcher ist deiner Behauptung zufolge nämlich absolut. Dein Satz oben beansprucht Allgemeingültigkeit. Das sehe ich ganz anders. Verbote sind Steuerungsmittel, die bestimmtes Verhalten sanktionieren, aber auch aufzeigen, was man tun muss um Anteil zu haben. Es ist verboten, ohne Führerschein Auto zufahren, ergo was muss ich tun, um einen solchen zu erhalten? Ich möchte Anteil an der Gesellschaft haben, dann darf ich kein Verhalten zeigen, dass mich aus dieser Gesellschaft ausschließt. Beides zusammen geht nicht. Es hat was von "wasch mir die Hände, aber mach mich nicht nass". Wenn jemand zu den Elterngesprächen kommen will, hat das Konsequenzen für sein Verhalten, für seine Sprachfähigkeit und auch für seine Kleidung. Ich kann mich nicht mit jemandem unterhalten, der mir mit der Faust droht. Ich kann mich nicht mit jemandem unterhalten, der keine meiner Sprachen spricht und als Teilmenge davon, ich kann mich auch nicht nur mit einem Augenpaar unterhalten.


    Das hat den einfachen Grund: Ich bin hier so erzogen worden. Nicht im Orient, wo solche Leute zuhauf rumlaufen. Und jetzt frage ich nochmal: Wenn es verboten wird, vollverschleiert am Schulleben teilzunehmen, exkludiert dieses Verbot, oder gibt es einen deutlichen Hinweis auf den Weg, sich zu inkludieren? Man darf nicht Actio und Reactio verwechseln: Das Verbot ist die Reaktion auf den Versuch einer Frau es auf diese Art zu probieren. Und das die Religion mal wieder als Rechtfertigungsdeckmäntelchen dafür herhalten muss: irgendwann verliert ein Messer durch übermäßigen Gebrauch seine Schärfe. Das wird so oft hervorgekramt, oft genug nur um dem Gegenüber den Eiertanz durch das Minenfeld von Diskriminierung und religiöser Intoleranz aufzuzwingen. Irgendwann erschöpft sich meine Geduld, dieses Argument ernst zu nehmen. Was schade ist, denn in Einzelfällen mag es ja dennoch stichhaltig sein.


    Nun gut, mein Satz oben ist missverständlich. ich meine nicht ALLE Verbote. Es geht um solche Dinge, die uns fremdartig sind (sich vollkommen verschleiern) und die dann durch Verbote nicht zur Inklusion führen. Ich wollte mich eigentlich auf das Beispiel in dem Artikel beziehen.Wenn die Frau SO nicht in die Schule darf, dann wird sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ihren Kleidungsstil ändern, sondern einfach von der Schule und evtl. anderen Einrichtungen fernbleiben. Das meinte ich und ich denke, es ist der falsche Ansatz.

    Integration von Menschen fällt mir - als Frau - dann schwer, wenn mir nicht mit Respekt begegnet wird. Warum sollte ich jemanden mit offenen Armen empfangen, der mich aufgrund meines Geschlechtes diskriminiert? Meine (weiblichen) Vorfahren haben hart gekämpft für die Gleichberechtigung, die ich hierzulande genieße. Sie ist, gemessen am Rest der Welt, keine Selbstverständlichkeit. Ich musste für sie nicht selbst kämpfen, aber sie mir und meinen Nachkommen zu erhalten, das halte ich für meine Aufgabe. Damit komme ich aber in Konflikt mit Männern, die ihren Ehefrauen hierzulande nicht die Rechte gewähren, die ihnen durch unser Grundgesetz zugestanden werden. (Und sie übrigens mit dem Gesetz.)


    Niemand verlangt von Ihnen, dass Sie sich von Männern diskriminieren lassen müssen. Wenn jemand Sie nicht mit Respekt behandelt, dann ist das nicht in Ordnung. Aber eine verschleierte Frau handelt ja Ihnen gegenüber nicht respektlos, nur weil sie verschleiert ist.

    Fakt ist, egal wie man persönlich darüber denkt, dass die Mehrheitsbevölkerung Gesichtsverschleierung und auch Kopftuch ablehnt. Realistisch gesehen haben - zumindest bei uns - Mädchen mit Kopftuch null Chancen auf einen Ausbildungsplatz. Wir raten inzwischen - obwohl ich mich nicht 100% wohl damit fühle, offen dazu, das Kopftuch abzulegen, weil es keinen Sinn macht, Tatsachen zu ignorieren. Burkas sind hier zum Glück noch nicht aufgetaucht - da gäbe es vermutlich nicht mal mehr Praktikumsplätze. Tragisch ist das dann, wenn ein Mädchen eine Ausbildung machen möchte, die Familie dahinter steht - das Kopftuch aber im Weg ist.


    Die Diskriminierung am Arbeitsmarkt trifft junge und alte Menschen, Frauen, Migranten und Menschen aus "Problemvierteln". Das bedeutet natürlich, dass gerade muslimische Frauen ein unglaubliches problem am Arbeitsmarkt haben. Man sollte ihnen DAS natürlich nicht verheimlichen und ihnen den Tipp geben, dass sie ohne Kopftuch womöglich ihre Chancen erhöhen können. Das ist ja aber auch was anderes, als einfach aus Prinzip das Kopftuch abzulehnen. Aber zurück zum Artikelthema: bei der Mutter, die sich verschleiert, kann man nicht realistisch darauf hoffen, dass sie ihre Tradition ohne weiteres aufgibt. Der Säkularisiierungsprozess wird auch diese Gesellschaftsschichten, aber wohl erst merklich in späteren generationen.



    Ihre Analyse finde ich gut. Wohlstand, Sicherheit, Bildung und Lebensqualität sind die Türen zu einer aufgeklärten Haltung. Menschen mit Existenzängsten klammern sich häufig an traditionelle Auffassungen von Familie, Religion und Tradition. Die Frage ist also nicht, was wir verbieten sollten, sondern, wie wir soziale Ungleichheit bei Migranten abbauen können.


    Wenn wir die Exklusion verbieten, weil wir die Inklusion fördern wollen, ist das dann ein Paradoxon oder eine Ausnahme deiner Regel? Ich habe der Muslima den Gesichtsschleier nicht angezogen. Das war sie selbst. Wer exkludiert (sich) hier? :huh:


    Es geht nicht darum Exklusion zu verbieten. Es geht um Verbote, die Integration fürdern sollen, aber genau den gegenteiligen Effekt, nämlich Exklusion haben. Wenn Sie der Muslima verbieten, sich zu verschleiern, dann schließen Sie sie an der gesellschaftlichen Teilhabe aus = Exklusion. Sie will ja zu den Elterngesprächen kommen, also teilnehmen. Das darf sie aber nicht, weil sie sich nicht so kleidet, wie Sie das wollen. Dann hat sie die Wahlzwischen Exklusion oder aufgabe ihrer religiösen Identität und das ist für traditionenverankerte Bevölkerungsschichten ein riesiger Schritt, der wohl nur über mehrere Generationen, verbunden mit gesellschaftlichem Aufstieg erreicht werden kann.


    Die Gastarbeiter waren deshalb besser integriert, weil sie auf eine ganz andere Willkommenskultur gestoßen sind. Die wurden angeworben und vom Staat umworben und auch die Bevölkerung in Deutschland hatte wegen dem Wirtschaftswunder kein Problem damit. Es ging ja allen gut. Außerdem wurde ja angenommen, dass die Leute wieder gehen. Aber irgendwann zeichnete sich ab, dass da einige in Deutschland bleiben wollen und zack: Anwerberstopp.


    "und ganz ehrlich bei vielen habe ich nicht das gefühl, dass ihnen auch nur im entferntesten daran liegt sich hier zu integrieren.
    man genießt die vorzüge dieses landes, aber findet ganz toll was erdogan in der türkei so treibt."
    --> Ihr Gefühl ist aber kein Beweis dafür, dass es tatsächlich so ist. Woher wissen Sie denn, wie integrationswillig eine Familie ist oder auf welche Schwierigkeiten sie stößt? Wenn man ständig auf Unverständnis und institutionelle Diskriminierung stößt, kann ich mir gut vorstellen, dass die Integration auch darunter leidet. "Integration ist keine Einbahnstraße" wird ständig gesagt. Dann handeln Sie doch auch danach. Nehmen Sie die Person dort auf wo sie steht, mit Verschleierung. Dann wäre schon mal der erste Schritt getan, um Offenheit zu erzeugen.


    Außerdem bedeutet Integration ja nicht gleich Aufgabe der eigenen identität. Eine pluralistische Gesellschaft kann es aushalten, wenn Leute zu Hause ihre Sprache pflegen und draußen mit Kopftuch rumlaufen wollen. Nochmal: Ich finde das aus religionskritischer Sicht auch nicht gut, aber durch Verbote grenzt man die Leute nur weiter aus.


    "ich selbst habe eine ganze zeit in einem muslimischen land verbracht. ich habe die sprache gelernt und mich versucht anzupassen."
    --> Sie können nicht so einfach von sich auf andere schließen. Ist Ihre Situation denn gleich mit der einer muslimischen Arbeiterfamilie in Deutschland? Ich glaube nicht.
    Außerdem ist Sprache lernen eines, was ganz anderes ist es aber, der Muslima zu verbieten, sich so zu kleiden, wie ihre Religion das vorschreibt. Auch wenn es Ihnen und mir nicht passt, sie wird sich trotzdem so kleiden und dann eben auf die Teilhabe bei Elterngesprächen verzichten. Dann zieht siesich eher weiter aus der Gesellschaft zurück, wir erreichen also genau den gegenteiligen Effekt. Haben Sie sich denn einen Vollbart wachsen lassen und Ihrer Frau ein Kopftuch aufgesetzt?


    "wozu braucht man dann auch deutsch, wenn ich alles in meiner muttersprache erledigen kann" Sind Sie dann auch dagegen, dass es Asia-Lebensmittelläden gibt, in denen die Produkte in chinesisch und japanisch ausgestellt sind?

    Ich finde es erschreckend, dass sich hier einige Kommentatoren sehr ausgeprägt xenophobisch und sexistisch äußern.


    1. Man kann mit einer verschleierten Frau genauso reden, wie mit einer nicht verschleierten. Wenn man diese Frauen von der Schule verbannt, grenzt man die Leute doch nur noch weiter aus. das ist dann gaaaanz toll für die Integration.


    2. Zu sagen, dass sich Frauen anziehen, als kämen sie vom "Babystrich" ist ungemein sexistisch. Hier wird moralische Diskurshoheit darüber beansprucht, was sittlich ist. Wenn man den Gedanken zu Ende führt sind Frauen dann letztlich selbst schuld, wenn sie sexuell belästigt werden. Ein absolutes no-go!


    3. Alle Religionen arbeiten mit der Idee, dass Männer irgendwie mehr wert seien als Frauen. Diesen Gedanken teile ich nicht. Es ist aber niemandem damit geholfen, Verschleierungen zu verbieten. Das ist so eine dämlich polemische Argumentationsweise, die auf der Annahme basiert, dass es simple Lösungen auf komplexe Problemstrukturen gibt. Die Lösungen sind aber ebenfalls komplex, brauchen Zeit und lassen sich nur sehr vage steuern. Die wichtigsten Faktoren, dafür, dass die religiöse Niedrighaltung der Frauen aufhört, sind: Bildung, Integration, Toleranz und ganz allgemein die Beseitigung der sozialen Ungleichheit bei Migratenfamilien. Dazu gehört an den Schulen eine gezielte Förderung von leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern, sodass der Anteil der Migrantenkinder an den Gymnasien steigt. Das ist nicht allein Aufgabe der Schule, aber eben zu einem gewissen Anteil. Durch erhöhte Bildung und den damit verbundenen, verbesserten Chancen am Arbeitsmarkt, gelingt vielleicht ein sozialer Aufstieg im Vergleich zur Elterngeneration, sofern die direkte und indirekte Diskriminierung von Menschen mit auslädisch klingendem Namen unterbunden wird. Dadurch erleichtert und beschleunigt sich der Integrationsprozess. Erhöhte Bildung, erhöhte Lebensqualität und erhöhter Wohlstand führen dann auch zur Akzeptaz säkularer Werte. Sie werden sehen, dann verschwinden irgendwann die Kopftücher von ganz alleine oder aber sie bleiben, werden aber nicht mehr derart erzwungen und haben eine eher kulturelle denn religiöse Bedeutung. Eine solche Veränderung dauert sehr lange, sicherlich noch 2-3 Generationen, bis wir überhaupt erst mal was davon merken.


    Bis dahin müssen wir Toleranz zeigen, auch wenn wir persönlich nicht dieselben Werte vertreten. Durch Verbote erreichen wir keine Inklusion, sondern nur Exklusion.



    Grüße,
    NewTeach

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