Also, als Fremdsprachenlehrer (Sek.II) mit längerer Auslandserfahrung im und nach dem Studium bin ich natürlich der Meinung, dass hervorragendeSprachkompetenz, gestützt durch längere(n) Auslandsaufenthalt(e),durchaus eine wichtige Basis für den guten Fremdsprachenunterricht sind. Ich kann auch jedem nur raten, dies nicht zu unterschätzen. Die Gründewurden ja schon genannt.
So, in der Alltagspraxis, die ja bekanntlich gerade im Schulwesen häufig weit vom Idealbild oder auch nur von einem wünschenswerten Minimalansatz entfernt ist, kann man das aber auch ein wenig nüchterner betrachten. Ich glaube, wir dürfen uns da selbst nicht überschätzen. Woliegen denn die konkreten Vorteile im Auslandsaufenthalt:
* sprachliche Kompetenz
Wenn man einen Auslandsaufenthalt ernst nimmt, wird man mit sehr hoher Souveränität im Gebrauch der Fremdsprache nach Hause kommen. Das betrifft dann Grammatik, Ausdruck und Aussprache ebenso wie die Pragmatik. Es gibt wohl keine Methode, die so effektiv den Sprachgebrauch voranbringt. Das heißt aber nicht, dass es ausgeschlossen ist, ein entsprechendes Niveau auch ohne Auslandsaufenthalt zu erreichen, wenn man die nötige Begabung hat. Bei mir hätte sie evtl. nicht gereicht, aber ich möchte nicht ausschließen, dass es solche Fälle gibt. Gleichzeitig gibt es auch diejenigen, die ihr gesamtes Auslandsjahr nur mit anderen deutschen Austauschstudenten verbringen und deren Kommunikation in der Fremdsprache sich auf die allernötigsten
Alltagsgeschäfte (quasi A2-Niveau) beschränkt. Die werden dann auch nichts davon haben.
* Landeskunde
Der Vorteil des Auslandsaufenthalts besteht ja nun nicht unbedingt darin, dass man plötzlich viel mehr über die Geschichte oder das polit. System des Ziellandes weiß (sog. "Realienkunde"), sondern dass man ein grundlegendes Verständnis für die Alltagskultur und die kulturelle Identität eines Landes entwickelt (=interkulturelle Kompetenz). Dieses Verständnis kann man dann häufig nur schwer verbalisieren, wenn man sich nicht parallel dazu auch theoretisch oder wissenschaftlich mit diesem Gebiet beschäftigt. Ein solches Verständnis bereichert natürlich den Fremdsprachenunterricht, weil man ihn unter diesen Umständen vermutlich
ganz anders aufzieht und ausrichtet als nur die reine Sachinformation in den Mittelpunkt zu stellen. Aber auch das setzt natürlich persönliches Interesse und Engagement voraus, das man wohl nicht hat, wenn man nur ins Ausland geht, weil "man das halt so macht als Fremdsprachenlehrer"
* persönliche Kompetenz
Die Auslandserfahrung macht in aller Regel souveräner, selbstbewusster und flexibler. Keine Frage. Aber das sind natürlich alles Eigenschaften, die jedem Lehrer gut zu Gesicht stehen würden, also nicht auf den Fremdsprachenlehrer beschränkt sind. Die interkulturelle Kompetenz hingegen, die ich oben schon angesprochen habe, sind eng mit einem bestimmten Verständnis von Fremdsprachenunterricht verbunden, das meiner Ansicht nach die Voraussetzung für "guten" Fremdsprachenunterricht ist.
Aber auch diese Kompetenz kann man sich sicherlich mit einiger Mühe aneignen, ohne ins Ausland zu gehen.
Fazit: (Fast) jeder Fremdsprachenlehrer wird von einem Auslandsaufenthalt profitieren, wenn er ihn denn mit der richtigen
Eisntellung antritt. Ich würde sogar so weit mitgehen, dass man eine gewisse Qualitätsstufe nur mit dieser Erfahrung erreichen kann (- von ganz vereinzelten Ausnahmen vielleicht abgesehen). Allerdings kann man natürlich auch ohne Auslandsaufenthalt Fremdsprachenlehrer werden und vermutlich muss das auch gar nicht heißen, dass man dann ohne Ausnahme ein Leben lang ein schlechter Fremdsprachenlehrer bleibt.