Beiträge von Moebius

    Ich glaube, die großen Fälle der letzten zwei Wochen zeigen ziemlich genau, wo die potentiellen Probleme liegen:

    - große Schlachthöfe, mit hunderten schlecht bezahlter osteuropäischer Arbeiter, die in prekären Verhältnissen leben und nach belieben von ihren Sklaventriebern Arbeitgebern zwischen den Schlachthöfen hin und her geschickt werden

    - Sekten, die sich einen Scheiß um Vorgaben unseres Staates scheren (bei der ersten der beiden betroffenen Gruppierungen weiß man inzwischen, dass 150 (!) Menschen am fraglichen Gottesdienst teilgenommen haben, Fotos vom "Gebetshaus" sind überall in den Medien - es handelt sich um eine Etage in einem ganz normalen Mehrfamilienhaus. Und die Gemeinschaft behauptet immer noch, es wären "alle Vorgaben eingehalten worden" ... bitte?!?)

    - ein Restaurant, das von jemandem Betrieben wird, von dem man hinterher feststellt, dass er "aus in der Person liegenden Gründen keine Gastronomie betreiben darf", in dem am Vorabend der offiziellen Wiedereröffnung offensichtlich bereits eine Party stattgefunden hat.

    - "Einige Großfamilien", die im "Familienkreis" Feiern gefeiert haben - mit 150 Teilnehmern, während rechtlich maximal 10 Personen aus maximal 2 Haushalten zugelassen wären.

    Das aktuelle Prozedere läuft ja unter "hammer and dance", also dem tänzelnden Vermeiden von Neuinfektionen durch geschicktes Ausweichen und dem Zuschlagen, da wo es zur Eindämmung nötig ist. Beim zweiten Punkt hapert es aktuell offensichtlich ganz gewaltig.

    Ein Corona-Test dauert von Probeentnahme bis vorliegen des Ergebnisses 24-48 Stunden, der rein technische Ablauf, nachdem die Probe im Gerät ist bereits 5 Stunden. Er erscheint mir auch zweifelhaft, dass die Geschichte so stimmen kann, das heißt aber gar nichts, weil es natürlich unendlich Möglichkeiten für Missverständnisse, etc. gibt. Es ist auch eigentlich nicht relevant, weil es völlig unbestritten ist, dass es tragische Fälle bei Corona-Erkrankungen gibt.

    Die Krankheit wird nicht dadurch schlimmer, dass jemand tragischen Fall im persönlichem Umfeld postet und sie wird nicht dadurch harmloser, dass man Fälle raussucht, wo 100jährige genesen sind.

    Man könnte auch sagen: Moral IST das Ergebnis nüchterner Überlegung.

    Nüchtern im Sinn von alle Implikationen eines Themas betrachtend, und nicht beurteilend, wie es eben in der öffentlichen Debatte gern getan wird, indem man den Wert eines Menschenlebens an seiner Verwertbarkeit und in Relation zu anderen Leben misst.

    Dein Standpunkt hat nichts mit Nüchternheit und auch nichts mit Moral zu tun.

    Er beruht schlicht darauf, dass du dich von Corona subjektiv am meisten bedroht fühlst.

    Die anderen Dinge die hier genannt wurden, wie die vielen Toten durch die indirekten Folgen des Lockdowns, sind auch ganz nüchtern betrachtet Teil der Problematik. Du wischt diese Dinge nur deswegen weg, weil sie dich persönlich nicht betreffen. Das ist menschlich verständlich, aber ganz sicher nicht moralisch.

    Mit Moral hat das gar nichts zu tun, nur mit nüchternen Überlegungen.

    Ich denke, wir würden hier ganz anders denken und reden, wenn wir alle New Yorker wären. Vielleicht muss man tatsächlich erst geliebte Menschen verlieren, damit man aufhört, diese Krankheit mit Verkehrsunfällen aufzuwiegen und zu relativieren.

    Zynismus ist halt gesellschaftsfähig geworden. Mir hat übrigens ein Kind aus meiner Klasse erzählt, dass ein enger Angehöriger von ihm an Corona gestorben sei. Als ich das einer Kollegin erzählt habe, meinte diese nur, dass dieser Mensch dann eben wohl an etwas anderem gestorben wäre ... ohne Worte.

    Vielleicht entscheidest du dich mal.

    Blöd nur, dass wir bei Halbierung der Gruppen nicht doppelt so viele LehrerInnen am Start haben🤣. Und selbst, wenn nicht jede Gruppe halbiert werden muss, wird es mit den Deputatsstunden nicht ausreichen. Wird eigentlich dann mal eben die Lehrer-Schüler-Relation geändert?

    Regelbetrieb heißt nicht halbe Gruppen.


    Wie möchte Herr Wassmuth (lustiger Schreibfehler in dem Artikel übrigens ;-)) denn feststellen, welche Lehrkräfte "Defizite im digitalen Bereich" haben? Sollen wir alle 'nen Test machen um 'rauszufinden wer "fit" ist und wer nicht???

    Ich empfehle im Ministerium die Emailadresse ein zu richten und alle Lehrer zu verpflichten, bis zum 1.7 an diese eine Email mit dem Text "Hallo, ich bin *** von der Schule *** und ich kann eine Email schreiben" zu schicken. Mit denen, die das nicht fristgerecht hinkriegen, könnte man einfach mal anfangen.

    Sowohl Streeck als auch Drosten haben sich freiwillig in eine recht exponierte Position in der Öffentlichkeit begeben und dann erwartet, dort behandelt zu werden, wie unter Fachkollegen. Ihre fachliche Qualifikation stellt das nicht in Frage. Aber unabhängig davon ist jeder Mensch auch anfällig für persönliche Eitelkeiten. Bei Streeck hatte ich immerhin den Eindruck, dass er relativ schnell realisiert hat, dass er da doch als Person anders in den Fokus gerät, als er es vielleicht intendiert hatte, und sich darum etwas zurückgezogen hat. Er hat aber am Anfang natürlich auch direkt ziemlich drauf bekommen.

    Wo kommt denn nur all dieser Ethos gerade her?

    Der kommt immer gerne, wenn man glaubt in einer Diskussion eher durch moralische Überlegenheit punkten zu können, als durch inhaltliche Argumente.

    Und das schöne ist, dass sich jeder die Toten raussuchen kann, die zu seiner Position passen. Wenn man für mehr Beschränkungen ist, sind das dann halt die Risikogruppen hier, wenn man für schnellere Lockerungen ist, kann man auf die 1,2 Millionen toten Kinder verweisen, die letzte Woche in einem UN Bericht als indirekte Opfer der Folgen der Corona-Epidemie erwartet wurden, weil ein Großteil der Programme zum Impfen und Gesundheitsschutz in Entwicklungsländern eingestellt wurden. Die hängen nämlich zum Beispiel ganz massiv am Flugverkehr und der Reisefreiheit der Helfer.

    Falls das Unternehmen jetzt Zugriff auf unsere Daten hat, wird es erfahren, wie man Dezimalzahlen multipliziert, Fragen im Simple Past bildet oder einen inneren Monolog schreibt. So what???

    Oder es weiß, dass du dich bei deinem privaten Gespräch über deine Urlaubsplanung mit deiner Freundin über die mecklenburgische Seenplatte unterhalten hast. Und weil das Unternehmen seine Daten an Google verkaufst kriegst du ab morgen passgenaue Werbung für Ferienhäuser in Ostdeutschland.

    Das die eigene Fantasie nicht ausreicht, um sich Beispiele zu überlegen, bei dem ein Verzicht auf den Schutz der eigenen Daten negative Folgen für einen selber hat, kann auch an der begrenzten eigenen Fantasie liegen.

    Die "Maßnahme" war, dass Fleischereibetriebe und Flüchtlingsunterkünfte "rausgerechnet" wurden, dann stimmte die Quote wieder. Begründung - die haben eben keinen sonderlichen Kontakt nach außen hin (was sogar den Tatsachen entsprechen dürfte).

    Das stimmt nicht, auch mit allen größeren Ausbrüchen gibt es seit 1 oder 2 Tagen keinen Landkreis mehr, der über die Grenze kommt (vor einer Woche waren es noch fünf). In einem Landkreis hier in der Nähe gab es einen Ausbruch mit 100 Infizierten im Schlachthof, bei 300k Einwohnern kommt man dann auf 33, mit den weiteren Infizierten außerhalb auf 35 pro 100 000.

    Es waren schon infizierte Schüler oder auch Lehrer in Schulen, was bisher aber eben nicht zu einem massenhaften Ausbruch mit dutzenden Infektionen geführt hat, sondern immer nur zu maximal einer Hand voll oder Einzelfällen. In so fern ist die Realität im Augenblick einfach, dass das Containment-Konzept in der Schule bisher funktioniert.

    Die rumänischen Schlachthofmitarbeiter gehen definitiv mit in die deutsche Statistik ein.

    Ich meine mich zu erinnern, dass in D einfach nur anonymisierten die Zahl der positiven Tests gezählt werden, so dass mehrfach Getestete auch unter Umständen mehrfach in die Statistik eingehen können, das aber ohne Gewähr.

    Nachtrag: Bei dem Gottesdienst der Baptistengemeinde haben sich inzwischen 107 Personen angesteckt. Als im Köllner Dom die erste Messe stattgefunden hat, durften 70 (?) Personen teilnehmen, da man mehr nicht unter Einhaltung der Abstandsregeln unterbringen konnte. Wenn die Gemeinde also nicht gerade eine Messehalle gemietet hat, brauch mir keiner mit "wir haben uns aber an die Sicherheitsvorgaben gehalten" zu kommen, selbst wenn unter den Infizierten schon Folgeinfektionen enthalten sind.

    Die angemessene Reaktion wäre eigentlich, alle Mitglieder der Gemeinde unter häusliche Quarantäne zu stellen (auf wahrheitsgemäße Teilnehmerlisten würde ich da nicht setzen) und jegliche weitere Gottesdienste in dieser Gemeinde zu unterbinden, bis die ganze Region mindestens 2 Wochen Corona-frei ist, notfalls mit polizeilichem Zwang. Genau hier hakt es meiner Befürchtung nach dann in Deutschland - wir haben vernünftige Regeln und zu 90% vernünftige Menschen, aber ein Durchsetzungsproblem bei den übrigen 10%.

    Jeder Vergleich passt nur begrenzt und hinkt an anderen Stellen gewaltig.

    Es ist nur so, dass der Mensch große Probleme damit hat, ein statistisches Risiko auf sich selber runter zu brechen, gerade wenn es um Dinge geht, die in den Medien sehr präsent sind. Da hilft so ein Vergleich dann doch etwas bei der Einordnung.

    Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es bei den Eindämmungsmaßnahmen zu keinem Zeitpunkt um das persönliche Risiko einzelner ging, sondern immer um die gesamtgesellschaftlichen Folgen.

    Zoom hat lediglich einen bestimmte Datenweitergabe an Facebook beendet. Es bleibt das Grundproblem, dass Zoom ein gewerblicher Anbieter ist, dessen Geschäftsmodell darauf beruht eine Dienstleistung gratis an zu bieten und sein Geld dann mit den Daten der Nutzer zu verdienen.

    Jitsi und BigBlueButton sind Open Source Projekte ohne Gewinnerzielungsabsicht.

    Weder der Gottesdienst einer evangelikalen Kirche für russischstämmige Auswanderer noch eine Veranstaltung einer Kneipe in Leer sind repräsentative Beispiele für den Rest in Deutschland. Beide können noch so sehr behaupten, sie hätten sich an alles gehalten, genau daran habe ich doch ganz erhebliche Zweifel. Zu den fundamentalistischeren religiösen Gemeinschaften habe ich mich schon geäußert, als Gottesdienste wieder erlaubt wurden, da wird man ein Einhalten der Regeln nur erzwingen können, wenn man die Polizei direkt mit daneben stellt. Und bei der Geschichte in Leer lese ich immer wieder, die Infektion hätte sich beim "Preopeneing" ereignet, was wahrscheinlich eine Umschreibung für "wir haben schon mal Party gemacht, bevor wir es eigentlich durften" ist. Und da soll ich glauben, dass man sich an alle anderen Sicherheitsregeln gehalten hat?

    Man muss sich die Fälle angucken und man muss auch seine Schlüsse daraus ziehen. Um ein generelles Problem daraus zu machen taugen beide Fälle nicht.

    Man sollte sich klar machen, dass wir mit den aktuellen Neuinfektionszahlen und der bekannten Mortalitätsrate in einem Bereich sind, wo etwa genau so viele Menschen an Covid19 sterben, wie im Straßenverkehr (wobei sehr unterschiedliche Gruppen betroffen sind). Damit ist Covid19 jetzt nicht harmlos. Ich schnalle mich ja auch an, fahre ein Auto mit vernünftiger Sicherheitsausstattung und achte darauf, dass sich meine Schüler an der Bushaltestelle vor der Schule vernünftig benehmen.

    Ich bleibe aber nicht zu Hause oder kriege Panik wenn ich vor die Tür muss, weil ich sofort Bilder im Kopf habe, wie ich von einem LKW überrollt werde. Und ich poste auch keine Artikel im Internet darüber, wie gefährlich die Peruanischen Andenstraßen sind um damit zu begründen, dass man den Verkehr in Deutschland noch viel stärker einschränken müsste.

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