Beiträge von Valerianus

    Bei einer Examensarbeit oder Masterarbeit geht es darum, dass der Student zeigt, dass er die Fachmethodik beherrscht, das inhaltliche Thema ist ziemlich nachrangig, wenn man Glück hat darf man kleinere Studien machen, die genau ins Forschungsgebiet eines Doktoranden fallen, dann kommt man am nächsten an echte Forschung heran. Das ist übrigens völlig unabhängig davon welcher Fachbereich und wer denkt die eigene Examensarbeit sei irgendwie "mehr wert" gewesen ist hoffentlich danach gefragt worden, ob er am Lehrstuhl bleibt.

    Wenn es nämlichdarum geht etwas inhaltlich wirklich Neues zu erforschen, braucht man die Dissertation, dafür ist die da, also nervt den armen Threadersteller nicht.:zungeraus:

    Bei den U Untersuchungen wird der Sprachstand erhoben und bei der Eingangsuntersuchung im Gesundheitsamt auch, zumindest für die Sachen beim Kinderarzt ist das auch deutschlandweit einheitlich. Es müsste halt Folgen haben, wenn man merkt, dass sich ein Kind nicht vernünftig entwickelt, aber dafür bräuchte man erst einmal genug Plätze in der Kita um das optimalerweise schon ab 3/4 Jahren auffangen zu können mit verpflichtendem Kitabesuch und dann begleitend wieder Vorschule, wenn man zur Einschulung hin immer noch merkt, dass es schwierig wird. Flankiert mit ganz viel Begleitung für die Eltern für Zuhause.

    Der Betreuungsschlüssel in den 50ern war bestimmt nicht besser als heute und damals war Wiederaufbau nach einem Krieg angesagt, trotzdem gab es weniger funktionelle Analphabeten nach der Volksschule als heute, vermutlich sogar weniger als solche die heute Abitur machen. Über Sprachförderungsangebote in Bezug auf Migration kann man dabei auch reden, ich sehe gerade bei meinen eigenen Kindern in der Klasse auch genug "biodeutsche" Kinder mit Schäden durch zu viel Bildschirmzeit. Die Testung sollte für alle sein, die Förderung dann nach Bedarf und verpflichtend...

    Ich habe mir die Doku gestern auch angeschaut und auch wenn ich verpflichtenden Sprachtests und einer ggf. daraus folgenden Vorschul-/Schulkindergartenpflicht offen gegenüberstehe, sind bei mir ein paar große Fragezeichen offen geblieben:

    1.) Ich habe mir gerade historische Zahlen für BW rausgesucht und aktuelle Zahlen für ganz Deutschland. In den 50er Jahren standen für ca. 60% der 3-6 Jährigen Kitaplätze bereit, für U3 hätten ca. 1-2% der Kinder einen Betreuungsplatz bekommen. Im letzten Jahr besuchten 91,3% der 3-6 Jährigen eine Kita und 37,4% der U3 Kinder. Die Idee, dass mehr Kitaplätze das Problem lösen, scheint mir angesichts der Zahlen nicht direkt einsichtig. Irgendwas scheinen die Eltern damals richtig gemacht und heute verlernt zu haben.

    2.) Es wird als große Frage aufgeworfen, was Kinder zu Schulbeginn können sollten und dass es da keine einheitliche Festlegung gibt. Ich kann problemlos rausfinden, was der Kinderarzt bei den U-Untersuchungen abprüft und was das Gesundheitsamt bei der Schuleingangsuntersuchung haben möchte. Das Problem ist doch nicht, dass man vergessen hat die Kinder zu testen, das Problem ist, dass daraus absolut gar nichts folgt.

    3.) Man hatte in fast allen Bundesländern früher solche Dinge wie Schulkindergärten/Vorschule etc. und hat das aus Kostengründen eingestampft. Das wieder aufzubauen ist angesichts des Personalmangels gerade in den Grundschulen eine Mammutaufgabe, die mindestens ein Jahrzehnt dauern wird.

    Offtopic: Die Anforderungen für die Rettungsfähigkeit in NRW finden sich hier. Hab schonmal in einem anderen Thread darüber gelästert, das ist nicht einmal Rettungsschwimmer Bronze Niveau.

    Die Kollegin hat aber auch gar nicht vor diese Rettungsfähigkeit nachzuweisen (sonst könnte sie hinterher tatsächlich mitfahren, das möchte sie ja gar nicht).

    Vielleicht zur Information: Es geht um eine Kollegin, die die Fahrt nicht begleiten möchte aus anderen Gründen (die definitiv nicht rechtfertigen, dass sie nicht mitfährt), aber das erschien mir der einfachste Weg raus zu sein. Mein Problem sind sich widersprechende Informationen. Die juristische Antwort (Philologenverband) sagt ganz klar, dass alle aufsichtsführenden Personen die fachlichen Voraussetzungen erfüllen müssen und dass in juristischen Texten wenn "eine" als 1 gemeint ist, das auch explizit ausgeschrieben wird, um Missverständnisse zu vermeiden. Die Unfallkasse NRW sagt, dass das in der Regel so ist, bei entsprechender Gefährdungsbeurteilung aber auch eine rettungsfähige Person reicht.

    Die Schulleitung kann natürlich zu Klassenfahrten verpflichten, sie kann genauso selbstverständlich dazu verpflichten, dass man fachfremd Unterricht erteilt, aber bei solchen sportlichen Fahrten sehe ich zum einen gewisse persönliche Grenzen (z.B. Nichtschwimmer auf Segelschiff -> Angst) und Aufsichtsprobleme (Schüler fällt ins Wasser, andere Lehrkraft ist gerade auf Klo).

    An unserer Schule gibt es aktuell Diskussion über die Auslegung der „Sicherheitsförderung im Schulsport“ (NRW) in Bezug auf Klassenfahrten. Wir planen eine Klassenfahrt auf Plattbodenschiffen, die von zwei Lehrkräften pro Boot/Klasse begleitet werden soll. Im Erlass steht dazu:

    „8.5.1 Fachliche Voraussetzungen: Eine Lehrkraft, die eine Segelfahrt auf einem Plattbodenschiff begleitet oder leitet, muss über die allgemeine Rettungsfähigkeit für Schulen verfügen.“

    Die Frage ist nun, ob das Wort „Eine“ zu Beginn als unbestimmter Artikel oder als Zahlwort zu verstehen ist, d.h. ob beide Lehrkräfte über die Rettungsfähigkeit verfügen müssen (unbestimmter Artikel) oder nur eine (Zahlwort).

    Ganz allgemein vielleicht auch noch die Frage: kann eine Lehrkraft dazu verpflichtet werden an sportlichen Fahrten (Wassersport, Wintersport, Bergwanderung) teilzunehmen, wenn sie keine Befähigung dazu hat?

    Zu 1) suck it up. Jeder SV Lehrer hat sicher pro Woche in den Pausen mehr dienstlich zu tun als die durchschnittliche Lehrkraft Aufsicht führt und genau das soll entlastet werden von ganz oben aus.

    Zu 2) unsere Stufenleitungen (je 2 pro Stufe) bekommen jeweils eine Entlastungsstunde und machen Aufsicht (Gymnasium, in der Oberstufe zwischen 120 und 140 SuS pro Stufe)

    Gerade Lehrer Schmidt ist doch ein super Angebot für Zuhause, wenn man nochmal Wiederholung für die Klassenarbeit braucht. Videos können passend pausiert werden und Übungen zur eigenen Bearbeitung stelle ich doch als Lehrkraft zur Verfügung.

    Aber auf die Idee das als Konkurrenz für Unterricht wahrzunehmen, wäre ich nie gekommen. Die Lernsequenzen bei Serlo sind auch keine Konkurrenz und die Aufgaben mit Lösungen bei Aufgabenfuchs genauso wenig. Aber als Ergänzung immer gern.

    Die Aussagen über die juristischen Kompetenzen der Bezirksregierung beziehen sich auf Aussagen von drei unterschiedlichen Juristen (einer Justiziar, einer selbst Lehrer, einer Richter am Verwaltungsgericht) aus Fortbildungen zum Schulrecht.

    Die Bezirksregierung winkt ganz oft Widersprüche durch, die in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht durch den Schüler verloren gehen würden.

    Der Ausschluss des Anscheinsbeweises ist auch eher grenzwertig. In Geschichte/Pädagogik/Sozialwissenschaften gibt es auch im Grunde immer dieselben Klausuren. A1 Materialanalyse, A2 Einordnung, A3 Beurteilung. Dafür auswendig zu lernen ist erst einmal nicht überraschend (vor allem für A2 wenn thematisch eingegrenzt) und absolut keine Täuschungshandlung. Ein abweichendes Schriftbild, ein anderer Stil oder auf einmal auffällig wenige sprachliche Fehler in A2 im Vergleich zu A1/A3 lassen doch eher auf Beschiss schließen, als wenn in A2 einfach nur ohne Materialbezug die Theorie abgeladen wird und man in EWH die Punkte zusammensuchen soll.

    P.S.: anderes Beispiel: ChatGPT in der Klausur genutzt, fällt bei 90% der Schüler dadurch auf, dass sich der Stil ändert und auf einmal keinerlei Rechtschreib- und Grammatikfehler mehr auftreten (vom Versagen der Aufsicht Mal abgesehen). Wenn einem der Anscheinsbeweis hier nicht reicht, befragt man den Schüler zu den entsprechenden Textstellen und findet doch recht zeitnah größeres Unwissen vor, als bei verständigem Lernen zu erwarten gewesen wäre (bei einer Kollegin hat ein Schüler sich den Chemietest von ChatGPT schreiben lassen).

    Ich hab während der Promotionsphase viel mit hochbegabten Kindern und Intelligenztests gearbeitet. Wenn jemand die Fähigkeit hat Probleme schnell zu erfassen und zu lösen (aka intelligent), dann kann der das üblicherweise auch bei sozialen Problemen oder bei Hausaufgaben oder Übungen oder oder oder. Die Person lernt auch sehr schnell, wie man Lehrern maximal auf die Nerven gehen kann, wenn das keine - für ihn persönlich nervigen - Konsequenzen hat.

    Der Ausgangspunkt war nicht, dass was du sagst Quittengelee , da bin ich nämlich völlig bei dir, natürlich verdienen die besten Schüler genauso viel Aufmerksamkeit wie die mittleren oder die schwächsten Schüler. Der Ausgangspunkt war, dass behauptet wurde, dass Hochbegabte mehr Aufmerksamkeit erfordern, weil sie anders denken würden, oft gelangweilt wären, etc. und das stimmt einfach alles nicht. Ein hochbegabtes, erzogenes und gelangweiltes Kind sucht sich eine andere Tätigkeit, macht mehr Aufgaben, spielt Käsekästchen, erledigt die Mathearbeiten Gruppe A für sich, Gruppe B für die beste Freundin und geht trotzdem 15 Minuten vor Schluss, aber es geht dem Lehrer nicht auf den Sack.

    Schulische Auffälligkeiten kommen überproportional häufig in Elternhäusern mit, eher kreativen Einstellungen zu Erziehung vor oder war irgendwer von euch schon jemals überrascht, wenn er bei einem Elternsprechtag die Eltern eines verhaltenskreativen Kindes das erste Mal getroffen hat? In Bezug auf die Intelligenz mag ich diesen Zusammenhang nicht erkennen, ich würde eher vermuten, dass ca. 2,3% der nervigen Kinder gleichzeitig auch hochbegabt sind. ;)

    Selbe Studie wie oben bereits verlinkt: manche Lehrer sind sehr gut darin und erkennen hochbegabte Schüler mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, andere könnten genauso gut würfeln. Beide Gruppen denken, sie könnten es ganz gut. 2 Standardabweichungen sind 2,3% Hochbegabte, in meiner Klasse sind elterndiagnostiziert fünf Hochbegabte, realistisch ist keiner von denen hochbegabt. Erstaunlicherweise sind das immer die Schüler die angeblich durch Übungen gelangweilt sind und wenn die zum Psychologen gehen kommt so ein bullshit wie "fast hochbegabt" oder "teilhochbegabt" raus, dabei ist die Diagnose eigentlich immer F91.X "nicht erzogen".

    Ich empfehle vielleicht als Einstieg lieber doch den Wikipediaartikel, bevor man nihilist verwirrte Smileys als Reaktion hinterlässt. Lehrkräfte die glauben, dass Hochbegabte in der Schule auffällig oft Probleme hätten, sind pädagogisch und psychologisch nicht hinreichend ausgebildet worden, das ist schlicht und einfach falsch und seit mindestens 30 Jahren widerlegt.

    Soziale Bezugsnorm ist schön und gut, aber kriteriale Bezugsnorm ist mit modernen Schulbüchern doch recht einfach. Ich hab meinem Mathe-LK (der gerne über Noten diskutieren wollte) immer gesagt: Wer sich falsch eingeschätzt fühlt: Der AFB I ist im Buch grün, der AFB II blau und der AFB III rot markiert. Eine 2 bedeutet, dass man (bis auf kleinere Fehler) alle Aufgaben vom Typ AFB I+II lösen kann, eine 1, dass man im Grunde alle Aufgaben lösen kann (nachdem das Thema behandelt worden ist). Anschließend gab es nie Diskussionen und es ist absolut nachvollziehbar wofür es die Sominoten gibt (da spielt noch ein bisschen mehr rein, natürlich). Anstrengung allein ist wirklich toll (und wird von mir sicher auch mit 1-2 Bonuspunkten belohnt), aber mit Anstrengung allein kommt der Fisch halt nicht auf den Baum.

    10-12% der Hochbegabten sind Underachiever, was häufig an mangelnden Lernstrategien liegt, so die Uni Würzburg:

    https://www.uni-wuerzburg.de/aktuelles/einb…r-kluge-koepfe/

    Ich weiß nicht, wie sich Hochbegabung anfühlt, aber ich vermute, dass sich eine starke Abweichung nach oben ebenso wie eine starke Abweichung nach unten vom Denken der Durchschnittsbevölkerung grundlegend unterscheidet.

    Da Schule ganz bestimmte Anforderungen stellt, zu denen wenig Problemlösen gehört und viel z.B. Textarbeit, würde es mich nicht wundern, wenn Langeweile ihr Übriges tut und das Kind durch die mittelmäßigen Noten in seinen Besonderheiten übersehen wird.

    Die von dir zitierte Studie hat massive methodische Mängel. Es werden zufällig 341 gymnasiale Schüler getestet, davon werden alle mit einem IQ > 120 als hochbegabt eingestuft, diese Hochbegabten haben dann einen Durchschnitts-IQ von 127, als Test für den Schulerfolg werden ein standardisierter Lese- und ein standardisierter 3,5min langer Arithmetiktest durchgeführt, die dann zu einem einzigen Schulleistungsscore zusammengemittelt worden sind. Wo fängt man da an? Bei den hochbegabten Schülern waren vermutlich 10 tatsächlich Hochbegabte dabei und die Messung von Schulleistung ohne Schulleistung zu messen ist auch grenzwertig komisch. Selbst wenn wir die 10-12% stehen lassen, was ist daran überraschend? Intelligenz ist der wichtigste Prädiktor für schulischen Erfolg, aber es ist keine 1:1 Vorhersage. Es gab vor ein paar Jahren eine Studie, die Intelligenz, standardisierte Tests und Abiturnoten mit einbezogen hat, da kam raus, dass die Intelligenz die standardisierten Tests gut vorhersagen kann, das Fähigkeitsselbstkonzept und die Motvation (aka Fleiß?) aber wichtiger für die Schulnoten waren.

    Bei Interesse:

    3) Die Anzahl an Erwachsenen, die erst später diagnostiziert werden, sagt was Anderes.
    Und wenn jedes Kind mit Schwierigkeiten, dem nicht geholfen ist, eins zuviel ist, gilt es auch für diejenigen mit vermeintlich hohem Potenzial. Potenzial braucht auf jeder Stelle der Skala Unterstützung zum Entfalten.

    Marburger Hochbegabungsstudie sagt was Anderes. Natürlich gibt es Einzelfälle die dann doch anders laufen, aber in dem Gebiet der Wissenschaft in dem wir arbeiten kann man eigentlich keine Aussagen über alle machen, sondern nur über Mittelwerte.

    Jedes Kind individuell zu unterstützen, gerade auch am oberen Ende der Skala (wird oft übersehen), ist aber natürlich trotzdem richtig.

    Ich hab in dem Thread schon einmal das entsprechende Urteil des BVerwG zitiert. Um es ganz offen und leicht verständlich zu sagen Wolfgang Autenrieth: deine Rechtsauffassung widerspricht so eklatant herrschender Lehre, dass sie absolut unvertretbar erscheint.

    Die Aussage eines Schülers, dass er zwei Seiten einfach auswendig gelernt hat und diese zuerst Mal ohne jeden Aufgabenbezug aufgeschrieben hat, ist ganz offensichtlich eine Schutzbehauptung, das würde nicht einmal in NRW von der Bezirksregierung kassiert werden und die ist oft ebenso unvertretbar schülerfreundlich, weil von Seiten der Schule ja keine Klage droht.

    Der VBE bietet übrigens regelmäßig Fortbildungen an, die von einem Verwaltungsrichter geleitet werden. Mir ging es auch nicht darum, dass meine Auffassung auf jeden Fall die richtige ist (das ist bei aktuellen juristischen Fragen dann selbst bei ausgebildeten Juristen eher selten), aber dass es eben auch deutlich andere Auslegungen gibt. Und für "zwingende dienstliche Gründe" empfehle ich eine ältere Entscheidung zu genau diesem Thema (nur in Bezug auf Richter, immerhin auch aus NRW): BVerwG 2 C 23.05

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