Beiträge von Morse

    Mein Arbeitgeber hat schon ein berechtigtes Interesse an guter Bildung der nachfolgenden Generation. Klingt aber so unsexy. Wen will man damit für die nächste Wahl hinterm Ofen verlocken?


    Da widerspreche ich nicht, aber das was der Arbeitgeber für "gute Bildung" hält, bzw. die Qualität, die er für zweckmäßig hält, ist in den Augen der meisten Kollegen keine "gute Bildung" oder zumindest nicht "gut genug".

    Beispiel: das wichtigste ist, dass der Unterricht statt findet, egal wie, egal von wem - quasi hauptsache "auf dem Papier". Man denke nur an aktuelle Threads wie "zwei Klassen gleichzeitig unterrichten".

    Das Thema "gute Bildung" lockt meines Erachtens schon viele Wähler hinter dem Ofen vor, vor allem Eltern mit schulpflichtigen Kindern, aber sog. "Wahlversprechen", auch wenn sie zum Wahlsieg führen, fechten das Prinzip des maximalen Profits nicht an. (Stichwort "Sachzwänge")

    Natürlich stehen sie vor der Wahl, wofür sie die Steuergelder, die sie einnehmen, ausgeben.

    Sie können damit die Kindergartenbetreuung kostenlos machen, wie jetzt in Berlin, oder das Geld benutzen, um mehr Erzieher einzustellen und den Betreuungsschlüssel zu verkleinern. Mal so als ein Beispiel. Sie könnten auch beides machen, aber dann können sie anderes nicht mehr finanzieren (mehr Stellen bei der Polizei, in der Justiz, in der öffentlichen Verwaltung, bei den Jugendämtern ... wo mangelt es eigentlich gerade nicht an Personal?).

    D.h. alle Steuergelder nur für die Lehrer auszugeben, ist unrealistisch. Weil Prioritäten gesetzt werden müssen und weil wir gut verdienen, bin ich dafür, jetzt massiv in bessere Arbeitsbedingungen zu investieren.

    Ich halte diesen vermeintlichen (chronischen) "Personalmangel" ja gar nicht für einen "richtigen" Mangel, sondern eine effektive Kalkulation (s.o.).

    Junge gegen Alte, Arbeitslose gegen Arbeitnehmer, Ausländer gegen Inländer, Wessis gegen Ossis, Männer gegen Frauen, Autofahrer gegen Radfahrer, Abba gegen Zappa, Dings oder Bums, Privatversicherte gegen ... usw. usw.
    Legitimationen dafür, mal bei der einen Gruppe die Schraube enger zu ziehen zu oder zu lockern, oder doch bei der anderen, finden sich immer. Als Folge des kapitalistischen Prinizips erscheinen mir diese Prozesse als sozio-ökonomische "Feinabstimmung". Die Zeitungen sind ja voll davon.

    Als Lehrer sind bessere Arbeitsbedingungen für Lehrer unser Interesse. Das schon.
    Aber weshalb sollte ein Arbeitgeber, der genau das gegensätzliche Interesse hat - sowohl was die unmittelbaren als auch die mittelbaren Lohnkosten betrifft - dem nachgeben? Aus welchem Grund?

    Ich teile Deinen Wunsch - besserere Arbeitsbedingungen - natürlich, aber diesen Gedanken, dass wir mit unserem Interesse, dass dem des Arbeitgebers so dermaßen entgegensteht, da überhaupt etwas zu mitzubestimmen hätten, geschweige denn eine Auswahl zu treffen zw. Löhnen und Arbeitsbedingungen, den halte ich für verkehrt. Das entspricht einfach nicht dem Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wünschen kann man sich immer viel, klar. Aber solche dezidierten Forderungen erwecken bei mir den Eindruck, dass man sich über dieses Verhältnis nicht im Klaren ist. Die Mitbestimmung ist in dem Maß vorhanden, in dem Man Druck ausüben kann. Nicht immer, aber meistens sitzt der Arbeitnehmer am längeren Hebel. Schon alleine dadurch, dass sein Profit durch die Anstellung des Arbeitnehmers, also die Rendite seiner Investition, überhaupt deren Bedingung ist.

    Zurück zum Thema: in den unterschiedlichen Methoden der Bundesländer auf den "Lehrermangel" zu reagieren meine ich auch ein ökonomisches Prinzip zu erkennen, auch wenn dessen Ergebnisse unterschiedlich ausfallen. So unterschiedlich wie die Bundesländer strukturiert sind. In B.-W. z.B. sagte die Ministerin, dass sie keine Strukturzulage für den ländlichen Raum gewähren möchte; andere Bundesländer tun dies - jeder aus den jeweiligen Gegebenheiten. Für mich ist das ein Austarieren mit dem Ziel maximaler Produktivität.
    Ich wiederhole mich jetzt schon ein bisschen aber wenn man dieser Beurteilung zustimmt, dass "Kosten sparen" (um mal eine geläufigere Formulierung zu benutzen) die oberste Priorität ist, dann kann man meiner persönlichen Meinung nach nicht auf diese Weise "fordern".

    Wenn so gefordert wird, scheint es mir zumindest oft, hält man die Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern nicht wirklich für Gegensätze, sondern - wenn auch keine Win/Win-Situation, dann doch schon irgendwie miteinander vereinbar.
    Als wären die "guten Arbeitsbedingungen" kein (bezahltes) Mittel zum Erreichen einer bestimmten gewünschen Qualität, sondern ein moralischer Selbstzweck.

    wie bereits gesagt... dann muss der "Arbeitgeber" eben wegen Inkompetenz dringend ausgetauscht werden.

    Das kommt darauf an aus wessen Perspektive man das beurteilt.

    Aus Sicht der KMs ist chronischer latenter Lehrermangel Ausweis einer produktiven Haushaltsplanung.

    Die Zwecke der Bildungspolitik kann man auch aufgrund der jahrzehntelangen Realität beurteilen anstatt eines Ideals, dessen überall erkennbaren Mangel man dann als "Inkompetenz" der Politik verstehen will.

    ...was in diesem Fall eben nicht geht.Es sollte in diesem Fall dem Arbeitgeber eher auf die Qualität der Leistung achten.
    Tut er das nicht, ist es an der Zeit, den Arbeitgeber "auszutauschen" - wegen Inkompetenz.

    Der Arbeitgeber achtet sehr wohl auf die Qualität, aber das bedeutet nicht, dass er stets die höchste Qualität (und deren Kosten) für seine Zwecke erforderlich hält.
    Ein Arbeitgeber benötigt eine bestimmte Qualität/Leistung und achtet auf das Verhältnis dieser zum Lohn.

    Bzgl. der Brennpunktschulen beurteilt der Arbeitgeber Gehaltszulagen als effektiver denn bessere Arbeitsbedingungen.
    Ich gebe Sofawolf insofern recht, dass man das auch anders beurteilen kann - wer kann das schon mit Gewissheit sagen - aber unsere Wünsche haben darauf keinen Einfluss, da der Arbeitgeber seine Interessen und nicht die der Arbeitnehmer vertritt.

    Das ist klar, @Morse und das sage ich immer dazu. Die von mir und vielen anderen (das imaginäre "wir") vertretende Position, lieber Arbeitsbedingungen massiv verbessern als einfach nur das Gehalt erhöhen, kostet auch Geld! Und weil das auch Geld kostet, sagen "wir", dass es jetzt dafür ausgegeben werden soll und nicht einfach nur für noch mehr Gehalt, was keines unserer Probleme im Schulalltag lösen würde.

    Das klingt so, als stünden die Regierungen vor einer Wahl "entweder oder".

    Aber ein Arbeitgeber will Lohnkosten weder direkt noch indirekt erhöhen, sondern senken.

    Das ist wahrscheinlich nicht die Antwort, die Du hören willst, aber dass Dich dieser "eher unterschwellige" Zweifel Deiner Schulleitung so mitnimmt, dass Du das "nicht vergessen" kannst, halte ich akut für das größere Problem.

    Die Lösung sehe ich in einem Gespräch mit der SL.
    Darin könntest Du:
    a) Ihr Dein Herz ausschütten, dass Du Dich falsch beurteilt und gekränkt fühlst
    b) Ihr die Meinung geigen
    c) Sie fragen, wie Du Dich ihrer Meinung nach verbessern kannst bzw. was überhaupt die Kritik ist

    Mit Gerenne meine ich nicht buchstäbliches Rennen im Gang sondern "mit Gitarre ins Erdgeschoss, anschließend mit den Atlanten in den dritten Stock und danach den Laptop suchen, zum Film gucken". Allein lassen kann man die Kids auch nicht wirklich, wir müssen uns die Klinke in die Hand geben aufsichtstechnisch.


    Vielleicht mit Klassen einüben, gemeinsam die Atlanten zu holen und zurückzubringen, wenn die Schule sich keine neuen Klassensätze leisten kann.

    (Schadet ja nichts, wenn die Schulleitung oder Eltern mal so eine Karawane auf dem Weg zu einzigen Klassensatz sehen.)

    Neben meiner eigentlichen Fakultas unterrichte ich derzeit 2 Fächer fachfremd. Mit Räumen, Material usw. habe ich da überhaupt keine Probleme oder zumindest keine anderen, als mit den eigentlichen Fächern.

    Wg. "Gerenne":
    Ich verstehe nicht, warum Kollegen, die "rennen" nicht einfach ihren Unterricht um ein paar Minuten verkürzen.
    "Der Lehrer beendet die Stunde", wie es so schön heißt. Das kann auch mal vor dem Klingeln sein, damit der Lehrer sein Material einpacken kann etc.

    Das bringt doch nichts, wenn man sich ins Klassenzimmer hetzt oder fünf Minuten vor Schluß noch irgendwas Neues unbedingt durchpeitschen will, um ja keine unendlich wertvolle Unterrichts-Sekunde zu vergeuden.

    Ich habe den Bericht nun ganz gesehen.

    Der Grundtenor ist m.E., dass hier länderübergreifendes politisches Versagen vorliegt, und das ist auch meine Meinung.


    Die Bezeichnung "politisches Versagen" finde ich etwas euphemistisch, als ob das alles gar keine Absicht der Politik sei, sondern irgendwie mehr ein Betriebsunfall, der sich irgendwie so ergeben hat, den so ja gar niemand gewollt hätte.

    Also weißt du, bevor ich mir unter solchen Arbeitsbedingungen die Gesundheit und damit das Leben ruinieren würde, würde ich kündigen. Was besseres findet sich als Akademiker in Zeiten des Fachkräftemangels (sofern man unter 50 ist) immer noch. Vielleicht ohne die schöne Pension, aber die ist sowieso nur die Karotte, die man dem Esel vor die Nase hängt, damit er schön der Karren zieht. Und ab 2030 werden die Pensions- und Rentenkarten aufgrund der Demographie zwangsläufig neu gemischt. Jede Wette.

    Das erwarte auch ich.

    Die Regierung(en) werden sich schon für das Modell entscheiden, dass das Wachstum voranbringt.
    Die für mich interessante Frage ist, welche Kapitale oder Branchen von einer Umstellung profitieren und welche deshalb Verluste haben werden.

    Also für eine gute oder sehr gute Leistung erwarte ich schon, dass regelmäßig Beiträge von guter oder eben sehr guter Qualität kommen. Wer nur ein einziges Mal im gesamten Halbjahr einen sehr guten Beitrag bringt, bekommt insgesamt (fürs ganze Halbjahr) sicher keine 1 als mündliche Note.


    Davon abgesehen, wie ich persönlich darüber denke, muss ich gestehen, dass ich gar keine rechtliche Grundlage für meine Aussage oben (dass die Quantität nicht gewertet werden darf) gefunden habe! Das muss ich zurücknehmen!
    Dss habe ich im Ref. so gelernt und bei Reip/Gayer findet sich auch ein Kommentar, der in die Richtung geht, dass die Qualität die Grundlage sein sollte und nicht die Quantität, aber mehr auch nicht!
    In der NVO steht darüber ja nichts.

    Wer weiß mehr?

    Also mir war das nicht so egal. Die Option wurde mir ja gegeben, aber wenn sich das rumspricht, wer weiß, wie viele es dann noch versuchen?
    Ich werde es nun wohl auch vor der Fachkonferenz begründen müssen.

    Bei mir geht es drum, weil der Schüler zum Halbjahr ne 2 auf dem Zeugnis hatte und nun eine 4.


    Die Gefahr, dass es zur Nachahmung anregt (die dann zu Mehrarbeit führt) sehe ich auch.

    Bitte berichte, wie es ausgeht. Viel Erfolg!

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