Beiträge von Morse

    das ist eine der Grundforderungen für das Fundament unserer pluralistisch-demokratischen Gesellschaft. Das ist eine der Grenzen hinter die man in unserer Gesellschaft niemals zurückfallen darf - trotz aller Widerstände!


    Inwiefern hat Schulpflicht etwas mit Demokratie zu tun?

    Preußen und der Nationalsozialismus waren ja auch große Fans der Schulpflicht.

    Deutsch korrigieren ist immer die Hölle, egal wo.
    Dass allgemein der Korrekturaufwand an der BS höher sei, weil die Schüler "groß" sind, glaube ich nicht.

    Das Klientel der Berufsschüler unterscheidet sich u.a. auch durch die jeweilig vorhanden Berufe (Fachinformatiker, Gipser, Korbflechter, you name it).
    "Zurecht kommen" tut man mit diesen Schülern im allgemeinen genau so, wie in anderen Schulen auch.

    Als "Berufsschullehrer" unterrichtest Du wahrscheinlich an einer beruflichen Schule, die u.a. eine Berufsschule hat, aber auch andere Schularten (z.B. Berufsvorbereitungsklassen, Fachschulen für Meister und Techniker, Berufskollegs inkl. FH-Reife, zweiter Bildungsweg zum Abitur etc. - da gibt es eine große Bandbreite).

    Nur dass deine Mindestpflichtzeit vorbei ist, heisst nicht, dass du weg darfst

    +1


    Randnotiz bzgl. "sozial": ist doch klar, dass man eine nicht perfekte feste Stelle annimmt, wenn die Alternative ein präkeres Arbeitsverhältnis oder gar Arbeitslosigkeit ist. ("Was ist schlimmer als ausgebeutet werden? Nicht ausgebeutet werden!")
    Täglich 2 Stunden Hin- und Zurückpendeln sind auch keine Seltenheit. (Z.B. auch wenn der Schulträger aufgrund von "Raumnot" mal interimsweise am anderen Ende der Stadt ein paar Räume vergibt)


    Dennoch muss man sich ja darüber Gedanken machen, was man wie und warum thematisiert und worauf man letztlich damit hinaus möchte. Ich habe selbstverständlich gar nichts dagegen einzuwenden, wenn man obiges Thema didaktisch ausgewogen darstellt, so dass kein einseitiger Blickwinkel entsteht.

    Da stimme ich Dir zu, ansonsten ist mittlerweile denke ich deutlich geworden, wo wir unterschiedlicher Meinung sind und weshalb jeweils. Deine Beiträge sensibilisieren mich dafür, auf das richtige Maß an Provokation zu achten!

    Semi-Off-Topic Anekdote: ein im Geschichtsunterricht ansonsten engagierter (christlich geprägter) Schüler hat sich mal geweigert einen Text von Hitler zu lesen, weil er, wenn, einen Verfassertext über Hitler lesen will, aber keine Quelle von Hitler persönlich. Das war eine interessante Situation! :)

    Hallo Morse,

    ja genau, das war meine Frage, zu der ich in den letzten Postings auch schon recht ausführlich Stellung bezogen habe.

    Ok. Diese Frage habe ich absichtlich nicht beantwortet, weil das für mich hier off-topic ist. Genau das habe ich u.a. auch versucht zu erklären, dass es in einem modernen Unterricht keine richtige oder falsche Meinung gibt, sondern eine schlüssige oder unschlüssige Begründung/Argumentation. (Da sieht man auch die Nähe zum Fach Deutsch, was ja das ursprüngliche Thema dieses Threads ist.)

    Hallo Morse,

    kapiere ich wiederum nicht. Du kannst doch als fertige Lehrperson ein Thema locker auf mehrere Schulstunden verteilen?

    Die Kompetenzdiskussion brauchen wir hier ja nun nicht unbedingt zu eröffnen, geht wohl völlig am Kernthema vorbei und der Zusammenhang zu meiner Frage (die weiterhin nicht beantwortet wurde) ist für mich auch nicht wirklich ersichtlich.

    der Buntflieger

    Hey,

    ja, ein Thema kann man natürlich im Rahmen einer oder als ganze Einheit auf mehrere Schulstunden verteilen, aber in den meisten Schularten haben G/GK nicht besonders viel Platz in der Stundentafel. Dem jeweiligen Lehrplan gerecht zu werden, ist aufgrund derer Themen- u. Kompetenzfülle nicht einfach. In der Praxis fallen oft Themen einfach unter den Tisch - gar nicht, weil sich der Kollege so besonders auf dieses oder jenes Thema einschießen wollte, sondern weil die Zeit einfach zu knapp war. Es ist Schul-Unterricht und kein Uni-Seminar.

    Zu Deiner Frage:
    Du hast mir mehrere Fragen gestellt, z.B. ob ich in der Situation sein möchte, dass ich über ein ungeborenes behindertes Kind entscheiden muss. (Natürlich nicht.)
    Du meinst Du die Frage, ob oder inwiefern der Vergleich von heutiger Abtreibungspraxis bei behinderten Kindern mit Eugenik u. Euthanasie im NS verglichen werden kann. Oder? Verstehe ich Dich richtig?

    Die Lehrpläne in Geschichte und Gemeinschaftskunde beinhalten viele "nicht einfache Themen".
    Diese z.T. auf 45 Minuten runterzudampfen ist die schwierige (in gewisser Weise unlösbare) Aufgabe des Fachlehrers.
    Schon aufgrund dieser zeitlichen Beschränkung ist eine "sachlich angemesse Darstellung", wie Du sie forderst, in der Regel nicht gegeben. Ich würde sogar sagen: niemals.

    Im modernen Unterricht werden - überspitzt formuliert - die Themen nur "mißbraucht" für den Kompetenzerwerb.
    Wer sich als nicht-G/GK Lehrer einen Überblick verschaffen will über verschiedene Kompetenzmodelle findet in der Wikipedia einen ganz guten Überblick aus Ausgangspunkt:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Geschicht…ompetenzmodelle

    VOBASOFler,
    ich rate Dir dazu so früh wie möglich die Reißleine zu ziehen.
    Sag Deinem Chef, dass Du diese Ausbildung abbrechen wirst, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Dass Du Dich überfordert fühlst, brauchst Du nicht so zu formulieren.
    Nenne das, was Du auch hier genannt hast:
    - kein Ausbildungsunterricht
    - zu viele Inklu-Schüler
    - Vertretungen
    ...
    "Es ist schade, aber es hat sich gezeigt, dass das nicht machbar ist." Bleib souverän. Du würdest ja gerne, aber leider geht es so eben nicht und nein, weniger Vertretungen alleine würden da nicht genügen, in der Form wie die Ausbildung statt findet, machst Du das nicht mehr weiter. Schade! Leider!

    Klarer Schnitt, kein rauszögern auf Raten. Damit quälst Du Dich nur noch länger und Dein SL hat auch nichts davon.
    Zieh's jetzt durch und in ein paar Wochen ist das ganze Schnee von gestern. Wahrscheinlich darf sich dann ein anderer engagierter Kollege daran abarbeiten...

    Was soll das den Schüler/innen sagen, welchen Mehrwert sollen sie daraus ziehen und inwiefern können sie es überhaupt leisten, hier zu einer eigenständigen Einsicht zu gelangen, die tragfähig und ausgewogen ist? Ich sehe das schlicht nicht.

    Die SuS lernen anhand eines Stoffs/Themas Kompetenzen. Das kann z.B. das Thema Abtreibung sein, aber könnte theoretisch jedes beliebige Thema sein, über das sich ein Bezug zum Lehrplan herstellen lässt.
    Manchmal ist dieser Bezug auf den ersten Blick gar nicht ersichtlich. Z.B. bei der Satire oder Schmähkritik (?) Böhmermanns über Erdogan. Ich betrachte es als Handwerkskunst, die Brisanz und (meist damit verbunden) Aktualität von Themen für die Aktivierung der Schüler zu nutzen.
    Man kann für sein Fach brennend in die Klasse gehen und sagen "So Leute, heute machen wir mal was richtig spannendes: die Märzrevolution 1848/49 - war das denn überhaupt eine Revolution?"
    Oder man kann, je nachdem was aktuell in der BRD oder der Welt passiert, z.B. Bilder auflegen von Berliner Barrikadenkämpfern 1848 und Autonomen die in Frankfurt bei der EZB Polizeiwägen umwerfen, oder Demonstranten am Euro-Maidan, oder was auch immer gerade die Schüler mitkriegen, was ein Anknüpfpunkt an ihr Leben ist und wenn es nur eine Info-Tafel bei der U-Bahn ist, die sie eine Sekunde gesehen haben.
    Letzteres ist für Schüler erfahrungsgemäß interessanter (und für mich persönlich auch, by the way).

    Dass die zeitliche Begrenzung des Unterrichts der Urteilsbildung gewisse Grenzen aufzeigt ist klar. Ich seh's nicht als Problem, sondern als großen Erfolg, wenn manche Schüler tatsächlich mal den ganzen Tag über in den Pausen oder auf dem Heimweg noch weiter über das Thema reden.
    Dass sich tatsächlich Betroffene 'etwas' intensiver mit dem Problem auseinandersetzen als Schüler im Unterricht ist selbstverständlich.
    Wenn man nur dann über ein Thema nachdenkt, wenn man diesem so viel Zeit und Energie widmen kann wie z.B. Eltern, die über die Abtreibung eines behinderten Kindes nachdenken, dann bleibt nicht viel Übung im Denken übrig.


    Eine Leitfrage ist eine Frage und keine Antwort.
    Schön, dass Dich sogar diese noch nicht einmal formulierte Leitfrage zu einer Antwort provoziert hat. Da merkt man doch, welches Aktivierungs-Potential darin steckt.
    Die Leitfrage könnte in diesem Fall lauten: "Ist Abtreibung von Behinderten heute nicht auch Eugenik wie bei den Nazis?"
    Du hast auf diese Frage eine mögliche Antwort - Deine persönliche - gegeben.

    Was als "geschmacklos" empfunden wird, ist wohl sehr individuell verschieden.
    Die Provokation ist hier kein Selbst-, sondern Mittel zum Zweck, das bewusst eingesetzt wird um Schüler zu aktivieren.
    Ich persönlich lege großen Wert darauf, dass es beim Denken keine Tabus gibt. Warum soll man nicht auch einen "reichlich geschmacklosen" Vergleich auf seine stichhaltigkeit prüfen?
    Was kann daran falsch sein, eine Aussage auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu prüfen?

    Wg. des geschmacklosen Vergleichs:
    Im Alltag begegnen einem oft Vergleiche aller Art, die sich zur dialektischen Kompetenz-Übung im Unterricht nutzen lassen.
    10 Tage nach Trumps Ernennung zum Präsident gab es z.B. in der Zeit einen Artikel, in dem Trump mit Hitler verglichen wurde.
    (Jetzt leider hinter einer Paywall: http://www.zeit.de/2017/05/adolf-…ttansicht?print)
    Den habe ich mit Schülern gelesen und besprochen - die Aktualität von Trump hat sie motiviert (und bei "Hitler" meint natürlich eh jeder mitreden zu können).

    Ob das "geschmacklos" ist oder nicht, spielt für mich erstmals keine Rolle. Für mich spielt eine Rolle, ob es stimmt bzw. ob dieser Vergleich angemessen ist. Darüber kann man diskutieren: was spricht dafür, was spricht dagegen.Sowas macht man im Unterricht. "Geschmacklos" ist da, wenn überhaupt, eine abschließende Bewertung und keine Beurteilung. Aber wenn sie mit einer schönen Begründung daher kommt, wie bei Dir, ist das ja auch ein schönes Ergebnis (und die Provokation hat sich in meinen Augen gelohnt).


    Ich frage mich (- und das meine ich nicht rein rhetorisch, sondern ich frage mich das wirklich), ob man gerade in einer Zeit, in die AFD in den Bundestag eingezogen ist, solche Meinungen nicht eventuell doch ernster nehmen muss, und zwar in dem Sinne, dass man sie durchdiskutiert - mit dem Ziel, dass evtl. betroffene Schüler diese Meinungen hinterfragen. Vielleicht - vielleicht - würde das mehr bringen, als die "richtige" Meinung im Unterricht "vorzulegen".

    Mir geht es ähnlich.

    Ich kam mal in eine Klasse, die genervt war, weil ein Kollege ihnen eine halbe Stunde lang einen Vortrag darüber gehalten hat, dass man Partei X nicht wählen solle. Meinem Eindruck nach lag das weniger an der großen Symapthie für Partei X, sondern an der Bevormundung per se.
    Ich habe das Thema aufgegriffen und eine Schülerin, die sogar Mitglied dieser Partei war, ihre Gründe nennen lassen, weshalb sie sich dort engagiert. Ein Grund war z.B., dass sie Ausländer nicht mag und sich von der Partei erhofft, dass diese in ihrem Sinne, hier also ausländerfeindlich, handele, falls/wenn sie regieren wird.
    Ich habe mit dem Parteimitglied mein sokratisches Verhör abgezogen und war damit ganz zufrieden. Es lief sachlich ab und durch die Nachfragen war es meines Erachtens auch nicht einseitig, so dass ich trotz ihres Gesprächsanteils zu dem Schluß kam, dass ich ihr kein "Forum geboten" habe.
    Für mich war es in dieser Klasse überhaupt schon ein Erfolg ein längeres Unterrichtsgespräch zu einem kontroversen Thema zu führen, dass wirklich ruhig und sachlich abläuft.
    Ich glaube auch, dass es einen Vorbild-Charakter hat, wenn ich mich auf eine niveauvolle Art mit Schülern über solche Themen unterhalte - die sie so womöglich nicht aus ihrem Freundeskreis/Internet/Elternhaus/Betrieb/Schulhof kennen. Dazu gehört für mich, dass man die Schüler sprechen lässt und ggfs. nachfragt. Da merken dann auch die Mitschüler, welche Argumente stichhaltig sind und welche nicht. Oder wie es mal ein Schüler auf einen Feedback-Bogen geschrieben hat:
    [Blockierte Grafik: http://oi67.tinypic.com/11bp4yv.jpg]
    Fazit: ich habe bisher nur gute Erfahrungen damit gemacht alle Meinungen zuzulassen. Ich finde das u.a. auch deshalb so wichtig, weil man dabei die Schüler besser kennenlernt und dementsprechend die Inhalte anpassen kann. Manchmal merkt man auch dann erst, ob eine Äußerung einfach nur ein dummer/lustiger/provokanter, aber nicht ernst gemeinter Spruch war, oder ein festes Weltbild dahinter steckt.

    okay, dann ist die Auseinandersetzung die, dass man zu der Frage kommt, warum welche Rechte heute hier gelten? Die ethischen Aspekte einzeln beleuchtet?
    Denn tatsächlich ist es z.B. heute noch erlaubt, Kinder bis zum 5. Monat abzutreiben, wenn man eine Behinderung feststellt. Euhanasie und so ?(

    Für Behinderte gibt es keine Schonfrist, sie können quasi bis zum errechneten Geburtstermin abgetrieben werden. (Stichwort "Spätabtreibung")

    "Tatsächlich kommen in Deutschland nur noch wenige Babys mit Trisomie 21 zur Welt - obwohl das Alter der Gebärenden und damit das Risiko für den Defekt gestiegen ist."
    (https://www.tagesspiegel.de/politik/merkel…m/20327436.html)

    Auch ein guter Vorschlag für eine NS-Einheit!

    Mord, Vergewaltigung, etc. Da würde mir nicht einfallen, zur Provokation eine andere Meinung zu vertreten und ich würde dem in einer Klasse auch vehement gegenübertreten. Ok ... bei Mord könnte man über den Tyrannenmord reden ...

    Gutes Beispiel! Da merkt man doch schon, dass selbst bei Mord (!) die Sache womöglich nicht ganz so einfach liegt, wie es zunächst den Anschein hat und eine Diskussion darüber einen Erkenntnisgewinn bieten kann. Auch die bloße Nennung bisheriger eigener Motive und Argumente wäre meines Erachtens schon ein mögliches Lernziel.

    Mit solch absoluten Aussagen wäre ich vorsichtig. Natürlich kann man provokante Leitfragen benutzen, um SuS zu aktivieren. Aber bestimmte Themen eigenen sich nun wirklich nicht zur Provokation - und manche SuS haben dafür auch ein Gespür.

    Ja, man muss die Klasse schon gut genug kennen um ihren Nerv zu treffen.
    Im Idealfall hat man mindestens zwei forsche Schüler mit unterschiedlichen Meinungen, dann ergibt sich der Rest der Stunde quasi von selbst und Du musst nur moderieren.

    Was jedenfalls nicht geht, ist in eine Debatte darüber zu treten, ob das Grundgesetz und die Menschenrechte in Frage zu stellen wären.

    Unser Arbeitgeber schreibt vor, die Schüler
    "zur Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu erziehen, die im Einzelnen eine Auseinandersetzung mit ihnen nicht ausschließt, wobei jedoch die freiheitlich-demokratische Grundordnung, wie in Grundgesetz und Landesverfassung verankert, nicht in Frage gestellt werden darf,"

    "Auseinandersetzung" ja, "in Frage stellen" nein. Eine heiße Kiste!

    Ich persönlich bin ja der Auffassung, dass man grundsätzlich nicht anerkennen kann, was man nicht zuvor in Frage gestellt hat.

    Dann bin ich gespannt auf deinen Unterrichtsvorschlag. Was könnte das Ziel der Unterrichtseinheit zum NS sein? "Die Schüler entscheiden sich, wie sie Völkermord, Rassenhass, Euthanasie, Menschenversuche, Folter und Demokratieabbau finden"? Da geht's doch nicht um eine kontroverse Debatte. Man kann chronologisch Ereignisse analysieren, wer warum wie gehandelt hat, weiß ich nicht, ich bin kein Geschichtslehrer. Was jedenfalls nicht geht, ist in eine Debatte darüber zu treten, ob das Grundgesetz und die Menschenrechte in Frage zu stellen wären.
    Ich diskutiere doch auch nicht über die Vor- und Nachteile der Hexenverbrennung, ob wir zufrieden sind mit den Landesgrenzen der BRD oder ob wir wieder Sklaverei...?

    Warum nicht?
    Je provokanter/kontroverser die Leitfrage, desto höher die Schüler-Aktivierung.

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