Ja dann definiere doch mal genau und sauber gegeneinander abgegrenzt.
Ich habe da eher den Eindruck, alles was nicht auf deiner Linie ist, ist aus deiner Sicht "Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, Faschismus, Trumpismus".
Ich habe zufälligerweise in Politik meine Bachelorarbeit geschrieben und dort über den Populismus in der AfD. Von daher kann ich dazu durchaus etwas schreiben, aber es wird nicht ganz komplett sein, sonst würden es 60 Seiten werden:
Populismus ist eine Anti-Haltung. Anti Establishment, programmatisch aber in viele Richtungen offen, ist also keie geschlossenes Weltbild. Man schaue sich den Umschwung der AfD vom Beginn der Corona-Zeit, als in anderen Ländern bereits restriktiver agiert wurde, und der Zeit, in der dann auch in Deutschland restrikitver agiert wurde, an. Zu Beginn konnte es der AfD nicht schnell genug gehen, die Grenzen zu schließen und harte Maßnahmen zu fordern, weil 'die Altparteien' einfach zu wenig machen würden. Später, als die demokratischen Parteien dann geschlossen und entschlossen gegen Corona angingen, war die AfD auf einmal auf Seiten der Schwurbler. Populismus zeichnet aus, (emotionalisiert) 'das Volk' anzusprechen und eine Differenz zu schaffen zu den 'politischen Eliten'. Rechts wird der Populismus dann, wenn er 'das eigene Volk' gegen das Fremde bzw. 'die Fremden stellt'. Das war in der AfD übrigens von Anfang an veranlagt in der Anti-Euro-Politik, wenn auch nicht so explizit wie heute. Als ich meine Bachelorarbeit 2016 geschrieben habe, gab es durchaus bereits die Frage auch in der Politikwissenschaft, inwiefern die AfD rechtspopulistisch ist, aber damals war es noch nicht so deutlich nach außen und innerlich ja auch noch gar nicht so entschieden, wie heute mit der parteiinternen Machtgewinnung des Flügels um Höcke. Anders als in der AfD erfüllt Trump das Merkmal einer rechtspopulistischen Partei, die Strukturen auf eine männliche, dominante Person zuzuschneiden bzw. dieser besonders viel Macht zu geben. Trump wettert ununterbrochen gegen die 'politische Elite', erfüllt also das Merkmal des Anti-Establishment in besonderem Maße, obwohl er selbst dazu gehört, und Trump äußert sich wiederholt rassistisch.
Rechtsextremismus beruht auf einem rassistischen und faschistischen Weltbild. Rechtsextremismus ist deutlich menschenfeindlich, das bedeutet er greift die Würde des Menschen, insbesondere ausländisch gelesener Menschen an. Angreifen ist da durchaus wörtlich gemeint, denn der Rechtsextremismus scheut nicht vor körperlicher Gewalt gegen Menschen. Die demokratischen Strukturen werden verachtet und das Ziel ist eine undemokratische Machterhaltung, ein autoritäres System. Auch der Verfassungsschutz legt seinen Fokus bei der Bewertung auf die Verfassungsfeindlichkeit und auf die Herabwürdigung ausländisch gelesener Menschen. Ich würde das Ausweiten auf die Abwertung von Minderheiten generell, wenn man sich zum Beispiel die Verknüpfungen von Trump ins evangelikale queerfeindliche Milieu und die Verknüpfungen der AfD mit dem queerfeindlichen Netzwerk von Beatrix von Storch anschaut. Schauen wir uns Trump darüber hinaus unter diesem Aspekt an, so kann man deutlich benennen, dass er die US-demokratische Verfassung missachtet. Er wollte seine Wahlniederlage nicht akzeptieren und sägt an der Rechtsstaatlichkeit und der Gewaltenteilung in den USA. Der Sturm auf das Kapitol war eng verknüpft mit Trump und so hat dieser diesen gefördert und den Beteiligten in seiner zweiten Amtszeit die Strafe erlassen.
Was unterscheidet Rechtspopulismus und Rechtsextremismus? Rechtspopulist*innen lehnen Demokratie nicht ab, sondern deuten sie um. Aus der Herrschaft des Volkes wird das Volk durch sie eng definiert (Anti-Establishment, anti ausländisch gelesene Menschen) und dann behauptet, der Wille des echten Volkes würde ja missachtet werden. Rechtspopulist*innen verstehen sich als echte Vertreter*innen des Vokes und alles was ihre Macht also einschränkt, steht gegen den Willen des von ihnen bestimmten Volkes. Das sind durchaus auch demokratische Institutionen, denn checks-and-balances braucht man ja nicht, wenn das eng definierte Volk eine eng definierte, einheitliche Meinung hat. Der Rechtsextremismus lehnt das demokratische System selbst ab und möchte es durch ein autoritäres System ersetzen. Während Populismus eine Form der Kommunikation ist, die nicht an bestimmte Inhalte geknüpft sein muss, ist der Rechtsextrmismus eine Ideologie in sich. Die Neue Rechte versucht den Rechtspopulismus als Mittel, als Türöffner zu nutzen. Nach außen gibt man sich rechtspopulistisch (für das Volk; gegen das Establishment; gegen jene, die vermeintlich nicht zum Volk gehören), nach innen hat man aber eine klare rechtsextremistische Ideologie, die nur subtil z.B. durch Dogwhistling nach außen scheint. Meine Meinung ist, dass man hier durchaus eine Entwicklungslinie erkennen kann: Rechtspopulist*innen geben sich am Anfang als konvervativ aus, Rechtsextremist*innen geben sich am Anfang als rechtspopulistisch aus. Die Grenze wird systematisch verschoben - und das hat in den USA und in Deutschland leider sehr gut geklappt.
Trumpismus vereint Aspekte der verschiedenen Dimensionen: wie beschrieben die Anti-Establishment-Haltung des Populismus, die Abwertung von ausländisch gelesenen Menschen des Rechtspopulismus, die Verfassungsfeindlichkeit des Rechtsextremismus und die Offenheit für Gewalt wie beim Sturm auf das Kapitol zu sehen. Darüber hinaus hat er aber auch oligarche Elemente und eine Schnittmenge mit der libertären Bewegung, die für ihren eigenen finanziellen Vorteil die Sozial- und Finanzgesetze untergraben. Trumpismus hat ein Element, das nicht zwingend zum Rechtspopulismus oder Rechtsextremismus gehört, nämlich die MAGA-Bewegung. Trumpismus als Begriff meint also die Elemente des Rechtspopulismus und des Rechtsextremismus, die Trump vereint, und die spezifischen Elemente seiner Politik.
Das alles ist aber insgesamt schwierig voneinander abzugrenzen, auch in der Politikwissenschaft wird da ausgiebig diskutiert, weshalb ich bei den genauen Begriffen auch manchmal vielleicht undeutlich bin. Deutlich bin ich aber bewusst in der Ablehnung, denn das größte Problem ist eben die Normalisierung dieser Phänomene, die alle eine gewisse, beschriebene Menschen- und Demokratiefeindlichkeit innehaben. Das muss man benennen, verurteilen, ausgrenzen, es darf nicht normal werden.
Zur Zeit als ich meine Bachelorarbeit geschrieben habe, gab es auch die These der Immunisierung gegen den Rechtspopulismus und -extremismus in Deutschland aufgrund der Erfahrung des Nationalsozialismus. In Deutschland waren wir im Vergleich zu anderen Ländern lange ohne eine solche größere Partei im Parteienspektrum, gerade weil die Menschen hier besonders aufgepasst hätten, was gesagt wird, weil es gesellschaftlich schnell hohe Strafen für Äußerungen gäbe, die in diese Richtung gedeutet werden konnten. (Dieser These würde ich nicht uneingeschränkt zustimmen, weil die CDU und die CSU auch früher schon genug gesagt haben, was ebenfalls problematisch ist.) Es wurde aber auch schon gewarnt, dass es auch in Deutschland das Potenzial für eine solche Partei gibt, die Einstellungen waren und sind in der Mitte der Gesellschaft zu einem Teil verbreitet. Jetzt wurden sie angesprochen und es wurde nicht widersprochen.
Ich habe schonmal geschrieben, dass ich über die USA und Trump nicht so viel sagen kann wie über Deutschland. Aber hier kenne ich mich aus: Die Union (und auch die SPD und Die Grünen in kleineren Teilen) und Moebius sind auf dem Holzweg mit ihrer Übernahme der rechtspopulistischen Themen und Forderungen. Das normalisiert diese weiter und die Menschen wählen dann das Original. Seit diese in Friedrich Merz menschgewordene Strategie voll ausgespielt wird, hat sich die Zustimmung zur AfD teilweise verdoppelt. Das, was Moebius fordert, macht die Politik gerade und man sieht das Ergebnis. Das Gegenteil wäre also zumindest in Deutschland richtig: Widerspruch und das scharfe Schwert der Demokratie nutzen, deutlich zeigen, dass Rechtspopulismus und -extremismus nicht normal sind und nicht akzeptiert werden. Der AfD und deren Themen keine Bühne bieten, sondern eigene Themen setzen.