Wenn wir auf eine gottlose Gesellschaft zusteuern, brauchen wir moralische und ethische Grundsätze, die für alle gelten.
Da sind mehrere Implikationen enthalten, die man so nicht stehen lassen kann. Die erste ist die, dass man in einer Gesellschaft mit Göttern keine ethischen Grundsätze bräuchte. Weil die Götter dann alles regeln? Viel Glück.
Die zweite Impikation ist die, dass man sich jetzt ganz furchtbar schnell damit anfangen müsse, sich etwas zu überlegen. Weil man das bisher nicht getan hat? Weil die Götter sich ja gekümmert haben? Schon die antiken Philosophen haben sich mit ethischen Fragen auseinandergesetzt. Unter anderem mit der heutzutage für einige erstaunlichen Erkenntnis, dass man für Ethik keine Religion braucht, die vielleicht sogar hinderlich ist (vgl. Euthyphron).
Wenn christliche Grundsätze nicht mehr gelten sollen - ich denke da jetzt an die Quintessenz der Bergpredigt (liebe deinen Nächsten wie dich selbst, sagt doch schon alles aus) , dann brauchen wir neue Grundsätze, die uns das gute Zusammenleben ermöglichen.
Es bringt wohl mehr, wenn man seinen Mitmenschen mit Respekt begegnet. Nee, lieben möchte ich nicht jeden, der mir begegnet. Das Christentum, was immer das sein mag, ist mir als Grundlage für Ethik reichlich suspekt. Das fängt mit damit an, dass ein Schöpfer seinen Geschöpfen verbieten möchte, an der Erkenntnis von Gut und Böse teilzuhaben (symbolisiert durch das Verbot vom enstprechenden Baum zu essen). Dass sie das doch möchten, gilt dann als Sündenfall. Jener Schöpfer möchte lieber, dass sie seine Regeln einfach stumpf befolgen.
Allerdings geht er dabei auch nicht besonders geschickt vor. Er ersäuft die ganze Bande (nicht die ganze, Noah und seine Familie sollen später die Erde inzestös neu besiedeln. Das Kneten von Menschen hat er wohl verlernt). Die Gebote, die ihm wohl wichtig sind, kriegt aber erst reichlich später ein anderer. Der haut die Tafeln aber gleich wieder zu Klump. Gegen welche Regeln haben sich eigentlich Noahs Zeitgenossen versündigt?
Keine Ahnung, wo zeitlich "Hey, Abraham, wie wär's, wenn du deinen Sohn ermordest?" einzuordnen ist. Aber ein ethisches Highlight ist das auch nicht.
Aber wo wir gerade bei Blutopfern sind. Ein solches war notwendig, damit den Menschen, die "Erbsünde", die Sache mit dem falschen Baum, also etwas, das diese Menschen gar nicht begangen haben, verziehen wird. Diesmal kein Massenersäufnis, stellvertretend musste ein Mann zu Tode gefoltert werden.
Und seitdem soll man die Vergebung von "Sünden" nicht dadurch erreichen, dass man seine Missetaten bereut, bei den Opfern um Vergebung bittet oder gar den Schaden reguliert. Nein, man soll lediglich den Gefolterten als Erlöser anerkennen, und damit die Folter nachträglich rechtfertigen.
Und zu jeder Stelle meiner kleinen Zusammenfassung, wird sich mindestens ein Christ finden, der mir erklärt, dass das so nicht gemeint sei oder dergleichen. Im Grunde gibt es "das Christentum" nicht. Viele klassische christliche Ideen kommen heutigen Christen absurd vor. Und wie man das heute zu interpretieren hat, da sind die sich alles andere als einig. Deshalb gibt es da so viele verschiedene Clubs, die sich alle christlich nennen. Und deshalb bekommt man zu jeder Bibelstelle von zwei Christen drei Interpretationen. Das soll die ethische Grundlage für eine Gesellschaft liefern? Sie belieben zu scherzen.
Nur einen Atheismus leben und jeder fühlt sich zu nichts mehr verpflichtet
Atheismus, das wurde schon mehrfach erkärt, ist die Verneinung eine Gottesglaubens. Das sagt relativ wenig über Atheisten aus. Und ich weiß auch gar nicht, ob die Floskel "Atheismus leben" einen Sinn ergibt. Insbesondere sagt Atheismus nichts über die moralischen Grundsätze des Atheisten aus. Dass diese "zu nichts verpflichtet" seien, also insbesondeer auch keine Rücksicht auf andere nähmen, ist eine absurde Behauptung und eigentlich eine Frechheit.
Viele Atheisten bekennen sich zu säkularen Ethikprinzipien, die im wesentlichen auf dem Wohlergehen der Menschen oder etwas allgemeiner bewusster Lebensformen beruhen. Nein, da gibt es keine Regeln, die stumpf abzuarbeiten gllt. Ethik ist kompliziert. Aber man kommt gut klar, wenn man sich überlegt, welche Folgen die eigenen Handlungen für andere haben. Etwas Empathie, etwas Perspektivenübernahme, ein halbwegs wacher Verstand und die Bereitschaft, darüber nachzudenken, reichen aber, um klarzukommen. Zumindest deutlich besser, als ein Buch, in dem erklärt wird, wie man seine Sklaven zu verprügeln hat.