Beiträge von Frapper

    Ich komme mal mit dem, was ich mal gehört habe. Auch am Gym darf man bis zur Oberstufe fachfremd unterrichten.
    Das mit den Förderschullehrern würde ich gar nicht so vereinzeln, sondern ich denke, dass das auch grundsätzlich für H/R und GS gilt. Gängige Praxis ist es ja sowieso.

    Ja, Lehramtsstudent meinte aber, Eltern hätten verbrieftes Recht auf Religion, statt Ethik. Das wäre mir neu.

    Das gibt es auch nicht, denn es müssen sich immer genug Schüler einer bestimmten Religionszugehörigkeit an einer Schule tummeln, damit ein (evtl. jahrgangsübergreifender) Kurs eingerichtet werden kann. Dafür muss man dann auch einen entsprechenden Lehrer irgendwoher bekommen, was die nächste Schwierigkeit darstellt. Ethikunterricht ist da die praktibalste Zwischenlösung, da man für diesen Unterricht keine Lehrerlaubnis braucht (so weit ich weiß) und man mit den Reli-Lehrkräften auch direkt jemanden hat, der so etwas auch gut unterrichten kann.

    (Und de facto natürlich auch viel länger...)

    Wie meinst du auf den Teil?
    Ich habe das in meiner letzten Klasse schon mal gehabt. Der Junge ist Moslem und durfte nicht am Reli-Unterricht teilnehmen. Er wollte aber gerne bei seiner Klasse sein anstatt irgendwo in einer anderen Klasse zu sitzen. Als er 14 Jahre alt wurde, ging er wieder in den normalen (wir haben nur überkonfessionellen) Religionsunterricht, weil er das ausdrücklich wollte. Da gab es einen Vermerk von mir in die Akte und das war's.

    ... da kann man ihnen auch in der Regelschule ein Klick-Heft hinlegen. Dort haben sie wenigstens Kontakt zu Gleichaltrigen, die sich adäquat ausdrücken können und wissen, wie man ein Hobby pflegt.

    Den ganzen Tag parallel zu besserem Unterricht ein Heft durcharbeiten, ist jetzt nicht wirklich eine verlockende Art von Unterricht. Hört sich nach mehr Abstellgleis an als die Förderschule. Das ist auch nicht förderlich für ein gutes Sozialverhalten, auch wenn mehr gute Verhaltensbeispiele da sind.

    @Krabappel
    Ich wurde in Mathe in NRW geprüft und habe auch die ganzen Didaktiksachen für meine Jahrgangsstufen nicht an der Uni gehabt. So what ... das ist zu einem großen Teil auch Aufgabe des Seminars. Mein zweites (großes) Fach PoWi hatte ich im Ref gar nicht unterrichtet, stattdessen Geschichte und ein bisschen Arbeitslehre. Hier in Hessen haben viele Referendare mit den üblichen seltenen Fachrichtungen schlechte Karten, weil es kaum Fachleiter aus diesem Bereich gibt. Auch nicht ideal.
    Man kann nicht ein - bundesweit gesehen - Nischenfach studieren und dann erwarten, dass alles ein Selbstläufer ist. Im Bereich Förderschule hat man in der Regel in mindestens einen sauren Apfel zu beißen. Wie du schon schreibst, ist das später auch nicht anders.


    Gibt es nicht die Pflicht zur Erteilung von Religionsunterricht? Artikel 7 des Grundgesetzes und so...
    Ansonsten würde ich deinem letzten Beitrag absolut zustimmen und kann die Problematik volkommen nachvollziehen. Auf der anderen Seite weiß man aber auch, dass an Grund- und Förderschulen das Klassenlehrerprinzip gilt, weswegen fachfremder Einsatz wenig überraschend sein dürfte. Da könnte ich eher nachvollziehen, wenn sich jemand in der Berufsschule darüber brüskiert, weil es da um die Qualifizierung zur Ausübung eines Berufes geht, weswegen es wichtig ist, dass der jeweilige Lehrer auch tatsächlich Experte auf seinem Fachgebiet ist.

    Wenn man nicht in der Kirche ist, muss man auch kein Religion machen. Finden sich genug SuS, gibt es Ethik oder etwas anderes wie muslimischen Religionsunterricht. Sind nicht genug da und die Eltern wollen nicht, dass ihr Kind im Religionsunterricht sitzt, wird es in irgendeiner anderen Klasse geparkt.

    In Sachsen hat fast jeder Ethik. Reli wird an Förderschulen gar nicht unterrichtet. Außerdem ist der TE wohl inzwischen schon fertig.

    OK. Dann ist die Lage natürlich eine ganz andere und ich nehme alles zurück. Bundesweit schränkt es einen schon ein. Dann würde ich eher warten außer ich fühle mich in Englisch sehr wohl. In ein Hauptfach muss man sich ja eh einarbeiten. Ich hatte Mathematik als kleines Fach für die Grundschule studiert und im Ref alles ab Klasse 7 unterrichtet. Fachlich fand ich das nicht so schwer.

    In NRW an der FS Lernen ist Englisch schon auf Hauptschulniveau gefragt - das hängt aber auch von der Gruppe ab, die man bekommt.
    Ob beim nächsten Durchlauf etwas mit Ethik dabei ist, da mache ich mal ein Fragezeichen. Wie kommt man überhaupt auf die Idee, Ethik für die FS zu studieren, wenn man nur ein Fach studiert? Das ist doch schon vorher klar, dass man damit höchstens eine kleine zusammengewürfelte Auffanggruppe überwiegend muslimischer Schüler unterrichten kann. Irgendein Hauptfach sollte man schon beherrschen.

    Bei uns gibt es ja auch so viele Konferenzen derzeit. Bis zu den Osterferien hatte/habe ich sage und schreibe eine Woche, wo nicht irgendein Gedöns liegt. Jeden Dienstag sitze ich da nachmittags und es nervt mich echt gewaltig im Moment, weil so wenig dabei herumkommt. Anderen geht es auch so. In der letzten GK hat eine Kollegin es als TOP für die nächste GK beantragt. In einer Stufenkonferenz habe ich es als TOP beantragt, wo sich dann schon einiger Unmut aller Kollegen entladen hat. Dazu wird auch etwas im Protokoll stehen, was an die Schulleitung geht. In der letzten GK war es auch wirklich unglaublich. Ein TOP wurde aufgerufen mit der Ankündigung, dass es zehn Minuten dauert. Nach über einer halben Stunde überwiegend bebildeter PPP-Folien waren wir immer noch nicht fertig damit. Ich weiß jetzt gar nichts mehr davon, es betrifft viele gar nicht, und ich frage mich, warum ich so viel Lebenszeit damit verschwendet habe. Ein Aushang für die Betroffenen hätte es auch getan ...
    So richtig weiß ich auch nicht, wie man dem beikommen kann, außer unhöflicher zu werden oder die Zeit in der Konferenz mit etwas anderem rumzubringen.

    Die Landesregierung gehe fatalerweise auf die Weigerungshaltung einzelner ein. So hätten zum Beispiel in Paderborn alle Gymnasien abgelehnt, zieldifferent zu unterrichten. Beer: „Sie nehmen zwar Kinder mit Behinderungen auf, zum Beispiel Rollstuhlfahrer oder Autisten, aber nur solche, die das Potenzial haben Abitur zu machen und ,nicht zu schwierig’ sind."

    Ich verstehe nicht, warum jemand mit Förderschwerpunkt LE oder GE ein Recht auf einen Platz am Gymnasium haben soll und Schüler mit HS- oder RS-Empfehlung nicht. Das ist doch eine Ungleichbehandlung. Das ist doch so ein Unfug. Geht man davon aus, dass ein LE-Schüler am Gymnasium wirklich richtig gut gefördert würde, so dass sie den LE-Status aufheben, müsste er als HS das Gymnasium verlassen. Das ist doch überhaupt nicht durchdacht und reines Anti-Gym-Geschwurbel.

    Allerdings wir es am Gymi eher um zielgleiches Lernen gehen?

    Hauptsächlich, aber nicht nur. Es gibt auch Gymnasien, die sich gegenüber LE und GE geöffnet haben, vor allem in NRW. Leider habe ich den Fernsehebeitrag nicht mehr in der Mediathek gefunden. Da wurde von einem Bielefelder Gymnasium berichtet, das dieses Spagat meistern will. Eine Mutter eines LE-Schülers wurde interviewt und sagte, dass sie ihren Sohn in der Hoffnung, er schaffe dort das Abi, dort angemeldet hätte. Ein Bekannter von mir ist Sonderpädagoge an einer Grundschule in der Nähe des Ruhrgebiets. Vier Jahre lang hatte er ein GE-Kind bei sich an der Grundschule. Das lief - in Elterngesprächen immer wieder klar gemacht - nicht so sonderlich, aber die Eltern melden es zu Klasse 5 am Gymnasium an.



    Das Gymnasium hat in der Inklusion sicherlich eine Sonderrolle. Das gilt aber nicht nur exkludierend nach außen (kein LE und GE), sondern auch inkludierend. Kinder mit den Förderschwerpunkten Sehen, Hören, kmE, ES und Autismus, die ganz klar vom Intellekt her das Zeug zum Abitur haben, gehören auf ein Gymnasium, denn die Förderschulen bieten nur den Realschulabschluss an (da sind sie zudem zum Teil nicht gut aufgestellt). Da sind es eher handfeste soziale Gründe, die für die Förderschule sprächen.



    @Lehramtsstudent In SH wird die Förderschule nicht so bald wieder auf den Plan treten. Sonderpädagogen werden bei uns trotzdem gesucht wie irre!

    Ganz weg sind die Förderschulen in SH nicht. Du redest eher von LE, SQ und ES. Die Förderschule Hören in Schleswig gibt es definitiv noch und wird auch bleiben. Wo sollten denn die Sonderpädagogen sonst auch ausgebildet werden? Mir hat noch keiner aufzeigen können, wie eine professionelle und im Förderschwerpunkt vielseitige Ausbildung in den Förderschwerpunkten Hören, Sehen, kmE und GE in einem inklusiven Setting aussehen soll, wenn sich an einer Inklusionsschule nur ein oder zwei Fälle tummeln.

    Ich bin selbst in der Beratung tätig und war - wie es der Zufall so will - gestern an meinem Beratungstag am Gymnasium. Da war ich bei meinen beiden schwerhörigen Schülern im Unterricht zum Hospitieren, Überprüfen/Einstellen der Übertragungsanlage und nachher einen Termin beim Schulleiter, um für eine der beiden für gute Bedingungen im nächsten Schuljahr zu sorgen.


    Am Gymnasium hast du vier Förderschwerpunkte: Hören, Sehen, emotional-sozial sowie körperliche und motorische Entwicklung. (Von zieldifferenter Inklusion am Gymnasium halte ich nichts - die Lücke ist viel zu groß.) Du hast so geringe Fallzahlen, dass du gar kein Konzept machen kannst. Das sind dann bloße Einzelfälle in unterschiedlichen Jahrgängen, wo individuell geschaut werden muss.
    Man kann darauf achten, dass Lehrer sich einem der Förderschwerpunkte zuordnen, aber durchziehen kann man das nicht, weil da ganz andere Mechanismen am Werk sind. Bei den kleinen Fächern, wo es nur wenige Kollegen gibt und diese dann viele Klasse haben, funktioniert das auch gar nicht. Die bekommen alles ab. Das würde höchstens bei Hauptfachlehrern gehen. Bei diesem Gymnasium wird das Prinzip des Lehrerwechsels nach zwei Jahren sehr hoch gehängt und dementsprechend beißen die Klassenleitung und ich da auf Granit, wenn es darum geht, dass immerhin die Englischlehrerin für die nächsten zwei Jahre bleibt, weil sie weiß, wie sie damit umzugehen hat. Auch die Klassengemeinschaft wollen sie nicht so lassen wegen der zweiten Fremdsprache, obwohl es dort gut klappt. Ein Kurssystem kostet eventuell mehr Stunden und ist schwieriger für einen guten Stundenplan. Ich bin schon dankbar, dass der Englischunterricht überwiegend als Einzelstunde stattfindet, denn eine Doppelstunde englisches Gebrabbel ist sehr hart für einen Hörgeschädigten.


    Man kann einiges Hochtrabendes an Ideen zu Papier bringen, aber von den Bedingungen (Stellenversorgung, Langzeiterkrankungen, Raummangel etc.) wird man schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Ich habe Glück und an dem Gymnasium sind sie sehr offen für solche Fälle. Die Schulleitung fragt die Kollegen in der Regel im Vorhinein, ob sie bereit dazu wären. Die meisten dort sind es. Von meinen Beratungskollegen und von Schülern, die vom Gymnasium zu uns kamen, höre ich zum Teil ganz andere Sachen.



    Siehe professionelle Hilfe. Könnte natürlich daran liegen, dass die uns zugewiesenen Sonderpädagogen jeweils rund 30 inkludierte I-Schüler im Umkreis von ca. 80 km betreuen und an ihrer verbliebenen Förderschule noch Klassenlehrer sind...

    Japp - ich habe immerhin nur bis zu 15 Fälle, aber mit einem Beratungstag in der Woche kann man sich auch ausrechnen, wie oft ich im Jahr vorbeischauen kann. Von den Beratungstagen fällt zudem auch noch etwas weg, weil ich auch mal auf einer Fortbildung bin, krank werde, Feier-/Brückentage sind, Termine an meiner Schule wahrnehmen muss, Termine ausfallen, weil das Kind krank ist etc. pp. Meine Klasse habe ich auch noch an meiner Schule und die hat für mich natürlich Priorität.
    Oft kann ich auch nur einen Termin pro Beratungstag wahrnehmen, weil das von den Stundenplänen her nicht passt. Natürlich will ich lieber ein Hauptfach sehen als Sport oder Musik und das liegt eben in der dritten oder vierten Stunde. Da geht kein Termin davor oder danach außer ein anstehendes Elterngespräch meist bei denen zu Hause. Zwei Fälle pro Tag reichen auch, denn das ist deutlich anstrengender als selbst zu unterrichten. Diese Woche hatte ich drei Termine, kam abends erst nach Hause und da war ich zu nichts mehr zu gebrauchen. Die Dokumentation, Absprachen und weiteres muss ich noch zu Ende bringen, weil das auch viel Zeit frisst. Manchmal hat man aber auch gar nichts. Bei einer Kollegin von mir antworten ganz viele der Klassenleitungen nicht auf Mails. Da kann sie auch gar nichts unternehmen.

    Das Land Hessen kam vor etwa zwei Jahren auf die Idee, dass wir Lehrer irgendeinen Datenschutzschmarn unterschreiben. Was da alles drin stand, war unglaublich. Arbeitszimmer immer abgeschlossen, PC passwortgeschützt, USB-Sticks verschlüsselt und was nicht alles. Und natürlich räumen wir unserem Dienstherrn ein, unangekündigt, die Räumlichkeiten inspizieren zu können. Es wurde nur ausgeteilt und der Rücklauf war bestimmt extremst niedrig. Eine Stufenleitung hat das so schön auf den Punkt gebracht: "Wenn die kommen würden, könnte ich meine Papiere abholen und gehen. Das unterschreibe ich nicht!"
    Klar müssen wir sorgfältig mit Daten umgehen, aber so etwas von übertrieben, damit sie das Ganze an uns abgewälzt haben und keine gescheiten Arbeitsplätze zur Verfügung stellen.

    Die Schulen für Kranke sind sehr unterschiedlich oder haben ein völlig durchmischtes Klientel. Größere Kinder- und Jugendpsychatrien haben eine größere Schule angeschlossen und brauchen für alle Bereiche - geistig behindert bis Gym - Lehrkräfte.


    Noch eine Idee in der Pädagogik, die aber sicher sehr exotisch ist und nicht jedem schmeckt: Knastschule. Krasses Klientel, aber auch Vorteile: man ist freier in der Einteilung des Stundenplans; keine Ferien, aber dafür regelmäßigeres Arbeitspensum; 30 Tage Urlaub, nehmbar, wann immer man will; unartige Schüler werden nach einem Knopfdruck von den Beamten auf die Zelle gebracht. :zahnluecke: Da sind auch einige Analphabeten unter den Schülern, so dass Grundschulkenntnisse sicher nützlich sind.
    Ich habe mir so etwas mal im Ref mit dem Seminar angeschaut. Sehr interessanter Einblick aber nix für mich.

    Man kann einiges absetzen:
    - Miete und Nebenkosten anteilig
    - 20% der Telefonrechnung
    - alle fünf Jahre eine neue Schuljahr
    - Mobiliar
    - ...


    Das ist eigentlich alles nicht so wichtig, denn der Betrag ist mit 1250€ gedeckelt. So hat man es mir auf dem Finanzamt gesagt. Da kommt man schnell hin und da das alles ab diesem Durchlauf ohne Belege laufen soll, wird auch vermutlich keiner nachfragen.

    Ich kenne den LE-Abschluss in NRW, weil ich da Ref gemacht habe. Das ist ja "lediglich" ein Textzeugnis und ein Nichtbestehen gibt es quasi nicht. In Hessen ist das etwas anders. In allen Fächern gibt es Ziffernnoten und in den Kernfächern zusätzlich eine kurze schriftliche Bewertung. Die Kriterien für den Abschluss sind zwar auch megweich, aber wer in der Berufsorientierung (BO) eine 5 hat, bekommt keinen LE-Abschluss. Eine 5 dort kann man nicht ausgleichen. Die BO-Note setzt sich in Klasse 7 und 8 aus AL und der Schülerfirma zusammen. In Klasse 9 gibt es die Schülerfirma nicht mehr, sondern man muss in zwei unterschiedlichen Betrieben ein knappes halbes Jahr einen Tag in der Woche arbeiten. Praktikumsplätze in Betrieben, in denen man mit dem BO-Abschluss nicht arbeiten könnte, werden von der BO-Leitung abgelehnt. In Klasse 9 legt man zudem eine Präsentationsprüfung ab, die der HS-Präsentationsprüfung sehr ähnlich ist. Letztes Jahr ist auch ein Schüler durchgefallen und ist einfach abgegangen - bei dem war auch nichts zu machen.
    Wie der Abschluss in der Statistik gewertet wird, weiß ich nicht. Ich finde das Konzept gut. Die Schüler gehen gerne in die Schülerfirma und die Betriebe.
    Wenn man bei uns jedem LE-Schüler einen HS-Abschluss in die Hand drücken würde, würde mir auch alles hochkommen. In Bezug auf die Förderung von der Agentur haben sie nichts davon.

    (1) Weil das die Realität ist- runter geht immer, rauf nimmer.


    (2) Deswegen bin ich ja auch immer skeptisch, was die ganze Förderschuldebatte angeht. Es gibt kein Merkmal, was jemanden definitiv als "lernbehindert" definiert. Das hängt immer vom Gutachter ab, vom IQ-Test, von den aktuellen schulischen Umständen... (als der Schüler 2006 eingeschult wurde fanden die Lehrer, dass er an einer G-Schule besser aufgehoben wäre. Jetzt muss er für seine Rechte kämpfen.)
    Die Bandbreite von Schülern aller Schulformen ist groß. Was sagt dazu eigentlich Herr Frapper?

    zu (1): Das stimmt definitiv nicht. Klar gehen mit der Zeit mehr SuS vermutlich runter als hoch, aber es ist schon sehr durchlässig. Meine erste Klasse war eine LE-Klasse. Zwei davon waren sehr gut. Nach den Weihnachtsferien habe ich sie in die Regelklasse zur Probe gegeben. Einer davon macht dieses Schuljahr den HS-Abschluss, der andere nächstes Schuljahr seinen Realschulabschluss. :) Bei einem dritten wollten die Eltern die Probebeschulung in der Regelklasse nicht. Letztes Jahr hat ein LE-Schüler nach Klasse 9 ein Jahr drangehangen und den HS-Abschluss gemacht. Einige SuS machen bei uns nach der H9 noch die H10 und holen sich ihren RS-Abschluss.
    Auch in meinem Zivildienst an der Schule für Körperbehinderte habe ich erlebt, dass bei zwein der Förderschwerpunkt GE aufgehoben wurde und sie haben einen - wenn auch sehr schwachen - LE-Abschluss gemacht.


    zu (2): Ich bin skeptisch, was dieses Klammern an einem Regelschulabschluss betrifft. Das ist als Eltern verständlich, aber nicht zu Ende gedacht, weil sie nicht wissen, was der Bildungsgang LE tatsächlich bietet - in Hessen ist der gut! Das muss man ihnen aber erst einmal alles offenlegen. Auch mit 4, 4, 4 in den Hauptfächern und allen anderen Fächern so ähnlich (nicht einmal eine Versetzungsefährdung wegen täglicher stundenlanger Ackerei) kann es sinnvoll sein, den berufsorientierten Abschluss LE zu machen. Es geht nicht darum, ob man sich mit Achen und Krachen zum HS-Abschluss rettet, sondern was man davon für seinen persönlichen Werdegang und die Entwicklung hat. Da hängt Förderung vom Arbeitsamt für später und schlicht und ergreifend Zeit dran, die manche zum Heranreifen brauchen. Letztes Jahr hatten wir zwei genau solcher Fälle. Da haben sich die Eltern jahrelang gewehrt. Eine Lehrerin hat ihnen dann mal genaue Infos gegeben, was diese Berufsorentierung für Chancen bietet und dass es nicht das Ende der Welt ist. Dann kam das Einverständnis. Die beiden sind gerade ziemlich glücklich, nicht mehr in dieser HS-Mühle zu sein und zeigen zu können, was sie drauf haben.
    So eine Entscheidung treffe ich nicht leichtfertig und nicht ohne Rücksprache mit Schulleitung und Klassenkonferenz. Die Diagnostik ist ein weiterer Baustein. Die Eltern haben das letzte Wort, weil sie den Antrag unterschreiben müssen. Die genaue Vorgehensweise für eine zwangsweise LE-Einstufung kenne ich nicht. So weit will das aber auch keiner kommen lassen, denn dabei verlieren alle.




    Zum Fall aus dem Thread muss ich passen. Als Mittelstufenlehrer kenne ich mich mit den BBW-Gedöns nicht so aus.

    (1) Meine These: eine Person kann all diese verschiedenen Kompetenzen nicht haben bzw. stets überall auf dem neusten Stand sein!Daher: es braucht speziell ausgebildete Personen, die beraten und diagnostizieren können. Auch brauch es genügend Zeit und Raum dafür (für die Sopäds als auch für die Regelschullehrer)


    (2) Also ich glaube, dass die Man-power schon ausgebaut werden muss aber auch das gesamte System umstrukturiert werden muss.

    zu (1): Hat man einen der Förderschwerpunkte, die medizinischer bzw. technischer als die anderen geprägt sind, ist es nur in dem einen schon schwierig, fachlich am Ball zu bleiben. Was in meinem Bereich so über die Jahre alles auf den Markt/in die Kliniken kommt, ist beachtlich. Die Gebärdenkompetenz kommt noch oben drauf. Da allein in meiner Fachrichtug hinterherzukommen, ist eigentlich schon ein Ding der Unmöglichkeit. Die allermeisten von uns sind nur in einem der beiden Bereiche richtig fit.
    Das hat eine Kollegin Herrn Wocken bei einem Vortrag auch mal vor die Füße geworfen als Grenze des Ganzen: Kind mit Gebärdenbedarf. Das interessiert den gar nicht. Ja, die Klasse lernt ja schnell und nebenbei zu gebärden, damit so ein Kind blendend aufgehoben ist. Eine Klatsche für jeden Fremdsprachenlehrer. Wozu fünf Stunden in der wöchentlichen Stundentafel für Englisch? Das geht doch so quasi nebenbei in allen anderen Fächern - haha. Herr Wocken ist für mich schon ein ziemlicher Dampfplauderer.


    zu (2): Wohin soll denn umstrukturiert werden? Meiner Meinung nach braucht man diese stationären Systeme - sprich Förderschule - ganz dringend. Das ist ja nicht nur der Ort, wo sich derzeit die Fachkompetenz befindet, sondern auch aufgebaut wird. Im Moment zehren wir doch noch vom alten System mit den gut ausgebildetet Lehrkräften und ihrer vielen Erfahrung. Bei LE und emot.-soz. kann ich mir durch die großen Fallzahlen an den Regelschulen noch vorstellen, dass eine nur in der Inklusion ausgebildete Lehrkraft fachlich etwas auf dem Kasten hat. Bei den anderen Förderschwerpunkten sieht es aber schon deutlich düsterer aus. Wie soll jemand eine nenneswerte Kompetenz aufbauen, wenn diese Schülergruppe alle paar Jahre mal sporadisch auftaucht. Wenn ich an meinen Regelschulen zwei Schüler ingsgesamt habe, ist das schon viel. Meistens sind sie die einzigen mit einer Schwerhörigkeit an der ganzen Schule. Die fachliche Profession würde verschwinden wie in Italien. Damit ist sicherlich keinem gedient.

    Dann frage ich mich aber, warum die "normalen" Kinder in Klassen zu 30 Schülern unterrichtet werden und die Förderschüler in Klassen zu 6 Schülern? Hätten da nicht die normalen Schüler dann ebenfalls das Recht auf entsprechende Mini-Klassen?
    Ich sehe es halt so, daß es für die Gemeinschaft letztlich billiger kommt, wenn man an den Förderschulen die Schüler für das spätere Leben so selbstständig wie nur möglich bekommt. Müßte man einen Menschen später wirklich rund um die Uhr beaufsichtigen, wie ein Kleinkind, das gerade Laufen lernt, käme das die Gesellschaft noch viel teurer als die paar Jahre im Förderschulsystem.

    Genau um diese Selbstständigkeit geht es und das ist auch ein eindeutiges Ziel an den Förderschulen. Dazu brauchen die SuS an der Förderschule geistige Entwicklung und viele an der Schule körperliche-motorische Entwicklung unendlich viel Zeit und Zuwendung. Es ist halt schwierig, jemandem das zu erklären, der vermutlich überhaupt gar kein Bild von dieser Schülerschaft hat. Da gehen manche solcher schwachen Schüler 11 Jahre oder länger in die Schule und können nur rudimentär lesen - nicht trotz, sondern wegen dieser Förderung.
    Ich glaube nicht, dass Erzieher das Mittel der Wahl sind, auch nicht mit einer Zusatzausbildung.


    In einer Klasse von 30 Schülern können sich die meisten dieser Schüler gar nicht richtig orientieren. Sie wären ständig abgelenkt, weil das viel zu viele Reize sind.

    Und dann komme jetzt ich: An meiner Schule gibt es von Vorklasse (4. Lebensjahr) bis Klasse 10 (kann auch schon mal 18./19. Lebensjahr sein) alles. Die Frühförderung machen extra ausgebildete Frühförderer, zum Glück - in NRW müssen das aber auch Lehrer übernehmen. Dann müsste man sogar schon mit Säuglingen arbeiten. :ohh:


    Man könnte mich also quasi alles machen lassen. Im Zivi und Ref war ich immer bei den ganz Großen und eigentlich wollte ich da auch wieder hin. Ich bin bei uns von Anfang an in der Mittelstufe gewesen und habe immer 5/6 als Klassenleitung. Meine restlichen Stunden waren dann immer über die Mittel- und Hauptstufe verteilt. Das gefällt mir auch ziemlich gut. Das mit der Ironie ist auch so eine Sache, die mir bei den ganz kleinen fehlt. Bei den Schwerhörigen kommt das ja auch erst später, dass sie das wirklich gut verstehen. Die müssen dann erst einmal herauskriegen, dass sie das an der Mimik erkennen können.
    Als die Mittelstufe einmal Stunden an die Grundstufe abgeben musste, sollte auch ich dort eingesetzt werden, aber ich habe mich mit Händen und Füßen gewehrt und unmissverständlich gesagt, dass ich auf keinen Fall zu den kleinen Scheißern will - da haben mich die Grundstufenleute wie ein Auto angeschaut, denn das könnten sie nicht verstehen bei den süßen Kleinen. Von denen unterrichtet aber auch so gut wie niemand in den anderen Stufen. Eine seltsame Wahrnehmung ist das. Mit Kunst in der Klasse LE 4/5 war ich dann noch glimpflich davongekommen. Bei meinem begehrten Fach Hörgeschädigtenkunde, Gebärdenkenntnissen, Klassenleitung und seitdem ich in der Beratung draußen bin, ist ein Einsatz in der Grundstufe bis auf weiteres vom Tisch. Puh. :pfeifen:
    In der Beratung muss ich aber ran, denn da habe ich ja wirklich alles: von Vorklasse bis Gymnasium Klasse 9 derzeit. Da bin ich dann aber höchstens mal einen Tag in der Grundschule. Da finde ich die Kleinen ja ganz süß. Das überschreitet nicht meine Toleranzgrenze. :zahnluecke:

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