Hallo ihr,
Doris
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Doris schrieb am 23.05.2005 23:16:
Hallo,
also erst einmal: Was für Früchtchen sind das denn? Die sind in der Klasse 4?
Naja, die "Früchtchen" sind (Einzel)Kinder, mit denen zu Hause alles ausdiskutiert wird. Dagegen sage ich nichts. Die Eltern, die ich zu den Elterngesprächen traf, fand ich auch sachlich bis sehr nett und verständnisvoll für ihre Kinder. Nur, dass die Lehrer in der Schule nicht alles mit jedem einzelnen Kind ausdiskutieren können, haben die Kinder nach fast 4 Schuljahren noch nicht verstanden. Das finde ich bedenklich.
Zitat
Also ich finde es sehr bedenklich, dass sich Kinder nur benehmen, weil es eine Strafe gibt. Seit wann hat Respekt etwas damit zu tun, ob man gleich Strafen verteilt?
Naja, eben. Ich hatte vor sofort hart strafenden Erwachsenen früher keinen Respekt, sondern Angst oder Wut.
Ich weiß nicht, manchmal denke ich, ich mache generell irgendwas falsch und muss als Mensch anders werden, wenn ich weiter Lehrerin bleiben will. Manchmal denke ich, das hat was mit der Region zu tun. Hier sind viele Kollegen noch so, dass sie strikte Ruhe fordern, schnell laut werden oder strenge Strafen verhängen und kaum Kooperation unter den Schülern im Unterricht zulassen. Da pass ich einfach gar nicht dazu. Das Dumme ist, dass die Kinder nichts anderes kennen und einige Kinder dadurch dann keinen "Respekt" haben können. (Einige kommen auch gut mit mir klar, manche trauen sich plötzlich mehr zu oder werden aktiver, von einigen Eltern kamen positive Reaktionen.) Leider stören eben die "respekt"losen den Unterricht so, dass es für die andern auch nicht mehr schön ist. Hinzu kommt, dass in der Klasse einige dem Klassenleiter nacheifern in der Kompetenz "Coolness".
Enja
Vielleicht erklärt das auch, dass bei uns die strengen Lehrer "respektiert" werden. Die müssen solche Strafen auch nicht oft verhängen, da reicht es, wenn sie die Kinder das Hausaufgabenheft vorn auf den Tisch legen lassen.
Die Eltern mag ich auch so wenig wie möglich einbeziehen, deshalb verteile ich wenige Einträge. Das interpretieren die Kinder dann wieder als "Wir können machen, was wir wollen." weil Kollegen entweder mehr Einträge verteilen oder eben mit Strafen schneller dabei sind. Eine Mutter war sogar entsetzt darüber, dass ich so wenig Einträge verteile und bat mich, ihrem Sohn jedes Mal etwas einzutragen.
leila
Naja, wenn sie bald raus sind, gehts ja vielleicht noch. Ich krieg die Schüler nächstes Jahr in anderen Fächern wieder. Das macht mir auch Sorgen.
Englisch stelle ich mir besonders schwer vor, grad weil man da ja viel mündlich und spielerisch arbeitet. Das ist so ähnlich wie in Musik: Man kann nicht einfach mal schnell ne schriftliche Arbeit geben, wenn es anders nicht geht.
Ich hab ne 3. Klasse in Musik mal zur Ruhe bekommen, indem ich sie nach wochenlanger Schulung der Sozialarbeit (kaum Musikunterricht möglich) dann Verträge mit den von ihnen ausgahendelten Verhaltensregeln hab unterschreiben lassen. Die hab ich kopiert und in einem Hefter immer bei mir geführt, den ich gut sichtbar auf den Lehrertisch legte. Das half. Außerdem habe ich mit ihnen nur noch frontal im Sitzen gearbeitet, weil es bei offeneren Arbeitsformen und z. B. Tanzen oder Singen im Stehen ständig Rempeleien gab.
In meiner derzeitigen Matheklasse hilft es, an der Tafel eine Strichliste der verquatschten Minuten zu führen. Sie wissen, dass ich diese Zeit in die Pause hineinarbeite. Ja, sie brauchen ihre Pause, aber das wirkt bisher am besten. Besonders vor der Hofpause, da klingelt es nämlich und sie spüren am besten, dass schon Pause ist. Die anderen Pausen sind leider ohne Klingelzeichen.
In der Deutschklasse hilft das aber leider nur wenig. Ein bisschen schon, aber wenn der Klassenleiter hinterher drin hat, dann kommt er einfach rein und baut seine Sachen auf oder steht da rum. Heut sagte er sogar, es wäre keine Zeit mehr das Blatt mit der Hausaufgabe auszuteilen. Ich habe ihm zwar mein Konzept schon erläutert und er nickt dann, aber es ist mindestens einmal in der Woche das gleiche. 
silja
Nein, für die Kinder steht eben kein Schulwechsel an. Ich habe noch viel Unterrichtsstoff, meine Vorgängerin hat mir fürs zweite Halbjahr 3/4 des Grundwortschatzes übrig gelassen. Die Kinder können sich teilweise kaum frei ausdrücken, nicht das Wesentliche mündlich wiedergeben, manche nur beim Lesen das wichtigste markieren. Eigentlich bräuchten sie ein Methodentraining, im Fachunterricht der 5. Klasse wird sehr viel vorausgesetzt. Dabei macht mir nicht der Deutschunterricht Sorgen, sondern die anderen Fächer, in denen z.B. sinnverstehendes Lesen vorausgesetzt wird.
Wegen der Verweise: Kenn ich von Einzelfällen, manchmal Tadel vor der gesamten "Schülervollversammlung" (Nachfolger des Appells, gibts an meiner jetzigen Schule zum Glück nicht mehr), Ausschluss vom Unterricht.
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Gibt es nicht die Möglichkeiten von Strafarbeiten (Aufsätze, Sonderaufgaben ect...). Das ist nämlich mit Arbeit verbunden und das tut wirklich weh, weil man Freizeit investieren muss.
Also "Strafarbeiten" gibt es gar nicht, die sind gesetzlich verboten. Es gibt die Möglichkeit, Unterrichtsstoff nacharbeiten zu lassen. Das Problem ist, das manche Kinder lieber zu Hause arbeiten. Denen ist es egal, ob ich ihnen eine zusätzliche Aufgabe für die Freizeitgestaltung gebe. Als ich neulich sagte, dass der Rest des Wochenplanes zu Hause bearbeitet werden muss, wollte ein Schüler gleich seine Sachen einpacken und die Zeit in der Schule lieber nutzen, um mit den anderen Karten zu spielen und sich zu unterhalten. Vielleicht sind manche einsam nachmittags?
Eine Aktion mit schulischem Nacharbeiten (inkl. vorheriger schriftlicher Elterninformation) möchte ich so kurz vor Ende des Schuljahres nicht noch starten, ich glaube kaum, dass das Sinn macht.
Ansonsten habe ich heute ein Detektivspiel, an dem wir grade (unter Zeitdruck) teilnehmen abgebrochen, die Tafel zu geklappt und Rechtschreib/Grammatikaufgaben aus dem Buch angeschrieben, kurz erklären lassen, arbeiten und zwar ohne das im Wochenplan erlaubte Zusammensetzen. Dann haben sich ein paar ruhige Schüler bei den Mitschülern leise murrend beschwert, ein paar unruhige Schüler laut zeternd bei mir, dass ich zu streng sei. Als ich sie darauf hinwies, dass sie Strenge gestern noch von mir forderten, meinten sie, das sei nun wieder zu streng. 
Ich hab morgen nochmal 2 Stunden. Ich habe ihnen jetzt 2mal angedroht, dass ich das Detektivspiel nicht mit ihnen zu Ende mache, wenn sie so nicht arbeiten können (einige der Aufgaben muss man erklären oder zusammen lösen, die sind superschwer, manche gehen in Gruppen oder alleine, aber eben immer mit Erklärung vornweg und da stören einige schon massiv). Nun überlege ich, ob ich morgen das wirklich abbreche, wenn sie stören. Dann werden wir nicht fertig und können die Lösung nicht einschicken. Das wäre für die, die leise sind aber ziemlich unfair. Auf der anderen Seite, kann ich auch nicht alle lauten rausschicken und im Flur an einer anderen Aufgabe abreiten lassen, dazu sind es zu viele. 
Ach, ich weiß auch nicht. Ich bin ferienreif.
Conni