Dann zitiere ich dich halt ganz und sehe es immer noch genauso. Deine Mutter musste besonders kämpfen, einfach nur, weil sie eine Frau war und deswegen benachteiligt wurde, wie so viele andere ihrer Generation. Wir hoffen alle, dass das irgendwann passé sein wird, selbst in Mitteleuropa, wo es Frauen tendenziell natürlich inzwischen leichter haben als in vielen Teilen der Welt. Warum haben sie es inzwischen leichter als in vielen Teilen der Welt? Weil sie jahrzehntelang dafür gekämpft haben. Deswegen finde ich deine Aufforderung,
unangenehm. Frau muss gar nichts, was andere nicht auch müssen, da gibt es nichts zu betonen. Oder anders: "Mann muss auch für sich selbst kämpfen und es sich selbst wert sein, eigene Ziele zu erreichen, statt sich nur von einem Partner oder einer Partnerin abhängig zu machen im Leben."
Wenn du es schon verallgemeinern möchtest, dann wäre wohl „Man“ das Ersatzwort, dass du suchst. Ja, das müssen alle Menschen tun, geschlechtsunabhängig. Was ich geschrieben habe ist- ich wiederhole mich- zunächst einmal genau das, was meine Mutter uns beigebracht hat 1:1.
Du möchtest meine Unterstützung dieser Aussage meiner Mutter jetzt dahingehend auslegen, dass ich es für normal erachten oder gutheißen würde, dass Frauen teilweise mehr kämpfen müssten oder sollten qua Geschlecht. Damit missverstehst du mich. Angesichts meiner sonstigen Einlassungen zu dem Thema würde ich sagen wahlweise missverstehst du mich an dieser Stelle mutwillig oder weil wir aus irgendeinem unerfindlichen Grund gerade komplett aneinander vorbei reden. Ich hoffe, es ist lediglich letzteres.
Ich versuche es also noch einmal mit anderen Worten, um meinen Standpunkt begreiflich zu machen. Ja, Frauen haben eher jahrhunderte- als jahrzehntelang für ihre Rechte kämpfen müssen hierzulande und müssen das, wenn man sich Dinge wie das Recht über den eigenen Körper zu bestimmen betrachtet oder auch Aufstiegschancen in weiterhin patriarchal geprägten Bereichen, auch weiterhin tun, einfach, weil sie Frauen sind in einer zu lange, zu exklusiv patriarchal geprägten Gesellschaft.
Wir oder vielmehr die Frauen vor uns haben vieles erkämpft und erreicht. Ich sehe dennoch noch einen weiten Weg vor uns, um wegzukommen von patriarchal geprägten Schemata hin zu einer genderinklusiven Gesellschaft, die dann tatsächlich allen Geschlechtern gerecht werden kann. Leider sehen viele junge Frauen, aber auch junge Männer nicht, dass Emanzipation kein Selbstläufer ist. Wenn wir hin wollen zu der Art Gesellschaft, die mir persönlich vorschweben würde, dann müssen letztlich natürlich wir alle uns darum bemühen, gleich welches Geschlecht wir haben oder welchem wir uns zugehörig fühlen mögen.
Ich persönlich wollte ursprünglich schreiben, man müsse für sich selbst kämpfen. Meine Mutter hat das an solchen Stellen aber immer ganz bewusst so formuliert, dass wir Frauen sprachlich sichtbar wurden, indem sie formuliert hat, dass frau für sich kämpfen müsse. Sie meinte immer, dass wir uns niemals hinter Männern verstecken oder vor ihnen kleinmachen sollten, geschweige denn von ihnen klein machen lassen sollten. Meine Formulierung ehrt den Geist der Emanzipation, in dem ich aufgezogen wurde. Das darf dann anderen Menschen auch unangenehm sein, bevorzugt jenen, die meinen Emanzipiation- die es heutzutage allen Geschlechtern erlaubt sich freier und jenseits von Rollenstereotypen zu entwickeln- sei vernachlässigbar oder gar überholt.