(...)
Ich bestehe auf Privilegien, schließlich zahle ich mehr Geld.
(...)
Selbstverständlich steht mir eine Vorzugsbehandlung vor als Privatpatient, wo ist denn sonst der Sinn mehr Geld zu zahlen?
Das Ansinnen mehr Geld zu zahlen und die gleichen Leistungen dafür zu wollen (...)
... nennt sich Solidargemeinschaft. So funktioniert die GKV generell: Wer mehr verdient zahlt mehr ein bei gleichen Leistungen, wer weniger oder gar nichts verdient wird von der Solidargemeinschaft unterstützt und erhält dieselben Leistungen für niedrigere Beiträge. Dass dir dieses Prinzip so fremd ist erzählt nur etwas über dich persönlich- allerdings auch nichts, was neu oder überraschend wäre. Anständige Ärzte handhaben das übrigens genauso: Sie bieten keinem Patienten eine Vorzugsbehandlung an, sondern wälzen im Gesamteinnahmentopf einmal um, so dass die Privatpatienten im Zweifelsfall ihren Beitrag mit leisten dafür, dass die Oma, für deren Grundberatung im Quartal nur x Minuten abgerechnet werden dürfen in der GKV auch noch ein 2., 3. oder 4. Mal in die Praxis kommen kann (und sei es nur, weil sie sonst niemanden mehr hat zum Sprechen am Quartalsende). Ärzte, die Privatpatienten irgendwelche Sonderzeitslots anbieten mit kürzeren Wartezeiten habe ich schon gehasst, als ich noch Privatpatientin war (die ersten 30 Jahre meines Lebens, seitdem GKV bei laufenden PKV-Anwartschaften- bin sehr dankbar für meine aktuell kostenfreie Versorgung und würde sofort in der GKV dauerhaft bleiben, wenn in BW der AG-Anteil vom Land für Beamte entrichtet werden würde). Solchen Ärzten habe ich schon damals konsequent den Rücken gekehrt, weil ich dieses unsolidarische, elitäre Vorgehen keinesfalls durch meine Privatrechnungen unterstützen wollte. Als ich dann irgendwann in die GKV gewechselt bin, hatte ich:
a) hochanständige Ärzte, die solche elitären Anspruchshaltungen niemals unterstützen würden, sondern allen ihren Patienten einfach die bestmögliche Behandlung bieten möchten, weshalb alle Patienten der Praxis eine Solidargemeinschaft waren/sind;
b) dieselbe hervorragende Facharztberatung wie davor mit ebenso langen oder kurzen Wartezeiten wie davor, denn alle schwarzen Schafe hatte ich da bereits längst ausgewechselt gehabt;
c) eine insgesamt bedeutend bessere Behandlung, weil bestimmte Leistungen, die überlebenswichtig für mich sind und von der PKV nicht geleistet worden waren endlich normale ärztliche Behandlungen waren, die ich mir leisten konnte und ich für andere Leistungen (Brille, Zahnbehandlungen) einfach einen Teil des Geldes, das ich monatlich an Versicherungskosten spare zurücklege (bzw. eine Zahnzusatzversicherung abgeschlossen habe), so dass mir an der Stelle die PKV-Leistungen absolut nicht fehlen;
d) den Luxus kaum noch Privatrechungen und keine Beihilferechnungen mehr zu haben- Kärtchen rein, Arzt rechnet direkt mit der Kasse ab, nur wenige Leistungen übernehme ich ergänzend privat;
e) jeden Monat bares Geld auf dem Konto übrig, welches davor an die PKV geflossen ist bzw. für die Leistungen zu zahlen war, die diese nicht getragen hat.
Mein Selbstwertgefühl hängt nicht von angeblichen Privilegien ab oder davon, dass andere Menschen eine vermeintlich schlechtere Krankenversorgung hätten. Vielleicht habe ich aber auch schlichtweg schon zu viel erlebt in dem Bereich, um solche oberflächlichen Bestätigungen nötig zu haben. Ich erinnere mich, dass ich mit 14 mal eine Phase hatte, wo solche Äußerlichkeiten meinem Selbstwertgefühl scheinbar (äußerlich betrachtet) sehr zuträglich waren und mir insofern geradezu erschreckend wichtig waren. Da war es richtig wichtig zu den Kindern zu gehören, die privat versichert waren, um mit den "rich kids" mithalten zu können. Das ist aber schon zweieinhalb Jahrzehnte her und es liegt vor allem eine ganze Entwicklung hin zu mehr echtem Selbstwertgefühl dazwischen. Ich wünsche dir Firelilly, dass du eine ebensolche Entwicklung durchläufst und der unsolidarische Egozentrismus lediglich eine Zwischenphase darstellt.