Na ja, sie ist nicht wirklich ängstlich von ihrem Grundcharakter her, da ist sie genau genommen sogar deutlich gelassener, als Frau Hund das war, sie hat nur einfach als sie bei mir ankam schon zweimal ihr Zuhause und ihre Menschen verloren gehabt und war dadurch sehr verunsichert und sehr angestrengt. Zusätzlich war ihr zweites Zuhause kein richtig guter Ort für sie: Kein Training, ein Mensch der keinerlei Ahnung von Hunden hatte und erst den Umgang lernen musste bei schwerer Erkrankung und der Ernährungs- und Pflegezustand war auch nicht richtig gut. So standen als sie bei mir ankam ihre Rippen weit heraus so mager war sie, ihr Fell war nicht gut gepflegt und ihre Ohren standen bis zum Rand voller Dreck, weshalb wir erstmal in den ersten zwei Wochen Ohrenpflege und Behandlung der darunter liegenden Ohrenentzündung auf dem Plan stehen hatten. (Tipp für Hundebesitzer: Zur Ohrenreinigung etwas Olivenöl auf ein Wattepad geben. Das löst den Dreck besser als trockene Watte und pflegt gleichzeitig die zarte Haut in den Ohren.) Sie benötigt einfach Zeit um anzukommen, Vertrauen zu fassen und ihre Verluste zu verarbeiten und abgesehen davon liebevolle Konsequenz (kommt einem als Lehrkraft ja nicht ganz unbekannt vor).
Bei Frau Hund hatte ich noch viele Zweifel, da ging es mir aber gesundheitlich auch einfach noch deutlich schlechter einerseits und andererseits hatte ich bis dahin noch nie einen Welpen ausgebildet und schon gar keinen Assistenzhund und habe mich immer wieder gefragt, ob ich mich nicht total überschätze, auch wenn ich konstant von Trainern begleitet und ausgebildet wurde, damit ich weiß, was ich mache. Jetzt bei Frau Arbeitshund geht es mir gesundheitlich so viel besser und ich weiß auch, wie gut ausgebildet meine Frau Hund war und worauf ich mich bei einem Golden Retriever verlassen darf, was dieser vom Wesen her mitbringt, aber kann auch besser einschätzen, was mir meine Züchterin über den Charakter und die Arbeitseigenschaften dieses besonderen Hundes mitgeteilt hat, so dass ich einfach auch gelassen bleiben kann. Ich kann darauf vertrauen, dass ich das schaffen werde und auch diesem Hund nicht nur eine gute Ausbildung ermögliche, sondern ihm auch gerecht werden kann und ich weiß inzwischen, dass mein Weg der Beziehungsarbeit- die Ruhe, die Zuversicht, das Vertrauen, die liebevolle Konsequenz- nicht nur beruflich, sondern auch in der Hundearbeit genau richtig ist und für mich und den Hund sehr gut funktioniert.
Im Asthma-Bereich lernt sie beispielsweise mich frühzeitig zu stoppen, ehe meine Atmung sich in einen kritischen Bereich hin verändert. Sie lernt bestimmte Hormonveränderungen (die Hunde riechen können) anzuzeigen. Da sind viele kleine Schritte notwendig und es wird etwas länger dauern, da sie das nicht von klein auf mitgelernt hat. Aber auch das werden wir schaffen. Ein Pfötchen nach dem anderen..
Was können Hunde alles lernen? Gute Frage, die ich mir gar nicht erst anmaßen möchte abschließend zu beantworten, weil es einfach zu vielfältig und komplex ist, genau wie die Einsatzbereiche von Hunden. Es gibt aber online spannende Aufstellungen was beispielsweise "Service Dogs" leisten können, an denen ich mich orientiert habe, als ich für mich die Idee entwickelt habe vor vielen Jahren einen Assistenzhund zielgerichtet für mich auszubilden mit Unterstützung passender Trainer, da meine Ärzte keine neuen Therapieansätze hatten für mich und ich so viele Medikamente einfach nicht vertragen habe, die zur Entlastung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit wichtig gewesen wären.
Ich habe Frau Hund, nachdem sie alles Wichtige konnte auch noch jede Menge Dinge beigebracht, die ich nicht gebraucht habe, die ihr aber Spaß gemacht haben und mir auch, einfach weil ich es konnte und neugierig war, ob das wohl klappt. So konnte sie mir die Socken an- und ausziehen oder war eine äußerst fleißige und umsichtige Unterstützung beim Ausräumen des Trockners. Frau Arbeitshund mag meine Socken sehr, klaut sich die gerne mal auch aus der Schmutzwäsche, insofern habe ich schon angefangen ihr zu zeigen, wie man einem Menschen die Socken auszieht. Die Socke darf sie dann kurz abschleppen, apportieren, werfen, apportieren, kraulen zur Belohnung, 2.Socke und fertig. Liebt sie, ob das mit dem Anziehen klappen kann bei der Begeisterung die Socken abzuschleppen bezweifel ich aktuell allerdings, aber nachdem ich das nicht brauche, muss das auch nicht klappen. ![]()
Es gibt diverse Vereine und Organisationen die damit werben Assistenzhunde auszubilden und Betroffenen zur Verfügung zu stellen kostenfrei. Ich habe im Bekanntenkreis erlebt, was das im worst case bedeuten kann, obwohl der Verein scheinbar seriös war und von diversen Prominenten beworben und unterstützt wird. Da wurde dann ein schlecht ausgebildetes Tier übergeben, das per Elektroschockhalsband (verboten in Deutschland) "ausgebildet" worden war und als angeblich fertiger Assistenzhund übergeben wurde. Der schwerst traumatisierte Hund war völlig unfähig irgendeine Aufgabe zu erfüllen, sondern hat einfach selbst Unterstützung benötigt, um die erlittenen Qualen zu verarbeiten. Vor diesem Hintergrund würde ich persönlich zu äußerster Vorsicht raten bei jedweder Art von Fremdausbildung, sehr genau hinschauen, wie mit dem Hund gearbeitet wird, sehr kritisch die Qualifikationen der sogenannten Trainer prüfen, sehr kritisch prüfen, wie trainiert wird. Die altbekannte "Leckerchenmethode" ist keine adäquate Erziehungsmethode (wenngleich erheblich besser, als gar nichts aka "der will doch nur spielen"), das Minimum für Assistenzhunde ist Clickertraining oder alternativ Natural Dogmanship, um Hunde zu bekommen, die nicht nur lebenslang fürs Leckerchen ein bestimmtes Verhalten abrufen, sondern erwünschtes Verhalten futterunabhängig zeigen und im Idealfall sogar dazu imstande sind komplett unbekannte Situationen zu meistern, indem sie ihnen bekanntes Verhalten adaptieren.
Solltest du jemanden haben, für den das von Interesse wäre, könnte ich dir per PN den Namen meiner Züchterin nennen, die ja auch meine Frau Arbeitshund die ersten sechs Lebensmonate ausgebildet hat, ehe diese an ihre erste Einsatzstelle kam. Das ist eine seriöse Züchterin und Trainerin, die auch weitere entsprechende Trainer kennt und empfehlen kann.
P.S.: Heute war Frau Arbeitshund tatsächlich 60min im Kennel. Die ersten 30min hat sie immer mal wieder gefiept, sich aber sofort beruhigt, wenn ich ihr ruhig "Bleib" gesagt habe (gesehen hat sie mich die gesamte Zeit über), dann ist sie einfach eingeschlafen während ich das hier getippt habe. Das war wieder ein wichtiger Meilenstein heute, den sie gemeistert hat.
P.P.S.: "Fiffi" kann ich als ernsthaften Namen für eines meiner Tiere dauerhaft ausschließen, merke ich mir aber gerne vor als potentiellen Arbeitstitel, sollte Frau Arbeitshund mal Gesellschaft bekommen. ![]()