Beiträge von Lehrerin2007

    oft merken die Adressaten gar nicht, dass man so viel gibt. Es ist ein undankbarer Job. Selten loben einen mal Eltern oder bedanken sich, hintenrum meckern können aber viele. Es geht so viel Energie drauf. Und in letzter Zeit verstehe ich die älteren Kollegen sehr, die in den letzten Arbeitsjahren nicht mehr so viel Motivation hatten. Das Arbeitspensum wird von der Allgemeinheit unterschätzt. Man gilt als faul und bequem, was überhaupt nicht stimmt.

    Ich kann total nachfühlen, was du meinst, genau das ärgert mich auch sehr (besonders dieses Jahr) und es kommt mir so vor, dass - egal, was nicht läuft in der Schule oder beim Kind, auch wenn wir überhaupt keinen Einfluss darauf haben - die Lehrer sind Schuld. Das ist mittlerweile so tief verankert bei den meisten, dass man es nicht mehr rausbekommt. Ich kann diese ganze polemische Hetze "Lehrer leben noch in der Steinzeit" - "Lehrer können nicht mal das Wort Computer buchstabieren" nicht mehr hören, da keiner weiß, dass ich im Klassenzimmer meiner einen Klasse seit 5 (!) Wochen keinen funktionierenden Computer habe. Ich und andere Lehrer haben das jetzt schon mehrfach gemeldet und es tut sich einfach nichts. Ich mache alles, was digital ist mit meinem eigenen Tablet und bin froh, dass wenigstens der Beamer geht. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Mittlerweile denke ich schon, wenn Eltern mal freundlich, wohlwollend und dankbar sind, ist das nur Masche. Ich glaube da schon kaum noch dran.

    Hinzu kommt, dass immer mehr nur noch auf die Noten geschielt wird, einen Abschluss mit einer 1 vor dem Komma muss es bitte sein, und zwar um jeden Preis. Eines meiner 1. Themen hier im Forum waren die Notendiskussionen und die überzogenen Erwartungen in der gymn. Oberstufe (das ging bis hin zu: "Ich hatte zwar vorher immer eher eine 4, aber jetzt möchte ich bitte mind. 10 Punkte und wenn die Frau Lehrerin mir weniger gibt, ist sie einfach viel zu streng und unfair!") und die Eltern machen mit. Ein paar haben gehetzt und sogar Lügen verbreitet, was ich angeblich gesagt haben soll über meine Notengebung (was nicht stimmte). Ich dachte erst, es liegt nur an diesem einen Jahrgang, aber es fängt schon wieder an und meine Kollegen im Parallelkurs bestätigen das teilweise. Dass viele Lehrer aufgeben und dann mitmachen, den SuS die Noten hinterherzuwerfen, nur damit sie keinen Ärger mit den Eltern bekommen, macht es natürlich nicht leichter. Dann steht man ständig als Buh-Mann bzw. -Frau da, obwohl man es eigentlich richtig macht.

    Obendrauf kommt dann noch, dass das Kerngeschäft des Lehrerberufs, nämlich der Unterricht mit allem Drum und Dran, oft wegen anderer angeblich wichtigen Aufgaben, in den Hintergrund tritt. Man wird oft dahingehend bewertet, wieviele außenunterrichtliches Engagement man vorzuweisen hat (Konzepte, Leitfäden erstellen, Veranstaltungen organisieren - bei denen dann wieder Unterricht ausfällt...), nicht dahingehend, dass die KuK sagen, wenn sie eine Klasse von Frau Lehrerin übernehmen: "Toll, dann weiß ich ja, dass sie bei dir was gelernt haben!"

    Das sind so die Dinge, die mich machmal an dem Beruf und an meiner Tätigkeit zweifeln lassen. Dennoch überwiegt derzeit noch das Gefühl, ich mache es richtig und gut so (meine Praktikantin hat neulich total geschwärmt von meinem Unterricht, das hat mich total gefreut!) und ich hoffe, dass es weiterhin so bleibt, denn im Grunde mache ich es immer noch sehr gern und sehe ja selbst, was die SuS nach 1 oder 2 Jahren bei mir gelernt haben und dass ich etwas rüberbringe, etwas erreiche.

    Unsere Gänge haben alle Fenster, die man öffnen kann und die Eingangstüren (EG) stehen immer offen, um einen gewissen Zug im Schulhaus herzustellen, dass eine Frischluftzufuhr sichergestellt ist. Ich kann also richtig Durchzug machen, wird aber momentan recht frisch. Da kommt es auch sehr auf die Etage an. Ich habe tatsächlich mal ein Thermometer mitgenommen und festgestellt, dass sogar trotz Dauerlüften (mit leichtem Zug) bis zu 19,5 Grad im 1./2. Stock erreicht werden, was wirklich kein Problem sein sollte für die SuS. Im Erdgeschoss jedoch sind es schnell mal nur 16 Grad, weil es da viel zugiger ist. Da ich auch eine Klasse im Erdgeschoss unterrichte, werde ich wohl da öfter auch zumachen müssen. Ich würde mir dann auch den Timer stellen und alle 20 min. alles aufreißen. Bei mir vorn auf Lehrerhöhe lasse ich eigentlich immer auf und halte mich in der Nähe des Fensters auf. Ich hab mich da jetzt seit Ende April so dran gewöhnt, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen kann, in einem komplett geschlossenen Raum zu unterrichten, da würde ich denken, ich ersticke!

    (Im EG könnte ich theoretisch auch draußen am Fenster stehen und von da unterrichten :D).

    Ging es nicht damals um die Angst, Multiple Sklerose zu haben? Ist das mit der MRT-Aufnahme jetzt ausgeschlossen? Hast du ein Kontrastmittel bekommen als du im Tomographen warst?

    Ich persönlich fände es wichtiger, diese Ängste in den Griff zu bekommen, bevor du dir Gedanken um die Verbeamtung machst. Selbst, wenn du es irgendwie "hinbiegst", hast du nachher die ganze Zeit Angst, dass die Vergangenheit dich in irgendeiner Form einholt und du deine Verbeamtung möglicherweise im Nachhinein aufs Spiel setzt.

    Du solltest auch diesen Taubheitsgefühlen auf den Grund gehen. Wenn du nicht weißt, wo deine Beschwerden herkommen, werden die Ängste nur schlimmer, du solltest da mit offenen Karten spielen.

    Meine Strategie ist Lüften und die ersten Bankreihen frei lassen, aber letztendlich ist das ein Tropfen auf den heißen Stein.

    Wenn du das ganz konsequent machst, finde ich ist das mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Zusätzlich könntest du noch Maske (FFP2) tragen.

    Was mich angeht, muss ich sagen, fühle ich mich im Lehrerzimmer gerade unwohler als in den Klassen. Dort steht die Luft und die Kollegen machen ständig die Fenster wieder zu, weil sie ja so frieren... (und haben die gleichen dünnen Pullis an wie sonst auch). Daher meide ich das Lehrerzimmer bzw. suche mir eine Alternative in Freistunden.

    Die Oma hat zu Hause ein eigenes Zimmer? Ihr solltet halt da auch möglichst Abstand halten und ebenso häufig lüften. Immer nur kurze "Zusammenkünfte" (bis 15 min.), für längere Gespräche lieber raus spazieren gehen.

    Wie sehen deine Eltern das?

    Zumindest für BY habe ich das hier gefunden:

    https://www.sueddeutsche.de/bayern/corona-…lizei-1.5054996

    "Zugleich sind in Bayern Tausende Schüler wegen der Corona-Pandemie zu Hause - einen größeren Ausbruch an Schulen sieht das Kulturministerium derzeit nicht. Bis Donnerstag seien 0,82 Prozent der 1,65 Millionen Schüler nicht im Präsenz-Unterricht in der Schule, sagte ein Sprecher des Kultusministeriums. Das bedeutet etwa 13530 Schüler und damit fast 1000 mehr als noch in der Vorwoche. 0,02 Prozent seien wegen eines positiven Tests in Quarantäne - das sind etwa 330 Schüler. Vergangene Woche waren es noch etwa 400 mit positivem Testergebnis.

    Zwar seien die Gesundheitsbehörden für das Erfassen der absoluten Infektionszahlen zuständig. Aber bislang gebe es an den Schulen nach Kenntnis des Ministeriums keine "auffälligen Infektionsentwicklungen", also keinen Hotspot innerhalb einer Schule. Nur eine Schule ist nach Angaben des Ministeriums komplett geschlossen. Von den etwa 155 000 Lehrern in Bayern waren am Donnerstag 0,72 Prozent in Quarantäne (1116 in absoluten Zahlen/vergangene Woche: 970) und gut fünf Dutzend hatten einen positiven Coronatest."

    (Hervorhebungen von mir)

    Das finde ich jetzt - noch? - überschaubar. Tendenziell werden die Zahlen sicherlich noch steigen, aber selbst wenn 5 oder 10 % nicht im Präsenzunterricht sein sollten statt derzeit <1%, finde ich das noch akzeptabel. Wir haben jetzt 5 Wochen relativ normalen Präsenzunterricht hinter uns, weder eins meiner Kinder noch eine Klasse in meiner Schule war bisher betroffen (nur einzelne Quarantäne-Fälle, wo dann keine Infektion stattgefunden hatte).

    Die häufigste Todesursache 2018 (2019 ist noch nicht vollständig veröffentlicht) waren 345000 (Kreislaufsystem), 238000 (Krebs) und 71000 (Atemwegserkrankungen, natürlich ohne Corona). Verkehrstote waren es 3275.

    Das ist natürlich richtig, aber diese Krankheiten/Todesursachen sind einfach nicht so unmittelbar präsent wie ein grassierendes Virus. Das kann mich morgen treffen und schlimmstenfalls bin ich kurze Zeit später schwerkrank oder sogar tot (auch wenn das eher die Ausnahme ist). Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch Krebserkrankungen kommen auch vornehmlich in höherem Alter vor (auch hier gibt es natürlich Ausnahmen), man kann diese oder deren Verlauf teilweise langfristig durch einen gesunden Lebensstil und Vorsorgeuntersuchungen beeinflussen.

    Diese unmittelbare Gefahr eines mitunter tödlichen Virus macht halt mehr Angst als die langfristige Gefahr von Übergewicht, falscher Ernährung, Bewegungsmangel, hoher Alkoholkonsum, Rauchen, zu viel Stress etc., weil es theoretisch sofort passieren kann.

    Und für mich persönlich macht es einen Unterschied, ob ich täglich mit 20-30 Aerosol-ausatmenden Menschen (ab 15 J. biologisch ja quasi Erwachsene) mehrere Stunden in einem Raum verbringen muss, den ich mit abnehmenden Temperaturen immer schlechter durchlüften kann (bzw. immer kürzer) und es mich daher fast jederzeit treffen kann und ich nicht mehr tun kann gegenüber einer möglichen Herz-Kreislauferkrankung (die ich derzeit definitiv nicht habe), die ich vielleicht trotz gesundem Lebensstil irgendwann im Alter mal bekommen kann.

    Angst habe ich jetzt zwar auch nicht, aber ich bin angesichts der steigenden Infektionszahlen definitiv besorgt und gehe immer mit einem mulmigen Gefühl in die Schule, wenn es nächste Woche hier recht kalt wird noch mehr... Eine Covid-19-Erkrankung ist im Moment wesentlich wahrscheinlicher für mich als eine Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankung (Vorsorgeuntersuchungen dieses Jahr abgehakt), daher funktioniert diese Relativierung für mich im Alltag gerade nicht.

    mit welcher Vehemenz im Kollegen- und Bekanntenkreis für die Notwendigkeit des Wegfahrens auch in Pandemiezeiten

    Ich finde es anmaßend, Leute zu verurteilen, nur weil sie in den Urlaub fahren möchten.

    Für mich wird umgekehrt auch ein Schuh draus. Ich habe oft den Eindruck, dass ich mich verteidigen muss, wenn ich sage, dass ich nicht jede Ferien in den Urlaub fahre und auch nicht möchte. Ich werde dann sogar gefragt, warum nicht.

    Ich finde das auch total stressig und frage mich manchmal, ob die, die wirklich immer wegfahren, keine Korrekturen oder andere liegengebliebene Sachen zu erledigen haben? Ich würde es gar nicht schaffen und mein Mann hat ja auch nicht immer Urlaub, wenn ich Ferien habe. Und ich bin gern in meinem zu Hause, gerade in Pandemiezeiten.

    Ich kann diese Vehemenz, v. a. im Moment, auch nicht ganz verstehen und sehe es absolut nicht als "Verurteilung", wenn man das mal anmerkt.

Werbung