Nicht formgetreues Schreiben ist heute vielfältig, ich frage mich, ob es mir heute einfach eher auffällt oder ob es die Kinder mit schlechter Motorik oder geringer Merkfähigkeit oder wenig Orientierung oder wenig Struktur sind - und das sind mehr, zumindest in meinen Klassen.
Aber man kann Kindern vermitteln, wie man es in der Schule haben möchte, dann lernen sie es dann. Mein Leser hatte eine ausgesprochen ungelenke Motorik und hat innerhalb eines Jahres eine sehr schöne Schrift entwickelt, andere auch, wieder andere nicht.
Wer lesen lernen will, lernt es vor der Schule. Es braucht keine zusätzlichen Aufgaben vorab oder gekaufte Materialien und schon gar keinen Unterricht. Wenn das Kind fragt, würde ich es aber nicht vertrösten.
Weil hier immer auch andere mitlesen:
Ich würde eher nicht das Material aus der Schule nehmen, dann kennt das Kind es ja schon und es wird womöglich noch eher langweilig in der Schule.
Auch ist es ein Unterschied, ob man sagt: „Hups, das Kind kann schon lesen.“ oder „Wir haben dann schon mal die ersten 50 Seiten vorab geübt.“ Ersteres lässt dem Kind die Freiheit, letzteres raubt die Motivation aus mehreren Gründen. Es klingt, als sei es auf Druck der Eltern geschehen, das Kind denkt, es hätte einen Vorsprung, der dann aber schmilzt, die Lehrkraft muss weitere Materialien neben dem Lehrwerk finden, was nicht immer willkommen ist. Meiner Beobachtung nach ist ein Kind, das von sich aus lesen lernt, neugierig auf vieles und es ist leicht, ihm ein Angebot zu machen. Ein Kind, das vorab am Material der Schule arbeitet, erwartet eher, dass es mit dem Material weitergeht und die Lehrkraft das bedient - so wie zu Hause.
Und bevor jemand meint, das gäbe es nicht: Doch, ich habe schon Eltern gehabt, die mehrere Seiten vorab mit dem Kind ausgefüllt haben, und andere, die die gleichen Hefte aus der Schule zu Hause noch einmal gekauft hatten, sodass das Kind alles doppelt machen musste.