Beiträge von Palim

    und b) muss m. E. selbst an einer kleinen Schule der/die Schulleiter/in m. E. nicht seine/ihre kompletten Sommerferien in der Schule verbringen (zumindest in den Grundschulen, in denen Bekannte von mir unterrichten, ist das nicht der Fall; da reicht auch eine Notfall-Telefonnummer).

    Wenn die angegebene Nummer dann als solche verstanden wird und die SL tatsächlich im Urlaub sein und bleiben kann.

    Auch da wird die Fürsorge beim Arbeitnehmer abgeladen, statt klare Verhältnisse zu schaffen. Und das ist ein Grund, warum die Aufgabe der SL so unbeliebt ist. Alles soll immer bis spätestens 12 Uhr abgegeben sein, aber andere machen munter Urlaub und haben dazu eine automatische Mail-Benachrichtigung.

    Warum denn das? Bei uns teilt sich das SL-Team - also Schulleiter, stellvertretende Schulleiterin sowie die fünf Abteilungsleiter*innen - den "Feriendienst" auf.

    An kleinen Schulen gibt es dieses Team eben nicht.

    Es ist mit unverständlich, warum DezernentInnen Urlaub nehmen können, man in der Schule aber eine Dauerbereitschaft erwartet.

    NDS: Im dicksten Zeugnisstress kommen noch Statistik-Abfragen, die umgehend bearbeitet werden sollen, für die erste Woche sind die Richtlinien für zusätzliche Lernhilfen angekündigt, was da zu organisieren ist, weiß noch niemand, für das Ende der 2. Woche eine Corona-Einschätzung, für das Ende der 4. Ferienwoche eine weitere Einschätzung der Corona-Situation.

    Warum reicht nicht für 3 Wochen eine Notfallnummer, falls es einen Wasserrohrbruch in der Schule gibt?

    Es ist doch aber ein Unterschied, ob mal einen Tag lang oder eine Woche lang die SL nicht da ist

    oder ob sie nie da ist.

    An den kleinen GS wuppt so manches Kollegium alles mögliche, weil keine SL da ist, gerade weg, gerade krank, gerade zur SQL, gerade sonst wo, gerade im Bewerbungsverfahren, gerade ...

    Da gibt es keine Stellvertretung, die Arbeit muss dann irgendwie aufgeteilt werden, manchmal auch über Jahre.

    An der Grundschule? Oder an einer weiterführenden Schule?

    Grundschule,

    es war zwischendurch weniger, nun wieder mehr,

    die Curricula von 2016 sind offenbar mit heißer Nadel gestrickt.

    In einigen Fächern sind "besondere Lernaufgaben" extra, in anderen ersetzen sie Arbeiten,

    in einigen Fächern gibt es im Curriculum sinnvolle Aufgabenstellungen, in anderen keine wirklichen Anhaltspunkte, was gemeint sein könnte.

    Und ich weiß, dass selbst die zur Beratung angefragten FachberaterInnen manchmal nicht helfen können.

    In Niedersachsen in Mathe 6-8 Klassenarbeiten im Jahr, davon müssen 2 "besondere Lernaufgaben" sein (also keine Klassenarbeiten, sondern etwas anderes Schriftliches, z.B. ein Portfolio, ein Plakat etc.,

    in Deutsch waren es früher auch 6-8 Klassenarbeiten, jetzt sind es 6 im Jahr + 4 andere fachspezifische Leistungen, die man innerhalb der Schule festlegt.

    In SU 2 Präsentationen, 2 Dokumentationen und 2-3 Lernkontrollen im Jahr.

    Tests sind nicht festgelegt.

    Ausgegangen waren wir ja eigentlich von der Frage, ob es in BY in Grundschulen einen besonders hohen Leistungsdruck gibt.

    Gelandet sind wir bei der Frage, wie stark dieEltern mithelfen. Das ist ein Teil der Antwort. Erwarte ich, dass sie mithelfen und passe die Leistungserwartung darauf an? Oder erwarte ich es zwar bei einigen Sachen, z.B. Lesen üben, nicht aber hinsichtlich des Lernens für Arbeiten.

    Ein anderer Teil der Antwort ist sicher auch die Anzahl der Leistungserhebungen, die mir in BY recht hoch erscheint, allerdings wechselt es in meinem Bundesland ständig, was wann in welcher Anzahl absolviert werden muss. So häufig, dass ich fast Nachreden 4-Jahres-Durchgang wieder neue Bestimmungen habe und sich dieKlassenarbeiten anders zusammensetzen müssen oder zusätzliche Aufgaben absolviert werden sollen. Auch die Zusammensetzung der Note wurde seit 2006 mehrfach verändert.

    Über viele Arbeiten, bei euch heißt es Proben, ergibt sich Leistungsdruck, um so mehr, wenn Eltern für jede Arbeit mit dem Kind etwas üben wollen oder sollen. Indes beeinflusst erheblich den Unterricht, weil man die Leistungsüberprüfungen ja auch alle unterbringen muss.

    Ich kann ja auch nicht beliebig so, wie ich gerne würde.

    Den Beitrag habe ich erst jetzt gesehen.

    Das trifft den Kern.

    Ob du das meinst, was ich mir dabei denke, weiß ich aber nicht.

    Dein Ansatz ist ein anderer, ausgehend von einer anderen Schulform mit anderer Schülerschaft.

    Die Frage war, an welcher Stelle man das System mitträgt.

    Es gibt solche, da hat man keine Wahl, weil man keine andere Möglichkeit hat oder sieht, obwohl man es unfair findet.

    Es gibt andere, da gibt es Möglichkeiten, die man nutzen oder schaffen kann.

    Warum reagierst du so überzogen und fühlst dich angegriffen?

    Ich habe dich lediglich gefragt.

    Wenn dir die Bedingungen undZusammenhängesogeläufig wären, müsstest du hier ja nicht fragen

    und könntest deine Erwartungshaltung mit dem Leben abgleichen.

    Man richtet sich hier mit den Stoffplänen nach den Curricula der Fächer und Schulformen aus und nach der Schülerschaft, die in die Klassen kommt, und sorgt sich darum, dass beides überein kommt.

    @Antimon

    Manche Zusammenhänge sind offenbar auch nicht klar. So, wie du bemerkst, dass deine SchülerInnen nicht in der Küche helfen - mich wundert da nichts, ich habe genug Berührungspunkte - und sich dies auch auf Fähigkeiten auswirkt, die im Unterricht notwendig sind, so ist es mit dem Schuhe zubinden oder Anziehen auch. Da geht es um Fingerfertigkeit, aber auch um Konzentration, Aufmerksamkeit, Handlungsplanung, Zielgerichtetheit.

    Alles Fähigkeiten, die es in der Schule zum Lernen auch braucht, die aber in der Grundschule bei vielen noch entwickelt werden müssen - bei einigen sehr viel mehr als bei anderen.

    Aber irgendwo gibt es eine Grenze und da meine ich nicht Schuhebinden und Lochen sondern die kognitiven Fähigkeiten.

    Genau da ist der Zusammenhang. Es geht nicht um die Fertigkeit des Lochens selbst, wohl aber um die Selbstständigkeit und die Handlungsplanung etc. DAS IST Kognition!

    Und Kinder, die da zu wenig Vorerfahrungen haben, haben Nachteile, aber ich kann ja nicht nach 6 Wochen der Meinung sein, dass diesem Kind ohnehin nicht zu helfen ist.

    Bis die Kinder oder Jugendlichen bei dir ankommen, sind viele Jahre ins Land gegangen. Stimmt.

    Dass sie bei dir "fertig" sind, habe ICH gar nicht gesagt. Das unterstellst du mir.

    Ich frage mich aber, was du dir vorstellst, wie Grundschulen die Defizite auffangen.

    Ich frage mich, wie viel zu abschätzen kannst, von dem, was in Schule wirklich aufgefangen wird und wie viel Mühe und Anstrengung es für manche Kinder bedeutet, bis sie letztlich doch ein gutes Stück weiter gekommen sind, trotzd aller Benachteiligungen gleich welcher Art.

    Und ich frage mich, wie viel du weißt von den Bedingungen an Grundschulen.

    Es muss in der Grundschule genügend Gelegenheiten gegeben zu lernen, nicht mehr als das erwarte ich.

    Ja, das erwarte ich auch. Das erwarten viele.

    Aber ich werde jeden Tag eines Besseren belehrt.

    Die Erwartungen, die ich habe, entsprechen nicht dem, was ich vorfinde. Es fehlt an allem und man verwaltet den Mangel.

    Trotzdem fängt man vieles auf - siehe anderer Beitrag - aber eben nicht alles.

    Letztlich zeigt dein Beitrag, dass du durchaus Erwartungen hast und Grenzen setzt.

    Du erwartest, dass die SchülerInnen deinem Unterricht folgen können.

    Können sie es bei mir nicht, muss ich daran arbeiten und das braucht viel Zeit. Zeit, die dann für anderes fehlen wird. Zeit, in denen andere SchülerInnen andere Aufgaben brauchen und auch Aufmerksamkeit.

    Die Ärztin vom Gesundheitsamt, die die Einschulungsuntersuchungen macht, schreibt gerne auf ihre Zettel, das Kind solle am Deutschförderunterricht teilnehmen. Sie erwartet, dass die Schule diesen erteilt. Die Schule hat aber gar keine Stunden hierfür und erteilt ihn nicht.

    Sie sieht Mängel, kreuzt vieles an, und erwartet, dass die Schule das auffängt. Schließlich ist es eine inklusive Schule. Dass die Schule dafür gar keine Stunden hat, sieht sie nicht. Ein Rezept für Therapien darf sie nicht aussprechen. Also sind die Eltern auf andere Ärzte angewiesen, die dies aber nicht befürworten. Also bekommt das Kind keine Therapie. Trotzdem muss das Kind in der Schule die Anforderungen bewältigen und den Mangel kompensieren.

    Die Eltern erwarten, dass in einer inklusiven Schule genug Personal ist, um die Kinder entsprechend zu begleiten und zu fördern. Dass dem nicht so ist, bekommen sie dann erzählt und glauben einem nicht, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

    Allein davon, dass man erwartet, dass Schule alles richtet, haben Schulen nicht die Möglichkeiten, die sie bräuchten.

    Dass man schon zu Beginn der Schulzeit etliche verliert, hat auch etwas mit den Elternhäusern zu tun, aber auch damit, dass die Schulen nicht die Möglichkeiten haben, es aufzufangen. Das liegt sicher auch daran, dass sich zwar die Elternhäuser verändert haben, die Schulen aber nicht in dem Maße, wie es notwendig wäre. Gerade an den Förderstunden kann man nämlich hervorragend sparen und darüber die Statistik der Unterrichtsversorgung schöner aussehen lassen, als sie ist.

    Da zu Beginn gar nicht genug Impfstoff vorhanden war, hätte man es derart gar nicht umsetzen können oder sehr lange warten müssen.

    Der Mangel macht doch die Priorisierung nötig.

    Dafür, dass es diese Strukturen alle nicht gab, hat es noch recht gut geklappt, auch wenn manche Terminvergabesysteme einfacher als andere erscheinen.

    Im anderen Forum wird auf Länder verwiesen, in denen gerade sehr viele Menschen sterben. Antwort:

    Wenn der Staat zu wenig Impfstoff bereitstellt (Ich denke da Richtung Brasilien.), ist das durchaus ein Problem, weil dann keiner, der diese Form von Schutz nutzen möchte, Zugang hierzu hat. Der Staat soll also ermöglichen, dass sich jeder schützen darf, ohne dass sie es müssen. Das war doch die ganze Zeit über mein Punkt.

    Wenn der Staat aber Impfstoff zur Verfügung stellt, möchtest du eine Freiwilligkeit der Impfung. Was, wenn sich dann keiner impfen lassen möchte? Ist das dann selbstbestimmtes Leben?

    Es ist so freiheitsliebend, dass diejenigen, die sich nicht impfen lassen, über Leben und Sterben derer entscheiden, die sich nicht impfen lassen können. Ja, das sind die zu wenige, darum vernachlässigst du sie.

    Aber es gibt auch Geimpfte, die sich anstecken werden, lies den verlinkten Beitrag von Antimon, in dem es erklärt wird.

    Und es werden sich Ungeimpfte anstecken, das Virus vermehrt sich ungehemmt und kann dabei diverse Mutationen hervorbringen.

    Die gleiche Situation sieht man in den Ländern, in denen noch nicht sehr viele geimpft werden konnten. Letztlich macht es doch für das Virus keinen Unterschied, warum die Menschen ungeimpft sind, es fragt doch nicht, ob sich ein Liberaler aus freien Stücken nicht impfen lassen wollte und zieht dann weiter, damit dieser sein Leben weiter selbst bestimmen kann.

    Die deutsche Regierung ist da viel zu zimperlich. Von vielen hörte ich schon, dass der Lockdown im Herbst eh schon beschlossene Sache ist. Ich hoffe sehr darauf, dass es nicht dazu kommen wird.

    Wenn man darauf hofft, dass es zu keinerlei Einschränkungen kommt, weil man persönlich betroffen ist oder emphatisch für andere, dann sollte man doch alles in Bewegung setzen, damit dies nicht geschieht. Also müsste man doch für kurze, harte Lockdowns sein, für klare Regelungen zur Erkennung, wie regelmäßige Testungen an Orten, die quasi ein gesellschaftliches Screenings bieten, für Schutzmaßnahmen, für Impfungen,

    statt auf Freiwilligkeit bei allem zu setzen.

    Ansonsten ist das ganz selbstbestimmtes Leben, so selbstbestimmt, dass alle ganz freiwillig auf vorbeugende Maßnahmen verzichten und die nächste Welle selbst herbeiführen.

    Wir können aber froh sein, dass Corona vergleichsweise geringe Schäden anrichtet.

    Nein, wir können froh sein, in einem Land zu leben, in dem die Regierung sehr viele Maßnahmen einsetzt, sodass die Schäden gering gehalten werden.

    Sonst wären viel mehr Menschen gestorben, erkrankt, arbeitslos, ohne Auskommen.

    Nach Freiheit zu rufen würde dann nämlich auch bedeuten, dass jeder ganz eigenverantwortlich für alles andere vorsorgen darf, es keine Überbrückungshilfen bräuchte, womöglich nicht mal eine Krankenkasse - kann Jäger gant freiwillig für sich selbst vorsorgen.

    Letztlich würde das sehr schnell die Freiheit der Privilegierten auf extreme Weise begrenzen. Das kann sich auch ein Liberaler nicht wünschen wollen.

    So verständlich, warum zweimal AZ in kurzem Abstand eine blödere Idee ist?

    Ja, schön erklärt,

    ich wollte darauf hinaus, dass die Abstände aus unterschiedlichen Gründen geändert wurden, s.o., und dass es auch weiterhin Änderungen gibt, z. B. hinsichtlich der Aussage, was passiert, wenn man innerhalb der maximalen Spanne nicht das 2. Mal geimpft werden kann.

    Es ist eine belegbare Tatsache, dass sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz der Bildungserfolg junger Menschen extrem vom Elternhaus abhängt. Das ist falsch.

    Ja, finde ich auch.

    bei dem was Du schreibst gehe ich davon aus, dass Du das bestehende System mitträgst

    Das ist eine Unterstellung, finde ich, in Unkenntnis der tatsächlichen Möglichkeiten der Schule, der Lerninhalte, der Voraussetzungen etc.

    Mir ist die Abhängigkeit von der Unterstützung des Elternhauses durchaus bewusst.

    In Teilen kann ich steuern, dass die Kinder selbst ihre Kenntnisse und Fähigkeiten im Unterricht einsetzen, um Lerninhalte zu erschließen und eigenständig Leistungen zu erbringen. Deshalb weiche ICH von klassischen Sachen ab, etwa bei der Bewertung von Mappen, die zu Hause gepflegt werden, davon, dass Referate zu Hause vorbereitet werden - das können GrundschülerInnen ohnehin nur mit sehr viel Unterstützung und Hilfe, es frisst sehr viel Zeit, wenn es etwas werden soll, davon, dass immer alles in der Mappe ist und nur in der Arbeit drankommt, was man da nachlesen kann. Tatsächlich fällt es SchülerInnen, die die Schule wechseln, manchmal schwer - Eltern auch - wenn dann anderes in Klassenarbeiten verlangt wird und Eltern wundern sich, warum man für die anstehende Arbeit nicht die Mappe auswendiglernen (lassen) kann.

    Ich erwarte in meinen Fächern gar nichts, ich gehe grundsätzlich davon aus, dass ich bei Null anfange und den Jugendlichen alles so erkläre, dass sie die Möglichkeit haben ohne fremde Hilfe zu lernen.

    Das ist deine Sicht der Dinge. Ob es die SchülerInnen ebenso wahrnehmen, ist fraglich.

    Tatsächlich setze ich manches voraus, was auch so gedacht ist. Spätestens in der Überprüfung der Lernausgangslage innerhalb der ersten 6 Wochen der Schulzeit finde ich heraus, ob das, was ich erwarte, vorhanden ist.

    • Dazu gehört, dass Kinder bis 6 oder 10 zählen können. Das können sie nicht alle. Deshalb muss man es mit einzelnen üben, während andere das nicht mehr müssen.
    • Ich erwarte, dass sie einen Stift festhalten und ihn einigermaßen koordiniert über das Papier führen können. Können sie nicht alle. Deshalb muss man die Motorik schulen und die Stifthaltung noch und noch üben. Aber wenn von 25 Kinder es nur 3 oder 4 beherrschen, kannst du nicht überall zeitgleich sein und hast ein Problem.
    • Ich erwarte, dass sie sehen und hören können, im Heft und an der Tafel. Können sie nicht. Aber ich kann nur die Eltern schicken und hoffen, dass sie sich um eine Sehhilfe (Hörhilfe etc.) kümmern. Da ist eine Grenze, über die ich nicht hinweg komme, die aber wesentlich den Lernerfolg der Kinder beeinflusst.
    • Ich erwarte, dass sie nach Anleitung ein Blatt lochen und einheften können. Können sie nicht, aber das üben wir gleich am 1. oder 2. Tag. Es dauert 15 min, aber wenn wir es oft machen, wird es besser.

    Du meinst, du erwartest "nichts", aber du erwartest eine ganze Menge Grundlegendes, Lesen, Schreiben, grundlegende Rechenarten, Zahlenverständnis.

    Die SchülerInnen, die deine Schulform besuchen, haben ihr Können längst unter Beweis gestellt, ansonsten würde ihnen der notwendige Schulabschluss fehlen. Du kannst also erwarten, dass die SchülerInnen genug Vorbildung mitbringen, um sich selbst Lerninhalte zu erschließen. Sie haben auch eine Ahnung vom System Schule und den Spielregeln. Selbst wenn du die Regeln in Teilen änderst, können sie damit umgehen.

    Das alles kann man in der Grundschule nicht erwarten und muss zudem auffangen, wenn die Lernvoraussetzungen nicht gegeben sind, wenn das Kind bis zum Schuleintritt zu wenig Anreize hatte, wenn grundlegende Fähigkeiten (noch) nicht ausgebildet sind. Manches kann man kurzfristig auffangen, anderes dauert Jahre, weil es nicht ausreicht, etwas zu hören und zu merken, sondern weil es um Entwicklungsschritte geht, die Zeit benötigen und nicht einfach herbeigeführt werden können. Wieder anderes kann durch eine Beeinträchtigung bedingt sein, die dann kompensiert werden muss. Auch das dauert länger.


    Alle diese Bemühungen haben aber Grenzen. Lesen lernen ist so eine Grenze. Wenn das Kind keinerlei Unterstützung außerhalb der Schule hat, ist das Scheitern schon sehr nah. Mir fällt überhaupt gar keine Lösung ein, wie ein Kind selbstständig lesen üben kann, obwohl ich durchaus weiß, dass es Kinder gibt, die sich das Lesen selbst erschließen. Aber von diesen Kindern sprechen wir ja nicht. Auch bin ich durchaus in der Lage, Kinder zu Alphabetisieren, in der Erstsprache und in der Zweitsprache. Für letzteres gibt es kein Material auf dem Markt, das muss man selbst erstellen. Trotzdem braucht man auch da immer mal Zeit, das Lesen allein mit dem Kind zu trainieren.

    Propagiert werden Lesetandems aus begabteren und weniger begabteren SchülerInnen. Das hilft, aber letztlich gibt es keine Ressourcen im System, sodass die Kinder sich gegenseitig beim Lesenlernen helfen sollen, weil Erwachsene es nicht machen können oder wollen.

    Es bleibt dabei, dass die Kinder jemanden benötigen, der mit ihnen auf das Blatt guckt und ihnen zuhört, wenn sie den Buchstaben mit einem Laut bezeichnen, wenn sie Laute aneinandersetzen, wenn sie Wörter zu einem Satz zusammenfügen sollen. Eigenständiges Üben kann erst erfolgen, wenn das Erlesen von Silben gelernt ist.

    Und Kinder in dem Alter benötigen jemanden, der ihnen gerade zu Beginn hilft. Auch da kann man die Unterschiede merken. Wärest du bereit, dem Kind ein Brot mitzubringen, den Ranzen aufzuräumen, Sportkleidung zu besorgen, die Mappen zu beschriften, Stifte hinzulegen? Weckst du deine Schülerinnen, damit sie rechtzeitig zum Unterricht erscheinen? Holst du sie von zu Hause ab, weil sie den Weg alleine nicht bewältigen können?

    Den Luxus, zu meinen, man könne eben manche nicht auf der Schule behalten, habe ich nicht. Wir unterrichten so gut wie alle und es bleiben auch fast alle da.

    Den Luxus zusätzlicher Stunden, in denen Förderung in kleinen Gruppen oder mit einzelnen Kindern erfolgen könnte, habe ich nur sehr selten, meist wenige Wochen bis eine Lehrkraft längerfristig ausfällt, oder gar nicht, weil die Schule gleich zu Beginn schlecht versorgt ist. Das war in den vergangenen 7 Jahren immer der Fall. Also wurden immer die wenigen FöS-Stunden und die DaZ-Stunden gestrichen, um die Pflichtstundentafel besetzen zu können. Das System hätte also laut Erlass Stunden, es streicht sie aber auch, entgegen der Regeln im Erlass.

    Da stütze ich das System, das die Stunden streicht, indem ich auffange, was irgendwie möglich ist.

    Auch die Kinder mit sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfen Lernen und Geistige Entwicklung, die zieldifferent unterrichtet werden, bleiben. Stunden dafür sind ebenso selten, eine Schulbegleitung ist ein immenser Aufwand und inzwischen ein Kampf mit den Ämtern. Die SuS mit FöS Lernen sollen in 4 Jahren die Inhalte der ersten 2 Jahre schaffen, per Differenzierung in der Klasse, die anderen haben noch mehr Zeit und man weiß nicht, ob sie überhaupt lesen lernen werden.

    Da stütze ich das System, dessen winzige Bemessung der sonderpädagogischen Grundversorgung gar nicht ausreicht, weil die Kinder trotzdem integriert sein sollen und Lernerfolg haben sollen - im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten.

    Tatsächlich lernen sie fast alle lesen. Das ist nicht immer mein Verdienst. Manche Kinder lernen nur lesen, weil die Eltern sehr viel Zeit investieren. Ansonsten hätten die Kinder schneller einen Unterstützungsbedarf. So schaffen sie einen zufriedenstellenden Abschluss in der Grundschule und hoffentlich dann auch einen guten Abschluss in der weiterführenden Schule.

    Einige Kinder lernen lesen, weil sie eine Schulbegleitung haben, die über Jahre mit ihnen die immer gleichen Silben übt, bis es kleine Fortschritte gibt. Sie kommen voran, werden aber vermutlich FörderschülerInnen bleiben und später trotzdem einen für sie geeigneten Beruf finden.

    Bei manchen Kindern geht es plötzlich voran und es gibt auf einmal Erfolge, an die vorab nicht zu denken war. Wenn Lesenlernen so gut erforscht wäre, dass man einfach ein paar tolle Materialien hinlegen könnte, wäre es sicher für viele Kinder sehr viel leichter.

    Nachtrag:

    Strittig finde ich den Umfang, in dem man für Klassenarbeiten üben muss.

    Auch ich denke, das Gute Kinder nicht üben müssen, sondern das die üblichen Hausaufgaben ausreichen, die die Kinder selbstständig erledigen sollten - in Klasse 3/4.

    Dass man den Kindern zudem zeigt, wie sie etwas wiederholen können (abdecken, kontrollieren, vergleichen, Karteikarten u.a.) und was es bedeutet, etwas auswendig zu lernen oder „sich die Mappe anzugucken“ (man guckt ja nicht die Mappe an), gehört in die Schule.

    Aber wenn die Kinder 1x1-Karten bekommen, kann man erwarten, dass sie sie zu Hause nutzen. Trotzdem brauchen die meisten dabei Unterstützung.

    Vor allem beim Lesen und zu Beginn der 1. Klasse brauchen Kinder aber mehr als das.

    Ihr redet von ganz verschiedenen Sachen.

    Kinder, die zur Schule kommen können einfach vieles noch nicht, manche können sich nicht einmal die Schule, Hose oder Jacke allein anziehen und schließen - trotz Klettverschluss.

    Sie können nicht allein die Tasche packen und aufräumen.

    Lesen üben können sie auch nicht allein, weil es jemanden braucht, der zuhört und hinsieht, ob es auch richtig ist. Dafür braucht es täglich ein wenig Übungszeit, die in der Schule nicht gegeben ist, schon gar nicht in dem Sinn, dass neben jedem Kind ein lesender Mensch sitzt. Wie gut das Material auch ist, zu Beginn braucht es eine Begleitung.

    Viele Kinder können gut 1 Jahr nicht lesen. Sie können die Wörter nicht erfassen, Sätze schon gar nicht, bei schwachen Kindern dauert es länger.

    Das ist etwas anderes in der 3. Klasse, wenn die Kinder allein lesen können und es nur machen müssen. Auch dann brauchen sie noch Kontrolle, aber die meisten Kinder weniger Hilfe.

    Dabei geht es gar nicht darum, dass man ihnen die Vorgehensweise nicht beibringen würde, sondern darum, dass sie zu Beginn wirklich Hilfe benötigen, um so mehr, wenn sie schwächer sind.

    Und es geht auch darum, dass man sich als Eltern die HA zeigen lässt, verbessern muss man sie nicht, um Interesse am Lernen des Kindes zuneigten. Sonst lernt das Kind sehr schnell, dass Schule egal ist, weil es den Eltern egal ist. Diese Kinder stellen die Anstrengung dann manchmal ein.

    Und ja, auch wir haben nicht-lesende Eltern, die das nicht können, und andere, die es nicht machen. Die Kinder haben einen sehr großen Nachteil, den die Schule nicht „mal eben“ auffangen kann. Trotz Leseförderung ist es m.E. nicht möglich, täglich mit 25 Kindern einzeln zu lesen, während die anderen Kinder anwesend sind und sich mit sich selbst beschäftigen. Das geht im besseren Fall 15 min gut, spätestens dann fordern die anderen Aufmerksamkeit ein.

    Wir versuchen, vieles in der Schule abzudecken, die Referate, die Handarbeiten, die Mappen nicht zu Hause von Mama zusammenstellen zu lassen. Andere sehen schon darin ein Absinken des Niveaus, weil die Kinder selbst mehr schaffen müssen, weil die Ergebnisse nicht so schick sind, sondern eben durch Kinderhand gemacht, und Eltern nicht so großen Einfluss nehmen können. Da wählen andere Eltern lieber andere Schulen. Und sicher gibt es Schulen, wo gerade Kinder dieser Eltern weiterkommen, die anderen nicht.

    Die Kehrseite ist vielleicht auch, dass sich an bestimmten Schulen engagierte Eltern sammeln, die ihre Kinder begleiten, an anderen Schulen dagegen die, denen die schulischen Leistungen eher egal sind.

    Aber bestimmte Fertigkeiten muss man eben doch zu Hause üben und ja, man verliert schon in Klasse 1 und 2 SchülerInnen aus vielerlei Gründen, keine häusliche Unterstützung beim Lesen kann dazu beitragen, dass es für die Kinder sehr schwierig ist, in der Schule zurecht zu kommen.

    An der Stelle bräuchte es viel mehr Unterstützung gerade in Schulen im Brennpunkt, stimmt, aber das ist offenbar nicht gewollt.

    In NDS können diese Schulen zusätzliche Std beantragen, die in sehr geringem Maß bewilligt werden, aber im Vertretungsfall gemeinsam mit den bewilligten DaZ-Stunden gestrichen werden. So gibt es nach Erlasslage zusätzliche Stunden für diese SuS, für DaZ, für Lese- und Rechtschreib- und Rechen-Förderung, in Wirklichkeit sind sie nicht existent.

    Hier in der Straße wohnt ein Junge, der immer massiv Nasenbluten vom Nasentest bekommt, er hat eine Gerinnungsstörung, der hat gerade ein Problem mit dem Testen (seine Eltern sind sehr vorsichtig, was Corona betrifft, also keine Leugner oä). Ausnahmen, die man aber als Lehrer evtl auf dem Schirm haben sollte.

    Wir haben ein Kind in der Schule, das einen Lolli-Test macht, alle anderen bekommen andere Tests.

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