Beiträge von elCaputo

    Mit meiner Eingangsfrage ist ja eigentlich die Katze schon aus dem Sack, aber so ganz ohne Erklärung geht's dann wohl doch nicht. Als Englischlehrer habe ich das Gefühl auf verlorenem Posten zu stehen. Ab dem fünften Schuljahr ist für unsere SuS das Fach Englisch verpflichtend. Bereits zu diesem Zeitpunkt gibt es gravierende Unterschiede, mit welchen Vorkenntnissen die SuS aus den Grundschulen zu uns kommen. Mindestens ebenso gravierend sind die Unterschiede hinsichtlich der Beherrschung der deutschen Sprache.

    Das Fach Englisch stellt für mindestens die Hälfte meiner SuS das "Hassfach" schlechthin dar. Unabhängig vom Lehrer oder Jahrgang. Die Leistungen sind bei der Hälfte schwach bis katastrophal. Das verschlimmert sich mit fortschreitender Schullaufbahn. Das Vokabellernen bekommen wir bei diesen SuS über die gesamte Zeit nicht etabliert, von zu Hause gibt es keine Hilfe, die Frustration beiderseits des Pults steigt und steigt. Ein immer stärker zu beobachtendes Phänomen ist eine undurchdringliche Verweigerungshandlung, nicht nur der Sprache gegenüber, sondern auch gegenüber der englischen/amerikanischen Kultur. Hat es einmal ein flächendeckenderes privates Interesse an englischer Musik, Filmen, Serien etc. gegeben, so ist das jetzt restlos weg. Ersetzt durch K-Pop und Gangsta-Rap der schlimmen "deutschen" Art.

    Ich bin per Lehrplan verpflichtet, sprachliche Kompetenzen und Fertigkeiten in einer Fremdsprache zu vermitteln, die viele meiner SuS nicht nur zum Zeitpunkt des Englisch-Themas in der deutschen Sprache nicht beherrschen, sondern bis zu ihrer Entlassfeier. Versucht's mal. Lasst die SuS im 10. Schuljahr mal Konjunktive bilden und denkt dann an den ollen elCaputo, der das mit Neuntklässlern auf Englisch machen soll. Von Textverstehensaufgaben will ich gar nicht anfangen. Oder will hier jemand dafür die Hand ins Feuer legen, dass alle seine Mittelstufenschüler einen Text von 10 Zeilen aus einer Zeitung auf Deutsch sinnentnehmend lesen kann?

    Lange Rede, kurzer Sinn - Englisch hat einen schweren Stand. Und was ich höre gilt das auch für die anderen Sprachfächer. Wie dramatisch die Lage ist, lässt sich daran ablesen, dass die zuständigen Stellen Englisch in Bezug auf den Hauptschulabschluss zum Nebenfach deklariert haben. Eine Fünf in Englisch hat den Wert einer 5 in Musik oder Sport. Ich persönlich bin da etwas pikiert, fühle mich bzw. mein Fach herabgesetzt, sehe aber gleichzeitig tagtäglich, dass es anders gar nicht geht. Ich möchte nicht wissen, wie viele Hauptschulabschlüsse sonst nicht erreicht würden.

    Kein Hauptfach mehr, geschenkt. Ich würde diesbezüglich gern noch einen Schritt weiter gehen. Sehen wir den Tatsachen ins Auge. Ein nicht geringer Teil wählt innerlich das Fach Englisch bereits sehr früh (und häufig vom Elternhaus mit wohlwollendem Verständnis gedeckt) in der Schullaufbahn ab und nur extrem selten gibt es eine Umkehr dieser Entscheidung. Das ist nicht weiter dramatisch, denn mal ehrlich, wer bereit ist, SuS mit Hauptschulabschluss auszubilden oder einzustellen, der verzichtet häufig auf elementare Fähigkeiten in der deutschen Sprache. Die Marginalität des Englischen kann ich da kaum beschreiben.

    Lasst uns Englisch von Anfang an zum Nebenfach machen. In den ersten beiden Jahren von mir aus verpflichtend und ab dann als Wahlfach für diejenigen, die tatsächlich auf den FOR oder gar FOR+Q zusteuern. Der Rest bekommt zusätzlich wertvolle Stunden zur Förderung ansonsten brachliegender Talente oder zur Vertiefung der Deutsch-Kenntnisse.

    Reise nach Jerusalem in der Fußgängerzone.

    In unserer Fußgängerzone (die den Namen nicht verdient) gilt, trotz NRW weit einer der niedrigsten Inzidenzen (unter 25), noch die Maskenpflicht draußen. Ist ja ohnehin Blödsinn, aber sei's drum. Die zahlreichen Außenbereiche der Cafés, Restaurants und Bäckereien sind davon verschont. Ich werde mir demnächst einen Sport daraus machen, von Außenbereich zu Außenbereich zu hechten, um den regelwütigen Schiedsrichtern vom Ordnungsamt zu entgehen. Der Sport ist zuletzt ja auch echt zu kurz gekommen.

    Wenn ich meinen beruflichen Alltag so sehe, werden lange vor dem Einzug irgendwelcher Gender-Komplikation die Artikel entfallen. Aber vielleicht hilft das ja auch bei Gleichberechtigung und so.

    Stimmt schon. Der Verzicht auf das Gendern ändert an den Problemen an anderen Fronten wohl unmittelbar und zwingend nichts.

    Vielleicht wäre aber mehr Energie, Wachheit, Veränderungswille u.a. Ressourcen dafür übrig. Während ich das schreibe, merke ich, dass es wohl nur geringfügig daran liegt, dass man vom Thema Gendern abgelenkt ist. Das Grundproblem ist wohl dramatischer...

    Ich habe nie behauptet, dass Geschlechtergerechtigkeit und von mir aus auch deren sprachlicher Unterbau kein Problem sei. Ich halte sie nur für verhältnismäßig geringwertiger, wenn ich mir anschaue, auf was wir unsere Energien und Aufmerksamkeit eigentlich lenken sollten.

    Ansonsten habe ich zu dem Thema die Einstellung, dass man da beiderseits etwas entspannter und nicht so verbissen dran gehen sollte. Leben und leben lassen. Sprache und Geschlechter sind Konstrukte - damit kann es keine einheitliche oder richtige Meinung geben.

    Wenn man den Ergebnissen einer aktuellen Umfrage zum Gendern in Stellenanzeigen folgt, handelt es sich bei diesem Thema auch um einen Generationenkonflikt. Die jüngste der befragten Altersgruppen (20- bis 29-Jährige) befürworten mit knapper Mehrheit bereits jetzt das Gendern in Stellenanzeigen, während sich nur 25 % der 50- bis 59-jährigen dafür aussprechen. Dass ältere Mitbürger*innen gesellschaftlichen Veränderungen tendenziell eher ablehnend gegenüberstehen als die jüngeren Generationen, ist natürlich kein neues Phänomen. Möglicherweise wächst sich der Widerstand gegen das Gendern in den nächsten Jahrzehnten einfach 'raus.

    Dann klappt in 20 zwar das Gendern, aber der Antisemitismus (eigentlich wohl eher Antijudaismus) hat eben auch eine neue Hochzeit. Da sieht es bzgl. der generationsspezifischen Sensibilität nämlich genau entgegengesetzt aus.

    Ich habe eine recht feste Meinung darüber, womit ich eher leben könnte.

    Wir haben an allen Ecken größere Probleme als -Innen oder fünfte Geschlechter.

    Die Diskussion erinnert mich ein wenig an meinen Opa, der alles Mögliche als überflüssig und neumodischen Quatsch bezeichnete, nur weil ER keine Verwendung dafür hatte oder Gebrauch davon machte (Spülmaschine, Anrufbeantworter, Chinesische Restaurants, Trockner - alles unnötig). Sicherlich hätte er ähnlich vernichtend über Fitnessstudios, Sonnenbänke, Spieleland, Ponyreiten, Freizeitparks, die Kirmes u.ä. geurteilt.

    Für seine Engstirnigkeit und seinen Absolutheitsanspruch hatte ER aber eine Entschulding. Er war weit über 80.

    Da habe ich auch schon drüber nachgedacht: Theoretisch könnte ich ja dann auch für mich und meine Familie "Testzentrum" spielen und shoppen gehen, wenn ich Lust darauf habe, oder? Wenn ich befugt und kompetent genug bin, das für alle meine SuS zu machen, dann doch eigentlich auch für mich und andere? :gruebel:

    Das wird wahrscheinlich analog zu den Leistungsbewertungen gehandhabt. Die erarbeiten wir ja auch für Gott und die Welt, aber wehe wir wollen unsere eigene Beurteilung schreiben...

    Wie gesagt, ich sehe die Entwicklung dahin gehen, dass sich die Hausärzte in nicht unerheblicher Zahl aus der (offiziellen) Impfung rausziehen, weil sie seit Wochen vollkommen überlastet sind.

    Damit bleiben dann die Impfzentren als einzige Anlaufstation. Schade um die Nerven, die Arbeit, die Überstunden, Tränen und das Betriebsklima, die dieses Experiment gekostet hat. Aber so ist das mit erstmaligen Grenzerfahrungen. Man lernt daraus.

    state_of_Trance

    Da bin ich ja bei Dir. Die Impfzentren wären tatsächlich besser geeignet, im großen Maßstab und auch effizienter zu impfen (man macht dort schließlich nichts anderes als aufklären und impfen).

    Bei den HA kommt das auf das Tagesgeschäft oben drauf. Die wiederum impfen, weil sie es als Teil ihrer beruflichen Tätigkeit verstehen, weil die Freigabe an die HA eine entsprechende Erwartungshaltung bei den Patienten nach sich zog und weil es die Hoffnung gab, sich an der schnellen Durchimpfung sinnvoll beteiligen zu können. Denn auch die Situation vor der Impfung war für viele HA so, dass ihnen daran gelegen war, den Spuk schnell vorbei gehen zu lassen.

    1. Was ist eine Fixation und kann mir mein Hausarzt dabei helfen?

    2. Meine Einlassung bezog sich auf die bei den Hausärzten derzeit vorliegenden Wartelisten (bislang noch begrenzt auf die Prorisierten). Die sind erheblich lang, die Menschen rechnen mit einer Impfung durch den HA und sind daher im Zweifel nicht bei den Impfzentren gemeldet.

    Es gibt noch genug Erwachsene ohne Termin, die sich ab dem 7. Juni um Termine prügeln. Allein von den Studis (zum größten Teil ungeimpft) wollen sich 80% impfen lassen (Quelle: Spiegel Online).

    Die Situation dürfte sich noch verschlimmern.

    1. Viele Hausarztpraxen steigen momentan aus der Impfung aus oder spielen zumindest mit dem Gedanken. Zu frustrierend und kräftezehrend. Die dort bestehenden Listen sind dann null und nichtig.

    2. Johnson und Johnson, für Hausärzte wegen der besseren Organisation interessant (da keine Zweitimpfung), hat erhebliche Lieferschwierigkeiten. Ein Hauptwerk wurde dicht gemacht.

    Spahn meint, Schüler*innen sollte Biontech aufgehoben werden. Ich frag mich, wie das gehen soll, er hat ja gerade erst die Priorisierung aufgehoben:gruebel:

    Ach der Spahn bleibt so vieles schuldig. Biontech zur Seite legen für die Jugend? Kein Problem bei den sechs(!!!!!) Impfdosen Biontech, die pro Hausarztpraxis für nächste Woche zugesagt sind....

    Man kann doch keinen Testzentrumtest mit dem SchülerSELBSTtest gleichstellen?!

    Wenn der Selbsttest in den Schulen dazu berechtigt, dass sich 15 Personen aus verschiedenen Haushalten über Stunden in einem äußerst begrenzten Raum aufhalten dürfen, wohingegen die Tests aus den Testzentrenten ein paar wenigen Menschen den zeitlich begrenzten Zugang zu riesigen Baumärkten ermöglicht, dann ist doch wohl klar, welche Testmethode die sicherere und genauere ist.

    In sich ist dieses Konstrukt logisch.

    Mich juckt's oft in den Fingern und manchmal gebe ich dem auch nach. Da gibt es dann schonmal saftige, ironische oder witzige Kommentare.

    Dann wiederum geht mir auf, dass das nur meiner Erheiterung oder Entlastung dient. Ganz ehrlich, die meisten unserer Schutzbefohlenen interessieren sich nicht für Korrekturen oder Randbemerkungen. Die gucken maximal nach der Note.

    In vielen Regionen, die nicht unmittelbar in oder an Ballungszentren liegen (also ab ca. 20km von den attraktiven Großstadtzentren) findet man heute bereits eine Unterversorgung mit Hausärzten vor (man kann sich natürlich darüber streiten, ob die angepeilte Hausarztdichte so notwendog ist).

    Oder aber eine solche Unterversorgung ist in den nächsten Jahren absehbar, weil auch hier die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in den Ruhestand gehen. Dem versucht man auf verschiedenen Ebenen mehr oder weniger erfolgreich vorzubeugen.

    - Zulassung zum Medizinstudium mit entsprechender Selbstverpflichtung, sich im ländlichen Raum niederzulassen.

    - Fördergelder bei der Facharztweiterbildung Allgemeinmedizin durch die KV. In den letzten beiden Jahren wird annähernd das Gehalt für den Weiterbildungsassistenten subventioniert.

    - regionale "Buschzulagen" oder Förderprogramme (Hilfe bei der Praxissuche, Wohnungssuche, Gutscheine, befristete Mietfreiheit etc.)


    Die geringere Attraktivität resultiert übrigens nicht primär aus den weiteren Wegen für Hausbesuche. Der geringere Anteil der Privatpatienten (man vergleiche mit Beamtenstädten wie Bonn, Düsseldorf, Hannover, Berlin), das höhere Durchschnittsalter samt kosten- und pflegeintensiver Versorgung (das unmittelbar aufs Budget durchschlägt) sowie die häufig unattraktive Wohnumgebung für junge Familien dürften weit wichtiger sein.

    Oje, dass ich jeh in Ruch kommen würde, ein BWLer zu sein oder das Sozialsystem diffamieren zu wollen...

    Letzterem wohnt ja tatsächlich immer noch ein Freiwilligkeitselement inne, weil ich mich ihm ja durchaus entziehen kann. Das ginge zum Einen mittels Wegzug oder, und das ist der wohl häufigste Weg, indem man auf die reine Empfängerseite des genannten Systems wechselt. Das soll ja schon irgendwie ein Phänomen sein...

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