Beiträge von Antimon

    Mir ist es völlig egal, was jemand an- oder aufhat, solange es nicht zu tiefe Einblicke gewährt und ich das Gesicht meines Gegenübers noch erkennen kann

    Mir persönlich ist es nicht egal. Das ist aber genau so ein Konsens-Ding, meine Meinung dazu ist in der Minderheit. Bei uns laufen Schülerinnen durchs Schulhaus, da zeichnen sich durch das T-Shirt (ohne BH) die gepiercten Bruswarzen ab und man guckt von oben durch das T-Shirt bis zum Bauchnabel. Ich schrieb bereits, es gab an mehreren Standorten im Kanton Versuche, das zu unterbinden. Es ist unsere Bildungsdirektorin persönlich, die die Diskussion final abgewürgt hat. Und jetzt darf man bei Interesse nach Monica Gschwind googeln und sich der eigenen Vorurteile erfreuen, wie das zusammenpasst :)

    Mein letzter Beitrag (#66) ist wohl irgendwie untergegangen.

    Wie würdet ihr denn reagieren, wenn ihr dazukommt während eine KollegIn die Einhaltung einer in der Konferenz beschlossenen Regel einfordert? Die Regel findet ihr selbst völlig unsinnig. Fallt ihr der KollegIn in den Rücken? Oder wie reagiert ihr?

    Ich dachte eigentlich, das sei schon hinreichend geklärt. Nein, ich fange sicher keine Diskussion mit einer anderen Lehrperson vor den Jugendlichen an. Wenn ich die Regel sehr blöd finde, bringe ich das in den Konvent ein. Es kommt vor, dass Jugendliche sich über irgendwas aufregen, dann spreche ich mit ihnen und erkläre die Rationale hinter der Regel. Es kommt auch vor, dass ich Jugendlichen erkläre, dass ich persönlich xy ganz anders machen würde, die Mehrheit meiner KuK das aber nicht so meint und ich mich deshalb jetzt an die Regel halte obwohl ich sie doof finde. Wir leben in einer Konsensdemokratie, da scheisst gerade nicht jeder auf den Boden, wie es ihm passt. Die einzige "Regel", von der alle meine SuS wissen, dass ich sie bewusst und gegen eine Einzelmeinung ignoriere, ist das angebliche Essverbot in meinem Unterrichtsraum. Dieses Verbot existiert schlichtweg nicht, es ist von einer einzelnen Person eingebildet.

    Ich hätte noch ein wunderschönes Streitthema aus der Schweiz im Angebot: Händeschütteln. Corona sei dank sind wir das an der Schule losgeworden. Zuvor musste man Jugendlichen beim Übertritt an die weiterführende Schule immer erst mal erklären, dass man als Lehrperson echt nicht unhöflich ist, wenn man keine Hände schüttelt, man hat schlichtweg keine Zeit. Es gibt eine Menge "Konventionen", die eigentlich ziemlich eingebildet sind und die man problemlos hinterfragen und auch ohne grösseren Schaden einfach abschaffen kann.

    Macht man das bei euch eigentlich noch, dass die SuS am Anfang der Stunde zur Begrüssung der Lehrperson aufstehen? Ich kenne das hier überhaupt nicht. Die Jugendlichen kommen einfach rein und setzen sich hin. Die meisten sagen beim Reinkommen "Guten Morgen" oder "Grüezi", keine Ahnung, ob es jemals alle sind. Wenn sie gehen, gab es früher eben diese Hände-schüttel-Orgie. Jetzt gehen sie einfach mit einem individuellen "Adeee" (und individuell vielen eeeeeees).

    Dürfen bei dir die Schüler die Füße auf den Tisch legen im Unterricht oder, falls nein, warum stört dich das?

    Es stört mich, weil davon der Tisch dreckig wird. Wenn das aber jemand in einer freien Arbeitsphase macht und entweder die Füsse in sauberen Socken hochlegt oder einen Lappen in die Hand nimmt, soll mir das egal sein. Es könnte aber sehr gut sein, dass ich das mit jüngeren SuS aus verschiedenen Gründen anders entscheiden würde.

    Habt ihr dafür verschiedene Räume? Ich kenne nur Fachkabinette für alle Naturwissenschaften zusammen.

    Ja, wir haben verschiedene Räume, die auch sehr unterschiedlich ausgestattet sind. Das Chemielabor ist definitiv "gefährlicher", aber ich mag es im Physikpraktikum auch nicht, wenn mit den Gerätschaften auf dem Tisch gegessen und getrunken wird. Es passiert schnell, dass man aus Versehen eine Flasche umschmeisst oder aus einem Brötli das Salatblatt abstürzt. Es ist aber kein Problem, das Essen auszupacken, sobald die Materialien wieder versorgt sind, und vor die Tür kurz was trinken gehen, darf zu jeder Zeit jeder und jede.

    Je nach Schulform und Schulstufe halte ich es übrigens für ziemlich wichtig, den jungen Menschen beizubringen, dass sie situativ selbst angemessene Entscheidungen treffen. Ich bin z. B. bei der Laborarbeit von der dogmatischen Pflicht, Kittel und Schutzbrille zu tragen, längst wieder abgekommen. Insbesondere unsere Fachmaturandinnen Gesundheit/Naturwissenschaften lernen die eigenständige Risikobewertung sehr schnell. Das ist auch gut und wichtig so, eine angehende Pflegefachkraft muss in ihrem Berufsleben hunderte male selbst die Lage einschätzen und entscheiden können. In dem Bereich gibt es nicht die eine, immer richtige Regel und man kann auch nicht erst mal Anweisung vom Vorgesetzen einholen, bevor man irgendwas unternimmt.

    Mit jüngeren Schülerinnen und Schüler würde ich das so natürlich nicht machen. Die sind einfach (noch) zu doof, für sich selbst die Verantwortung zu übernehmen. Und natürlich sieht der Gesetzgeber da auch eine andere Pflicht bei mir.

    @Regeln in Fachräumen: Im Chemielabor und beim Experimentieren im Unterricht wird selbstverständlich nicht gegessen und getrunken. Wer was trinken möchte, geht vor die Tür und macht das dort. Auch im Physikpraktikum gilt das so, ich möchte nicht, dass uns die Geräte verkrümelt und verklebt werden.

    Und jetzt ein hübsches Beispiel für eine völlig dämliche Regel: Meine Chefin bildet sich ein, dass in den Unterrichtsräumen der Chemie überhaupt nicht gegessen und getrunken wird. Das kann sie knicken. Bei uns sitzen immer Jugendliche über Mittag und essen da. Natürlich tun sie das. Da ist Platz und ausserdem stellen wir Mikrowelle und Wasserkocher zur Verfügung.

    Mir ging es - wie schon mehrfach erwähnt - um das Grundsätzliche

    Das ist irgendwie der Punkt, der bei dir nicht recht ankommt: Man kann das Thema eben nicht pauschal an beliebigen Beispielen diskutieren. Ich bin an sich bei dir, dass es mir auf den Senkel geht, wenn Lehrpersonen sich nicht am vereinbarte Regeln halten. Vielleicht ist aber auch einfach die Regel kacke. Das wirst du nicht hier im Forum austragen sondern musst mit deinen Kolleginnen und Kollegen sprechen.

    Ich hätte damit rechnen müssen, dass das hier heiß diskutiert wird

    Das wird es überhaupt nicht. Ich schrieb nur, dass ich andere Dinge wichtiger finde als das.


    Das sind keine ergebnisoffene Handlungsempfehlungen

    Das war eben meine indirekt formulierte Frage: Ist das so? Wir könnten 100 x eine Kleiderordnung beschliessen, der Beschluss wäre rechtlich nicht haltbar. Schlussendlich musst du das mit deinen Kolleginnen und Kollegen ausmachen. Gibt es das Problem nur mit einzelnen Lehrpersonen, die gerade zufällig mit dir in einem Klassenteam sind? Dann wäre eine Teamsitzung vielleicht sinnvoll, um abzusprechen, was jetzt wie gelten soll. Oder ist es allgemein im Kollegium so, dass es für gewisse Regeln keinen breiten Rückhalt mehr gibt? Auch dann muss man zusammensitzen und allenfalls neu überlegen.

    Ich verstehe, dass du dich ärgerst, mich würde das auch ärgern. Und ich würde zeitnah das Gespräch mit den KuK suchen.

    Ich kenne die rechtliche Situation bei euch nicht, daher nur ein paar Gedanken aus der Aussenperspektive. Wir haben ein rechtlich bindendes Notenreglement, da steht z. B. drin, dass Zusatzprüfungen und Streichnoten erlaubt sind, sofern das Angebot der ganzen Klasse möglich gemacht wird. Schulintern gibt es einen Konventsbeschluss, dass wir das nicht machen. Macht man es doch, hat die Schulleitung keine Handhabe weil der Konventsbeschluss nicht binden ist. Die meisten Lehrpersonen halten sich aber dran, es gibt einen breiten Konsens, dsss die Regeln sinnvoll sind. Persönlich finde ich es doof, wenn einzelne Lehrpersonen dann doch was anderes machen, weil man dann eben genau solche kack Diskussionen, wie geschildert, hat. Ich spreche in solchen Fällen ganz klar mit den Jugendlichen und erkläre, wie es zu der Regel kam, dass ich mich dran halte und nicht weiter diskutiere. Je nach Schülerklientel ist das natürlich nicht so einfach.

    Kleiderordnung ist immer so ne Sache. Da haben bei uns im Kanton schon mehrere Schulen versucht, irgendwas zu beschliessen. Das Schulgesetz gibt das aber nicht her, noch jede schulinterne Regel wurde da bisher kassiert. Grad bei sowas sollte man echt gut überlegen, ob ein Beschluss überhaupt sinvoll ist, wenn er eh leicht zu kippen ist. Da gibt es Themen, die ich erheblich relevanter finde als Käppis im Unterricht.

    Ich denke, hierbei zeigt sich ein Wertewandel

    Das denke ich auch, ja. Wir achten die sexuelle Integrität einer jeden Person im Jahre 2023. Vor 20 Jahren tat man das noch nicht. Sowas fand man früher vielleicht "lustig", heute nicht.

    Das Ansehen eines Lehrers ist im Jahre 2023 ein anderes als vor 20 oder 40 Jahren

    Stimmt, ja. Ich bin mir sicher, dass meine Schülerinnen und Schüler über mich weitaus weniger schlecht reden als ich es über meine Lehrpersonen vor 20 Jahren tat. In Wahrheit ist die Welt heute sehr viel besser als noch vor 20 Jahren. Die gefühlte Realität ist was für verklärte Nostalgiker.

    Deine Beiträge sprechen mal wieder Bände.

    Dein Gefühl ist absolut richtig, das gehört sich sowas von nicht. Und doch, ich würde da mal wirklich anfangen, ganz fies zu drohen. Ob da was rauskäme, ist ja ne andere Sache, aber die dürfen sich sehr gerne richtig erschrecken. Ich bin ja durchaus eine, die auch mit Jugendlichen mal derbe Sprüche macht. Das verlangt aber einiges an Gespür für das Gegenüber und die Situation und in jedem Fall immer eine ganze Menge gegenseitigen Respekt. Und es gibt Grenzen, die ich niemals übertrete und die ich auch in die andere Richtung absolut verteidige. Alles, was irgendwie sexualisiert rüberkommt ist zu 100 % tabu. Niemals und nicht. Da bleibt so schnell irgendein Dreck kleben, den man nie wieder loswird.

    Ui, da bin ich jetzt mal wirklich spiessig. Das geht gar nicht. Strafanzeige wegen Beleidigung, auf jeden Fall. Ich kann mich an einen Maturjahrgang erinnern, in dem eine Klasse beim Maturstreich ziemlich daneben war, da hingen z. B. Plakate mit "Danke für Nichts" aus dem Fenster und mehrere Erstis mussten ziemlich aggressive Schändungen über sich ergehen lassen, mit Edding ins Gesicht geschmiert und sowas. Die fraglichen Personen mussten an der Schule Strafarbeit verrichten, erst dann wurde überhaupt das Zeugnis ausgehändigt. Direkte Beleidigungen einzelner Lehrpersonen ist auf jeden Fall noch mal eine ganze Spur härter und würde man bei uns im Schulhaus auf gar keinen Fall so stehen lassen. Ich weiss ganz sicher, dass unsere Schulleitung schon für weniger (nichts, was während des Maturstreichs passiert ist) die Rechtsabteilung konsultiert hat.

    Bezüglich Nowitschok: Das Zeug wäre übrigens wirklich erheblich effektiver um ne ganze Menge Leute innert kürzester Zeit umzubringen. Atombomben zerstören halt gleich auch noch sehr viel Infrastruktur und offensichtlich sind sie beeindruckender. Bei den chemischen Kampfstoffen weiss man aber genauso wenig wie bei den Kernwaffen, was Putin wirklich hat und wie "hochwertig" das Zeug dann auch wirklich wäre. Das ist doch alles rein spekulativ. Hier kann jetzt jeder irgendeine beliebige Phantasiezahl hinschreiben, wie viele Bomben irgendjemand zugleich zünden könnte oder würde.

    Wäre auch meine Einschätzung. Die viel grössere Gefahr wäre - denke ich - eine Verseuchung des Grundwassers. Die Befürchtung hatte man damals auch bei Tschernobyl im Falle eines Durchschmelzens des Reaktorkerns. Fukushima war in erster Linie ein ökonomisches Desaster, die Gefahr, die von der Radioaktivität ausgeht, wird massiv überschätzt.

    Riegel: Nee, hab ich nicht und will ich auch nicht. Ich bin trotz Luftschutzkeller ganz froh, dass wir uns um sowas gar keine Gedanken machen. Hier ist doch Heidi-Land und unser Militär macht nur Spass.

Werbung