Was helfen Ihnen die Titel und die Forschungserkenntnisse für den eigenen praktischen Unterricht?
Der Titel bringt mir im Berufsalltag gar nichts, er hat aber gemacht, dass ich ohne weitere Auflagen das zweite Fach unterrichten darf. Tatsächlich profitiere ich aber von meiner Forschungstätigkeit bei der Unterrichtsvorbereitung, mir fällt es immer noch sehr leicht, mich in interdisziplinäre Themen einzuarbeiten aus denen sich oft sehr schöne Anwendungsbezüge ableiten lassen. Dass die Promotion dafür nicht nötig ist, zeigt sich an einer jungen Arbeitskollegin, die direkt nach dem Master in den Beruf eingestiegen ist. Die ist einfach enorm kreativ und interessiert an allem möglichen, die schafft es genauso sich jenstes Zeug anzulesen aus dem sie dann wieder tolle Unterrichtsreihen bastelt. Ich bin froh, bin ich diesen Weg genau so gegangen, mir einzubilden ich sei deswegen die bessere Lehrperson ist mir indes völlig fremd.
Die Uni Basel hat übrigens eine sehr kluge Rektorin, die ich an der Stelle gerne mal sinngemäss zitieren würde: Es gäbe weniger Studienabbrecher, würden die jungen Leute sich besser überlegen, was sie *nicht* können als sich dafür einzuschreiben, was sie unbedingt wollen. Das kam mir beim Thema "wissenschaftliches Studium an der PH" gerade wieder in den Sinn. Wir sind Partnerschule der PH Basel, ich bin selbst Praxislehrperson und bilde Lehramtsstudierende aus. Ich unterrichte an der Fachmittelschule angehende Primarlehrpersonen. Mir ist an der Qualität dieser Ausbildung enorm viel gelegen. Genau wie allen meinen Kolleginnen und Kollegen, die sich in dem Bereich engagieren. Was uns aber allen unfassbar auf den Sack geht, ist das pseudo-wissenschaftliche Geschwätz der Erziehungswissenschaften an der PH. Es würde dem Ansehen der Ausbildung enorm helfen, wenn man dieses aufgeblasene Getue einfach mal stecken lassen würde. Da bin ich wieder bei Frau Schenker-Wicki: Die PH betreibt keine relevante Forschung, dessen müssten sich die Damen und Herren dort einfach mal bewusst werden und sich auf ihren eigentlichen Lehrauftrag besinnen, das ist die berufspraktische Ausbildung angehender Lehrpersonen.
Es wird eben auch genutzt, um darzustellen, dass das Studium für die Grundschule minderwertig sei, dass Master nicht gleichwertig mit Master sei und dass diese Lehrkräfte im Studium weniger leisten und später auch weniger bezahlt sein müssten als Lehrkräfte anderer Schulformen.
Leider hast du damit Recht und da sehe ich uns Sek-II-Lehrpersonen auch absolut in der Pflicht dem aufs schärfste zu widersprechen, Primarlehrpersonen würden in irgendeiner Weise "minderwertige" Arbeit leisten. Das Gegenteil ist der Fall. Aber: Rein objektiv betrachtet hast du mit einem Studium Lehramt Grundschule keine Möglichkeit dich in der Industrie/Wirtschaft zu bewerben. Wie erwähnt, ich hätte diese Möglichkeit gehabt. Danach richtet sich eigentlich die Bezahlung. Klar kannst du jetzt weiter argumentieren, dann müsste man am Gymnasium auch Deutsch- und MINT-Lehrpersonen unterschiedlich bezahlen. Ich erwähnte bereits mehrfach, dass das bei uns früher tatsächlich der Fall war. Das ist die rein ökonomische Sicht auf die Dinge, ich verstehe aber, dass dich als Primarlehrperson das ärgert. Meine gewerkschaftliche Einschätzung ist ohnehin, dass euch mit weniger Pflichtlektionen, kleineren Klassen, etc. erheblich mehr geholfen wäre als mit mehr Geld. Unsere kantonale Gewerkschaft hat es gerade geschafft durchzudrücken, dass den Klassenlehrpersonen an den Primarschulen endlich eine Entlastungsstunde gewährt wird. Der Berufsverband der Gymnasiallehrerinnen und -lehrer bezieht ganz klar Stellung *gegen* eine Deprofessionalisierung der Lehramtsausbildung an den Volksschulen. Ich sehe aber, dass ihr in Deutschland leider bei weitem weniger Unterstützung habt, was sicher ein Nachteil des Beamtentums ist. Bzw. glaube ich, dass ihr euch mit "A13 für alle" selber ins Knie geschossen habt.
Dann ist es eine Deprofessionalisierung, mit der verschiedene Länder gerade auf den selbst (durch die Länder) verursachten Mangel reagieren, siehe Vertretung/Betreuung durch gar nicht ausgebildetes Personal, „Bachelor reicht als Ausbildung“ und „ein 4-Tage-Kurs für Quereinsteigende tut es auch“.
Der Punkt hierbei ist: Ein vernünftig organisierter Bachelor-Studiengang, eben auch an der Fachhochschule, ist eine adäquate Berufsausbildung. Was indes überhaupt nicht geht sind studierte Journalisten, Maschinenbauer oder irgendwas ... Hauptsache studiert ... die man mal auf kleine Kinder loslässt. Das muss man ganz klar unterscheiden. Genau das gelingt aber auch den verantwortlichen Politikerinnen und Politiker nicht wirklich, dafür haben sie zu wenig Vorstellung von den Ansprüchen an den Beruf. Wenn man den attraktiver machen wollte, müsste man eben nicht zuerst an der Ausbildung der Lehrpersonen drehen, sondern an den Bedingungen vor Ort an den Schulen. Trotz allem sehe ich aber sehr wohl Verbesserungspotential auch bei der Ausbildung.