Nur bei Lehrern heißt es „kann jeder“.
Meine Lebensgefährtin hat jahrelang im Vertrieb gearbeitet, jetzt ist sie in den Einkauf gewechselt. Studiert hat sie Biotechnologie, promoviert in der Strukturbiologie. Es ist absolut üblich, dass in der Industrie Leute in Bereichen arbeiten, für die sie gar nicht studiert haben. Das Staatsexamen für Lehrpersonen halte ich für einen vollkommen überholten Bildungsgang, der dringend durch eine modulare Ausbildung bestehend aus Fachstudium + pädagogischer Zusatzqualifikation ersetzt werden muss. So wie es bei uns in der Schweiz für die Sekundarstufe II der Fall ist. Die Studiengänge für die Volksschule sind hier auch scheisse.
Nur Lehrer haben so wenig Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigene Profession.
Wer sich als Lehrperson grundsätzlich mit Juristen und Medizinern auf eine Stufe stellt, leidet an irgendeiner Art von Minderwertigkeitskomplex. Abgesehen davon gibt es aber den "Arzt im Praktikum" der dann auch schon mal aufgeschnittene Knie wieder zunäht, halt nur nicht so schön. Irgendeine arme Wurst muss dann aber damit leben, dass die Narbe hässlich aussieht. Mit welcher anderen Qualifikation als der eines Medizinstudiums man nun aber Arzt werden sollen könnte, erschliesst sich mir nicht. Vielleicht Landschaftsgärtner oder Metzger? Hat ja auch irgendwas mit Hauen und Sägen zu tun. Als Diplomchemikerin habe ich indes eines der beiden Fächer studiert, die ich heute unterrichte. Mein Kollege, der interdisziplinäre Naturwissenschaften studiert hat, hat ganz sicher auch alle Fachinhalte parat, die er an der Schule im Fach Chemie vermitteln soll. Zusätzlich haben wir beide eine fachdidaktisch-pädagogische Ausbildung im "Wert" von weiteren 61 ECTS gemacht. Wo genau ist jetzt das Problem?
Edit: Und bevor jetzt wieder (wie üblich bei dieser Diskussion) einer daher kommt mit ... ja, aber ich habe eigentlich genau das gleiche studiert wie jemand ohne Lehramt - nein. Ich hab mir gerade die aktuelle Studienordnung für das Lehramtsstudium Chemie an der Uni Heidelberg angeschaut, im fachwissenschaftlichen Bereich ist das der halbe (!!) Bachelor + weitere 18 (!!) ECTS im Bereich Fachwissenschaften im Masterstudiengang. Das sind insgesamt 106 ECTS im Hauptfach + 94 ECTS im Nebenfach*, wobei da im Bachelorstudiengang schon ein Teil Fachdidaktik dabei ist, ich habe 270 ECTS im Hauptfach und weitere 90 ECTS im Nebenfach allein im fachwissenschaftlichen Bereich.
*Nein, es sind natürlich weniger ECTS wenn als zweites Fach typischerweise Biologie dabei ist, weil ja das Modul Mathe/Physik das gleiche ist.